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Beilage zumVorwärts" Berliner   Volksblatt. Ar. 68. Donnerstag, den ZI. Miirz 1894. 11. Jahrg. Lokinles. Adlershof  . Achtung, Parteigenoffen! Folgende Lokale stehen, neben den in der Boykotttiste bekannt gegebenen, uns noch zur Verfügung: t a u s m a n n. Grünauer Chaussee. ch m a u s e r, Bismarckstr. 16. In Schlächterkreisen steht man dem billigen Fleischverkauf der Viehhofs-Verwaltung mit sehr gemischten Gefühlen gegenüber. So wenig man als Bourgeois gegen die Ernährung der arbeitenden Klasse mit dem ausgekochten, unappetitlichen Trichinenfleisch" etwas einzuwenden hat, ebenso peinlich ist es aber den Herren Schlächtermeistern, wenn ihnen durch diese humane" Maßregel ein Theil, wenn auch minderwerthiger, Kundschaft entzogen wird. In einer der letzten Jnnungs.Ver- sammlungen wurde das von einigen in der Nähe des Viehhofes wohnenden Meistern recht drastisch zum Ausdruck gebracht. Man darf billig bezweifeln, ob die Schritte, welche man gegen diese Schleuderkonkurrenz unternehmen will", Erfolg haben. Vielleicht dämmert manchem dieser Geschädigten mrt der Zeit die Er- kenntniß auf, daß die Einschränkung derGenußsucht" und Begehrlichkeit" doch auch ihre Schattenseiten hat. Wie von AmtSwegen Arbeiter außer Brot gebracht werde». Die gestern von uns der Oeffentlichkeit preisgegebene V.rsügung des Amtsvorstehers Rönneberg in Friedenau   wird oon derVossischen Zeitung." mit folgendem Kommentar be- begleitet: Wir empfehlen dieses Schreiben dem verdiensilichen Herrn Geh. Ober-Justizrath Starke zur Nachachtung, der an der Spitze des Vereins zur Fürsorge und Besserung entlassener Straf- gefangener steht. Was helfen ihm alle Fürsorge, alle Bemühungen, den entlassenen Gefangenen die Wege zu bahnen, auf denen sie ehrlich ihr Brot verdienen und einen ehrbaren Wandel ein- schlagen können, wenn gerade von einer Seite die entlassenen Gefangenen ihrer Verbrecherlaufbahn wieder zugeführt werden, die ihn am meisten in seinen Bestrebungen zu unterstützen be- rufen wäre. Geradezu unerhört wäre es, wenn es wahr wäre, daß einer der Verfehmten um deswillen sein Brot verlieren soll, weil er vor 17 Jahren eine Verurtheilung erfahren und seitdem sich strafrechtlich einwandsfrei geführt haben sollte. Ein gänzlicher Umbau des Schlesischen Bahnhofes, der größten derartigen Anlage der Stadtbahn, wird, wie uns von gut unterrichteter Seite mitgetheilt wird, im Laufe dieses oder Anfang nächsten Jahres erfolgen. Die beiden Hallen der Stadt- bahn werden zu einem einzigen großen Raum vereinigt und die Bahnhofsanlage selbst wird erheblich vergrößert werden, da die bis jetzt vorhandenen Geleise dem fortwährend steigenden Vev kehr nicht mehr genügen. Gleichzeitig soll auch die Haltestelle Warschauerstraße" umgebaut werden es wird statt der hölzernen jetzigen Halle ein massives Stationsgebäude errichtet werden, ähnlich demjenigen in Westend  . Ter Riilkgang des Gasverbrauchs und der dadurch be- dingte Ausfall an Einnahmen macht den Stadtvätern bekannt- lich schwere Sorge. Ten Vorschlag der sozialdemokratischen Stadtverordneten, die Preise zu verbilligen und sich mit weniger, als dem wucherischen Gewinn von 100 pCt. zu begnügen, lehnen ja der hochwohllöbliche Magistrat und die Mehrheit der libe ralen Stadtvertreter unter allerlei Ausflüchten ab. Aber selbst bei den jetzt geltenden kolossalen Gaspreisen wäre sehr leicht ein großer Mehrverbrauch zu erzielen, wenn die Verwaltung der Gasanstalten dem Publikum gegenüber ein wenig entgegenkam- inender wäre, wie es andere Verwaltungen, z. B. die Charlotten burger, bei gleichen Preisen sind. Schreiber dieses wohnt südlich der Kurfürstenstraße auf Char- lottenburger Gebiet; auf seinen Antrag an die Gasanstalt, ihm eine Kochgaseinrichtnng zu legen, wurde ihm kostenlos ein Gasometer ge- stell! sowie gegen eine geringe monatliche Miethe, nicht ganz 7S Pf., ein Göhde'scher Zweiloch-Gasbrenner nebst Bratröhre überlassen, so daß er außer den 75 Pf. monatlich nur das verbrauchte Gas zu bezahlen hat. Will man Berliner   Gas benutzen, so muß man zunächst den Göhde'schen Brenner kaufen, da die Gasanstalt ihn nicht vermiethet. Außerdem stellt sie nicht ohne weiteres den Gasometer, sondern legt immer auf Kosten des Antrag stellers eine besondere Röhrenleituug mit einem besonderen Gasometer an. Sie fürchtet nämlich, wenn sie den Gasometer an die schon vorhandene Leitung anschließt, könnte der Konsument sich auch nach Belieben mit Leuchtgas versehen, für welches ein höherer Preis berechnet wird. Aus demselben Grunde wird auch der Brenner selbst mit der Röhrenleitung nicht durch einen Schlauch, sondern durch eine feste Röhre verbunden, so daß der Brenner nicht beliebig abgehoben werden kann. Daher kommt es, daß man in Berlin  , wenn man Gas zum Kochen benutzen will, zunächst eine einmalige Ausgabe von etwa 120 M. zu leisten hat, was für den kleinen Mann unmöglich ist. Wäre die Berliner   städtische Gasverwaltung so entgegen- kommend, wie die Charlottenburger  , würde sie die Kochgasbrenner vermiethen, und würde sie anständigen Leuten aus ihre Versiche- runa, daß sie kein Leuchtgas, sondern nur Kochgas benutzen wollen, Glauben schenken und demgemäß die vorhandenen Lei- tungen bei der Aufstellung des Gasometers benutzen, so würden Tausende von Hausfrauen das bequeme Kochen auf Gas dem unbequemen auf Kohlen vorziehen, trotzdem das erstere bei den zcgenwärtigen Gaspreisen täglich 12 Pf. theurer zu stehen konimt. Dann würde aber der Gasverbrauch ungeahnte Dimen- sionen annehmen, und der Ausfall an den Einnahmen bald ge deckt sein. Antisemitische»»theistenblatt. Die atheistische Anti- semitenvereinigungSozialitärer(!) Bund" hat, wie dieKreuz- Zeitung  " berichtet, ein Organ herausgegeben, das monatlich er- scheint und sichDer moderne Völkergeist" nennt. Er will ein- treten fürFreiheit, Gerechtigkeit, Treue, Vertrauen und Wahr- haftigkeit" und gegenHebräer-Herrschaft, religiöse, politische und wirthschaftliche Knechtung kämpfen. In der Februar- Nummer begann unter anderem ein Artikel:Kein Pfaffenlhum, keine Religion, sondern Geistesführung ,m Sinne des modernen Völkergeisles." Sonderbare Schwärmer, diese antisemitischen Atheisten. Was wird dieStaatsbürger- Zeitung" zu dieser Sorte Kombattanten sagen, welche da tagtäglich predigt, daß wahres Christenthum und wahre monarchische Gesinnung sich von Rechts wegen einzig im Antiscmilisnlus lonzentrire? Und nun auch hier der Wurm im Holze.' Wem sollen sich Christenthum und Monarchie in ihrer Bedrängniß schließlich noch anvertrauen? Die Beförderung des HofzugeS nach oder von Abbazia  verursacht jedesmal einen Kostenaufwand von ca. 0600 Ml. ita der Kaiser und die Kaiserin die Hin- und Rückreise gesondert antrete», so entsteht also für dieselben eine Summe von rund 38100 M. als Reisekosten, also etwa soviel, als 13 000 Arbeiter im glücklichen Fall iusgesammt an einem Tage für sich und die Ernährung ihrer Familie verdienen. Nene» Postamt. Am I.April wird in der Marburger- straße 12 eine Postanstalt mit Tel�raphenbetrieb errichtet die die BezeichnungBerlin   W. 50(Marburgerstraße)" erhalt. Bei dieser Postanstalt können Postsendungen zeder Art, auch Rohrpost- sendungen, jedoch keine Geldfässer, Geldkisten und Geldbeutel ein geliefert werden. Wie sich Antisemiten zu helfen wissen. Ein hiesiges ziemlich stark im Knoblauchgeruch stehendes Blatt berichtet bos Haft: Hierorts ist aus tiefgefühltem Bedürfniß ein Verein er standen, der sich nennt:Die Klause, deutschnationaler Verein der Lileraturfreunde zu Berlin  ". Im trauten Zkreise einwands freier Genossen hielt man dort am Montag einen Vorttags- und Erörterungsabend. Auf derTagesordnung", wie man das Programm" für den Vortragsabend verdeutscht hatte, stand auch das bekannte LiedDer letzte Gruß". Als Komponist war Elvy angegeben. In eingeweihten musikalischen Kreisen versichert man demgegenüber, daß das Lied noch immer von Levy, dem Münchener General-Musikdirektor stamme. Aus Levy ward Elvy der Glaube versetzt Buchstaben.... Arbeiter-Sanitätskommission. Der Verwalter des Hauses Nostizstr. 43, Herr C. Bolle, ersucht uns, die in Nr. 65 unseres Blattes enthaltenen Angaben dahin zu ergänzen, daß die beregte Wohnung weder an Pilzen noch an Feuchtigkeit leide, es sei denn, baß die Wittwe Vehlen dorf die Staubschicht, die sich in ihrer Wohnung infolge ungenügender Reinigung an den Wänden gebildet, für Pilze gehalten habe. Der Frau sei die Wohnung gekündigt worden, weil sie an Prostituirte vermiethet hatte; der etwaige Vorwurf der ungerechten Behandlung sei schon dadurch hin- fällig, daß der Wittwe die Miethe für Monat März erlassen sei Herr Julius Zobel, Besitzer des Hauses Rostockerstr. 24 theill uns mit, daß die von Herrn Michalek gemiethete Wohnung zuerst für drei Personen, Mann, Frau und einjähriges Kind, gemiethel sei. Erst vor kurzem sei ein zweites Kind und ein Schlaf- bursche hinzugekommen. Die Nässe rühre daher, daß die Woh- nung nicht gelüftet werde und daß man sie als Waschküche be- nutze. Die Nichtbenutzung der Waschküche schreibt Herr Zobel der Lässigkeit der Miether zu. Der Verbandstag des Deutschen Post- und Telegraphen- Assistenten-Verbandes wird in den Tagen vom 8. 10. Juni in diesem Jahre hier in Berlin   stattfinden. Militaria. Wie eine Lokalkorrespondenz wissen will, ist der Hauptmann und Chef der ersten Kompagnie des vierten Gar�e-Regiments z. F. v. B. seit einigen Wochen nicht mehr bei dem Regiment thätig. Die Kompagnie, die Anfangs von dem Premierlieutenant v. Z. geführt wurde, ist nunmehr end- gillig mit dem Hauptmann v. Schüler besetzt worden. An die Abreise des Hauptmanns v. B., der sich von seinem Burschen nach dem Anhalter Bahnhofe begleiten ließ, knüpfen sich merk- würdige Gerüchte, deren Klärung bei der an mehreren Stellen gewahrten Zurückhaltung nicht möglich war. Aus der einen Seite heißt es, Herr v. B. sei verschwunden, nachdem so manches nicht gestimmt habe, andererseits wird hervorgehoben, daß große Schuldverbindlichkeiten die plötzliche Abreise veranlaßt haben. Er wohnte in der Rathenowerstr. 03, und die Räume sind bereits zur anderweiten Vermiethung ausgeboten. Bei dem Magistrat ist, wie dieAllg. Fl.-Ztg." berichtet, eine Eingabe der Standinhaber der sämmtlichen hiesigen Markt- hallen dahin lautend eingegangen:Die Verkaufszeit in den Hallen an Sonn- und Festtagen nicht wie bisher bis 0, sondern bis 10 Uhr Morgens anzuordnen." Der Gendarm beweist seine Unschuld. Schon kürzlich gaben wir der Ansicht Raum, daß es nach geltender Staats raison für einen preußischen Beamten fast zu den unmöglichen Dingen gehört, in seinem Gebahren gegenüber dem Publikum einen Fehler oder gar eine Straflhat zu begehen. Ist so ein pflicht- treuer Beamter gelegentlich eines besonders bewunderungswürdig liegenden Falles wirklich einmal von frechen Buben einer nicht reglementsmäßigen Handlung verdächtigt worden, so stellt sich gewöhnlich schon in der Voruntersuchung eines solchen Falles heraus, daß nicht der Gendarm z. B., der etwa wie toll mit dem Säbel auf augenscheinlich anständige Bürger dreingeschlagen hat, der schuldige Theil ist, sondern, daß gerade die betreffenden Bürger, die sich erfrechten, dem Säbel des Gendarms im Wege zu sein, dreiste und nichtswürdige Gesetzesübertreter sind. Es ist bekannt, daß vor einiger Zeit das Gebahren des Gendarms Preuße in Nowawes   die Empörung gesitteter Menschen herausforderte. Ueber den Verlauf dieser skanda- lösen Affäre wird demKleinen Journal" jetzt folgendes ge- schrieben: Der Nowaweser Krawall(!) hat sich nunmehr zu einer An- klage wegen Landfriedensbruchs  :c., welche in Potsdam  vor dem Schwurgericht verhandelt werden dürfte, zugespitzt. Es sind bereits 6 Personen in Untersuchungshaft genommen, darunter der dreizehnjährige Sohn des Arbeiters Bathe, eines eifrigen Agitators der Sozialdemokratie, welcher bei dem Krawall einen Säbelhieb erhalten hat. Auch der durch Säbel- hiebe nicht unerheblich verletzte Dachdeckerlehrling Hederich wurde nach seimer Entlassung aus dem Krankenhause in Haft genommen. Der Gendarm Preuße, welcher durch sein eigenthümliches Auftreten zu dem Krawall die V e r- anlassung gab, weil er von der Menschenmenge für be- trunken gehalten wurde, soll durch mehrere Zeugen, darunter seine K a mse r a d e n und einen Arzt, nachgewiesen haben, daß er nicht betrunken, sondern nur nervös erregt gewesen ist. Mit der Verhaftung der sechs Tumultuanten sind die Ermittelungen nach den bei dem Krawall betheiligten Personen noch nicht ab- geschlossen. Es wird nicht berichtet, daß gegen den Preuße irgendwie strafrechtlich eingeschritten werden soll. So weit sich vielmehr übersehen läßt, dürfte der Gendarm vor dem Schwurgericht den unglücklichen Verwundeten gegenüber die Rolle eines Be- lastungszeugen einnehmen. Proletarier-Schicksal. Allgemeines Mitleid erweckte ein alter Mann, der am Mittwoch Mittag am Landsberger Platz hilflos zusammenbrach. Es war ein ApFlsinenhändler, der sich mühsam durch die Straßen schleppte, denn die eine Seite seines Körpers war durch einen Schlagfluß gelähmt, die linke Hand vollständig ver- krüppelt und ganz blau gefärbt. Am Eingänge der Scrauß- bergerstraße stürzte er nieder«in neuer Schlaganfall hatte ihn getroffen er konnte sich nun gar nicht mehr bewegen und mußte mittels eines requirirten- Wagens nach dem nahe ge- legenen städtischen Kranlenhause am Friedrichshain   gebracht werden. Bon der 2. städtischen Realschule sind, der Meldung eines hiesigen Blattes zufolge, 11 Sekundaner verwiesen worden, weil sie, entgegen dem in letzter Stunde ergangenen Verbot ihres Direktors inNagel's Festsälen" öffentlich gegen Entree Theater- Vorstellungen veranstallet hallen. Der von dem Vorhaben seiner Schüler verständigte Anstaltsleiter überraschte dieKünstler" vor dem Beginn der Vorstellung und verbot ihnen das Auftreten. Die Herren Jungens aber lehrten sich nicht an das Verbot, es wurde dochgemimt" und man war fröhlich und guter Dinge. Das war am Freitag Abend. Als sie am Sonnabend zur Schule kamen, wurde ihnen in der Aulav erkündet, daß sie aus ein- timmigen Beschluß des Lehrerkollegiums von der Anstalt ver- wiesen worden seien. Dasgraue Kloster" in der Klosterstraße hat zwar Geld genug, doch nicht soviel, um 20 oder 30 M. auswenden zu können zum Abputz der Mauer, welche einen Theil des Klostergrundstücks von der Straße abgrenzt. Diese Mauer sieht gradezu skandalös aus; in Fetzen hat sich der alte Putz losgelöst, ist theils herab- gefallen, theils droht er in jedem Augenblick herabzustürzen. Die Anwohner, denen dieser trostlose Anblick ein Gräuel ist, haben den Schluß der BalladeDes Sängers Fluch  " bereits dahin ab- geändert:Nur noch ein einziger Fetzen Zeugt von ent- schwundener Pracht Auch dieser, schon geborsten Kann stürzen über Nacht!" Fatinitza fin de eiöcle. Ein höchst sonderbarer Prozeß wird sich bald auf dem hiesigen Amtsgericht abspielen, der dem Richter, welcher sonst nur über Zivilprozesse zu entscheiden hat, Gelegenheit geben dürfte, einen Blick in das Leben einer wahrhastenFatinitza" zu thun. Im Jahre 1802 verschwand plötzlich aus dem Hause ihres Gatten, des Rentiers und Haus- eigenthümers F. in der Königstadt die 26jährige Frau Emilie F. und mit ihr ein Student der Medizin, dessen Eltern mit dem Ehepaar sehr befreundet waren. Die Spuren der beiden Flüchtigen wiesen nach Paris  , von wo vier Monate später der junge Student zurückkehrte, um sich dem beleidigten Ehemann zu stellen. Der reuige Sünder vermochte Herrn F. nur anzugeben, daß er nicht wisse, wo dessen Gattin gegenwärtig weile. Sie war eines Tages aus dem Hotel unter Mitnahme aller Werth- fachen und des größten Theiles der Baarschafl verschwunden, wie er annabm in der Gesellschaft eines deutschen   Schau- spielers, der nach New- Jork engagirt war. Herr F. mußte sich mit dieser Auskunft zufrieden geben und lebte ein- sam in seinem behaglichen Heim, bis er vor einigen Wochen seine durchgebrannte Gattin auf recht sonderbare Weise zurück- entführte. Er befand sich im Monat Februar einer Erbschafts- regulirung halber in Hamburg  , als ihm im Korridor des Hotels, in welchem er wohnte, eine Dame entgegentrat, die ihn scharf fixirte und dann dem Ueberraschten mit den Worten:Habe ich Dich wieder, geliebter Otto" in die Arme sank. Die elegant ge- kleidete Dame war die ehemalige Frau F. Sie gestand nun, daß sie als Repräsentantin mit einem reichen Amerikaner und dessen sechsjährigen Töchterchen auf der Reise nach der Schweiz   begriffen sei, und daß sie gern mit sihrern schwer beleidigten Gatten in die Heimath zurück- kehren wolle. Beide verließen sofort das Hotel und kehrten nach Berlin   zurück, nachdem Herr F. den Ameri- kaner von derEntführung" brieflich' benachrichtig� hatte. Damit scheint der Amerikaner jedoch nicht einverstanden, zu sein; er behauptet, seiner Repräsentantin im Laufe der letzter, 13 Mo- nate.�außer ihrem Gehalt, für Toilette, Deckung von Schulden K. eine Summe von 5000 Dollar zur Verfügung gestellt, zu haben. Diese will der glückliche Gatte nicht zurückzahlen uv.d so ist der Amerikaner durch einen hiesigen Rechtsanwalt gvgen Frau F. klagbar vorgegangen. Beim Kaffeekoche» verbrüht hat sich, wie geschrieben wird, am Dienstag Mittag die Arbeiterin Anna Menge, Friedrichs- felderstr. 82. Sie war in der Fabrik von Kleinschefski in der Adalbertstraße beschäftigt, wo wegen Ueberhäusung mit Arbeil auch über Mittag gearbeitet wird. Nur eine kurze Pause war zum Kaffeekochen vorhanden. Als Anna Menge nun den kochen- den Tops aus einem Ofen herausnehmen wollte, stieß sie mit dem linken Ellenbogen an einen Gegenstand. Der siedende Inhalt spritzte ihr in das Gesicht und verletzte sie so erheblich, daß sie nach dem Krankenhause am Urban gebracht werden jmußte. Ganz so, denken wir, wird die Sache wohl nicht stimmen, da die Gewerbe-Ordnung die Jnnehaltung einer einstündigen Mit- tagspause vorschreibt. Gönnt der Prinzipal seinen Arbeiterinnen nicht diese kurze Mittagspause, so hat er eine entsprechende Be- strafung zu gewärtigen. Erschossen hat sich am Dienstag Abend um 7Vs Uhr eine Dame, die zweifellos denbesten/ Kreisen" angehört. Als Spaziergänger im Thiergarten den Reitweg an der Hofjäger- Allee nahe dem Großen Stern betraten, fanden sie die Leiche einer etwa 30 Jahre alten Dame mit einem Schuß in der rechten Schläfe. Der Revo.lver, aus dem das Geschoß abgegeben war. lag neben der Tobten. Wegen zerrütteter Vermögensverhältnisse hat sich in der verwichenen Nacht der 40 Jahre alte Photograph Adolf Prenkler das Leben genommen. Er wurde gegen Mitternacht vor einem im vierten Stock belegenen Atelier an einem Gasarme hängend als Leiche vorgefunden. An» dem Wasser gezogen wurde Dienstag Nach- mittag gegen 4 Uhr die Leiche eines etwa 24 Jahre alten Mädchens an der Adalbertbrücke. Die Todte, die eine goldene Uhr mit Nickelkette bei sich trug, und deren Wäsche das Zeichen G. B. erkennen läßt, war mit einem grau und blau karrirten Kleide, braunem Plüschkragen und einer weißen Schürze mit rother Kante angelhan. Die Persönlichkeit ist nicht festzustellen gewesen. Für die Grabrede, die er am Grabe des durch Selbst- mord aus dem Leben geschiedenen Rechtsanwalts Moll in Un- kenntniß der beliebten Auslegung des Vereinsgesetzes gehalten, hat der Rechtsanwalt Wronker nunmehr von der Amtsanwalt- chast Berlin   II ein Strafmandat in der Höhe von 20 M. er- mlten. Wronker will es aus richterliche Entscheidung ankomme» lassen. Fidele Gefangene. Einem hiesigen Blatte wird folgende amüsante Geschichte berichtet: Zu dem rings von hohen Mauern umgebenen Hänserkomplex eines Gefängnisses nahe bei Berlin  gehören Stallung und Remise, sowie mehrere kleinere Räume, welche dem Kutscher, einem unverheirathelen, freien Manne, zur Wohnung dienen. Dem Letzteren werden nun seit Jahren zwei sogenanntekurzzeitige" Gefangene beigegeben, welche ihn bei einen Arbeiten unterstützen müssen und zu diesem BeHufe in den Kutscher  - Wohnungsräumen mit untergebracht sind. Diese Art Gefangene nennt man in der Gesängnißsprache diePferde- Kalfactoren". Als solche waren in letzter Zeit ein Berliner   und ein Pole thätig. Beide verrichteten zur Zufriedenheit ihren Dienst und suchten sich auch mit ihrem nächstenVorgesetzten", dem Kutscher  , möglichst ans guten Fuß zu stellen. Im Lause der Zeil jedoch sehnten ie sich nach Abwechselung, beschafften sich Srricke und ferrigten aus diesen eine Leiter an, um aus ihr des Nachts, ohne Vor- wissen des in einem Nebenraume schlafenden Kutschers, ins Freie zu gelangen. Sobald der auf dem Hose palrouillirende Militär- mosten sich von ihrem Jsolirhäuschen entfernt hatte, erkletterten ie die Gefängnißmauer, ließen die Leiter nach der Außenseite hinunter und gelangten so ins Freie. Die Strickleiter blieb hängen. Sie vergnügten sich einige Stunden mit Hilfe ein- geschmuggelte» Geldes in einer benachbarten Gastwirthschaft und lehrten auf demselben Wege in die Gefangenschast zurück' Das Drolligste dabei war, daß sich bei diesen Ausflügen der Berliner   des langen Livree-RockeS des Kutschers bediente, während der Pole mit dessen Zylinderhut paradirte. Jüngst saßen die Beiden wieder einmal in einem Restaurations-Lokale und ver« gnüglen sich beim Würfelbecher, bis die späte Nachtstunde sie an das Nachhausegehen gemahnte. Als Beide nun von der frischen