Einzelbild herunterladen
 

politische Uebersicht. Interpellation über den Belagerungszustand in Sachsen . Die sozialdemokratische Fraktion der Zweiten Kammer des sächsischen Landtages hatte eine Interpellation eingebracht, in der die Regierung über eine Anzahl Versammlungsverbote und deren Begründung sowie darüber befragt wird, ob sie bereit ist, mit Nachdruck für die Wiederherstellung des gesetz lichen Zustandes auf deni Gebiete der Presse, des Vereins und Versammlungswesens einzutreten. In der Freitagsitzung der Kammer wurde nun ein Schreiben des Ministers des Innern verlesen, nach dem die Beantwortung der Interpellation durch die Regierung abgelehnt wird. Die Regierung erklärt sich nicht für zuständig, weil seit dem 29. Dezember 1914 durch die sächsischen Generalkommandos die Vorschriften über Presse, Ver eins- und Versammlungsfreiheit aufgehoben sind und die maßgebenden Entscheidungen in diesen Fragen seitdem und zurzeit dem Generalkommando zustehen. Dazu sei bemerkt, daß nach einer offiziellen Erklärung, die seinerzeit zu der er- wähnten Maßregel von der Regierung abgegeben wurde, die Verfügung nur formelle Bedeutung habe und an den tat- sächlichen Verhältnissen nichts geändert werden solle. Nach Meinung der sozialdemokratischen Fraktion stimmen die Ver- sammlungsverbote mit dieser Erklärung nicht überein. Die Fraktion wird trotz Verweigerung einer Antwort der Re- gierung auf der Verhandlung der Interpellation bestehen.

Vcrsammlungsverbot. Die gemeinsam vom Gewerkschaftskartell und Sozial- demokratischen Verein Bremen geplante öffentliche Versamm- lung, in welcher Reichstagsabgeordneter Wurm über die Volksernährung sprechen sollte, ist vom General- kommando in Altona untersagt. Ebenso ist verboten worden, ein Flugblatt zu verbreiten, welches die Rede Wurms im Reichstage vom 29. Mai über obiges Thema enthält._ Trotzkys Broschüre hochverräterisch. Der zweite und dritte Strafsenat des Reichsgerichts be- schäftigte sich am Freitag mit der BroschüreDer Krieg und die Arbeiterklasse" von Genossen Leo N. T r o tz k y. Das Reichsgericht sah in dieser Schrift den Tatbestand des Hoch- Verrats verwirklicht, da sie die Aufforderung an die deutschen Arbeiter enthält, auf revolutionärem Wege durch Waffen gelvalt eine Aenderung der Reichsverfassung herbeizuführen, und verlangt, daß diese alsbald geschehe, damit die revolutio näre Energie nicht erst durch den Krieg erschöpft werde. Da der Verfasser und der Drucker für die deutschen Strafgesetze nicht erreichbar sind, so erkannte das Reichsgericht auf Ver nichtung bczw. Unbrauchbarmachung sämtlicher Exemplare des Buches und der Platten. Die Ver­handlung wurde unter Ausschluß der Oeffentlichkeit geführt.

Beschwerde derDeutschen Tageszeitung". In ihrer Abendausgabe vom Freitag teilt die.Deutsche Tageszeitung" ihren Lesern in auffallendem Druck folgendes mit: Die.Norddeutsche Allgemeine Zeitung" hat unterm 22. Juni einen Angriff gegen dieDeutsche Tageszeitung" gerichtet. Auf zahlreiche Anfragen teilen wir mit, daß wir wegen dieses An- griffes beim Herrn Reichskanzler Beschwerde erhoben haben._ Die Kriegs- und Miedenszielo der Nationalliberalen. Laut»Deutschem Kurier' waren am Sonntag die Ver- traue usmänner der nationalliberalen Partei der Provinz Brandenburg in großer Zahl in Berlin zusammen- gekommen. Der Provinzialvorsitzende, Regierungsrat Professor Dr. Leidig, gab einen umfassenden Ueberblick über die Entstehung und Entwicklung des gegenwärtigen Krieges, unsere finanzielle und wirtschaftliche Rüstung, die jetzige Lage Deutschlands , militärisch und politisch, sowie die möglichen Kriegsziele und die Stellung der nationalliberalen Partei zu dem Voraussicht- lich bei Ablauf des Krieges sowie bei und nach dem Frieden sich ergebenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Problemen. Die Darlegungen des Vorsitzenden fanden die allgemeine Zustimmung der Versammlung. Der stellvertretende Vorfitzende, LandtagSabg. Dr. L i e p m a n n, Charlottenburg , faßte das Ergebnis der Verhandlungen dahin zusammen, daß die Ver« trauensmännerversammlung zwar davon Abstand nehme, jetzt schon die Friedensbedingungen im einzelnen zu erörtern, daß alle sich aber darin einig seien, daß der unS sicher scheinende militärische Erfolg auch politisch und wirtschaftlich ohne jede Sentimentalität und nur in Berücksichtigung unserer eigenen Interessen zur Sicherung gegen ähn- lichen lleberfall und zur Kräftigung unserer Macht- st e l l u n g ausgenutzt werden müsse. In der inneren Politik habe sich das Programm und die Arbeit der nationalliberalen Partei als richtig erwiesen, sie brauche nicht umzulernen. Ihre Tätigkeit zur Erhaltung und Stärkung unserer Wehrkraft, ihre Stellung zu den wirtschaftlichen und sozialen Problemen habe der Krieg gerechtfertigt._ Konzessionierte Unterhändler? Unter dieser Ueberschrift veröffentlichen Berliner bürgerliche Blätter folgende Notiz der.Nationalliberalen Korrespondenz": Der.Berliner Lokalanzeiger" bringt aus der.Frank» furter Volks st imme" einen Abwehrartikel deS Herrn Dr. Ouarck gegen den bekannten Aufruf der Genossen Haase, Bernstein und Kautsky . Es heißt darin: »Ich wende mich zuerst und mit aller Schärfe gegen die ver- antworlungsvollen Genossen in England und Frankreich , die zu Vorverhandlungen stets ausbleiben. Ihnen habe ich stets zu erklären, ihnen zuerst im Namen der Menschlichkeit und der Kultur, ihnen zu allererst, denn sie machen ja durch ihr Fern- bleiben vom Internationalen Sozialistischen Bureau jeden Ansang einer wirksamen Vorbesprechung über den Frieden unmöglich. Wir Deutschen und unsere österreichischen Genossen erklären fort- gesetzt, daß wir eine erste Fühlung durch Herstellung von Friedens- besprechungen gern vornehmen wollen. Die deutsche� Reichs- regierung weiß davon und hat uns nicht die geringsten Schwierig- keilen in den Weg gelegt. Das wiegt doch wohl schwerer als alles Eroberungsgeschrei von unverantwortlichen Stellen." Die letzten Sätze dieser Erklärung bedürfen dringend einer Auf- klärung durch die Reichsregiernng. Will Herr Quarck damit ledig- lich sagen, daß die Regierung der internationalen politischen Betäti- gung der Sozialdemokratie, soweit sie sich in gesetzlich zulässigen Grenzen bewegt und das Staatsintereffe nicht gefährdet, keine Schwierigkeiten in den Weg legt, so können wir das von unserem Standpunkts aus, der die staatsbürgerliche Freiheit unbedingt hoch-

hält, verstehen. Es könnte aber noch etwas herausgelesen werden. nämlich, daß die sozialdemokratische international Friedenspropaganda von der deutschen Regierung mindestens stillschweigend gebilligt wird, und daß man sie von dieser Seite sogar als ein geeignetes Mittel betrachtet, um eine erste Grundlage für eine Erwägung der Friedensmöglichkeiten zu schaffen Wir zweifeln nicht, datz, wenn diese Auslegung, die wir allerdings für unmöglich halten, zutreffen würde, die Mehrheit des deutschen Volkes die Beschreitung eines solchen Weges mit Entschiedenheit, ja sogar mit Entrüstung ablehnen würde. Schon um solche Gedanken nicht aufkommen zu lassen, halten wir eine amtliche Aufklärung für ein Gebot der Notwendigkeit." Kriegsfürsorge auf Aktien. Die Fürsorge für die Kriegsinvaliden ist eine sehr ernste und wichtige Ausgabe. Zurzeit sind überall Organisationen in Bildung begriffen, die von Gemeinden und Landes- Verwaltungen gestützt, sich der Kriegsinvalidenfürsorge widmen. Es gilt in erster Linie, die Kriegsinvaliden möglichst arbeits fähig zu machen, und zweitens sie in das Heer der Arbeiten den einzureihen, ohne daß sie lohndrückend wirken. Es muß unter allen Umständen vermieden werden, daß die Kriegs invaliden in der Zukunft auf die Wohltätigkeit angewiesen sind. Denn das wäre eine sehr ungewisse und zweifelhafte Fürsorge. Kürzlich machte in der Oeffentlichkeit eineKriegs- Jnvalidenhilfe-Akticngesellschast" von sich reden, die angab, das Los der Kriegsinvaliden lindern zu helfen. Die Aktiengesell schaft will ihren Zweck erreichen durch Verkauf von Kriegs bildern in Mappen. Sie wendet sich an die Hausbesitzer in Groß-Berlin, denen sie einen Prospekt und eine Adressenliste hat zugehen lassen, mit der Aufforderung, diese unter den Mietern zirkulieren zu lassen, damit sie sich qjfs Abonnenten von Kunstblättern mit Kriegsbildern eintragen. Den Haus besitzern ivurde der gemeinnützige Charakter der neuen Aktiew gesellschaft durch ein Zirkular klargemacht. Es wurde bemerkt, daß nach§ 13 des Gesellschaftsvertrages die Aktionäre eine Dividende von höchstens 4 Prozent erhalten, der übrige Reingewinn soll dem Ausbau der Krüppelfürsorge dienen und soll einem Komitee aus drei führenden Per> önen der Deutschen Vereinigung der Krüppelfürsorge über­geben werden. In derDeutschen Tageszeitung" verbreitet sich eine Zuschrift aus Hausbesitzerkreisen über die an die Hausbesitzer gestellte Zumutung, sich in den Dienst dieser Unternehmung zu stellen, die gar keine Garantie biete, daß es sich nicht um ein reines Erwerbsunternehmen handele. Die Beschränkung der Dividende auf höchstens 4 Proz. schlöffe die Erzielung sonstiger Vorteile keineswegs aus. DieDeutsche Tages-Ztg." wirft die Frage auf, ob es denn noch länger geduldet werden könne, daß jeder erste beste sich an die Oeffentlichkeit wendet und ihr Geld mit der Zusicherung erbittet, daß es im Dienste der Kriegerfürsorge verwendet werde. Mindestens müßte in solchen Fällen Gewähr gegeben sein, daß die Selbstlosigkeit der Be strebungen feststehe. Wenn schon die Listen, die bei den Berliner Bürgern von Wohltätigkeitsvereinen in Umlauf ge- setzt werden, um Beiträge zu sammeln, einen polizeilichen Erlaubnisvermerk tragen müßten, so sei nicht einzusehen, warum nicht dieselbe Vorsicht auch gegenüber einer Aktien- gesellschaft Platz greifen soll, die das Geld der Bürgerschaft ebenfalls nur für Wohltätigkeitszwecke sammeln will So angebracht die Vorsicht vor der neuen Kriegsfürsorge auf Aktien ist, so sehr muß immer darauf hingewiesen werden, daß die Kriegsfürsorge nie und nimmer Gegenstand der Wohl- tätigkeit sein sollte, und daß die Allgemeinheit die Aufgabe hat, für die Kriegsinvaliden angemessen zu sorgen.

Dernburg in Berge« angekommen. Kristiania , 25. Juni. (W. T. B.) Nach einem Telegramm aus Bergen ist der frühere deutsche Staatssekretär Dern- bürg gestern abend an Bord derBergensfjord", die von den Engländern zur Untersuchung nach Kirkwall gebracht worden war. in Bergen angekommen. Er verweigerte den Aussragern jede Auskunft._ Verbot des Vorverkaufs von Oelfrüchten. Der Reichskanzler hat folgendes bestimmt: Kaufverträge über Raps, Rübsen, Hederich, Dotter. Leinsamen und Mohn aus der inländischen Ernte des Jahres ISIS find nichtig. Dies gilt auch für Verträge, die vor Verkündung dieser Verordnung geschlossen find._ Zur Uebernahme von Militärtnchen. Die Prüfung, Feststellung des Uebernahmepreises und Heber- nähme der Militärtuche erfolgt innerhalb des ReichSgebieteS durch das Königlich Preußische Kriegsministerium. Die Aufforderung zur Ueberlaffung und zur Versendung, sowie die Anordnung deS Eigen- tumsübergangeS sUebernahme) der Militärtuche ergeht durch das Wollgewerbemeldeamt deS Königlich Preußischen Kriegsministeriums. Für die Preisbestimmung der beschlagnahmten Tuche soll eine phyfikalisch-chemische Prüfung maßgebend sein, ähnlich der bisher von den Kriegs-Bekleidungsämtern vorgenommenen.

Mus Ser Partei. Zur Kundgebung des Parteivorstandes. Der Parteivorstand veröffentlicht heute unter dem Titel: Sozialdemokratie und Frieden" eine Kundgebung. Wir find ermächtigt, zu erklären, daß eine solche Kundgebung bereits am 7, Mai vom Parteivorstand einstimmig beschlossen worden ist. Von diesem Beschluß ist am IL. Mai einer Konserenz der Parteiredakteure und Ende Mai der Reichstagssraktion Kennt- nis gegeben worden. Die Ausführung des Beschlusses wurde dann aber und zwar ebenfalls auf einstimmigen Beschluß des Parteivorstandes zunächst vertagt wegen des Ein- greifens Italiens in den Krieg. Nach den neuen großen militärischen Erfolgen in Galizien beschloß der Parteivorftand jetzt die Veröffentlichung._ Zur Protest-Eingabe. Wie uns mitgeteilt wird, haben bisher die Eingabe vom 9. Juni an den Partei- und Fraktionsvorstand etwa 700 Genossen in Vertrauensstellungen der Arbeiterorganisationen unterzeichnet. Gestern nachmittag wurden in einer Berliner Druckerei die gedruckten Exemplare dieser Eingabe beschlagnahmt. Auch haben Haussuchungen, die mit der Protest-Eingabe in Zusammenhang stehen, in Groß-Berlin stattgefunden.

Vandervelde, Noske und Köster. In einer Rede zu Gentilly hatte Genosse Vandervelde vor einigen Wochen behauptet, Genosse Noske habe bei einein Besuch, den er in den ersten Kriegsmonaten dem Volkshaus in Brüssel abstattete, in der Unterhaltung mit führenden belgischen Sozialisten geäußert, nationale Ehre sei eine bürgerliche Ideologie, und die Belgier hätten keinen Grund gehabt, ihre Neutralität zu verteidigen. Dem ist Noske mit der Versicherung entgegengetreten, daß er nie etwas Äehnlichcs gesagt habe. Jetzt berichtigt sich Vandervelde in derHumanite" selbst und erklärt, daß die betreffenden Aeutze- rungen nicht von NoSlc. sondern von seinem Begleiter, dem Ge- nassen Dr. Adolf Köster, gemacht worden seien. Man hat ihm unmittelbar nach der Anwesenheit der deutschen Besucher einen genauen Bericht von der Konferenz gesandt und darin wurden Kösters Worte folgendermaßen wiedergegeben: Was geschehen ist, habt Ihr Euch selbst zuzuschreiben. Ihr hättet uns nur passieren lassen sollen; Ihr würdet durch unsere Regierung reichlich entschädigt worden sein, und wir würden Euch außerdem das allgemeine Stimmrecht, die Frauen- und Kinder- schutzgesetze, die allgemeinen Versicherungsgesetze und soundsoviele andere Dinge gebracht haben, die Ihr trotz all Eurer Stärke bis- her noch nicht habt erobern können.... Die Ehre einer Nation das gehört zur bürgerlichen Jdeolo- gie, mit der die Sozialisten nichts zu tun haben. Was die inter - nationalen Verträge angeht, so können sie im Kriegssalle nicht ge- halten werden. Lehrt uns nicht der ganze historische Materialis- mus, daß die Entwickelung des Proletariats aufs engste verknüpft ist mit der Entwickelung der ökonomischen Blüte der Nation? Folg- lich müssen die deutschen Sozialisten aus der Seite der Regierung stehen, die in diesem Augenblick die Existenz des Landes gegen die Angriffe Englands, Frankreichs und des russischen Despotis- muZ verteidigt." Als vor einiger Zeit im Stockholmer Sozialdemokraten" nach derHumanite" ähnliche Vorwürfe gegen Genossen Dr. Adolf Köster erhoben wurden, hat sich dieser in einer längeren Zu- schrift an das schwedische Parteiblatt dagegen verteidigt und die Darstellung derHumanite" alsEntstellung und phantasievollc Erfindung" bezeichnet. Aus den Organisationen. Die Bezirksleitung für die Wahlkreise Mindcn-Lüb- decke, Herford -Halle, Bielefeld-Wiedenbrück, Paderborn -Büren , Warburg-Höxter, L i p p st a d t-- Brilon, Lingen -Meppen , Schaumburg-Lippe , Lippe hat an den Parteivorstand den nachfolgenden Brief ge-- richtet: Werte Genossen! Wenn schon die Treibereien einzelner deut- scherSozialiften" im Ausland die schärfsten Matznahmen gegen sie rechtfertigen, so sind diese erst recht geboten gegen jene Genossen, die unter Vertrauensbruch Vorgänge in der Budgetkommission des Reichstags zu gehässigen Vorwürfen gegen die Partei in verleuni- derischer Weis« benutzten. Noch dringlicher besteht aber die Pflicht, gegen die Zerstörer der deutschen Parteieinheit vorzugehen. So gegen das eigenartige Verfahren jener Gruppe von Genossen, die durch ihr Rundschreiben .an die Vorstände der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und der sozialdemokratischen Fraktion Berlin " die Organisation»- arbeit zu einer Zeit stören, wo alle Kräfte zu deren Durchführung eingesetzt werden müssen. Dann aber gegen den Genossen Haase, dessen neuestes Verhalten geeignet ist, die Partei zu untergraben und in seiner Wirkung oben-drein im Ausland den falschen Eindruck erwecken kann, als erlahme in Deutschland die Widerstandskrast für seine Selbstbehauptung. Der Förderung der Friedensgedanken dienen solche unzweckmäßigen und unverantwortlichen Kund- gedungen nicht, sie find viel eher geeignet, den schrecklichen Krieg zu verlängern. Wir erwarten dringlich die Einberufung aller Körperschaften. um die Maßnahmen zu beraten, die dem zersetzenden Tun ein- zelner Personen und Gruppen begegnen und die Einheit und den Einfluß der Partei zu wahren geeignet find. * Der Vorstand des BezirksNordwest" nahm in seiner letzten Sitzung, cm der auch Vertreter des Wahlkreises Bremen , des 17., 18. und 19. hannoverschen Wahlkreises teilnahmen, ein- timmig folgenden Beschluß an: Der Gesamworstand deS BezirksNordwest" lehnt es ab, die Eingabe einer Anzahl Genossen, die diese an den Partei- und Frak- tionSvorstand gerichtet haben, zu unterstützen. Der Vorstand bc- trachtet diese Eingabe als ein Unternehmen, die Einigkeit der Par- tei zu stören. Ganz besonders bedauert der Bezirksvorstand, daß der Genosse Haase, der Vorsitzender der Partei ist und über die Einigkeit der Partei wachen soll, den in derLeipziger Volkszeiwng" erschienenen Ausruf unterzeichnet hat. Alle Sonderbestrebungen, die zu einer Zersplitterung der Partei führen müssen, verurteilt der Bezirksvorstand auf das schärfste. Der Bezirksvorstand hat schon in zwei Sitzungen zu den Beschlüssen des Parteivorstandes, des Parteiausschusses und der Reichstagssraktion Stellung genommen und deren Entschließungen zugestimmt." * Der Sozialdemokratische Verein für den Wahlkreis Frank­ furt a. M. nahm in seiner am Dienstag fortgesetzten General- Versammlung Neu- und Ersatzwahlen sfür eingezogene Ge- nossen) zum Vorstand vor. Dazu waren zwei Vorschlagslisten ein- zereicht; die eine von der großen Mehrheit der Vertrauensmänner, die andere von 79 Genossen unter Führung des Provinzsekretärs D i ß m a n n. Zu der Wahl war eine lebhaste Agitation entfaltet worden. Die stark besuchte Versammlung nahm einen sehr be- wegien Verlauf. Reichstagsabgeordneter H ü t t m a n n sprach für die Liste der Opponenten, betonte aber, man dürfe nicht schließen, daß diese alle Gegner der Reichstagsmehrheit seien, er selbst habe a für die Kriegskredite gestimmt, wäre aber mit der Haltung des Ortsvorstandes in verschiedenen Fragen nicht einverstanden. Die Abstimmung ergab jedoch die Wahl der von den Vertrauens- männern vorgeschlagenen Genosser.. Diese erhielten 346 bis 362 Stimmen, während auf die Gegenkandidaten 271 bis 291 Stimmen fielen. Der Vorfitzende des Wahlvereins ist nun der Genosse Stadt - verordnete Georg M a i e r, der früher lange Jahre Vorsitzender der Frankfurter Organisation war. Finanzielle Hilfe str daS Jnternakurnale Sozialistische Bureau(I. S. B.) Um das I. S. B., das gegenwärtig feinen Sitz in Haag hat, instand zu setzen, seine Aufgabe zu erfüllen, hat die britische Sektion beschlossen, ihm eine Anleihe von 399 Pfd. Sterl. zu gewähren. Die Arbeiterpartei trug 699 Pfd. Sterl. bei. die Unabhängige Arbeiterpartei 299 Pfd. Sterl., die Fabian Society 199 Pfd. Sterl. Die Britische Soz. Partei< früher Soz. Dem. Föderation) hat sich an der Anleihe nichl beteiligt, da sie mit großen finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Wegen angeblichen Vergehens gegen das Bclagrrungögesctz ist gegen die Genossen Westmeyer, Crispin, Röbel und Schumacher-.n Stuttgart ein Strafverfahren eingeleitet worden. Sie sollen in Versammlungen gesprochen haben, die nicht angemeldet waren. Parteipreffe. Genosse Scherz, bisher Redakteur am früheren Gotbner Volksblatt", ist von der sozialdemokratischen Preßunion der Kantone St. Gallen und Appenzell zum Redakteur der St. Gallener Volks st imme" gewählt worden. Genosse Scherz ist Schweizer Staatsbürger. Genosse G e i t h n e r, der Redakteur des gänzlich verbotenen Gotha er V o l k s b l a t te L", hat vor einigen Tagen eine drei- monatige Gefängnisstrafe angetreten, die er erhakten hat für die Veröffentlichung einer Tierfavel, in der eine Majestätsbeleidigung erblickt wurde.