Arbeiter ohne Kinder je nach der Teuerung des OrteS ö— S SD?., b) für verheiratete Arbeiter mit ein bis drei Kindern unter 14 Jahren 10— 20 SD?., c) für verheiratete Arbeiter mit mehr als drei Kindern IL— 28 SD?., wobei die Höchstsätze der Zulage nur für besonders teuere Orte zur Anwendung kommen dürfen.— Diese Unterstützung ist fast gleich n u l l I
Lebensmittelpreise in Thüringen . Eine Konferenz der sozialdenr akratischen Landtagsabgeordneten in Thüringen fand am Sonn- lag in Weimar statt. Sie beschäftigte sich mit den hohen Lebens- mittelpreisen und den Kriegsunterstützungen der Gemeinden in den Thüringer Bundesstaaten. Aus acht Bundesstaaten waren die Ab- geordneten vertreten. In einer Resolution wurde zum Ausdruck ge- bracht, dast die von den Regierungen ergriffenen SDiaßnahmen in der Frage der Bollsernährung während des Krieges wesentlich versagten. Es wird eine Beschlagnahme aller Nahrungsmittel und Festsetzung von Preisen gefordert, die den Produktionskosten enl- sprechen. Weiter wird die Schaffung eines gemeinschaftlichen Wirtschaftsverbandes für die Thüringer Staaten gefordert, um dem wirren Durcheinander der bisher getroffenen kleinstaatlichen Mahnahmen ein Ende zu bereiteir. In einer Denkschrift an die Re- gierungen sollen weitere Vorschläge gemacht werden. Betreffs der Kriegsunter st ützungen wurde festgestellt, dah in allen Thüringer Bundesstaaten die Gemeinden sich der Ver- pflichtung entziehen, auskömmliche Zuschüsse zu der Reichsunterstlltzung an die bedürftigen Familien der Krieger zu zahlen. Es werden die Staatsverwaltungen aufgefordert, die lässigen Gemeinden zum sofortigen Eingreifen zu veranlassen, auherdem wurde betont, daß die Reichstagssraktion erneute Anträge zur Beseitigung solcher Miß- stände stellen müsse.
Die Kriegsfürsorge im sächsischen Landtage. In der Zweiten Kammer des sächsischen Landtages wurde ein Antrag der sozialdemokratischen Fraktion verhandelt, der in Rück- sich auf die herrschende Teuerung eine Verbesserung der Kriegsfürsorge bezw. eine Erhöhung der Unterstützung der Kriegersamilien verlangt. Genosse M ü l l e r-Zwickau begründete den Antrag, wobei er an den zurzeit bestehenden Verhältnissen scharfe Kritik übte. Unwille bestehe besonders über die grohe Aer- schiedenheit, mit der von den einzelnen Unterstützungsverbänden die in Betracht kommenden Bestimmungen und Verordnungen ange- wendet werden. Die absolute Selbständigkeit der Verbände erweise sich hier als ein starker Nachteil. Ganz unverständig sei die Art, wie in einigen Fällen die Frauen ohne Rücksicht auf die Verhältnisse in der Familie angehalten worden seien, sich Mittel durch Lohnarbeit zu verschaffen und den Lebensunterhalt noch mehr einzuschränken. Das widerspreche dem Sinne der Anweisungen der Regierung. Vielfach hat man auch die Vertreter der Arbeiter von der Mitwirkung in den Ausschüssen absichtlich ausgeschlossen. Anträge nach der Richtung wurden mit der Begründung abgelehnt, es sei„kein Bedürfnis" für Mtwirkung von Arbeitern vorhanden. Den Kriegerftauen werden auch noch Steuerzettel in? Haus ge- schickt und rückständige Steuern würden sogar noch von der Familien- Unterstützung abgezogen. Das ist direkt ungesetzlich. Redner wendet sich auch dagegen, daß vielfach die Unterstützung um die Beträge gekürzt werde, die die Familien etwa von den Unternehmern erhalten, bei denen der Kriegsteilnehmer in Arbeit stand; auch wenn diese Beträge nur gering sind. Vielfach seien auch die Gemeinden in einer so ungünstigen finanziellen Lage, das es ihnen beim besten Willen nicht möglich ist, ihre Unterstützungspflicht in der erforder- lichen Weise zu erfüllen. Eingreifen des Staates in solchen Fällen sei dringend geboten. Das ganze Unterstühungswesen müsse einheit- licher geregelt und dem Belieben der einzelnen Verbände entzogen werden. Redner belegte seine Ausführungen durch Mitteilung tat- sächlicher Vorkommnisse und vieler Einzelfälle. Der Vertreter der Regierung wies auf die von ihr getroffenen Anordnungen hin und betonte, dah die Körperschaften und Behörden, die für die Ausführung in Betracht kommen, strenge Anweisung hätten, die Vorschriften auch zu befolgen. Einzelne an die Regierung gerichtete Beschwerden seien eingehend geprüft und in den Fällen, in welchen sie begründet waren, sei auf Abhilfe ge- drungen worden. Im allgemeinen hätten aber die in Betracht kommenden Instanzen ihre volle Pflicht getan. Im übrigen würde in der Kommission eingehend über den Antrag zu verhandeln sein. Nach etwa zweieinhalbstündiger Debatte wurde der Antrag einer Kommission überwiesen._ Italien mobilisiert die Industrie. AuS dem italienischen Hauptquartier erging die Verfügung, dah alle Fabriken Erweiterungen zur Vermehrung der Erzeugung vor- nehmen müssen, und verpflichtet sind, alle Maschinen und andere Gegenstände nach gelieferten Zeichnungen für die Mitärbehörde an- zufertigen. Auherdem kann zur Sicherung des fortlaufenden Be- triebes dieser Fabriken das Personal der Militärgerichtsbarkeit unter- stellt werden.
Macht-Illusionisten. Genosse Eduard Bern st ein schreibt unS: „Los von den Illusionisten, wir wollen wirkliche Macht." So schreibt das„Volksblatt für Anhalt" in seinem Artikel, der die AuS- stohung derjenigen aus seinem Himmelreich verlangt, welche es als „die bloßen Kritiker, die Entrüstungs- und Schimpfsozialisten, die Illusionisten und Resolntions- und Revolutionsphraseure" bezeichnet, die„jeder Eroberung wirklicher Machtpositionen aus Prinzipien- reiterei ängstlich aus dem Wege gehen, bloß um sich in bombastischen Phrasen berauschen zu können"— beiläufig selbst ein Phrasenschwall, zu dessen mündlicher Kundgabe wirklich schon eine recht starke Lunge gehörte. fVergl.„Vorwärts" vom 4. Juli, erstes Beiblatt.) Lassen wir ihn indes über uns ergehen, und hören wir das „Volksblatt für Anhalt" weiter: Weil„wir"„wirkliche SD?acht" wollen, so erklärt es,„darum bejahen wir den Staat, von dem wir wissen, daß er nicht durch eine Katastrophe, sondern nur durch allmähliche Entwicklung in unsere Hände kommen kann". Also„wir"„bejahen den Staat". Was soll das heihen? Der Staat, das kann jeder mögliche Staat sein, der russische Staat so gut wie der holländische oder der dänische Staat. Bejaht das„Volksblatt für Anhalt" den einen so gut oder in derselben Weise wie die anderen? Wenn nicht, so ist die ganze Geschichte mit der Bejahung„des Staats" inhaltsloses Gerede. Wenn aber ja, so bedeutet die Er- klärung ein Bekenntnis zur politischen Charakterlosigkeit, die nicht nur mit dem sozialdemokratischen, sondern überhaupt mit jedem demokratischen Programm unvereinbar ist. Eine Sache bejahen heißt eine ihr entgegengesetzte verneinen, in der Politik je nachdem die Opposition gegen sie abschwören. Man „bejaht" ein Regierungssystem, wenn man die grundsätzliche Oppo- sition gegen es preisgibt. Das taten z. B. im Jahre 1866 die Gründer der nationalliberalen Partei in Preußen, als sie sich von der alten preußischen Fortschrittspartei lossagten. Die ganze Phraseologie des „Volksblatts für Anhalt" hat rührende Aehnlichkeit mit der
Phraseologie, die man in den damaligen Organen des National- liberalismus, insbesondere in der„Nationalzeitung" des seligen Zabel findet. Los von den Illusionisten, weg mit der Prinzipien- reiterei, wir wollen wirkliche Macht— so hieß es auch damals. Von der Verneinung ging man über zur Bejahung. Nicht ohne zunächst Erfolge zu erzielen, das muß zugegeben werden. Die liberale Gesetzgebung des Norddeutschen Bundes , die in den siebziger Jahren geschaffenen organischen Gesetze des Deutschen Reiches, sie sind in hohem Grade Werke der damaligen nationalliberalen Partei. Nur waren es Gesetze, die geschaffen werden mußten, an deren Zustandekommen die Regierung— der „Staat ", um mit dem„Volksblatt für Anhalt" zu sprechen genau so interessiert war, wie die bürgerlichen Parteien, und man kann daher sehr wohl die Frage aufwerfen, ob nicht die großen Mängel, mit denen jene Gesetze behaftet sind, vermieden worden wären, wenn der nationalliberale Flügel des deutschen Liberalismus es mit der „Bejahung" etwas weniger eilig gehabt hätte. Sehr bürgerlich gesinnte Politiker haben das unumwunden zugestanden. Dann aber: Der bürgerliche Liberalismus konnte mit ganz anderer Leichtigkeit Regierungspartei werden als etwa die Sozial- demokratie, denn er vertrat schließlich eine Gesellschaftsklasse, die wirtschaftlich herrscht, und insofern den Schichten, die in Preußen die Regierung bilden, unendlich viel näher steht als die Arbeiterschaft, deren Partei die Sozialdemokratie ist. Er konnte sich einbilden, eines Tages Regierungspartei nicht nur in dem Sinne zu werden, daß er der Regierung apportieren durfte, was diese gerade brauchte, sondern Partei, die wirklich mitregiert, wirklich die Regierung bildet. Dazu jedoch hat es der Nationalliberalismus nicht gebracht. Er hatte es mit der„wirklichen Macht", mit dem„Bejahen" etwas zu schnell gehabt, sich zu diensteifrig den Mächten, die da find, an den Hals geworfen. Eine Zeitlang freilich durste er sich in der Gunst der Machthaber sonnen, wurde er von Bismarck und dessen Leuten gestreichelt und gelobt. Nur blieb es in der Politik beim Appor- tieren. Immer mehr ward vom Liberalismus verlangt, und weniger ihm gegeben. Denjenigen in seinen Reihen, die an den alten liberalen Ideen festhielten, ward denn auch immer unbehag- licher zumute. Und eines Tages entrang sich einem der Klügsten von ihnen, dem helläugigen Ludwig Bamberger , das bittere Wort: „Hunde sind wir ja doch". Wie dann Bamberger und Gleichgesinnte sich genötigt sahen, aus der vollständig zur Dienerin der Macht herab- gekommenen nationalliberalen Partei wieder auszutreten und von neuem Opposition—„Prinzipienreiter" würde das anhaltische„Volks- blatt" sagen— zu werden, ist allbekannt. Weniger bekannt ist, daß er für die vordem von ihm oft verdächtigte Sozialdemokratie und deren Taktik in seinen späteren Jahren sehr gutes Verständnis gezeigt und es ihr nicht übel vermerkt hat, daß sie so ganz und gar keine Neigung verspürte, es den Nationalliberalen nachzumachen und den Titel„Apportier-Sozialisten" zu verdienen. Mit der Macht ist es eine eigene Sache. Wer ihr nachjagt, dem geht es wie dem Glücksjäger, der schließlich eine Seifenblase statt der Glückskugel erhascht. Man kann SD?acht auf verschiedene Art erhalten, hat sie aber nur dann sicher, wenn man sie in seiner eigenen Sphäre nach dem Grundsatz zu erwerben sich bemüht, den der Dichter in die Worte kleidet:.Such' er den redlichen Gewinn". Danach hat die Sozialdemokratie bisher gearbeitet und ist groß und stark dabei geworden. Sie hat den Beweis geliefert, daß eine Partei auch in der Opposition als treibende Kraft positiv schaffend wirken kann, sofern sie nur Ausdauer an den Tag legt, sich selbst treu bleibt. Man kann dauernd immer nur so viel Macht ausüben, als man in sich selbst hat. Der Türhüter eines großen Herrn kann sich zum Beispiel einbilden, selbst ein Herr zu sein, und manchmal fällt ja auch von dessen Macht ein Stück auf seine Schultern. Aber nur solange er in des großen Herrn Dienst diesem zu Diensten ist. Eines Tages aber belehrt ihn ein Tritt, daß sein Machtglaube einfach Macht-Jllusion war. Im bürgerlichen Leben muß mancher Türhüter sein, um fein Brot zu finden, wie immer er sonst denkt und urteilt. In der Politik ist es Sache des G e s ch m a ck s, ob eine Partei Türhüter- tellung einnimmt oder nicht. Wessen Geschmack es nicht ist, der wird nur sagen können: Los von den Macht-Jllusio- n i st e n!
„Gegen Parteizerrüttung". Der Parte ivor st and schreibt uns: Der„Vorwärts" polemisiert in seiner Nummer 182 vom 4. Juli gegen den Aufruf der Vorstände der Partei und der Reichstagssraktion vom 28. Juni. Wir wollen auf die Einzel- heiten seiner Antwort nicht eingehen. Wenn er aber be- hauptet, daß sich der Vorwurf der„Hintertreppenpolitik" auf ganz andere Tinge beziehe, als die in unserer Erklärung er- wähnten, so erblicken wir darin eine neue Verdächtigung, die wir entschieden zurückweisen müssen. Wir bleiben dabei, daß von Partei- und Fraktionsleitung andere als in unserer Erklärung erwähnten Verhandlungen mit der Regierung nicht geführt worden sind. Die Redaktion des„Vorwärts" sucht aber ferner in ihrer Erwiderung von hen Spuren jener Kreise, die die organi- sierte Parteizerrüttung betreiben, abzulenken, indem sie auf Aeußerungen im„Volksblatt für Anhalt" und im Karlsruher „Volksfreund" sowie auf eine Broschüre des Genossen Kolb über„Die Sozialdemokratie am Scheidewege" hinweist, in denen den Katastrophenpolitikern der Rat gegeben wird, einen Klub für sich zu bilden; in denen von Gegensätzen gesprochen wird, die zu groß geworden seien, als daß sie überbrückt werden könnten und ähnliches mehr. Bei aller Achtung vor der Meinungsfreiheit in der Partei halten wir, zumal in der Kriegszeit, auch solche Preßerörterungen über die an- geblich zur Herstellung einer wirklichen Einheit und Einigkeit notwendige ischeidung der Partei für ungemein schädlich. Wir zweifeln nicht daran, daß die deutschen Arbeiter den litera- rischen Vorkämpfern der Idee der Parteitrennung, auf welcher Seite sie auch immer stehen, die ge- bührende Antwort geben werden. Der Satz unseres Aufrufs vom 28. Juni:„Jede Drohung, die auf eine Parteispaltung hinzielt, ist ein Verbrechen an der Partei, ein Verbrechen an der gesamten Arbeiterbewegung" richtet sich gegen jeden, der mit der Parteispaltung droht. Wenn wir uns so scharf gegen das Unterschriftcnflug- blatt vom 9. Juni gewandt haben, so vor allem deshalb, weil es sich hier um mehr als um die journalistischen Meinungs- äußerungen eines oder einiger Parteigenossen handelt. Eine Gruppe der Minderheit in der Partei hat sich be- sonders organisiert und betreibt von einer Zentralstelle aus mit unwahren Behauptungen die Minierarbeit gegen die Politik der Parteimehrheit. Wenn das diesem Teil der Opposition recht sein soll, so müßte eS morgen jeder anderen Gruppe der Partei billig sein, Das muß dann aber zur Des-
organisation der Partei führen und ist praktische Vorarbeit für � die Spaltung der Partei. Die Erkenntnis dieser Ge- fahren veranlaßten die Vorstände der Partei und der Reichs- tagsfraktion zu ihren: Appell an die Parteigenossen, diesem Treiben ein„Bis hierher und nicht weiter I" zuzurufen. Der Parteiausschuß hat sich dieser Auffassung angeschlossen. Endlich ist es eine Irreführung der Parteigenossen, wenn der„Vorwärts" es so darzustellen sucht, als ob es sich bei der Verurteilung dieses Treibens um die Auffassung der Mehrheit des Partei- und Fraktionsvorstandes handelt. Der Text des Aufrufs„Gegen Parteizerrüttung" wurde in einer gemeinsamen Sitzung der Vorstände der Partei und der Reichstagssraktion einstimmig beschlossen. ** * Wir haben darauf zu entgegnen: Der Parteivorstand erklärt unsere Bemerkung, daß sich der Vorwurf der„Hintertreppenpolitik" nicht auf die Vertretung sozialpolitischer usw. Maßnahmen gegenüber den RegierungS- körperschaften bezogen habe, für eine„neue Verdächtigung", die er „entschieden zurückweisen" muffe. Darauf mit der gebührenden Ausführlichkeit und Deutlichkeit zu antworten, ist uns aus den bekannten Umständen versagt. Aber das sollte doch auch der Parte:- vorstand wissen, daß die sogenannte Minderheit in der Partei stets gefordert hat, daß alle auf den Krieg bezüglichen Fragen der inneren und äußeren Politik soweit als irgend möglich in der Oeffentlichkeit zum Austrag zu bringen seien. Das ist, wie später ohne Mühe nachgewiesen werden wird, nicht geschehen. Der Meinungs- streit innerhalb der Partei bezieht sich eben in der Hauptsache auf diese großen politischen und parlamentarischen Kernfragen, auf das Maß der im Parlament zu übenden und für die Preßsreiheit zu fordernden öffentlichen Kritik, über das die Ansichten innerhalb der Partei bekanntlich weit aus- einandergehen. Daß der Parteivorstand nunmehr offizielle Veranlassung nimmt, auch einmal in nicht mißzuverstehender Form jene— wirkliche— Parteizerrüttung öffentlich zu mißbilligen, die von den Fanatikern des Umlernens im Sinne einer völligen Umgc- staltung des Wesens der sozialdemokratischen Partei und des Hin- auswurfs der Anhänger der bisherigen Parteianschauungen be- trieben wird, wollen wir als Erfolg unserer Entgegnung gern an- erkennen. Nur hätte diese Abschüttelung der Zerstörer der biö- herigen Prinzipien und der alten Taktik der Partei schon längst erfolgen sollen, da die Verfechter dieses Umlernens nicht erst seit heute und gestern, sondern bereits seit vielen Monaten ungerügt ihr Unwesen treiben konnten. Vermutlich werden sich diese Kreise der Partei, die seit Kriegsbeginn in Broschüren, Slieden, in der Partei- und Gewerkschaftspress e systematisch auf die Umwälzung der gesamten sozialdemokratischen Auffassungen hingearbeitet haben, durch die Mißbilligung des Parteivorstandes in ihrem parteizerrüttenden Treiben auch ferner nicht im geringsten stören laffen. Bei dem Eifer, mit dem der Parteivorstand einseitig die äußere, organisatorische Geschlossenheit der Partei behüten zu müssen glaubt, die in Wirklichkeit gar nicht bedroht ist, während die Gefahr einer inneren Prinzipienzerrüttung der Partei längst offenbar ist,' war es um so dringlichere Parteipflicht der söge- nannten Minderheit, auf die Einhaltung der alten grundsätzlichen und taktischen Richllinien der deutschen Sozialdemokratie nachdrück- lichst hinzuwirken. Das und nichts anderes haben die„Quertreiber" getan. Sie gingen dabei von der Ueberzeugung aus, daß der G e i st und die Grundsätze der Partei die unerläßliche Voraussetzung aller äußeren Einheit sind, und daß, da die öffentliche Kontrolle des Verhaltens der Parteiinstanzen durch die Kritik der Presse, durch das Versammlungsleben der Partei und das Forum de» Parteitages zurzeit leider nicht möglich, wenigstens die kollektive Aeußerung der öffentlichen Parteikritik durch Ein- gaben und Zirkulare unentbehrlich ist. Nach wie vor betrachten wir diese Art der Kritik innerhalb der Partei als das kärglichste Mindestmaß dessen, was in einer demokratischen und sozialistischen Partei gestattet sein mutz.
Mus Ser Partei. Kritik au der englische» Arbeiterpartei. Die von dem englischen Genossen Bruce Glasier heraus- gegebene„Socialist Review" rechnet sehr scharf mit der die Regierung unterstützenden parlamentarischen Arbeiterpartei (Labour Party ) ab: „Die Arbeiterpartei im Parlament bietet eine neue Illustration zu der Hegelschen Paradoxie, datz Sein und Nichtsein dasselbe ist. Die Partei existiert und existiert nicht. Sie ist da und ist nicht da. Sie gilt etwas und gilt nichts. Wir sprechen von der Partei als Partei. Von ihren einigen vierzig Mitgliedern verdient ungefähr ein Dutzend ihr Salz. sSoviel wie: hat eine gewisse Bedeutung.) Und in einem halb Dutzend Fällen sogar ein gut Teil mehr als ihr Salz. Ein oder zwei sind Männer von ausgezeichneter Bedeulung. Von den übrigen wollen wir uns mit der Feststellung begnügen, daß sie aussehen, als würden sie sich auf den Bänken der Liberalen und Konservativen mehr zu Hause fühlen... Die Macht, welche die Partei imstande ist, im Parlament auszuüben, hängt nicht von dem Gewicht ihrer einzelnen Mitglieder ab, sondern von dem Geiste, den sie in ihrer Gemeinschaft von der großen Arbeiterbewegung draußen in das Parlament hineintragen kann. Dadurch, daß sie sich freundlicherweise bereit erklärten, ihre Parteiexistenz für die Dauer des Krieges aufzugeben, haben sich die Arbeitermitglieder nicht nur selbst beteiligt, sondern tatsächlich die gewerkschaftliche und sozialistische Bewegung ihrer Rechte beraubt." Der Verfasser des Artikels beteuert, daß es ihm keine Freude mache, die Arbeiterpartei anzuklagen. Aber man könne nicht schweigen, nachdem die Mehrheit der Partei die Sache der Arbeit, der Freiheit und des Friedens bedingungslos einigen Ministern überantwortet habe. Ein Trost ist ihm geblieben: „Glücklicherweise ist die Arbeiterpartei im Parlament nicht die Arbeiterbewegung. Außerhalb des Parlaments, wo man die rauhen Wirklichkeiten des Wirtschaftslebens und der Politik verspürt, wachsen die Kräfte des Sozialismus und der Arbeit und sammeln sich Energie und Stoßkraft. EineS Tages wird die neue Marseillaise der Bewegung durch die Mauern des Parlaments hindurchdringen, und dann wird vielleicht auch Mr. Will Crooks seiner der Führer der Arbeiterpartei) in einem Ausbruch von Jntransigenz in die Melodie einstimmen." Hoffen wir, daß sich diese Erwartungen verwirklichen.
Aus den Organisationen. Eine außerordentliche Kreis- Vertrauensmännerkonferenz des Wahlkreises Hanau-Bockanheim-Gelnhausen-Orb fand