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Nr. 171. 32. Jahrg.

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Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berlin  "

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morigplas, Nr. 151 90-151 97.

Mittwoch, den 23. Juni 1915.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moritplah, Nr. 151 90-151 97.

Lemberg   genommen!

Wien  , 22. Juni.  ( W. T. B.) Amtlich wird verlautbart, 22. Juni 1915, nach­mittags: Unsere zweite Armee hat heute nach hartem Kampfe Lemberg   erobert. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes,

v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Amtlich. Berlin  , 22. Juni.  ( W. T. B.) Lemberg   ist heute nach­mittag nach schwerem Kampfe von österreichisch- ungarischen Truppen ge nommen. Das österreichische 34. Infanterieregiment, dessen Chef Seine Majestät der deutsche   Kaiser ist, hat sich bei der Erstürmung des Werkes Lysa Gora   ausgezeichnet.

Die Meldung des Großen Hauptquartiers.

Amtlich. Großes Hauptquartier, den 22. Juni 1915.( W. T. B.)

Westlicher Kriegsschauplatz.

Auf dem westlichen Kanalufer nordwestlich von Digmuiden wurden feindliche

Angriffe gegen drei von uns besezte Gehöfte abgewiesen.

Nördlich von Arras   fanden auch gestern im wesentlichen Artilleriekämpfe statt. Ein französischer Jufanterieangriff am Labyrinth südlich von Neuville wurde um Mitternacht zurückgeschlagen.

In der Champagne westlich von Perthes schoben wir nach erfolgreichen Sprengungen unsere Stellung vor.

Auf den Maashöhen dauerten die Nahkämpfe unter schwerem Artilleriefeuer den Tag über an. Heute früh gegen 3 Uhr schritten wir zum Gegenangriff, säuberten unsere Gräben vom eingedrungenen Feinde fast vollständig und machten 130 Gefangene. Ein Kleiner feindlicher Vorstoß bei Marcheville wurde leicht abgewiesen.

Destlich von Luneville   entwickelten sich bei Leintreh neue Vorpostenkämpfe. In den Vogesen haben wir heute nacht unsere Stellungen planmäßig und un­gedrängt vom Feinde auf das östliche Fechtufer östlich von Sondernach ver­legt. Am Hilfenfrist erlitt der Feind bei erneuten Angriffen wieder ernste Verluste. Unsere Flieger bewarfen den Flughafen Courcelles westlich von Reims   mit Bomben. Feindliche Bombenabwürfe auf Brügge   und Oftende richteten keinen militärischen Schaden an.

Deftlicher Kriegsschauplatz.

Die Lage ist unverändert.

Südöstlicher Kriegsschauplak.

Rußlands   innere Krise.

"

Es ist zurzeit nicht leicht, sich auch nur ein annähernd richtiges Bild von der Lage in Rußland   zu machen. Die rigoros durchgeführte Pressezensur läßt nur ivenig von den Vorgängen und Stimmungen im Reiche an die Deffentlichkeit gelangen, eine scharfe Briefzensur unterdrückt den privaten Nachrichtendienst fast völlig und der wenn auch in letzter Zeit ziemlich durchlöcherte Burgfrieden" zwischen den Parteien verleiht der Presse eine sonst nie dagewesene Uniformiertheit der Meinungen. Ist unter diesen Umständen ein Ein­blick in die innerrussischen Verhältnisse äußerst erschwert, so verleiten andererseits die Nachrichten phantasiebegabter Berichterstatter aus den neutralen Ländern, die mit ihren Uebertreibungen und Aufbauschungen auf die weitverbreitete Unkenntnis der russischen Verhältnisse spekulieren, oft vor­schnelle Schlüsse und unangebrachte Erwartungen an die aus Rußland hinüberdringenden kurzen Nachrichten zu knüpfen.

Nachstehend versuchen wir, an der Hand der russischen Presse und privater Mitteilungen aus den Kreisen Peters­burger und Moskauer   Genossen, eine Schilderung der wichtigsten Vorgänge im Zarenreiche zu entwerfen, das allem Anscheine nach in eine Periode einschneidender innerer Wandlungen eintritt.

Höchst bezeichnend für die Stimmungen im pseudokon­ftitutionellen" Rußland   ist die immer lauter ertönende Forde­rung nach Einberufung der Volksvertretung. Hierbei wird nicht an eine kurze Tagung wie im August und im Februar gedacht, wo die Duma sich im wesentlichen auf Kreditbewilligung und dekorative Einrahmung der Minister­reden beschränkte, sondern an eine möglichst permanente Aus­übung der Rechte der Volksvertretung. Nun ist zwar die Duma von Staatsstreichs Gnaden kein Volksparla­ment: nur ein Häuflein Sozialdemokraten und radikaler Bauernabgeordneter vertreten in ihr die Interessen. der werktätigen Bevölkerung. Aber als Instrument des Klassen­willens des Junkertuins und der Bourgeoisie kommt sie mehr und mehr in Betracht und gewinnt in der jetzigen kritischen Situation eine erhöhte Bedeutung als Schauplak der politischen Wirksamkeit der Wirksamkeit der hinter dem Kriege stehenden Gesellschaftstlassen. Dienten die bisherigen Tagungen der Duma zum demonstrativen ,, patriotischen" Aufmarsch der Parteien der russischen, polnischen, armenischen usw. Bourgeoisie, in den bloß die Proteststimmen Südlich des Dujestr ist die allgemeine Situation der Sozialdemokraten einen Mißton" hineintrugen, so soll die jetzt geforderte Tagung der Duma den bürgerlichen Auch gestern wiesen die Truppen der Armee Pflan- Parteien dazu dienen, die Stontrolle über die Striegsführung zer, wo sie angegriffen wurden, die Russen unter großen und die Organisation der Heeresversorgung in die Hand

Die Kämpfe nördlich und westlich von Lemberg   werden fortgesett. Westlich von Zolkiew   wurden die Russen heute nacht zum Rückzug aus ihrer Stellung gezwungen. Die deutschen   Truppen und das in ihrer Mitte kämpfende österreichisch= ungarische Armeekorps haben seit 12. Juni, dem Beginn ihrer legten Offensive, aus der Gegend von Przemyil und Jaroslau 237 Offiziere, 58 800 Mann zu Gefangenen gemacht, 9 Geschütze und 136 Maschinengewehre erbeutet.

Der österreichische Generalstabsbericht. Wien  , 22. Juni.  ( W. T. B.) Amtlich wird verlaut. bart: 22. Juni 1915, mittags:

Russischer Kriegsschauplah.

unverändert.

Oberste Heeresleitung.

Verlusten zurüd.

Am Tanew und in Polen   hat sich an der Situation geändert.

Die Kämpfe um Lemberg   dauern fort. Die russische Verteidigungsstellung südlich der Stadt wurde gestern nichts im Raume westlich Dornfeld von unseren Truppen durch­brochen, die Uebergänge über den Szczerekbach an mehreren Stellen in die Hand genommen. Einzelne Befestigungs­anlagen an der West- und Nordwestfront von Lemberg   sind nach heftigen Kämpfen, in denen sich die Wiener Landwehr besonders tapfer schlug, in unserem Besit.

Deutsche   Truppen erstürmten die Höhen westlich kuli. kow und schlugen alle Gegenangriffe der Russen unter schwersten Verlusten des Feindes zurüd.

Italienischer Kriegsschauplah.

Bei Plava wurden wieder einige feindliche Angriffe abgewiesen. Ein italienischer Flieger warf auf Gör 3 er­folglos Bomben ab.

An allen Fronten verschießt der Feind viel Geschütz­munition, verhält sich aber sonst passiv.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

zu nehmen.

In derselben Richtung bewegen sich auch die Forderungen nach Bildung eines Soalitions ministeriums unter Heranziehung von Vertretern der bürgerlichen Parteien. Zweifellos spielen hierbei auch politische Berechnungen eine Rolle, vorherrschend ist aber das Bestreben der großen bürger­lichen Barteien, durch Unterstützung der Regierung und der Bureaukratie die Schlagkraft der Armee zu stärken und dem Widerstand gegen das Andringen der feindlichen Armeen einen mehr volkstümlichen Charakter zu verleihen.

Wie sehr diese Bestrebungen in der letzten Zeit an Um­fang gewonnen haben, geht daraus hervor, daß der vom 8.