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Luft umweht wurden, mußte der Berliner bald ertennen. daß Bruder Pole des Guten zu viel gethan hatte; denn der Boden unter seinen Füßen schien bedenklich zu schwanken, und von seinem ..Kommilitonen" mehr getragen als geführt, vermochte er die Strickleiter nicht zu erklimmen, klappte hier vielmehr völlig zu- sanimen. Alles Ziehen und Heben nützte nichts, und so brach der Morgen an. der bald �eldarbeiter an dieUnglücksstalte" führte. Diese alarmirten dw Militärwache, welche dieAus- reißer" alsbald wieder auf Nummer Sicher brachten. Mit den nächtlichen Zechgelagen war es nun vorüber. Beide wurden von ihren, angenehmen Posten abgelöst und erhielten noch strenge Disziplinarstrafen. Polizeibericht. Am 20. d. M. Morgens wurde ein Kaufmann in seiner Wohnung in der Franzstraße erhängt vor- gefunden. Vor dem Hause Leipzigerstr . 94 fiel Mittags ein vierjähriger Knabe beim Absteigen von einem Pferdebahnwagen zur Erde, wurde durch eine vorüberkommende Droschke über- fahren und an den Füßen erheblich verletzt. Nachmittags stürzte ein Monteur aus einem Fenster im ersten Stock des Hauses Franzöfischestr. SZs auf den Bürgersteig hinab und erlitt einen Schädelbruch. Gegenüber dem Hause Engel-Ufcr 8 wurde im Luisenstädtischen Kanal die bereits stark ver- weste Leiche einer etwa 30 Jahre alten Frau ange- schwemmt. Vor dem Grundstück Anklamerstr. 29 gericth ein dreijähriger Knabe unter die Räder eines Kohlenwagens und wurde an beiden Beinen schwer verletzt. Gegen Abend wurde ein vierjähriger Knabe vor dem Hause Elisabethstr. 35 durch einen Geschästswagen überfahren. Er erlitt bedeutende Verletzungen an der Hüste und an der Hand und mußte nach dem Kranken- hause am Friedrichshain gebracht werden. Im Thiergarten. in der Nähe des Großen Sterns, wurde Abends eine etwa 30 Jahre alte Frau mit einer Schußwunde in der Schläfe todt aufgefunden. Es liegt unzweifelhaft Selbstmord vor. In der Nacht zum 21. d. M. wurde ein Mann in seiner Wohnung in der Straußbergerstrabe erhängt vorgefunden. Im Laufe des TageS fanden vier kleine Brände statt. Gevicltks-üeikuutj. Gewerbegericht. Hat der Akkordarbeiter einen rechtlichen Anspruch darauf, nach erfolgter Kündigung während des Ablaufs der Kündigungs- frisl solche und soviel Beschästigung vom Arbeitgeber zu ver- langen, daß er seinen bei voller Ausnutzung des Arbeitstages durchschnittlich erzielten Verdienst erreichen kann? Diese für Akkordarbeiter wichtige Frage wurde von der Kammer VIll(Vorsitzender: Assessor Fürst) an, 17. März folgendermaßen beantwortet: Der§ 134(Nr. 4) der Gewerbe- Orduung gebe jedem Gesellen imd Gewerbegehilfen das Recht, vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Auf- kündigung die Arbeit zu verlassen, wenn der Arbeitgeber bei Stücklohn nicht für ausreichende Beschäftigung sorgt. Eine andere Bestinnnung enthalte das Gesetz bezüglich dernicht ausreichenden Beschästigung bei Stücklohn" nicht. sie sei also allein amvendbar. Der Kläger ein Porzellaurnaler, der wegen nicht genügender Beschäftigung während der Kündigungsfrist von der Firma Koch u. Ranch 10 Mark Entschädigung verlangt hätte im Moment, wo er seiner ungenügenden Beschäftigung inne wurde, die Arbeit niederlegen und für die noch übrigen Tage der vertragsmäßigen Zeit(bier der Kündigungsfrist) Lohn- cntschädigung fordern können. Die Nichtinanspruchnahme ge- uannter'Bestimmung der Gewerbe- Ordnung fei als Einver- ständniß mit der gebotenen Verdienstmöglichkeit zu betrachten. Deshalb müsse Kläger abgewiesen werden.£ Kammer II. Vorsitzender; Assessor v. Schulz. Sitzung vom 19. März. In einem Lohnentschädigungs-Prozeß des Filzschuh-ArbeiterS F. gegen den Filzschuh-Fabrikanten Struck handelte es sich in letzter Linie darum, festzustellen, ob der Beklagte gemäß seiner Behauptung den Kläger unter der Bedingung engagirt hatte, ihn so lange zu beschäftigen, wie Arbeit für ihn sei, und ob bei des letzteren Entlassung keine Arbeit mehr für denselben vorhanden war. In einem früheren Termin war dem Beklagten der Eid zugeschoben worden. Als er nun er hatte etwa vierzehn Tage Bedenkzeit gehabt schwören sollte, weigerte er sich dessen. Die Folge war seine Verurtheilung zur Zahlung von 36 M. Erbost deutelte er an dem Nrtheil u. a. ausrufend:Hier werden Schrauben angesetzt!" Dafür mußte er aus sechs Stunden insLoch" wandern. Gegen den Besitzer deS Linde» Theaters, den Aktien- BanveremUnter den Linden ", wurde heute, am 21. März, iviederum in den Prozessen verhandelt, welche die Chormitglieder gegen ihn wegen kontraktwidriger Entlassung angestrengt haben. Von den vorgeladenen Zeugen bekundete der Bühnenportier Putz eidlich, er habe den Direktor Arendt an dem Sonntagabend (14. Januar) in dem Hofe zu den Chormitgliedern Schober und Wagner sagen bören, er werde sie der Bühnengenossenschaft au- zeigen, damit sie keine Stellung mehr erhalte». Arendt habe ihm, dem Zeugen dann die Weisung gegeben, keinen von den Chorsängern mehr in das Theater hereinzulassen, nnd, als an, nächsten Tage ein Theil der Sänger auf die Bühne hinaufgehen wollte, habe er. dieser Weisung entsprechend, ihnen den Eintritt verwehrt. Nach dieser gravirenden Aussagt verzichteten die Vertreter der beiden Parteien vorläufig auf weitere Beweisaufnahme. Ter Anwalt des Aktien-Bauvereins beabsichtigt nämlich nunmehr, seinen Mandanten für einen Vergleich oder ein Anerkenntniß der Forderung der Kläger zu gewinnen. Er rieth den Chorsängern, sich inzwischen wieder dem Linden-Theater zur Verfügung zu stellen; so werde sich die Sache am besten bei- legen lassen. Nach Ostern soll das Urtheil in diesen Sachen publizirt werden. Selbstmord«nd BernfSnnfall. Der Maurer Bernutz war am 4. April v. I. von einem Gerüst herabgefalle» und hatte sich hierbei eine Kniescheibe zerschlagen. Man brachte ihn nach feiner Wohnung, wo ihm seine Frau zuerst Umschläge mit Blei- lvasser machte. Als dann die Schmerzen größer wurden, ging die Frau zu einen, Arzt, um Hilfe für ihren Mann zu erbitten. Als Frau Bernutz nach ihrer Wohnung zurückkehrte, fand sie ihren Mann todt an der Thür hängend vor. Die Wittwe des Verstorbenen beantragte sodann bei der Nordöstlichen Bau- Sewerks-Berussgenossenschaft die Hinterbliebenen-Rente, da sich ihr chcmann infolge der großen Schmerzen, die er anläßlich des Unfalls erduldete, das Leben genommen habe. Lange Zeit sei er vor dem Unfall ohue Arbeit gewesen; kaum habe er Arbeit gefunden gehabt, fo sei das Unglück passirt. Schmerzen und Verzweiflung seien einzig durch den Unfall hervorgerufen worden und hätten dann den Selbstmord bewirkt. Die Berufs- genossenschast lehnte aber jede Entschädigung ab, da ein ursäch- licher Zusammenhang zwischen Tod und Unfall nicht vorhanden fei. Hiergegen legte die Wittwe Berufung beim Schiedsgericht in Berlin ein und bat. die Beklagte zur Rentenzahlung ver- urtheilen zu wollen. Indessen auch die Berufung der Klägerin war von Erfolg nicht begleitet. Gegen das abweisende Urtheil des Schiedsgerichts ergriff endlich die Wittwe Bernutz Rekurs an das Reichs- Verilchcrungsamt und bezeichnete die Vor- entscheidung als verfehlt. Das Reichs-VersichernngSamt erkannte aber am 12. d. M. auf Zurückweisung des Rekurses. da der Selbstmord des Verletzten auf den Unfall mit Wahrscheinlichkeit nicht zurückgeführt werden könne. Zur Handhabiiug der Soiiutagsrnhe hat das Kammer- geeicht eine prinzipielle Entscheidung gefällt. Der Besitzer einer Kunsteissabrik in Köln war wegen Vergehens gegen die Sonn- lagsruhe angeklagt worden, weil er an einen» Sonntag während der Gottesdienststiinden seinen Kutscher vorher bestelltes Eis hatte ausfahren lassen. Das Schöffengericht und die Strafkammer hatten auf eine Geldstrafe erkannt, wogegen der Beklagte aber mit dem Hinweise Revision einlegte, daß das Eis zu den Natur- Produkten gehöre, deren Verkauf auch dem Produzenten an den Sonntagen gestattet sei. Dementsprechend hat denn auch das Kammergericht auf Freisprechung erkannt, da das Ausfahren selbstgewonnenen Eises nicht unter den Begriff der Ausübung eines Handelsgewerbes falle. Durch feilhalten verdorbenen Fleisches sollt« sich der Schlächtermeister Erich E s ch w e, welcher gestern vor der ersten Strafkammer des Landgerichts I stand, eines Vergehens gegen das Nahrungsmittelgesetz schuldig gemacht haben. Am 4. August vorigen Jahres holte der Arbeiter Seibert bei dem Angeschuldigten für 20 Pfg. Wurst. Bald nach dem Genüsse erkrankte er an auffälligen Erscheinungen, am 6. August verstarb er. Es wurde der Verdacht rege, daß der Tod des Seibert aus den Genuß der Wurst zurückzuführen sei und der Revier-Polizeilieutenant Brau» nahm daraufhin eine Revision unter den Maaren des Angeklagten vor. Er beanstandete nur einige eingepökelte Theile eines Schweines, welche sich in, Keller des Eschwe befanden. Die Gegenstände wurden beschlagnahmt und noch an demselben 'Abend nach dem Untersuchungsamt auf den, Zentral-Biehhof ge­schafft. wo sie am folgenden Tage von, Kreis- Thierarzl Maß- mann untersacht wurden. Derselbe begutachtete, daß die Fleisch- theile in Fäulniß übergegangen. und deshalb zur menschlichen Nahrung nicht geeignet seien. Inzwischen war die Leiche des Seibert obduzirt worden, die Mediziner erklärten, daß die frag- liche Wurst nicht die Todesursache gewesen sei. Es waren auch andere Kunden ermittelt worden, welche von demselben Schweine gekauft und das Fleisch genossen hatten. ohne darnach Beschwerden zu fühlen. Zu einer Anklage wegen fahr- lässiger Tödtung kam es demnach nicht, da aber der Thierarzt erklärte, daß das Fleisch schon verdorben gewesen sein müsse, als es vom Polizeilieutenant beschlagnahmt worden sei, so wurde gegen Eschwe nur obige Anklage erhoben. Der Angeklagte bestritt, daß das Fleisch damals schon verdorben gewesen sein kSnne, dieser Zustand habe sich erst nach der Be- schlagnahme entwickelt. Die Untersuchung habe ja erst 20 Stunden später stattgefunden. Dem Gutachten des Kreis-Thierarztes standen diejenigen des Medizinalraths Dr. Long und des vom Vertheidiger Rechtsanwalt Cassel geladenen Schlächtermeisters Koch gegenüber; beide erklärten, daß der Fäuluißprozeß während ivarrner Sommerzeit bisweilen über­raschend schnell eintrete. Der Staatsanwalt ließ daher die 9ln> klage völlig fallen, er beantragte die Freisprechung, auf welche der Gerichtshof erkannte. Einen bemitleidenSwcrthen Eiudrntk machte eine ältliche Frau, welche gestern vor der dritten Strafkammer des Land- gerichts I als Zeugin aufzutreten hatte. Der 22 jährige junge Mensch, der sich auf der Anklagebank befand, war ihr Sohn. Sie halte drei erwachsene Söhne gehabt, als ihr Mann starb. Einer von ihnen wurde ihr durch den Tod genommen. Es war der beste, die beiden anderen taugten nichts. Sie lagen arbeits- unlustig der Mutter zur Last. Sie verivahrte ihre Ersparnisse und Werthsachen in einem verschlossenen Reisekorb. Als sie eines Tages nach mehrstündiger Abwesenheit nach Hause kam, waren ihre Söhne verschwunden. Da dies schon wieder- holt vorgekommen war, legte sie den. Umstände kein besonderes Gewicht bei. Nach zwei Tagen wollte sie dem Reise- korb etwas Geld entnehmen. Zu ihrem Schrecken entdeckte sie, daß die Hängsel, welche den Deckel mit der Hinterwand des Korbes verbanden, durchgeschnitten ivaren. Die Thäter hatten so den Korb geöffnet und Alles geraubt, was sich an Geld und Geldeswerth darin befunden hatte. Sie schätzte ihren Schaden auf etwa 700 M. Es konnte kein Zweifel darüber bestehen, daß ihre beiden Söhne die Thäter waren. Die Polizei ermittelte nur den einen, den Handlungsgehilfen Max Marcus, sein Bruder hatte mit dem Löwenantheil der Beule das Weite gesucht. Als Max Marcus festgenommen wurde, hatte er seinen Antheil bereits durchgebracht. Im Termine legte er ein offenes Geständniß ab. Ter Präsident wies die Zeugin darauf hin, daß es in ihrer Hand liege, ob der Angeklagte bestraft werden solle oder nicht. Wenn sie den Straf- antrag zurückziehe, müsse sie aber die Kosten tragen. Sie sah den anscheinend Reuigen prüfend an. Dann meinte sie. daß sie ihren Sohn wohl vor der Bestrafung bewahren möchte, aber Kosten nicht übernehmen könne, da sie eine ganz arme Frau sei. Ter Vorsitzende erwiderte ihr, daß sie die Erklärung abgeben müsse, die Kosten tragen zu wollen, ob das Gericht dieselben von ihr eintreiben könne, sei eine andere Frage. Wieder eine Pause des Besinnens, dann siegte die Mutlerliebe:Sie wolle den Strasantrag zurückziehen und die Kosten übernehmen." Das Verfahren gegen den An- geklagten wußte eingestellt werden. Auf den, Flur wollte der Ungerathene seiner Mutter die Hand reichen, sie ging an ihm vorüber, als sähe sie ihn nicht. Wegen«vissentlich falscher Beschuldigung stand gestern der Tischlermeister Karl Sturm vor der achten Strasiammer des Landgerichts I . Der Angeklagte war mit seinem früheren Vermiether, dem Eigenthürner Reinhardt, in«inen Streit ge- rathe», der sich soweit zuspitzte, daß der letztere eine Beleidigungs - klage gegen ihn anstrengte. Aus Rache machte Sturm bei dem Polizeiprästdiun« eine Anzeige, worin er Reinhardt der Beamten- bestechung und den Wachtmeister Weinkauf von,«0. Polizeirevier der Bestechung wie folgt bezichtigte: Als er noch bei Reinhardt gewohnt habe, habe derselbe in seiner, Sturm's, Werkstatt eine bauliche Veränderung vornehmen lassen wollen. Die Bauzeichnung sei ihm wegen eines Mangels zurückgegeben worden. Bei dieser Gelegenheit habe Rein- Hardt gesagt, er werde die Sache schon dadurch beschleunigen, daß er den, Wachtmeister Weinkauf einig« Mark in die Hand stecke. Dies sei auch geschehen, worauf die bauliche Veränderung m der beanstandeten mangelhaften Weise ausgeführt und von der Polizei abgenommen sei. Der Gerichtshof hielt durch die Beweisaufnahme den Inhalt dieser Anzeige für völlig aus der Luft gegriffen. Der Wachtmeister Weinkauf war gar nicht in der Lage gewesen, irgend etwas für Reinhardt nach der an« gedeuteten Richtung hin zu thun. Bei der Niedrigkeit der Ge- sinnung. die durch eine derartige Anzeige gekennzeichnet werde, sei eine empsindliche Strafe am Platze und diese auf drei Monate Gefängniß bemessen worden. Bon der Börse. Vor dem Kammergericht wurde in der Berufungsinstanz kürzlich ein Prozeß verhandelt, in welchem es sich um Ansprüche eines hiesigen Bankiers gegen einen seiner Kunden aus Börsengeschäften handelte. Letzterer verweigerte die Zahlung, indem er unter Beweis stellte, daß er nur durch die Behauptung des Bankiers, daß derselbe Informationen aus dem Ministerium habe, daß also die Spekulationen einen sicheren(!!) Erfolg in Aussicht stellen, zu den betreffenden Börseiiengagemenls veranlaßt worden sei. Das Kaniinergericht hat hierauf ein- gehende Beweisaufnahme darüber angeordnet. Entscheidungen dcS ReichSgerichtS. In Beziehung auf die Bestinnnung des 8 21 Abs. 2 des Reichs-Preßgesetzes, wonach die Bestrafung wegen fahrlässigen Preßdelikts für den Redakteur, Verleger, Drucker, Verbreiter ausgeschlossen bleibt. wenn er den Verfasser oder den Einsender bezw. seinen Vor- mann nachweist, der in dem Bereich der richterlichen Ge- walt eines deutschen Bundesstaats sich befindet, hat das Reichsgericht, II. Strafsenat, durch Urtheil vom 13. Oktober 1893 ausgesprochen, daß dem Nachweis eines Vormanns durch den Nachmann der Fall gleichsteht, wenn der Vormann der Strafversolgungsbehörde auf anderem Wege b e k a n n t geworden, daß serner der dedachte Nachweis nicht ein gegen den Nachmann schwebendesBerfahrenzur Voraussetzung zu haben braucht, und daß ebenso wenig die den Nachweis ersetzende Kenntniß der Behörde in einem solchen Ver- fahren erlangt zu werden braucht. Hat sich ein Handlungsgehilfe(Handlungsdiener oder Handlungslehrling) einer erheblichen Ehrverletzung gegen seinen Prinzipal schuldig gemacht, so ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Zivilsenats vom 3. Dezember 1893, der Prinzipal zur Entlassung des Gehilfen nicht berechtigt, wenn dieser durch eine Beschimpfung seines Vaters, seitens des Prinzipals, sich zu der ungebührlichen Aeußerung gegen den Prinzipal hatte hinreißen lassen. 'Der öffentliche Vorwurf der Unterschlagung, ver- Kunden mit der Androhung strafrechtlicher Verfolgung, enthält eine schwere Ehrenkränkung, welche die sofortige Eni- lafsung des Handlungsgehilfen ans dem Geschäft ohne Entschädigung rechtfertigt. Urtheil des Reichsgerichts vom 22. Oktober 1392. Hat sich ein Handlungsgehilfe für den Fall, daß er vor Ablauf einer gewissen Zeit aus dem Geschäft austreten sollte, einer Konvention al st rase unterworfen, so ist diese dann nicht verfallen, wenn er entlassen wurde, weil er die Ge- schäftsstunden nicht pünktlich einhielt, wohl aber, wenn er durch fein Verhalten arglistig oder grobfahrlässig den Prinzipal nöthigle, seine Entlassung auszusprechen. Urtheil des Reichsgerichts vom 23. November 1892. VevlacmmUmgen: Der sozialdemokratische Wahlverei» für de» 4. Ber­ liner Reichstags- Wahlkreis tagte am 20. März im Konzert- Haus Sanssouci. Paul Jahn besprachDie Arbeiterbewegung in Frankreich ". Stach dein Vortrage, an den sich eine Diskussion nicht anschloß, wurden Rasche, B u ch h o l z und G r ö p l e r zu Revisoren gewählt. Wie Menzel bemerkte, ist dem Drucker der Billets zum Stiftungsfest ein Jrrthum unterlaufen, aus welchen hiermit alle Genossen aufmerksam gemacht werden. Das Stiftungsfest findet nicht, wie es auf den Billets heißt, am Sonntag, fondern am Sonnabend, den 14. April in den An- dreas-Gesellschastssälen statt. Beschlossen wurde, in Zukunft die Versammlungen des Wahlvereins präzis 9 Uhr zu eröffnen. H o f st ä d t machte die Versammelten auf einen Artikel in der Abendnummer desBerliner Lokal-Anzeigers" vom 19. März aufmerksam, worin den Lesern diesesSensationsblattes" erzählt wird, daß die Polizei am Sonntag viele Mühe hatte, am Friedhof der Märzgefallenen die Ruhe und Ordnung auf- recht zu erhalten. Das se,. gelinde gesagt, eine grobe Unwahr- heil; den vernünftigen Anordnungen der Beamte» wurde von jedem Besucher des Friedrichshains bereitwilligst Folge geleistet. Schulz gab im Anschluß hieran bekannt, daß am Mittwoch, den 28. d. M. Abends ein Flugblatt zur Ausgabe gelangt, für dessen Verbreitung mitzuwirken sich jeder Genosse zur Pflicht anrechnen müsse. Dr. H e y m a n n fand gleichfalls die geringe Betheiligung namentlich der jüngeren Genossen bei Ver- breitung des letzten Flugblattes bedauerlich und hofft, daß Jeder diese Gelegenheit benützen werde, die Scharte auszuwetzen. Die Ausgabeftellen werden noch rechtzeitig imVorwärts" bekannt gemacht. Da auf dem letzten Flugblatt zur Propaganda für den Wahlverein die Angaben der Beitragsarnmel- resv. Aiifnahrne- stellen des Vereins ungenau waren und daraus MißHelligkeiten entstanden sind, so regten Karl Scholz und G r ö p l« r eine nochmalige Veröffentlichung an. Die Zahlstellen des Vereins sind: a) für den S ü d o st e n: F r. Z u b e i l, Restauration, Naunynstr. 36; K. S ch o l z, Glaser- Meister, Wrangclstr. 32; W. G e s ch e. Zigarrenhändler, Wrangel-; straße 63; Spin dl er. Restaurateur, Reichenbergerstraße 113. Fürstenau, Restaurateur, Manleusselstr. 58; Schilling Restaurateur, Pücklerstr. 55; Tolksdorf, Restaurateur, Gör- litzerstr. 53 und G. Schulz. Zigarrenhändler, Admiralstr. 40c (Kotlbuser-Platz). b. für den Osten: Lock. Restaurateur. triedrichsbergerstraße II; Zabel, Restaurateur, Frankfurter llee 90; E. Böhl, Restaurateur. Frankfurter Allee 74; U n g e r i n g, Restaurateur, Breslauerstr. 27- Spieckern, an». Restaurateur, Markusstr. 6; Rattke, Restaurateur, Kraul- straße 48; H. G u m p e l, Zigarrenhändler, Barnimstr. 42 und Krause. Restaurateur, Landsberger Allee 152. Der sozialdemokratische Wahlverein für de« sechsten Berliner Reichötags-WahlkreiS hatte am 20. d. Mts. in Wcimann's Volksgarten(Gesundbrunnen ) eine Versammlung«in- berufen. Nachdem das Andenken an das verstorbene Vereins- Mitglied Georg K ü st e r in üblicher Weise geehrt worden war, hielt Genosse T h. Glocke einen allseitig zustimmend aufge- nommeneii Vortrag. Ohne Diskussion ging die Versammlung sodann zun, PunkteVereinsangelegenheitcn" über. Wie der Vorsitzende mittheilte, ist auf die Beschwerde betreffend die er- folgte Auflösung der Versammlung an, 6. d. Mts. vom Polizei- Präsidenten die Anwort eingegangen, daß derselbe die Auflösung nicht für gerechtfertigt anerkennen könne und den betreffenden Beamten unt der nölhigen Weisung versehen habe. Auch wurde mitgetheilt, daß an den Ostertaaen eine Flugblattvertheilung stattfindet, bei der die regste Betheiligung von seilen der Genossen erwartet werde. ZuVerschiedenem" wurden über die Genossen- fchastsbäckerei und die von Frau Gubela betreffs ihrer in öffent- licher Versammlung über den Genossen Hermerschmidt gemachten Miltheilungen Klage geführt und letztere als unwahr bezeichnet. Die Freie Bereinigung der selbständige« Barbiere und Friseure hielt am 19. März eine Versammlung ab. Vor Eintritt in die Verhandlung ehrte die Versammlung das An­denken der verstorbenen Frau Kuhn durch Erheben von den Plätzen. Das Referat über den Nutzen der Gewerlschafts- Organisation hatte Kollege Kiesel übernommen. Redner ent» lediate sich seiner Aufgabe zur allgemeinen Zufriedenheit der Versammlung. Sodann wurde beschlossen, die Geschäfte um 3 Uhr zu schließen und werden die Versammlungen von, 1. April bis 1. Oktober des Abends um 9 Uhr einberufen. Am 1. Mai soll den Gehilsen und Lehrlingen der ganze Tag frei- gegeben werden. Die Maifeier findet im Bereinslokal bei Röllig, Neue Friedrichstr. 44, statt. Die Miffstäude bei der Firma Stock«. Co. war das Thema einer öffentlichen Metallarbeiter-Versamin- l u n g, welche am 20. d. M. im LokaltSüdost", Waldemar- straße, tagt«. Ursprünglich war dieselbe als eine nicht öffentliche Fabrikversammlung geplant; da erschien vor einigen Tagen ein Anschlag am schwarzen Brett der Fabrik, des Inhalts, daß jeder Theilnehmer dieser Versammlung mit sofortiger Entlassungbe- straft" werde. Als die Direktion nun in Erfahrung brachte, daß die Versammlung trotzdem, und zwar alsöffentliche" tage» würde, kam am folgenden Tage ein neuer Anschlag, in dem die Drohung mit der Entlassung zurückgenommen)! wurde, da man selbstverständlich" gegen eine derartige Versammlung nichts ein- wenden könne! Mechaniker Neumann, der längere Zeit dort beschäftigt war, reserirte und betonte eingangs seiner Rede, daß dieser Legende, als seien die Lohnverhältniffe bei der ge- nannten Finna besonders gute, energisch entgegengetreten werden müsse. Gerade in letzter Zeit sind Abzüge, und zwar theilweise bis zur Höhe von 50 pCt., gemacht. Wenn man bedenke. mit welcher Jntensivilät dort gearbeitet werde und in betracht ziehe, daß die gezahlten Löhne ja keineswegs in regulärer Arbeitszeit, sondern mit Zuhilfenahme diverser Ueberstunden verdient werden, so könne mit vollem Recht von einer Lohndrückerei bei dieser Firma gesprochen werden. Als im Jahre 1890 die Mechaniker die Einführung des Nenn- stundentages durchsetzten, war die Stock'sche Fabrik unter den 73 Firmen, die diese Forderung bewilligten. Heute betrage die reguläre" Arbeitszeit 1112 Stunden; der Zuschlag für Ueber- stunden sei ebenfalls fortgefallen. Nach berühmtem Muster" habe die Firma eine Prämie ein»