suche der Franzosen in Betracht kommen. Aber schon aus bextt ersten Teil der Schilderungen, der den großen Angriff des 3. Mai belzandelt, geht hervor, daß wir erst diesmal mit dem bei weitem ernstesten und schwersten Angriff der Franzosen zu tun hatten. So tapfer auch die Stürme in der Champagne und an den Maashöhen angesetzt waren, sie konnten sich an Größe der eingesetzten Streit- kräfte, an Planmäßigkeit der Vorbereitung und Durchführung, an hingebender Opferwilligkeit der Truppen, an Entschlossenheit der Führung mit dieser gewaltigen Schlacht nicht vergleichen. Ein- schließlich der Engländer scheinen auf eine Frontlänge von 45 Kilo- meiern über 20 Infanteriedivisionen oder mehr als 250 0<X> Mann Fußvolk eingesetzt worden zu sein, aus jeden Meter etwa sechs Mann. Auf dem Räume aber, auf dem die französische Heersührung die Entscheidung mit allen Kräften erstrebte, zwischen Carency bis Neuville, hat man am ersten Tage fünf Divisionen oder etwa 70 000 Mann Infanterie in den Glutofen des Kampfes geworfen, das macht auf den Meter Frontlinie etwa 12 Mann. Und ähnlich ge- staltete sich die Wucht des Angriffs an der Loretto-Höhe. Dazu kam die Versammlung einer ungewöhnlich gewaltigen Artillerie, deren Trommelfeuer nach Privatbriefen einen überwältigenden Eindruck gemacht und eine furchtbare Wirkung ausgelöst haben muß, deren nur eine Truppe von eisernen Nerven noch standhalten konnte. Die Franzosen hatten hierfür ihre besten Männer herangeholt: die «rieger der Bretagne , die eisernen Korps von Epinal und Nancy , die Zuaven, die Marokkaner, die Fremdenlegion wetteiferten mit- einander um die Palme des Sieges. Aber die ungestüme Tapfer- keit des an Zahl überlegenen Gegners brach sich schließlich dennoch an der eisernen Entschlossenheit einer an Tüchtigkeit überlegenen Minderzähl! Uebrigens scheinen die Engländer auch bei diesem Versuche wieder bei aller Tapferkeit im einzelnen ihre Kräfte mög- lichst geschont zu haben; die Hauptlast des Kampfes ließen sie die Franzosen tragen, ihr Angriffswille erlahmte jedenfalls früher als der ihrer Verbündeten. Daß die Franzosen hier ungeheure Ver- luste erlitten haben müssen, geht aus der Darstellung des General- stabes unmittelbar hervor. Ihren Zweck, die Russen mittelbar zu unterstützen und zu entlasten, haben sie aber ebensowenig erreicht, wie die Hauptausgabe, die Deutschen zu schlagen. Und so will denn der Generalstab mit seiner Veröffentlichung gerade jetzt dem beut- scheu Volke wohl die Zuversicht einflößen, daß unsere Stellung im Westen unerschütterlich ist, während wir im Osten von Erfolg zu Erfolg fortschreiten.— Im Südwesten Oesterreich-Ungarns stehen die Sachen noch immer auf dem gleichen Fleck wie in der vergangenen Woche; und auch das loird man als Erfolg unserer Verbündeten buchen müssen. Umsomehr, als in der verflossenen Woche die Italiener endlich mit größeren Kräften angegriffen haben. In der Nacht zum 30. Juni sind sie mit mehreren Divisionen zum Angriff am östlichen Ufer des unteren Jsonzo vorgebrochen. Die Angriffe, die sich besonders gegen das Plateau von Doberdo richteten, bald aber auch in nördlicher Ltichtung verlängert wurden, sind seitdem mehrfach und auch mit einiger Entschiedenheit wiederholt worden.— Erfolg haben sie so wenig gehabt, daß der Generalstabschef Cadorna es vorzieht, nur von mißglückten Gegenangriffen der Oesterreicher zu sprechen, aber seinerseits keinen Raumgewinn verzeichnet. Man weist auf die ungewöhnlich großen Schwierigkeiten hin, die die italienische Offensive in den geographischen Verhältnissen jeder Grenzlandschaften findet. Diese Schtvierigkeiten des aus der Ebene schroff ansteigenden Felsgebirges mit seinen von langer Hand vorbereiteten starken Sperrbefestigungen sind bekannt und in Rechnung gestellt. Aber das erklärt nicht, warum die Italiener jener Schwierigkeiten mit unzulänglichen Kräften, verkehrten Mitteln und— erstaunlicherweise— ungenügender Vorbereitung Herr zu werden versuchen. Immer wieder steigt die Vermutung auf, daß die italienische Heeresleitung einen beträchtlichen Teil ihrer Streitkräfte noch immer für andere Aufgaben zurückbehält. An den Dardanellen haben sich die Verbündeten wiederum schwere Schlappen und beträchtliche Verluste geholt. Die viel um- strittene Höhe von Krithia, östlich Ari-Burnu, ist noch immer nicht in ihrem Besitz; im Gegenteil scheinen sie gegen die Küste hin Raum verloren zu haben. DaS alles läßt ihren Wunsch und ihre an- dauernden Bemühungen sehr erklärlich erscheinen, noch andere Staaten in dieses übereilt begonnene und mangelhaft durchgeführte Abenteuer hineinzuziehen. Denn unzweifelhaft wäre die Erobe- rung der Dardanellen ein sehr großer moralischer, militärischer und politischer Erfolg.
Die englische Verlustlifte. Die letzte Verlustliste weist 26
Der türkische Krieg. Meldung des türkischen Hauptquartiers. Konstantinopel , 8. Juli. (W. T. B.) Das Große Hauptquartier meldet: An der k a u k a s i s ch en Front versuchte hie von unserem rechten Flügel zurückgeschlagene feindliche Kavallerie, sich in ihren Stellungen zu halten und Gegenangriffe zu unternehmen. Diese Versuche schlugen fehl. An der Dardanellenfront beschoß unsere Ar- Ullerie bei Ari Burnu ani 6. Juli wirksam die feindlichen Stellungen und verursachte schweren Schaden. Die gegen unseren linken Flügel kämpfende feindliche Artillerie beschoß infolge des schlechtgczielten Feuers ihre eigenen Schützen- graben. Sie fügte dadurch ihren eigenen Soldaten beträcht- liche Verluste zu. Bei SeddulBahr schlugen wir die von Erkundungsabteilungen des Feindes verursachten Angriffe ab und fügten ihnen schwere Verluste zu. Während der Feind bei Tekke Burnu mit Aus- und Einbooten beschäftigt war, an dem sich Hilfskriegsschiffe und kleinere Boote be- teiligten, eröffneten unsere anatolischen Küstenbatterien Plötz- lich das Feuer auf die genannte Stellung. Eine Granate fiel mitten in ein Bataillon des Feindes und verursachte Ver- wirrung und Verluste. Dieselben Batterien sprengten ein feindliches Munitionsdepot in der Nähe in die Luft. Von den anderen Fronten ist nichts Wichtiges zu melden. von der Daröanellenfront. London , 8. Juli. (SB. T. B.) Ein amtliches Telegramm aus den Dardanellen besagt: Am 6. Juli früh begannen die Türken im südlichen Sektor die heftigste Beschießung, die bisher stattgefunden hat. Darauf folgte ein allgemeiner Angriff. der an einigen Punkten sehr heftig war, aber vollständig mißglückte. Unsere Verluste hatten wenig zu bedeuten und machten nicht den geringsten Eindruck auf unserer Front. Die Verluste der Türken waren sehr schwer. Anmerkung des W. T. B.: Die Tatsachen de? Mißerfolges des Dardanellenunternehmens und die ungeheuren Menschenverluste der Alliierten(in dem amtlichen türkischen Bericht vom gleichen Tage wird außer anderen Erfolgen die Versenkung des großen französi- schen Transportdampfers gemeldet) können selbst durch die schönsten, amtlichen englischen Telegramme nicht aus der Welt geschafft werden. »*
London , 7. Juli. (SB. T. B.) Meldung des Reuterschen Bureaus. Ein amtliches Telegramm besagt noch über die Kämpfe bei den Dardanellen vom 5. Juli: Im südlichen Sektor unterhielten die Türken in der ganzen Nacht schweres Gewehrfeuer über die ganze Linie. Sie verließen den Laufgraben aber erst nach heftiger Beschießung dieses Sektors und unternahmen dann einen entschlossenen Angriff, der besonders auf den Punkt gerichtet war. wo die englische Marinedivision sich an die französische Linie anschloß. Hier faßten ungefähr 5V Türken in unseren Laufgräben Fuß. Einige unserer Leute konnten sich jedoch darin behaupten. Unsere Truppen machten einen Gegenangriff und warten die Türken wieder aus den Lausgräben hinaus. Ein anderer Angriff auf den rechten Flügel der 29. Division wurde durch Gewehr- und Maschinengewehrfeuer zum Stehen gebracht. An unserem linken Flügel versammelten sich die Türken im trockenen Flußbett der Nullah östlich der unlängst von uns eroberten Laufgräben und unternahmen verschiedene Angriffe. Sie vermochten aber die Laufgräben dank der Entschlossenheit unserer Truppen mit Unterstützung von Artillerie nicht zu erreichen. Die Beschießung nahm gegen 11 Uhr morgens ab, sie nahm dann an Heftigkeit von Zeit zu Zeit wieder zu. Anm. des W.T.B.: Vergleiche den amtlichen türkischen Bericht vom gleichen Tage. Derselbe lautet für die Engländer bei weitem nicht so günstig.
London , 8. Juli. (W. T. B.) Die„Times" schreibt in einem Leitartikel zu einem Bericht des Generals Hamilton über die Kämpfe an den Dardanellen, welcher die Ereignisse bis zum 4. Mai darstellt. Es ist schwer ver- ständlich, weshalb er nicht früher bekannt gegeben wurde und weshalb das Publikum fünf Monate im Dunkeln gelassen wurde. Die„Times" kritisiert die absichtliche Unklarheit eines Teiles des Berichtes und sagt: Man hätte offen sagen sollen, daß im März die Transporte von Kriegsmaterial so fehlerhast geladen waren, daß sie nach Alexandna gefahren und dort völlig umgepackt werden mußten. Ein kombinierter Angriff zu Land und zur See wurde damals unmöglich, weil trotz der großen Erfahrung in überseeischen Unternehmungen die Transporte falsch geladen waren. Deshalb konnte der militärische Angriff erst im April beginnen, nachdem den Türken und den Deutschen Zeit gelassen war, die Halbinsel in ein größeres, abwechselungsreicheres Gibraltar zu ver- wandeln. Die„Times" preist den Schneid und die Tapfer- keit der Truppen, welche die Landung auf Gallipoli möglich gemacht hätten, stellt aber fest, daß bis zum April kein wirksames Zusammenarbeiten zwischen Heer und Flotte be- standen habe. Das Publikum werde mehr denn je durch den Mangel an Politik und Vorbereitung, der die Unternehmung kennzeichne, verwirrt. Das Blatt erklärt: Wir berühren hier nur den äußersten Zipfel der gemachten Fehler und sagen nichts über noch größere, die nur in elfter Stunde gutgemacht wurden. Das Publikum ist berechtigt zu wissen, welche Eni-
von öer Westfront. Eindrücke und Erlebnisse. „K l e i n- B e r l i n." Wenige Kilometer hinter der Front— ein Idyll, wie es reiz- voller kaum gedacht werden kann. „Ein festes Lager," sagt der militärische Ausdruck. Aber wer es als Laie sieht, würde keine bessere Bezeichnung wissen als:„eine Laubenkolonie". Unter den Bäumen eines Waldhanges— an jener Seite der Höhe, die den feindlichen Stellungen abgewandt ist— ist hier für eine kriegsstarke, in Bereitschaft liegende Kompagnie ein Heim ge- schaffen worden, so zierlich und gemütlich, als gäbe es gar keinen Krieg und als läge nicht dieser Gang selbst noch im Bereich der feindlichen Geschütze. Die zwanzig, dreißig Unterstände dieser Kolonie sind zwar ein bischen eng und dunkel. Aber sie sollen auch nur dazu dienen, Schlasstätten und Aufbewahrungsorte für das Gepäck abzugeben. Um so luftiger, um so schöner ist es draußen. Da ist kein Unter- stand, der nicht, von Busch und Baum überwölbt, sein Gärtchen hätte mit Laube und Blumenbeeten und allerlei kunstvollem Zierat. Grüne Bogengänge führen von den Eingängen der Unterstände zu den Slnlagen hinunter. Gelbsandige Wege, von gebogenen Gerten gesäumt, verbinden die Wohnungen miteinander; es gibt breitere Hauptstraßen und kleine Nebengäßchen. Slus den Gartenbeeten sind aus Buchsbaum, Blumen, Scherben und weißen Steinchen kunstvolle Gebilde gestaltet; hier wurde inmitten ein selbst- gemeißelter Gedenkstein aufgestellt, dort ein— Gott weiß, woher besorgtes— Steinfigürchen; hier hat man eine kleine Spring- brunnenanlage geschaffen, dort eine„imitierte" Kanone hingebaut. Als Mittelpunkt des Ganzen aber erhebt sich ein Häuschen mit offener Veranda, leicht und zierlich hingestellt, das.Kasino " für die Offiziere. Natürlich hat auch alles seinen Namen; an den Baumen, dte die gelben Wege säumen, sind.Straßenschilder' angeheftet; vor den Eingängen zu den Unterständen künden andere Schilder, wie ihre Erbauer sie getauft haben:.Villa Frieden".„Zum Gambrinus" (darunter:„Getränke müssen mitgebracht werden").„Zum gemüt- lichen Berliner"(und auch hier eine ergänzende Inschrift:„Der alte Brauch wird nicht gebrochen, hier darf man nur abends Kaffee kochen"). Der Humor kommt vielfältig zu seinem Recht. Und immer Neues wird ausgesonnen, um die Anlagen zu verbessern. heimischer, traulicher zu machen. Jede Kompagnie, die eine andere ablöst, um hier für einige Tage von den Strapazen des Schützen- grabens auszuruhen, hält es für ihre Pflicht, durch neue Lauben, neues Flechtwerk grüner Zweige, neuen Zierrat die Reize dieser eigen- artigen Kolonie zu mehren. Vor der Beobachtung durch femdliche Flieger schützt das
grüne Dach der alten Waldriesen. Wohl orgeln Tag für Tag die schweren Geschosse der feindlichen Artillerie über die Lauben hin- weg; aber ihr Ziel liegt weit hinten, und noch nie fügte eine Granate diesen Anlagen Schaden zu. Schöne Sonntage in diesem Heim! In den Lauben sitzen sie in Hemdsärmeln, schwatzen, essen, bessern an ihren Sachen. Auf der mohnroten Wiese unten im Tal rekeln sie sich schläfrig und blinzeln ins Blaue— träumend von der Heimat, von den Lieben daheim. Ja, wenn die noch hier wären!... Und kein Krieg!... Und die Läuse nicht im Stroh!... Und etwas mehr Bewegungs- freiheit l... Und etwas abwechselungsreicheres Essen... lind kein Appell mehr!... Donnerwetter ja, das wäre schön, das wäre wirklich schön! Aber so— I Sicherlich Ungewöhnliches in Feindesland I Aber doch in Feindesland I Und das, was wirklich froh, wahrhaft glück- lich machen könnte, bleibt weit, weit— auch inmitten dieses grünen Idylls... Beim Marketender. Es klingt so romantisch: Marketender. Man denkt an ein Zelt, SBachtseuer davor, bunte Gestalten rundum gelagert. Wein perlt in Bechern, ein Mägdlein in rotem Röckchen kredenzt. Würfel rollen, ein Lied klingt an.... Der moderne Marketender sieht aber recht sehr anders aus. Er trägt ein« feldgraue Uniform wie andere auch, ähnelt einem Sergeanten oder Feldwebel wie ein Ei dem anderen und hat nichts an sich oder in seiner Umgebung, das auch nur im entferntesten an ein hochgeschürztes, schnippisches Mägdlein erinnerte. Seine Helfer sind wackere Krieger, die, meist struppig und rauh genug, in Hemdsärmeln ihres Amtes walten. Kein Zelt bildet das Heim. SBas er an Vorräten besitzt, birgt ein Planwagen, der mit der „großen Bagage" dem Bataillon nachgefahren wird. Hat die Truppe hinter der Front Reservequartier bezogen, dann werden die Schätze dieses SBagens wohl ausgeladen und in einem Zimmer- chen, einer ausgeräumten niedrigen Bauernstube aufgestapelt, oder sie finden sonstwie in der Nähe des Wagens ihren Platz. Zu ge- mütlichem Lagern hat die Soldateska daneben aber dann nicht mehr Raum. SBer gekauft hat, hat sofort wieder zu verschwinden. Von der romantischen Gemütlichkeit alter Tage ist um diesen modernen Marketender herum erst recht nichts zu finden. Perlende Weine, schäumende Biere— wir wollen nicht sagen, daß sie der graue Plan- wagen nicht gelegentlich auch in seinem Bauche führt. Aber bis zu ihnen vorzudringen ist dem„gewöhnlichen" Kunden in der Regel nicht leicht. Er mutz schon dringlich bitten, über gute Beziehungen verfügen, im Auftrage eines Vorgesetzten, mit einer Bescheinigung des Bataillons kommen, um ein paar Flaschen Sllkoholika zu er- reichen. Auch davon abgeseben, ist es nicht ganz leicht, seine Wünsche beim Marketender zu befriedigen. Seine Vorräte sind in mannig- jacher Hinsicht begrenzt, Sein Lager erstreckt sich nur auf eine
gewisse Anzahl von Waren, und die Mengen dieser unterschied- lichen Waren sind wieder in der Regel recht bescheiden. Zwirn, Seife, Stiefelwichse, Streichhölzer, Zigaretten, Schokolade. Rollmöpse und Oelsardinen: das ist so ungefähr der eiserne Bestand eines jeden Marketenderwagens. Hier und dort findet dieses Lager dann freilich noch seine verschiedenartige Ergänzung, und wer „auf den Schwung aufpaßt", kann da auch wohl gelegentlich Lichte, Butter, Marmelade, Käse und Wurst, eingemachte Früchte und unterschiedliche Gemüsekonserven erhalten. Das Unglück ist nur, daß, sobald etwas von Vorräten dieser letztgenannten Art bekannt geworden ist, der Andrang gleich immer so stark wird, daß die Vorräte im Handumdrehen vergriffen sind. An Andrang fehlt es überhaupt selten. Dutzendweis staut sich das Volk vor dem Fenster, durch das der Handel stattfindet. Nach Tagen der Entbehrung sucht jeder sich einen kleinen Genuß zu verschaffen.„Zwei Büchsen eingemachter Kirschen, bitte." „Gibt bloß eine. Kirschen sind auch alle. Hier sind Pflaumen. Eins fuffzig. Sonst noch was?"—„Pflaumen hätte ich eigent- lich..."„Wollen Sie nicht? Auch gut. Weiter, der nächste dann!" „Doch, ich will ja. Dann 20 Zigaretten a 3H."„Hier ist ein Kistchen mit 50. Können Sie das nicht ganz nehmen und mit jemand anders teilen? Zum Abzählen haben wir jetzt keine Zeit."—„Gut, gewiß. Dann bitte noch zwei Lichte."—„Hier. Macht also zu- sammen einssuffzig, dreisünfundzwanzig, dreifünfundsechzig... Haben Sie kein Kleingeld? Na, ich auch nicht. Hier haben Sie «ine Mark retour. SBas wollen Sie noch für die fünfunddreißig Pfennige? Da haben Sie Lederfett, zwei Dosen— drei Schachteln Streichhölzer.— Fertig.— Der nächste?" Der nächste kommt heran und hat ebenfalls drei, vier SVünsche. Jeder will etwas anderes; der Marketender mutz hin- und herspringen.„Ruhe mal!" schreit er schließlich.„Jetzt ver- kaufe ich nur noch Schokolade und Zigaretten. Wer was anderes will, kann nach einer Stunde wiederkommen. Also los. Wer will Schokolade oder Zigaretten?" Mancher, der es auf eine Büchse Marmelade, auf ein Stück Seife abgesehen hatte, knurrt wohl. Aber was hilft es, er muß sich fügen. Nach einer halben Stunde Wartens muß er unver- richteter Sache abziehen. Kommt er nach einer Stunde zurück, ist aber seine heiß ersehnte Marmelade womöglich schon wieder aus- verkauft. Keiner kann wissen... Eine Delikatesse beim Marke- tender zu erlangen, ist immer mehr oder weniger vom Zufall ab- hängig. Immerhin, auch dieser moderne Marketender ist ein Segen. Ohne ihn wäre man ganz auf die Liebesgaben aus der Heimat angewiesen. Und die lassen manchmal verflucht lange auf sich warten. Und wenn endlich so ein Kistchen einmal eintrifft, ent- hält es womöglich noch etwas, was man gar nicht gebrauchen kann. Da ist der Marketender— auch ohire Zelt und hübsches Mägdelein — denn doch ojt hochwillkommener Helfer in der Not.