iSte ErMung. Da nach den meisten Meldungen die uns dieses Mal ganz zur Verfügung stehende Ernte zum mindesten mittel- g u t zu werden verspreche, so sei bei Getreidepreisen etwa auf der Höhe höchster-Friedenspreise im allgemeinen eine Rentabilität der landwirtschaftlichen Betriebe gesichert. Außerdem brauchten in diesem Jahre nicht die Händlerlosten und-Gewinne eingerechnet zu werden, da es sich um normale Ueber- nahmepreise beim Produzenten selbst handle. Die vorsichtig anzusetzenden monatlichen Zuschläge sollten, wenn der Ernteertrag später ein noch günstigeres Ergebnis zeige, als jetzt zugrunde gelegt werde, überhaupt fortfallen, wenn nicht eine weitere Herabsetzung der Grundhöchstpreise geboten erscheine. Zum Schlüsse weist die Eingabe aus den in Oesterreich bei der Festsetzung der Höchstpreise leitenden Grundsatz hin: Einhaltung des goldenen Mittelweges zwischen dem Preise vor dem Kriege und den augenblicklichen Handelspreisen. — Durch derartige Maßnahmen sei die Gefahr einer weiteren Er- schütterung des Glaubens der Bevöllerung an eine gerechte Be- Handlung durch die verantwortlichen Stellen zu beseitigen und die auch künftig unbedingt notwendige moralische und wirtschaftliche Widerstandskraft zu erhöhen. Bei dem enormen Steigen aller übrigen Lebensmittelpreise müsse wenigstens das tägliche Brot zu angemessenen Bedingungen zu haben sein.
Die Regelung des Zuckerverbrauchs. Amtlich. Berlin , 15. Juli. (W. T. B.) Der Bundes- rat hat in der heutigen Sitzung ergänzende Bestimmungen über den Verkehr mit Zucker erlassen. Der gesamte Zucker, der nicht für die Bezugsvereinigung zurückgestellt ist, ist für den menschlichen Verbrauch freigegeben. Der Ver- brauchszuckerpreis für September ist auf die gleiche Höhe wie der August festgesetzt worden. Weiter sind Höchstpreise für den Handel mit Verbrauchszucker mit Wirkung vom 22. Juli festgesetzt worden. Endlich ist bestimmt, daß auch nach dem 30. September 1915 Verbrauchszucker in einer Menge ent- eignet werden kann, die im wesentlichen der Menge entspricht, die die Verbrauchszuckerfabriken aus dem jetzigen Betriebs- fahr hinübergenommen haben, oder die der Handel zu den bis Ende September gültigen Preisen gekauft hat; der Ent- eignungspreis ist für die Zeit nach dem 30. September 1915 um 10 Pf. für 50 Kilogramm niedriger festgesetzt als der Preis, der bis dahin gilt._ Die Versorgung mit Futtermitteln. Amtlich. Berlin , 15. Juli. (W. T. B.j Der Bundesrat hat in seiner heutigen Sitzung eine Verordnung über den Verkehr mit Oelfrüchten und daraus gewonnenen Produkten erlassen. Die Verordnung bestimmt, daß die aus Raps, Rübsam, Hederich und Ravis, Dotter, Mohn, Lein und Hanf der inländischen Ernte gewon- neuen Früchte an den Kriegsausschuß für pflanzliche und tierische Oele und Fette in Berlin geliefert werden müssen. Zu diesem Zwecke werden die Besitzer solcher Oelfrüchte verpflichtet, erstmalig am 1. August d. I. ihre Bestände dem Kriegsausschutz anzuzeigen. Für die Bezahlung der gelieferten Oelfrüchte werden Normen festgesetzt. Die aus der Verarbeitung der Oelfrüchte entfallenen Futtermittel sind an die Bezugsvereinigung der deutschen Land- ivirte gemäß der Verordnung über den Verkehr mit Kraftfutter- miteln vom 28. Juni 1315 abzusetzen. Die Verordnung findet auch Anwendung auf Oelfrüchte, die vor Inkrafttreten der Verordnung in das Reichsgebiet eingeführt worden sind, und auf Oelfrüchte, die künftig aus den besetzten Gebieten des Auslandes eingeführt werden.
Ms der Partei. Aus den Organisationen. Die Hamburger Parteigenossen beschäftigten sich in den letzten Wochen in vier Delegiertenversammlungen der Landes- organisation der sozialdemokratischen Partei Hamburgs mit den Geschehnissen der Kriegszeit, der Haltung der Reichstagsfraktion zum Krieg und den Maßnahmen der Vorstände der Hamburger Organisation- Parteisekretär Gen. Heinrich S t u b b e erstattete den Geschäftsbericht, stellte sich dabei auf den Boden des von der Reichstags- fraktion und dem Parteivorstand eingenommenen Standpunktes und vertrat die Maßnahmen und Beschlüsse der Hamburger Vor- stände. Seine Ausführungen wurden in ihrer Gesamtheit und in verschiedenen Einzelfragen unterstützt durch die Genossen Stalten, Grosse, Weinheber, Becker, Winnig, Krause. Dagegen sprachen die Genossen Heberlein, Lindau und zweimal in mehr als einstündigen Darlegungen Dr. Laufenberg.- Nach einem Schlußwort Stubbes wurde von der sehr stark besuchten Delegiertenversammlung mit einer Dreiviertel Majorität folgende vom Genossen Winnig vorgeschlagene Resolution angenommen. .Die Landesversammlung der sozialdemokratischen Partei Hamburgs spridbt den Vorständen für die umsichtige Vertretung der Parteiinteressen ihre Anerkennung aus. Sie erwartet, daß diese auch weiter bemüht sein werden, die Interessen der arbeitenden Klasse entschieden zu vertreten, vor allem bei der Be- kämpfung des LebensmiitelwucherS und auf dem Gebiet der sozialen Kriegsfürsorge. Dagegen sieht sich die Landesversammlung genötigt, jener Gruppe von Genossen, die seit Kriegsausbruch die Haltung und die Maßnahmen der Partei herabsetzt und verdächtigt und plan- mäßig mit nicht immer einwandfreien Mitteln zu durchkreuzen sucht, den ernsthaftesten Tadel auszusprechen. Die Zeiten sind ernst und die Aufgaben der Arbeiterklasse in Gegenwart und Zukunft zu groß, als daß die Partei dieser Zerstörung ihrer Geschlossen- heit noch länger zusehen könnte. Die Landesversammlung erwartet daher von allen Genossen. daß sie diesen unheilvollen Treibereien rücksichtslos entgegen- treten." Die Tagung der Delegiertenversammlung hat damit noch nicht ihr Ende erreicht. In einer oder vielleicht gar mehreren Fort- setzungen wird sie sich nun noch mit der— in den bisherigen Ver- sammlungen natürlich auch schon ausgiebig besprochenen— Haltung des.Hamburger Echo" und der sozialdemokratischen Fraktion der Hamburger Bürgerschaft zu befassen haben.
Meiunngsverschredenheiten in der französischen Partei. Die.Berner Tagwacht" schreibt: In einer seiner letzten Nummern hat das Organ der englischen Fabier,.The New Statesman ". die Haltung der sozialistischen Partei in Frankreich gegenüber der Stellungnahme der englischen unabhängigen Arbeiterpartei rühmend hervorgehoben und besonders ihr.Nationalgefühl" anerkannt, mit dem sie die Einladung zu einer Zusammenkunft der Internationale im Haag abgelehnt habe. Darauf sind dem.New Statesman " eine Reihe von Zuschriften zugegangen, unter denen eine, die aus Paris kommt, das größte Interesse bean- spruchen darf. Es beißt da: .Es ist nur natürlich, wenn Sie annehmen, daß das Permanente Verwaltungskomitee der französischen sozialistischen Partei die ganze Partei repräsentiert, aber das ist in Wirklichkeit ganz und gar nicht der Fall und seine Entscheidung(bezüglich einer Zusammen- kunft der Vertreter der Internationale) wird von einer großen Zahl französischer Sozialisten, die vielleicht die Mehr- heit sind, nicht gebilligt. Ich sage.vielleicht", weil keine Mög-
kichkeit vorhanden ist. die wirkliche Meinung der französischen sozia- listischen Partei festzustellen. Seit dem Beginn des Krieges hat das Permanente Komitee keine Schritte getan, um mit der Gesamtpartei in Fühlung zukommen. Die Partei ist niemals über eine der auftauchenden Fragen zu Rate gezogen worden. Das Komitee hat jede Angelegenheit aus seine eigene Verantwortung hin entschieden und die Partei so zu den wichügsten Erklärungen und Handlungen veranlaßt. Es ist eine große Mißstimmung in der Partei vorhanden über das, was zahl- reiche Sozialisten als einen Mißbrauch der Macht von seilen des VerwallungskomiteeS ansehen, und es ist zum mindesten mög- l i ch, daß die Entscheidung in verschiedenen Punkten anders gefallen wäre, wenn man die Gesamtpartei zu Rate gezogen hätte. „Die jüngeren Mitglieder der sozialistischen Partei stehen an der Front. Man kann sie weder befragen, noch läßt sich ihre all- gemeine Stimmung feststellen. Unter den Sozialisten, die sich nicht an der Front befinden, gibt es tiefgehende Meinungs- Verschiedenheiten über die durch den Krieg herauf- beschworenen Fragen. Es ist eine Rechte, ein Zentrum und eine Linke vorhanden. Die Rechte, die ihre Auffassung teilt, beeinflußt das Permanente Verwaltungskomitee. Sie setzt sich aus den ältesten Personen zusammen, die in Frank- reich im allgemeinen am kriegerischsten und chauvinistischsten sind, und zu ihren hervorragendsten Vertretern gehören Jules Guesde und Vaillant. Es ist unmöglich, mit einiger Sicherheit zu sagen, welche Gruppe die stärkste ist. Aber die Linke hat eine große Mehrheit unter den Sozialisten im Süden Frankreichs , und nach meiner Meinung umfaßt sie wahrscheinlich die Mehrheit der Gesamtpartei. Die ausgeprägte Abneigung des Verwaltungskomitees, sich bei der Partei Rat zu holen, legt die Vermutung nahe, daß das Komitee derselben Ansicht ist. Ueber einen Punkt ist kein Zweifel möglich. Die französische sozialistische Partei ist seit Jahren nicht so desorganisiert, so ohnmächtig und so hoffnungslos gespalten gewesen wie im gegen« wältigen Moment." Der Einsender erwähnt dann die bekannte Kundgebung von Haute Vienne , und er meint, es werde sich bald herausstellen, daß die Organisation von Haute Vienne in ihrer Mißbilligung der Politik der Komitees nicht allein stehe.
Gewerkschaftliches. Serlin und Umgegend. Aus dem Bezirk Groß-Berlin des Transportarbeiterverbandes sind zurzeit über 22 000 Verbandsmitglieder zum Heeresdienst ein- gezogen, darunter 30 Verbandsangestellte. Deutsches Reich . Teuerungszulagen und Tarifvertrag. _ Wir verwiesen in unserer Nummer 183 vom 10. Juli auf den Tätigkeilsbericht des Verbandes der Baugeschäfte von Groß-Berlin und ein Rundschreiben des Verbandes an seine Mitglieder, die beide sich gegen die Gewährung von Teuerungszulagen wenden. Der „Grundstein" vom 17. Juli nimmt jetzt diese Haltung des Verbandes der Baugeschäfie gleichfalls unter die kritische Lupe und kommt ebenso wie der'„Vorwärts" zu dem Schluß, daß die durch die Tarif- Verträge geschaffene Ordnung und Sicherheit durch die Gewährung von Teuerungszulagen nicht im mindesten erschütlert werde. Nach Ansicht des„Grundstein" ist die ganze Angelegenheit ledig- lich eine Sache der Einficht und des guten Willens der Arbeitgeber. Der.Grundstein" teilt weiter mit, daß der Borstand des Bauarbeiter-VerbandeS im Laufe der letzten Woche gemeinsam mit den Vorständen des Zimmerer- und des christlichen Bauarbeiterverbandes dem Arbeitgeberbund für das Baugewerbe den Wunsch unterbreitet habe, mit ihm gemeinsam in Erwägung darüber einzutreten, wie der drückendsten Notlage der Bauarbeiter abgeholfen werden könne. Der„Grund- stein" hofft, daß sich der Bundesvorstand der Einsicht, daß für die Arbeiter eine Notlage besteht, nicht verschließen und eine Aussprache darüber, wie dieser Notlage entgegengewirkt werden kann, nicht ablehnen wird._ Wohl ein Versehen! Einige in Hemelingen bei Bremen wohnenden Frauen, die von der preutzisch-hessischen Staatsbahnverwaltung als Strecken- arbeiterinnen angestellt wurden, mutzten einen Revers unter- schreiben, worauf man ihnen„Gemeinsame Bestimmungen für die Arbeiter aller Dienstzweige der Preutzisch-Hesfischcn Staatseisen- bahnverwaltung" aushändigte, in denen den Arbeiterinnen das Fernbleiben von der Sozialdemokratie und vom Transportarbeiter- verband zur Pflicht gemacht wird. In§ 2, Ziffer 3 der Be- stimmungen heiht eS: „Auch außerhalb des Dienstes hat der Arbeiter sich achtbar und ehrenhaft zu führen und sich von der Teilnahme an s o z i a l- demokratischen und anderen ordnungsfeind- lichen Bestrebungen, Vereinen und Versammlungen fern- zuhalten." Ferner wurde jeder Arbeiterin bei der Annahme der§ 23 wie folgt erläutert: Sie dürfen dem Transportarbeiterverband(Reichs- sektion der Eisenbahner), sowie überhaupt solchen Vereinen oder Verbänden, die die Arbeitseinstellung als zulässig erachten, nicht angehären. Als Teilnahme an sozialdemokratischen Bestrebungen werde auch das Halten und Verbreiten sozialdemokratischer Zeitun- gen und sonstiger sozialdemokratischer Pretzerzeugnisse, sowie der Besuch sozialdemokratischer Versammlungen angesehen. Zuwider- Handlungen würden die Kündigung des Dienstverhältnisses zur Folge haben. Wir nehmen an, datz den Frauen aus Versehen Bestimmungen vorgelegt worden sind, die noch aus der Zeit vor der Erklärung des Burgfriedens stammen. Vielleicht äutzern sich die in Betracht kommenden Behörden dazu und es ergehen an die falsch unter- richteten Stellen Anweisungen, welche Mitzverständnisse beheben.
Der Borstand des Kürschncrverbandcs hat unter Zustimmung des Ausschusses beschlossen, die statutarischen Bestimmungen über Unterstützungen mit Wirkung vom 5. Juli ab wieder in vollem Um- fange in Kraft treten zu lassen. Das Stuttgarter Gewerkschaftskartell und der Parteistreit. Das Stuttgarter Gewerkschaftskartell hat in seiner letzten Ver- tretersitzung über sein Verhältnis zur örtlichen Parteiorganisation Beschlutz gefaßt. Bekanntlich herrscht unter den Stuttgarter Ge- nassen ein Organisationsstreit. Neben dem an die Kreis-, Landes- und Reichsparteiorganisation angeschlossenen Sozialdemokratischen Verein Stutgart besteht noch ein von Westmeher und Crispien ge- leiteter Verein, der denselben Namen führt, aber das Organisations- ftatut nicht anerkennt. In der Vorstadt Cannstatt besteht neben dem alten sozialdemokratischen Verein ebenfalls eine Neugründung mit demselben Namen. Alle Versuche, eine Einigung unter den Genossen herbeizuführen, sind bisher fehlgeschlagen. Das Stutt- garter GewerkschastSkartell, das die Gewerkschaften der Vororte mit umfaßt, nahm nun mit Fünfsechstelmehrheit eine Resolution an, die lautet: „Die Vereinigten Gewerkschaften Stuttgarts betrachten als lokale Parteiorganisationen in ihrem Wirkungsbereich nur die von der w ü r tt em b e r g i s ch e n Landes- organisation anerkannten sozialdemokrtischen Vereine. Die Benutzung der Bibliothek und die unentgelt- liche Auskunftserteilung durch das Arbeitersekretariat steht außer den Mitgliedern der angeschlossenen Gewerkschaften nur den Mit- gliedern der anerkannten Parteiorganisationen zu. Soweit zur Erledigung allgemeiner Angelegenheiten gemeinsame Kom- Missionen von Gewerkschaften und Partei zu bilden sind, kommen als Vertreter der Partei nur die anerkannten Organisationen in
Frage. Sind an solchen Kommissionen auch noch andere Körper- schaften beteiligt, so können diese nur solche Vertreter entsende», die Mitglieder der anerkannten Parteiorganisationen sind."
Ms Industrie und Kandel . Kriegsgewinne. Die Vereinigten Faßfabriken Akt.- Ges. in Kassel , Berlin und Andernach am Rhein beabsichtigen, auf die Vorzugsaktien eine Dividende von 10 Prozent neben der Nachzahlung von 6 Prozent für das Vorjahr, wo keine Dividende verteilt werden konnte, und eine Dividende von 4 Prozent auf die Stammaktien in Vorschlag zu bringen. Der Reingewinn beziffert sich auf 236 751 M, nachdem bereits 125 000 M.(i. V. 60 000 M.) für Ab- schreibungen in Abzug gebracht worden siud; 105 693 M. werden auf neue Rechnung vorgetragen._ Japanische Handelsbestrebungen in der„Südsee". Man ist leicht geneigt über der politischen Rührigkeit Japans in Ostasien seine gewaltigen wirtschaftlichen Anstrengungen zu ver- gessen, die die Vorherrschaft auf dem ostasiatischen Markt im weitesten Sinn zum Ziel haben. In Japan hat, nach dem„Ostasialischeii Lloyd" vom 19. März, seit dem Ausbruch des europäischen Krieges ein groß- zügiges Schaffen eingesetzt. Das Auswärtige Amt in Tokio und das Handelsmini st erium sind wohl zurzeit die am meisten be- schäftigten Regierungsämter in Japan . Beide arbeiten Hand in Hand. Hier arbeitet das Auswärtige Amt politisch vor. um den Weg für die wirtschaftliche Ausbreitung in Ostasien zu bahnen, und dort fördert das Handelsministerium die Festigkeit des wirtschaftlichen Einflusses, um später, in Jahren oder Jahr- zehnten, dem Auswärtigen Amt Gelegenheit für die_ Entfaltung seines diplomatischen Könnens zu gehen. Japan erstrebt beule die politische und wirtschaftliche Vorherrschaft in Ostasien . Unter dem Vorwand, den deutschen politischen und wirtschaftlichen Einfluß niederzuringen, führt es einen stillen Kampf gegen alle an der politischen und wirtschaftlichen Entwickelung interessierten Staaten. Wir wollen an dieser Stelle von politischen Erwägungen absehen und uns nur mit der wirtschaftlichen Seite der Frage beschäftigen. Nachdem Tsingtau gefallen und durch einen eiligen Handstreich die deutschen Kolonien in der Südsee in japanische Hände über- gegangen waren, Japan also den politischen Teil seines Programms gegen Deutschland durchgeführt hatte, verkündete die japanische Presse, daß nunmehr auch der wirtschaftliche Kampf gegen Deutsch - land und seinen Verbündeten Oesterreich-Ungarn in Ostasien geführt werden müsse. Das Gebiet, in dem sich dieser Kampf abspielen sollte, wurde als der„Markt der Südsee" bezeichnet. Man nahm an, daß die Japaner nun versuchen wollten, die Inseln der Südsee wirtschaftlich enger an Japan zu knüpfen. Gelegentlich wurde auch in der japanischen Presse berichtet, daß eine neue Dampferlinie nach der Südsee eingerichtet worden sei, daß auf einer Insel große Phosphatlager„entdeckt" worden seien, daß eine große Nachfrage nach Zement und Bier herrsche und daß sich ein kapitalkräftiges Handelsunternehmen aufgetan habe, um den Handelsverkehr mit der Südsee zu heben. Der„Markt der Südsee" zog unterdessen immer weitere Kreise. Es stellte sich bald heraus, daß� mit der Er- schließung des neuen Marktes nicht die Südsee- Inseln gemeint sind, sondern alle Gebiete, die im �tv echt e st en Sinn z u Ostasien gehören. Der„Markt der Südsee", den Japan heute erobern will, umfaßt China , Hongkong , Inda- china, die Malaien st aaten, Indien und Australien . Seit Ausbruch des Krieges sind diese Gebiete auffallend viel von japanischen Handels'sachverständigen bereist worden. Das japanische Handelsministerium hat nichts unterlassen, was die Eroberung des Südseemarktes fördern könnte. Wohl beißt es gelegentlich noch, daß mit dem Vordringen auf dem neuen Markt der deutsche und österreichische Handel vernichtet werden soll. Die Japaner sind aber zu schlau, um nicht selbst einzusehen, daß das nur eine Ausrede ist, um das Hauptziel, das in der Ver- nichtung des we st ländischen Handels beruht, zu ver- schleiern. Gerade auf den Märkten, wo überwiegend britische und französische Handelsinteressen vorhanden sind, entfalten die Japaner eine besondere Tätigkeit, was deutlich zu erkennen gibt, daß sie sich bei ihrem Vorgehen von keinerlei bundesgenosfischen Rücksichten leiten lassen. Hongkong soll für den japanischen Handel zu einem wichtigen Einfallstör gemacht werden. Wie das Ziel zu erreichen ist, wird in japanischen Handelszeitschriften häufig bebandelt. Das Material be- sorgt die japanische Regierung, die auf Grund eingehender Bericht» ihrerKonsulatsvertreter und reisender Agenten imstande ist, der Industrie den Weg zur Betätigung zu«igen. Der britische Kaufmann wird sicher dem japanischen Handelswettbewerb in Südchina mit gemischten Gefühlen begegnen. Interessengegensätze sind nicht allein vorhanden, wo sich englische und japanische Kaufleute bemühen, die früher über Hoog- long eingeführten deutschen und_ österreichischen Erzeugnisse durch ihre eigenen zu ersetzen, sondern sind auch durch das Bestreben der Japaner enstanden, dem brititchen Handel soviel als möglich Ab- bruch zu tun. Bon amtlicher Seite werden die japanischen Fabri- kanten und Kaufleute bearbeitet. Die Förderung der chinesischen Produktion. Seit dem Ausbruch des Krieges in Europa , schreibt der„Ost- asiatische Lloyd" vom 26. März, haben sich in China Bestrebungen gellend gemackt, sich von der Einfuhr gewisser Erzeugnisse aus dem Ausland unabhängig zu machen. Ein großer Förderer dieser Be- wegung ist der frühere Handelsminister Chang-chien, der einer der besten Kenner des chinesischen Wirtschaftslebens ist und in seiner Heimatprovinz Kiangsu vorbildliche, wirtschaftliche Einrichtungen, wie Baumwoll- Pflanzungen. Seiden- und Wollwebereien weniger um pekuniärer Vorteile willen»lS zu Versuchszwecken eingerichtet hat. Der neue Handelsminister Chou-Tse-chi will nach dem von seinem Vorgänger ausgestellten Wirtschastsprogramm weiter arbeiten. Da« nach sollen in der Mandschurei und in der Umgebung von Peking Aufforstungen angelegt und Viehzucht in großem Maßstab betrieben werden. Die Ausfuhr von Rohstoffen der Seidenindustrie soll nach Möglichkeit eingeschränkt und die Erzeugnisse im Lande selbst verarbeitet werden. Die Kultur der Maulbeerbäume und der Seidenraupenzucht soll staatlich gefördert werden. In den Provinzen Anhui und Hupeh ist die Errichtung einer großen Baumwollversuchspflanzung geplant, um die Qualität der bisher erzeugten Baumwolle zu verbessern. Vor- bildliche Zuckerfabriken sollen je eine in Kuangtung Kuangsi und Szechuan errichtet werden, um allmählich vom ausländischen Zuckermarkt unabhängig zu sein. In den letzten Tagen hat die chinesische Presse vielfach Be- trachiungen über die Hebung der einheimischen Produltion angestellt. Der Boykott japanischer Waren bildet den Ausgangspunkt der Erörterungen. Die der Pekinger Regierung nahestehende«Afia- jih-pao" hat über die Frage der Förderung der einheimischen Produktion dieser Tage einen längeren Artikel veröffentlicht. Das Blatt stellt fest, daß nach den letzten Statistiken die Chinesen jährlich für etwa vierhundert Millionen Dollar japanische Ware kaufen. Diese Summe gehe nach Japan und China würde jährlich um diese Summe ärmer. Je weniger China ans die Einfuhr vom Ausland angewiesen sei, desto fester würde seine finanzielle Verfassung. Die„Asia-jih-pao"_ macht den Vorschlag, daß die Regierung das Volk veranlassen solle, nach Möglichkeit im Lande selbst hergestellte Erzeugnisse zu kaufen, und sie solle die Industrie zur Herstellung von Erzeugnissen ermuntern. die als Ersatz der westländischen Produkte dienen könnten. Das Blatt ist der Ansicht, daß in fünf oder sechs Jahren ein gewaltiger Umschwung im chinesischen Wirt- schaftsleben erfolgen könne. Schließlich ermuntert die „Asia-jih-pao" auch die chinesischen Kapitalisten, aus ihrem Dämmer- schlaf aufzuwachen und ihr Geld zur Weckung der wirtschaftlichen Kräfte des Landes herzugeben.