Nr. 171. 32. Jahrg.
-
Abonnements- Bedingungen: Abonnements. Breis pranumerands: Vierteljährl 3,30 Mt. monatl 1,10 wöchentlich 25 Bfg. frei ins Haus Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags nummer mit illustrierter Sonntags Beilage„ Die Neue Welt" 10 Pa. Bost Abonnement: 1,10 Mart pro Monat Eingetragen in die Poſt Beitungs Breisliste. Unter Areuzband für Deutschland und Desterreich Ungarn 2,50 Mart, für das übrige Ausland 4 Mart pro Monat. Postabonnements nehmen an: Belgien , Dänemark , Holland , Italien , Quremburg, Bortugal Rumänien Schweden und die Schweiz
Ericheint täglich.
$
5 Pfennig
Die Infertions- Gebühr
beträgt für die sechsgespaltene Kolonel zeile oder deren Naum 60 Pfg., für politische und gewerkschaftliche Vereins und Bersammlungs- Anzeigen 30 Big. ,, Kleine Anzeigen", das fettgedruckte 28ort 20 Bfg.( zulässig 2 fettgedruckte Borte), jedes weitere Wort 10 Pig. Stellengesuche und Schlafstellenan zeigen das erste Wort 10 Pfg., jedes weitere Wort 5 Pfg. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Inserate für die nächste Nummer müssen bis 5 Uhr nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist bis 7 Uhr abends geöffnet.
Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morigplas, Nr. 151 90-151 97.
Mittwoch, den 23. Juni 1915.
Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moritplah, Nr. 151 90-151 97.
Wien , 22. Juni. ( W. T. B.) Amtlich wird verlautbart, 22. Juni 1915, nachmittags: Unsere zweite Armee hat heute nach hartem Kampfe Lemberg erobert. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes,
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Amtlich. Berlin , 22. Juni. ( W. T. B.) Lemberg ist heute nachmittag nach schwerem Kampfe von österreichisch- ungarischen Truppen ge nommen. Das österreichische 34. Infanterieregiment, dessen Chef Seine Majestät der deutsche Kaiser ist, hat sich bei der Erstürmung des Werkes Lysa Gora ausgezeichnet.
Die Meldung des Großen Hauptquartiers.
Amtlich. Großes Hauptquartier, den 22. Juni 1915.( W. T. B.)
Westlicher Kriegsschauplatz.
Auf dem westlichen Kanalufer nordwestlich von Digmuiden wurden feindliche
Angriffe gegen drei von uns besezte Gehöfte abgewiesen.
Nördlich von Arras fanden auch gestern im wesentlichen Artilleriekämpfe statt. Ein französischer Jufanterieangriff am Labyrinth südlich von Neuville wurde um Mitternacht zurückgeschlagen.
In der Champagne westlich von Perthes schoben wir nach erfolgreichen Sprengungen unsere Stellung vor.
Auf den Maashöhen dauerten die Nahkämpfe unter schwerem Artilleriefeuer den Tag über an. Heute früh gegen 3 Uhr schritten wir zum Gegenangriff, säuberten unsere Gräben vom eingedrungenen Feinde fast vollständig und machten 130 Gefangene. Ein Kleiner feindlicher Vorstoß bei Marcheville wurde leicht abgewiesen.
Destlich von Luneville entwickelten sich bei Leintreh neue Vorpostenkämpfe. In den Vogesen haben wir heute nacht unsere Stellungen planmäßig und ungedrängt vom Feinde auf das östliche Fechtufer östlich von Sondernach verlegt. Am Hilfenfrist erlitt der Feind bei erneuten Angriffen wieder ernste Verluste. Unsere Flieger bewarfen den Flughafen Courcelles westlich von Reims mit Bomben. Feindliche Bombenabwürfe auf Brügge und Oftende richteten keinen militärischen Schaden an.
Deftlicher Kriegsschauplatz.
Die Lage ist unverändert.
Südöstlicher Kriegsschauplak.
"
Es ist zurzeit nicht leicht, sich auch nur ein annähernd richtiges Bild von der Lage in Rußland zu machen. Die rigoros durchgeführte Pressezensur läßt nur ivenig von den Vorgängen und Stimmungen im Reiche an die Deffentlichkeit gelangen, eine scharfe Briefzensur unterdrückt den privaten Nachrichtendienst fast völlig und der wenn auch in letzter Zeit ziemlich durchlöcherte Burgfrieden" zwischen den Parteien verleiht der Presse eine sonst nie dagewesene Uniformiertheit der Meinungen. Ist unter diesen Umständen ein Einblick in die innerrussischen Verhältnisse äußerst erschwert, so verleiten andererseits die Nachrichten phantasiebegabter Berichterstatter aus den neutralen Ländern, die mit ihren Uebertreibungen und Aufbauschungen auf die weitverbreitete Unkenntnis der russischen Verhältnisse spekulieren, oft vorschnelle Schlüsse und unangebrachte Erwartungen an die aus Rußland hinüberdringenden kurzen Nachrichten zu knüpfen.
Nachstehend versuchen wir, an der Hand der russischen Presse und privater Mitteilungen aus den Kreisen Petersburger und Moskauer Genossen, eine Schilderung der wichtigsten Vorgänge im Zarenreiche zu entwerfen, das allem Anscheine nach in eine Periode einschneidender innerer Wandlungen eintritt.
Höchst bezeichnend für die Stimmungen im pseudokonftitutionellen" Rußland ist die immer lauter ertönende Forderung nach Einberufung der Volksvertretung. Hierbei wird nicht an eine kurze Tagung wie im August und im Februar gedacht, wo die Duma sich im wesentlichen auf Kreditbewilligung und dekorative Einrahmung der Ministerreden beschränkte, sondern an eine möglichst permanente Ausübung der Rechte der Volksvertretung. Nun ist zwar die Duma von Staatsstreichs Gnaden kein Volksparlament: nur ein Häuflein Sozialdemokraten und radikaler Bauernabgeordneter vertreten in ihr die Interessen. der werktätigen Bevölkerung. Aber als Instrument des Klassenwillens des Junkertuins und der Bourgeoisie kommt sie mehr und mehr in Betracht und gewinnt in der jetzigen kritischen Situation eine erhöhte Bedeutung als Schauplak der politischen Wirksamkeit der Wirksamkeit der hinter dem Kriege stehenden Gesellschaftstlassen. Dienten die bisherigen Tagungen der Duma zum demonstrativen ,, patriotischen" Aufmarsch der Parteien der russischen, polnischen, armenischen usw. Bourgeoisie, in den bloß die Proteststimmen Südlich des Dujestr ist die allgemeine Situation der Sozialdemokraten einen„ Mißton" hineintrugen, so soll die jetzt geforderte Tagung der Duma den bürgerlichen Auch gestern wiesen die Truppen der Armee Pflan- Parteien dazu dienen, die Stontrolle über die Striegsführung zer, wo sie angegriffen wurden, die Russen unter großen und die Organisation der Heeresversorgung in die Hand
Die Kämpfe nördlich und westlich von Lemberg werden fortgesett. Westlich von Zolkiew wurden die Russen heute nacht zum Rückzug aus ihrer Stellung gezwungen. Die deutschen Truppen und das in ihrer Mitte kämpfende österreichisch= ungarische Armeekorps haben seit 12. Juni, dem Beginn ihrer legten Offensive, aus der Gegend von Przemyil und Jaroslau 237 Offiziere, 58 800 Mann zu Gefangenen gemacht, 9 Geschütze und 136 Maschinengewehre erbeutet.
Der österreichische Generalstabsbericht. Wien , 22. Juni. ( W. T. B.) Amtlich wird verlaut. bart: 22. Juni 1915, mittags:
Russischer Kriegsschauplah.
unverändert.
Oberste Heeresleitung.
Verlusten zurüd.
Die Kämpfe um Lemberg dauern fort. Die russische Verteidigungsstellung südlich der Stadt wurde gestern nichts im Raume westlich Dornfeld von unseren Truppen durchbrochen, die Uebergänge über den Szczerekbach an mehreren Stellen in die Hand genommen. Einzelne Befestigungsanlagen an der West- und Nordwestfront von Lemberg sind nach heftigen Kämpfen, in denen sich die Wiener Landwehr besonders tapfer schlug, in unserem Besit.
Deutsche Truppen erstürmten die Höhen westlich kuli. kow und schlugen alle Gegenangriffe der Russen unter schwersten Verlusten des Feindes zurüd.
Italienischer Kriegsschauplah.
Bei Plava wurden wieder einige feindliche Angriffe abgewiesen. Ein italienischer Flieger warf auf Gör 3 erfolglos Bomben ab.
An allen Fronten verschießt der Feind viel Geschützmunition, verhält sich aber sonst passiv.
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: von Hoefer, Feldmarschalleutnant.
zu nehmen.
In derselben Richtung bewegen sich auch die Forderungen nach Bildung eines Soalitions ministeriums unter Heranziehung von Vertretern der bürgerlichen Parteien. Zweifellos spielen hierbei auch politische Berechnungen eine Rolle, vorherrschend ist aber das Bestreben der großen bürgerlichen Barteien, durch Unterstützung der Regierung und der Bureaukratie die Schlagkraft der Armee zu stärken und dem Widerstand gegen das Andringen der feindlichen Armeen einen mehr volkstümlichen Charakter zu verleihen.
Wie sehr diese Bestrebungen in der letzten Zeit an Umfang gewonnen haben, geht daraus hervor, daß der vom 8.