Nr. 206.- 32. Jahrg.
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Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3.
Fernsprecher: Amt Morigplatz, Nr. 151 90-151 97.
Mittwoch, den 28. Juli 1915.
Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moriųplag, Nr. 151 90-151 97.
Ruffischer Offensivversuch am Narew gescheitert
Gestlicher Kriegsschauplatz.
Der russische Generalstabsbericht.
Petersburg, 27. Juli. ( W. T. B.) Der Generalstab des des Generalissimus teilt mit: In der Richtung von Tukkum gegen Schloc wurde die am 24. Juli begonnene Offensive des Feindes mit Hilfe des Artilleriefeuers der Kriegsschiffe zurückgewiesen. Zwischen Dvina und Njemen näherte sich der Feind am 25. Juli der Front Ponevjesh- Cheidany. Bei den Vorwerken südwestlich von Kowno find Kämpfe im Gange. An der Narewfront sett der Feind erfolglos seine Angriffe am Pissaflusse bei dem Dorfe Servatfi fort. Südlich von Rozan drängten wir die Deutschen , die den Narew überschritten, nach einem hartnäckigen Zusammenstoß in einen Winkel an der Mündung des Flusses bis zum Dorf Olschafi zurück. Südöstlich von Pultust wurden feindliche Angriffe am Prut abgeschlagen. An den Außenwerken von Nowo Georgiewsk entspannen sich kleine Kämpfe. Am linken Weichselufer dauern die Kämpfe des Feindes gegen die Außenwerke von Iwangorod fort; sie wurden mit Erfolg zurückgewiesen. Zwischen Weichsel und Wieprz Artilleriekampf. Zwischen Wieprz und Bug dauert die Schlacht mit großer Heftigkeit fort. Am 25. Juli unternahm der Feind an der ganzen Front Angriffe mit Ausnahme der Gegend in der unmittelbaren Nachbarschaft des Wieprz. Im Norden von Grubeschow ergriff der Feind die Offensive mit großer Energie und bedeutenden Streitkräften. Nichtsdestoweniger schlugen unsere Truppen fast alle feindlichen Angriffe ab und unternahmen gelungene Gegenangriffe. Mit Ausnahme einiger Dörfer, die von einer Hand in die andere übergehen, blieb die Front unverändert. Am Bug, der Zlota- Ripa und dem Dnjestr keinerlei Gefecht.
B
Luftkampf mit einem russischen Riesenflugzeug.
"
Petersburg , 26. Juli. ( W. T. B.)" Rjetsch" meldet: In militärischen Kreisen wird über einen Kampf des russischen Riesenflugzeuges Ilja Murome 13" mit drei deutschen Flugzeugen das folgende berichtet: Das russische Flugzeug war infolge von Zufälligkeiten verhindert, seine Bewaffnung anzuwenden, und wurde deshalb von den deutschen Fliegern außer ordentlich stark beschossen. Es erhielt sechzehn Treffer in den Benzinbehälter und unzählige Löcher in andere Teile. Trotzdem hielt es sich eine halbe Stunde in der Luft, mußte aber dann niedergehen Der Führer Leutnant Baschkow hatte zwei Verwundungen.
Westlicher Kriegsschauplah.
Der französische Tagesbericht.
Paris , 26. Juli. ( W. T. B.) Amtlicher Kriegs. bericht von heute nachmittag. Im Laufe der Nacht fanden nur Artilleriekämpfe zwischen Air- Noulettes und Souchez und im Gebiet von Soissons statt. Im Walde von Ailly Kampf mit Handgranaten von Schüßengraben zu Schützen graben . Am Hartmannsweilerkopf Beschießung. Unsere Flugzeuge warfen Granaten und 90 Fliegerpfeile über den Militärbahnhof von Natillois nördlich von Montfaucon.
Paris , 27. Juli. ( W. T. B.) Amtlicher Bericht von Montag abend: Im Artois nimmt die Kanonade an Stärke ab. Einige großkalibrige Geschosse wurden auf Arras abgefeuert. In der Champagne und auf der Front Perthes Beausejour Minenkampf, in dem wir die Oberhand behielten. Im Priesterwalde heftige Kanonade. Pont à Mousson wurde wieder bombardiert. Der Feind bombardierte ebenfalls verschiedene Male im Ban de Sapt seine verlorenen Stellungen.
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Die französischen Verlustlisten.
Wie aus Paris gemeldet wird, hat die sozialistische Gruppe der Kammer einen Antrag an die Regierung ge
richtet,
Amtlich. Großes Hauptquartier, den 27. Juli 1915.( W. T. B.)
Westlicher Kriegsschauplatz. Schwache französische Handgranatenangriffe nördlich von Souchez und Sprengungen in der Gegend von Le Mesnil in der Champagne waren erfolglos.
In den westlichen Argonnen besetzten wir einige feindliche Gräben.
Auf die Beschießung von Thiau court antworteten wir abermals mit Feuer auf Pont- à- Mousson .
In den Vogesen setzte sich der Feind gestern abend in Besitz unserer vordersten Gräben auf dem Lingekopf( nördlich von Münster ).
Bei Roucq( nordwestlich von Tourcoing ) wurde ein französisches, bei Péronne ein englisches Flugzeug zum Landen gezwungen; die Insassen sind gefangen ge
nommen.
Deftlicher Kriegsschauplah.
Ein Vorstoß aus Mitau wurde von uns ab= gewiesen. Zwischen Poswol( südlich von Mitau ) und dem Njemen folgen wir dem weichenden Gegner.
Die Russen versuchten gestern unsere über den Narew vorgedrungenen Truppen durch einen großen, einheitlich aus der Linic Goworowo( östlich von Rozan )- Wyszkow- Serock ( südlich von Pultusk ) angesetzten Angriff zurückzudrängen; die russische Offensive scheiterte völlig; 3319 Russen wurden ge= fangen, 13 Maschinengewehre erbeutet. Ocstlich und südöstlich von Rozan drangen unsere Truppen hinter dem geworfenen Feinde nach Osten vor; am Prut( südöstlich von Pultusk) wird noch hartnäckig gekämpft. Vor Nowo- Georgiewsk und Warschau keine Veränderung.
Südöstlicher Kriegsschauplah. Vor Iwangorod nichts Neues.
Nördlich von Hrubieszow warfen wir den Feind aus mehreren Ortschaften und nahmen 3941 Russen ( darunter 10 Offiziere) gefangen. Im übrigen ist die Lage bei den deutschen Truppen des Generalfeldmarschalls v. Mackensen unverändert.
Oberste Heeresleitung.
Der oben genannte Prut ist ein kleiner Nebenfluß des Bug.
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Der österreichische Generalstabsbericht.
Wien , 27. Juli. ( W. T. B.) Amtlich wird ver= lautbart: 27. Juli 1915, mittags:
Russischer Kriegsschauplay.
Seit der Erstürmung von Sokal durch unsere Truppen wurde südöstlich der Stadt um den Besitz einer Höhe gekämpft, die für die Behauptung der Bugübergänge besonders wichtig ist. Gestern stürmten unsere tapferen Regimenter diese Position, wobei wir 20 Offiziere und 3000 Mann ge= fangen nahmen und 5 Maschinengewehre erbeuteten. Die Kämpfe nördlich Grubieszow schreiten erfolgreich fort. Sonst ist die Lage im Nordosten unverändert.
Italienischer Kriegsschauplas.
Unter dem Schuße des gestern früh eröffneten Artilleriemassenfeuers griffen die Italiener das Plateau von Doberdo mit verstärkter Kraft abermals an. Der Ansturm scheiterte unter größeren Berlusten denn je. Nach erbitterten Nahkämpfen blieben unsere Truppen auch an diesem 9. Schlachttage in vollem Besit ihrer alten Kampfstellungen am Plateaurande.
An den übrigen Teilen der küstenländischen Front, dann im Kärntener und Tiroler Grenzgebiete hat sich nichts Wesentliches ereignet.
Der englische Ministerpräsident hat einer Abordnung der Londoner Geschäftsleute erklärt, er beschäftige sich mit dem Plan, die niedrigeren Einkommensklassen zu besteuern und Einfuhrzölle einzuführen.
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In England beginnt die Einkommenbesteuerung erst bei einem Einkommen von 3000 Mark, steigt dann aber so scharf an, daß sie allein ungefähr ein Viertel des ganzen Staatsbedarfs deckt. Mehr als in irgendeinem anderen Lande ruht der englische Staatshaushalt auf direkten Steuern, der Einkommen, Haus-, Grund- und Erbschaftssteuer. Es werden auch indirekte Abgaben und Zölle erhoben, aber nur auf wenige Lebensmittel, die nicht dem dringendsten Bedarf angehören: Tabak, Spirituosen, Tee, Wein, Zucker. Diese indirekten Steuern sind allerdings sehr hoch. Das tägliche Brot der Ausdruck im umfassenden Wortsinn ist aber von jeder steuerlichen Belastung frei. Der englische Arbeiter wäre höchlichst empört gewesen, hätte ein Kabinett es wagen wollen, den Frühstückstisch des kleinen Mannes zu Nuß und Frommen des Staatssäckels verteuern zu wollen. Die Konservativen haben mit diesem wenig zugfräftigen Programm dreimal das Wahlglück probiert und dreimal den Kampf um die Gunst der Wähler verloren. Im Januar 1913 verzichteten sie resigniert auf die Durchsetzung des Schutzolles. England hat davon keinen Nachteil gehabt. Seine blühende Industrie und sein unternehmungslustiger Handel machten immer neue Fortschritte, die um so erstaunlicher waren, als England einen ungemein hohen Grad der Industrialisierung erreicht hat, nur ein geringer Bruchteil der Bevölkerung noch in der Landwirtschaft und Fischerei beschäftigt ist und eine Steigerung der Ausfuhrziffern fast allein durch Intensivierung der Arbeit erreicht werden kann. Besonders seine Fertigwarenindustrie hat sich fräftig entwickeln können
Rohstoffe waren billig und der notwendig hohe Lebensstandard einer hoch qualifizierten Arbeiterschicht konnte leicht aufrecht erhalten werden. In Deutschland ging dagegen der Export von Fertigwaren im Vergleich zu den Rohstoffen und Nahrungsmitteln zurück, seitdem der geltende Zolltarif ins Leben getreten ist.
Das alles soll anders werden. Die Einkommen unter dreitausend Mark in den deutschen Bundesstaaten schwankt das steuerfreie Existenzminimum bekanntlich zwischen 300 und 900 M. sollen steuerlich belastet werden, Einfuhrzölle sich als ergiebige Geldquelle bewähren. In der Tat: die goldene Zeit kommt, wo die Verschlechterung seiner Lebenslage den englischen Proletarier nach dem sympathischen Rezept deutscher Marristen" zum Sozialismus bekehren soll.
Zu den bisherigen Kriegssteuern sind in erster Linie die Besitzenden herangezogen worden. Denn in England herrscht der gute alte Brauch, nicht blindlings Anleihe auf Anleihe zu türmen, sondern zu versuchen, aus laufenden Einnahmen die Striegskosten zu decken. Zwar ist es bei den kolossalen materiellen Opfern dieses Strieges ganz ausgeschlossen, daß durch Steuern ein beträchtlicher Teil der direkten Kriegskosten aufgebracht werden kann. Aber sehr wohl ist es möglich), wenigstens ein Sinfen der Staatseinnahmen zu verhüten und darüber hinaus die Kriegsanleihen zu verzinsen, so daß die Verzinsung alter Schulden nicht aus neuen Schulden erfolgt.
Die Kriegssteuern sollen in diesem Fiskaljahr folgende Erträge abwerfen: Einkommensteuer 775, Extrasteuer auf große Einkommen 120, Biersteuer 352 und Teesteuer 64 Millionen Mark. Auf die direkten Steuern entfällt also eine Summe von 895, auf die indirekten eine von 476 Millionen Mart. Jezt soll sich offenbar das Verhältnis umfehren; die unbemittelte Bevölkerung soll st ärter, die wohlhabende schwä d) er belastet werden.
England greift nicht zum erstenmal in seiner neuen Finanzgeschichte zu indirekten Steuern, um Kriegsschulden zu ver zinsen und zu tilgen. Auch während des Burenfrieges wurden Steuern und Zölle auf Spirituosen, Tee, Tabat und Zucker erhöht, ein Getreideeinfuhr- und Kohlenausfuhrzoll erhoben und auch die Verkehrssteuern gesteigert. Es wird schtver halten, Getreideeinfuhrzölle zu erheben, denn ungleich den Verhältnissen im Burenkriege sind die Preise infolge der Sperrung eines so wichtigen Produktionslandes wie Rußland und infolge des Mangels an Tonnage hoch. Und die englischen Arbeiter Lassen nicht mit fich scherzen. Sie wissen sehr wohl, daß dieser Krieg nicht ihnen zu Nuß und Frommen geführt wird. Aber wird diesmal ein Getreidezoll unter dem Hochdruck daß er infolge des dauernden staatlichen Riesengeldbedarfes eine dauernde Einrichtung wird und eine neue Epoche in der englischen Finanzgeschichte einleitet, die eines mäßigen allLondon, 27. Juli. ( W. T. B.) Die letzte Verlust li ste gemeinen Schutzzolles. Die Schutzoll freunde sind in England nicht müßig, auch wenn sie bisher schwere Niederlagen
lichen. Dieser Antrag wird von 115 Deputierten unter, des Antrages abhängt, ob Millerand weiter auf seinem Bosten verdes Krieges durchgebracht, so besteht die unleugbare Gefahr,
ft übt. Plenum der Kammer nicht ohne heftige Angriffe auf den Kriegsminister Millerand abgehen werden, und daß dieser wahrscheinlich gezwungen sein dürfte, an die Stammer
Es wird erwartet, daß die Beratungen des Antrages im
bleiben kann.
Die englischen Verluste.
die Vertrauensfrage zu stellen, wobei es von der Erledigung enthält 35 Offiziere und 2000 Mann.