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Sozialdemokrat bezeichnet, in derFrankfurter Zeitung ", wie mögen einige Stichproben aus seinem ArtikelRußland , Eindrücke von einer Frontreise"(Franks. Ztg." Nr. SOS) zeigen. Nach einer Schilderung des äußeren Bildes von S u w a l k i schreibt er: Die widerwärtige Mischung von Schauspielerei und Ver- konimenheit und die entsetzenerregende Gegensätzlichkeit zwischen Wesen und Schein zeigt sich in Rußland beim Besuch des kleinsten Kaufladens. Freche Redensarten und eine untertänige Geschwätzig- keit halten sich die Wage. Ich hatte ein Slizzenbuch nötig und trat in einen Papierladen. An der Wand hing zu meinem Er- staunen ein großer russischer Kalender, fast wie eine Landkarte so groß, der ringsum mit Schlachtenszenen und den Bildnissen von Nikolajewilsch, Joffre , French, Kitchener usw. geschmückt war. Kurz, eine Verherrlichung der Entente sl). Ich fragte den Ladendiener, einen jungen Mann von bis 30 Jahren, ob nicht auch die Deutschen auf dem Kalender seien. O doch, mein Herr, hier" und er zeigte grinsend auf ein wüstes Schlachtenbild in Moritatenstilsie werden verhauen." Ich hing den Kalender ruhig ab, bezahlte ihn und machte dann den Mann darauf aufmerksam, daß ich eS für gut hielte, die Ortskommandantur mit seiner Person vertraut zu machen. Im nächsten Moment war ich zur Exzellenz von dem Kerl ernannt, der meiner Exzellenz versicherte, daß er nie wisse, waS er sage, wenn er deutsch rede; er kenne nur die Worte, aber nicht deren Sinn.Bei allen Heiligen im Himmel, Exzellenz, es ist so!" Zuerst wahnwitzig frech und dann hündisch. Das i st russisch . Manchmal ist die Reihenfolge auch um- gekehrt." In diesem Stil geht es in dem ganzen Artikel weiter, der das Gemisch von nationalistischer Aufgeblasenheit und herrischer An- maßung, das den Auch-Sozialdemokraten Fendrich kennzeichnet, sehr gut wiedergibt. Voll Verachtung blickt dieserKulturträger" auf die vom Kriege schwer heimgesuchte Bevölkerung des okkupierten Gebietes herab, die er wohl am besten für Deutschland zu gewinnen glaubt, indem er bei jeder Gelegenheit mit Denunziationen bei der Orts- lommandantur oder mit der Feldgendarmerie droht. Die Krone des Ganzen bildet aber der Schluß: Rußland ist unser Feind der Zukunft, so wie England der Feind der Gegenwart und Frankreich der Feind der Vergangen- heit ist. Frankreich stirbt, England ist, und Rußland wird. Wir müssen bereit sein, daß dieser Oger wiederkommt, wenn er auch jetzt in seinen Riescnknien wieder einmal zusammenknickt. Aber wir müssen Rußland auch innerlich überwinden. Wir hatten schon zu viel davon in uns aufgenommen. Was war es doch, was mich an diese unerschrockene Maulfertigkeit und an die geschwätzige Respektlosigkeit und an den giftigen Wortschwall erinnerte, denen ich bei russischen Verkäufern und Händlern und Kellnern so oft begegnet bin? Die kalte Dialektik fried- toser Seelen, die für den Frieden zetern und das selbstgefällige Raketenfeuerwissen- schaftlich gebildeter" Revolutionäre russischer Abstammung entsprang keinen, anderen Geist, alö dem derHaltlo st gleit, dessen einziger Halt das steche Nein zu allen Dingen mit Ausnahme der eigenen werten Persönlichkeit ist, und dem ich bei Männern und Frauen und so- gar Kindern in der Bevölkerung russischer Städte dutzendmal be- gegnet bin. Die Russen sind kein organisiertes Volk, sondern Menschenknäuel ohne Selbstzucht und klaren Willen. Die Gutmütig- keit der russischen Bauern ist eine lebensgefährliche Sache. Sie kann in einer Sekunde inS Gegenteil umschlagen. Das sind alles Millionen von Unmündigen, die durch die Arbeit intellektuell verbildeter Narren nicht mündig werden. Und es ist wie eine symbolische Handlung, daß die Russen in Johannisburg Deutsch - lands größtem Staatsmann, aber auch größtem Russenfreund, dem Erzbild Bismarcks, einen Strick um den Hals gelegt und ihn vom Postament gerissen haben. Und wenn man das alles gesehen hat, wenn auch nur so, wie man vor der Brandung am Strand das Meer sieht, dann dankt man Gott, der Deutschland einen Hindenburg geschenkt hat." Ob Hindenburg Gott dankt, daß er ihm einen solchen Apologeten geschenkt hat? Wie lebt das Volk? DieWestdeutsche Arbeiterzeitung"(Nr. 32), das Organ der katholischen Arbeitervereine, bringt Auszüge aus Haus- Haltungsbüchern, die schon seit Jahren geführt lverden. und zwar von Familien, wodie denkbar besten Vor- bedingungen vorhanden sind". Einen der Fälle bezeichnet das Blatt alsselten günstig". Die Ver­änderung in der Lebensweise gerade bei dieser Familie ergibt sich aus folgender Zusammenfassung: Das Abendessen derarmen Leute", Bratkartoffeln und Kaffee, erschien im vorigen Junimonat nur einmal auf dem Tisch unserer Familie, dieses Jahr aber zwölfntal. Damals gab es noch siebenmal im Verlaufe des Monats als Abendkost etwas Fleischnahrung, jetzt nur zweimal. Damals konnte man sich an drei Abenden Kakao leisten, dies Jahr ist er absolut aufgegeben. Eine weitgehendeVereinfachung" in allen Nährstoffen. Brot wurde im Juni 1314 abends SOmal gegeben. im Juni dieses Jahres aber nur viermal. Selbst der als nahrhaster Ersatz so sehr empfohlene Zuckergenuß mußte ein- geschränkt werden. Der Verbrauch fiel in den Vergleichsmonaten von 16>/z Pfund auf 8 Pfund. Bei einer anderen Familie betrug beispielsweise der M i l ch v« r b r a u ch im Juni 1911 16 Liter Vollmilch und 11 Liter Buttermilch. Im Juni 1912 aber nur 5 Liter Voll­milch und 11 Liter Buttermilch. Und das bei zwei Er- lvachsenen und sechs Kindern. Das jüngste ist acht Monate, und die Mutter stillt. Das katholische Blatt schließt seine Ausführungen mit den Worten: Es fehlt an Fleisch, Fett, Milch, es fehlt an dem, was auch zur Herstellung emer schmackhaften und kräftigen Mahlzeil gehört. Der Kochkunst der Frau sind Fesseln angelegt. Das Kochen wird Verlegenheitskocherei. Die Mahlzeiten werden monoton und abstumpfend. Der Körper leidet, selbst wenn die von der Ernährungswiffenschaft neuerdings als ausreichend vorbezeichneten Nährstoffe vorhanden wären. Die Familie lebt aufKosten derGesundheit.... Und trotz alle- dem müsse« wir auf den Stoßseufzer so mancher Leser und Leserinnen gefaßt sein:Hätten wir es nur so wie d i e s e I" Von der Lebenshaltung der Kriegerfrauen heißt es in einem anderen Aufsatz, der sich gegen die Verlästerer der Kriegerfrauen wendet: Wie die Kriegerfrauen eS fertig bringen, mit der Kriegs- Unterstützung auszukommen, das ist ein Rätsel, das zu lösen Solomon mit all seiner Weisheit würde in Verlegenheit ge- bracht haben. Sie bringen eS fertig, aber fragt mich nur nicht wie. Aus der gesamten Zentrumspresse, soweit sie für Arbeiter bestimmt ist, klingt es ähnlich.

Vollmilch als Schweinemast. Die Kölner Stadtverwaltung hat beim Bundesrat den Erlaß von Höch st preisen für Butter beantragt. Bei ihren bezüglichen Erhebungen hat sie übrigens festgestellt, daß von Bauern vielfach Vollmilch zur Schweinemast verwendet wird. Um die Kölner Bäckermeister zur besseren

Einhaltung der Brotbestimmung zu zwingen, hat der Ober- bürgermeister von Köln 11 Bäckereien vorüber- gehend schließen lassen. Hunderte Kölner Bäcker setzten sich über die behördlichen Brotverordnungen hinweg.

Die Reichsfuttermittelstelle. Berlin , 7. August. (SB. T. SB.) Der durch BundesratSbeschluß vom 23. Juli d. I. errichteten Reichsfuttermittelstelle gehen zahl- reiche Anträge von Tierhaltern auf Zuweisung von Futtermitteln, ferner auch Anfragen und Angebote wegen Lieferung von Futter- Mitteln und dergleichen zu. Derartigen Anträgen und An- geboten vermag die Reichsfuttermittelstelle in keinem Falle Folge zu geben. Sie ist kein Geschäftsunternehmen, son- dern eine Behörde, der die Durchführung der Bundesratsverord- nungen über den Verkehr mit Gerste, Hafer, Kraftfutter- Mitteln und zuckerhaltigen Futtermitteln obliegt. Sie hat daher weder Futtermittel im Besitz, noch kauft oder verkauft sie solche. Eine Zuweisung von Futtermitteln kann durch sie außer an die Heeres- und Marineverwaltung nur an Kommunalverbände und an die in den Bundesratsverordnungen oder vom Herrn Reichskanzler besonders bestimmten Stellen erfolgen. Anträge auf Zuweisung von Futtermitteln find ausschließlich an die zuständigen Kommunalver- bände(Kreisausschutz, Magistrat, AmtShauplmann usw.) zu richten. Von den mexikanischen Wirren. El Paso , 7. August. (W. T. B.) Meldung des Reuterfchen Bureaus. Reisende aus Chihuahua erzählen, General Villa habe Befehl gegeben, den Finanz- minister Sebastian Vargas und den Minister des Aeußeren S y l v e st r o Terrazas.die in einem Automobil flüchten wollten, zu verhaften. Vargas wurde hingerichtet. Man weiß nicht, was aus Terrazas ge- worden ist._ Entsendung amerikanischer Marinetruppen nach Port an Prince. London , 7. August. (W. T. B.) Das Reutersche Bureau meldet aus Philadelphia : Das hiesige Marinedepartement hat Befehl er- halten, noch neunhundert Marinesoldaten nach Port au Prince zu senden. Sie werden Montag an Bord des KreuzersTenneffee" abgehen. Mus öer Partei. Sympathieerklärung für Genossi» Zetkin . Genossin Zietz schreibt uns: Wie enormen Anteil die Parteikreise, insbesondere die Ge- nossinnen, die der Tätigkeit der Genossin Zetkin ungemein viel verdanken, an ihrer Verhaftung und an dem Schicksal der übrigen Genossen und Genossinnen, die seit Monaten in Untersuchungshaft sind, nehmen, beweisen zahlreiche, an mich gerichtete Briefe. Die Berliner Genossinnen haben bereits in der Konferenz am letzten Sonntag ihrer herzlichen Sympathie für die Verhafteten AuÄwuck gegeben. Unfaßbar ist, daß die Beschuldigten nicht auf freiem Fuß ge­lassen werden; daß eine Genossin wie die Genossin Zetkin , die stets mutig für ihre Ueberzeugung eingetreten ist, nichts tun wird, sich der Verantwortung zu entziehen, bedarf keiner Erörterung. Wer die Verhafteten kennt, der weiß auch, daß ihnen jeder Ge- danke an Landesverrat fern liegt, daß sie vielmehr gerade im Interesse des leidenden Proletariats, unseres Volkes, der Kultur- Menschheit, ihr Bestes haben tun wollen. Im Interesse der Verhafteten kann man deshalb nur wünschen, daß recht bald das Verfahren abgeschlossen wird, damit ihnen die Freiheit wiedergegeben wird. Unfug. DasVolksblatt für Anhalt" leistet sich den Scherz, in seiner Nummer vom 7. August einen fast vier Spalten langen, von Wilhelm Liebknecht unterzeichneten Brief zu veröffent- lichen, den es zum Schluß selbst als eine Zusammenstellung ver- schiedener Liebknecht-Zitate aus der Nummer desVorwärts" vom 7. August 1S01 und der Lebensbeschreibung von K. Eisner be- zeichnet. Man könnte über diese neueste Dessauer Leistung ruhig zur Tagesordnung übergehen, wenn dem erwähnten Elaborat nicht der Zweck zugrunde läge, mit Hilfe willkürlich zusammengestoppelter angeblicher Zitate von Liebknecht den Kritikern der FraktionSmehr- heit eins auszuwischen. Diese Methode ist ebenso wenig neu wie überzeugend. Mit ihrer Hilfe könnte man sogar aus Zitaten aus demVollsblatt für Anhalt' einen halbwegs vernünftigen Artikel zusammenstellen. Um wie vieles leichter ist es, Zitate aus Lieb- knecht tu einer Weise zuverarbeiten", daß der alte Revolutionär Liebknecht in ein Dessauer Gewächs verwandelt wird. Wenn aber die so humoristisch veranlagte Redaktion unseres Dessau « Partei­blattes den toten Liebknecht zum Schluß sagen läßt:Ihr könnt ganz fest davon überzeugt sein, daß ich genau so, wie Ihr, am 4. August 1914 gehandelt haben würde, wenn ich nicht schon am 7. August 1900 gestorben wäre," so ist das ein Unfug, gegen den auf das entschiedenste Einspruch erboben werden muß.__ Eine Erklärung Greulichs zu dem amerikanischen Geld- angebot an die italienischen Sozialisten. Genosse Greulich veröffentlicht im Züricher Volksrccht" eine Antwort auf die Mitteilungen, die in der'Sitzung des italienischen Parteivorstandes vom 17. Mai gemacht worden sind. Die Antwort hat folgenden Wortlaut: Die Erklärung des italienischen Sßarteivorstandes, die ich im Original bis zur Stunde noch nicht habe, deren Uebersetzung in der Berner Tagwacht" ich als authentisch betrachte, veranlaßt mich zu folgenden Darlegungen: Nathan wurde mir am Neujahrstage 1901 bekannt. Zur Feter deS Jahrhundertbeginns hatte der verstorbene Genosse Prof. Dr. A. Dodel einen kleinen Freundeskreis geladen, darunter Bebel, Karl Bürkli und mich. Dort wurde uns Slathan als Wissenschafter und Sozialist vorgestellt. Arn letzten 11. April suchte mich Nathan im Volkshaus Zürich auf und sagte mir, es sei ihm ein größerer Geldbetrag in Aussicht gestellt zur Unterstützung der Neutralitätspropaganda der italieni - schen Genoffen. Ich erwiderte ihm sofort, ich glaube nicht, daß die italienischen Genossen Geld annähmen. Das Mißtrauen in Italien sei sehr groß, man würde sagen, das Geld komme von der deutschen Regierung, die das größte Interesse an der Neutralität Italiens habe. Am nächsten Tage begann die Session des Nationalrats, und ich machte gleich einem Genossen Mitteilung von dem Gespräch Nach meiner Rückkehr besuchte mich Nathan wieder, äußerte leb- hafte Sympathien mit der Haltung der italienischen Genossen und wünschte, ihnen helfen zu können. Ich blieb auf meinem Stand- Punkt und bat einen Vertrauensmann der italienischen Sozialisten in Zürich um eine Zusammenkunft, die dann stattfand und wobei meine Aeußerungen durchaus bestätigt wurden. Trotzdem drang Zlathan weiter in mich; er glaubte, maßgebende Männer der italienischen Partei würden eine Unterstützung von neutraler Seite in dieser kritischen Zeit nicht ablehnen. Er nannte mir die Geldgeber, die ihm nun einen größeren Betrag überwiesen hätten. Es sollte doch der Versuch gemacht werden, der italienischen Partei das Geld zukommen zu lassen. Ich bemerkte der General­streik sei vom Gewerkschaftsbund und den Behörden der Partei ab- gelehnt worden, die Kosten der Propaganda würden von der Partei

selbst getragen und Geld von anderer Seite durchaus nicht ange- nommen werden. Nathan bemerkte darauf, die Demonstrationen hätten schon zu Tötungen geführt, die nächsten Tage könnten noch mehr Opfer fordern, die doch unterstützt werden müßten. Darauf legte ich Nathan folgende Frage vor: Wird das Geld gegeben ohne jede Bedingung der bei der Neutralitätsbewegung einzuschlagenden Taktik? Antwort: Ja! Die italienischen Genossen brauchen nur die von ihnen ergriffene Neutralitätspropaganda nach eigenem Ermessen durchzuführen. Das Geld sei im edelsten Sinne gegeben worden, und es wäre unverantwortlich von ihm, wenn er sich nicht alle Mühe gäbe, es der Partei zu übergeben. Er bat mich, ihm Gelegenheit zu verschaffen, die Meinung einiger maßgebenden Genossen zu hören. Tarauf willigte ich ein, mit ihm zu In- formationszwecken nach Mailand zu gehen. In Mailand traf ich meinen alten Freund Valär, der sich gegenüber Nathan im gleichen Sinne wie ich aussprach; ich bat ihn als Uebersetzer zu wirken, da Nathan nicht italienisch oersteht. Wir erfuhren bald, daß Serrati und Turati, deren Ansicht Nathan hören sollte, zur Sitzung des Parteivorstandes nach Bologna ver- reist waren. Auf Andringen Nathans fuhren wir am 18. Mai nach Bologna . Dort war eine Privatzusammenkunft mit den genannten Genossen nicht möglich, so daß was nicht beabsichtigt war die Angelegenheit vor die Sitzung J>es Parteivorstandes kam. Der Protokollauszug der Sitzung vom JL7. Mai ist im großen ganzen richtig, nur lückenhaft, und er enthält einige Mißverstand- nisse. So sagte ich nicht, Nathan sei von einer Reise nach Amerika (jetzt) zurückgekommen, sondern er habe auf einer Reise nach Amerika die von ihm genannte Genossin, die sich jetzt an ihn ge- wandt habe, kennen gelernt. Ferner fehlt in meinem zweiten Votum, daß ich sagte, das Geld werde durchaus bedingungslos zu vollständig freier Verfügung der Partei angeboten. Endlich fehlt im Protokoll die wichtige Bemerkung, ich selbst hätte keinen Augen- blick daran gezweifelt, daß die Partei das Geld ablehnen würde, und hätte Nathan nur Gelegenheit verschaffen wollen, sich selbst davon zu überzeugen. Die herrschende Entrüstung, die auch den neben mir sitzenden Protokollführer ergriffen hatte, läßt diese Lücken begreiflich erscheinen. Es war eingetreten, was ich voraus- gesehen hatte. Die Genossen, die mich meistens schon von früher her kannten, erklärten mir zum Schluß, daß ihre freutstsschaftlichen Gefühle durch diesen Zwischenfall nicht erschüttert seien. Wir gingen mit Händedruck auseinander. Wenn chauvinistische Zeitungen in Frankreich , Italien und der romanischen Schweiz von einemVersuch der Bestechung oder der Korruption zugunsten Deutschlands " sprechen, so habe ich dafür, angesichts meiner ganz unzweideutigen Haltung zur Kriegsfrage von der großen Versammlung imVelodrom" am 28. Juli 15- bis zum heutigen Tage kein Wort der Erwiderung. Zürich , 3. August 1915. j Hermann Greulich . »* * Das Protokoll über die Sitzung des italienischen Parteivor- standes, in der sich die in der Greulichschen Erklärung erwähnten Vorgänge abspielten, hat folgenden Wortlaut: Die Sitzung wird um 10 Uhr eröffnet, interne Angelegen- Helten werden beraten. Um 11 Uhr erscheinen Greulich, Valär und Dr. A. Skathan. Der Vorstand begrüßt im Namen der italienischen Genossen Greulich, der feit 50 Jahren in den Reihen der Int«- nationale treu kämpft. Greulich bedankt sich und spricht dem Parteivorstande die Bewunderung aller europäischen Sozialisten aus für das konsequente, prinzipienfeste und energische Benehmen der italienischen Partei, die so ein gutes Beispiel den Bruder- Parteien aller Länder gegeben. Da der Sprechende die sinanziellen Schwierigkeiten, mit denen die italienische Partei zu kämpfen hat, kennt, so erlaubt er sich, Dr. Nathan vorzustellen, der ein schweizc- rischer Genosse ist, aus Amerika zurückgekehrt und einen Auftrag von einer amerikanffchen Dame inne hat. Diese Mitteilung wird von den Anwesenden mit dem größten Erstaunen aufgenommen, der Vorsitzende Bacci ersucht Nathan aufs energischste, sofort eine erschöpfende Erklärung abgeben zu wollen. Nathan erklärt, eine Sozialistin Chikagos, im Einverständnis mit einem bekannten Friedensfreunde, hätte ihn beauftragt, hunderttausend, zweihunderttausend Franken oder mehr den italienischen Genossen für thre friedensfreundliche Propaganda zu übermitteln.(Allgemeine Unterbrechungen.) Der Vorsitzende an Nathan:Verstehen Sie denn die Trag- weite Ihres Vorschlages nicht? Es ist absolut ausgeschlossen, daß wir trgendwie auf die Frage eingehen. Ich hebe die Sitzung auf und bitte Dr. Skathan, den Saal zu verlassen." Nathan entfernt sich sofort, und die Anwesenden wenden sich an Greulich mit der lebhaften Aufforderung, über das Vorgekom- mene Rechenschaft zu geben. Greulich antwortet, daß er von der schweizerischen Partei keinen Auftrag erhalten habe, daß er Nathan seit 15 Jahren als Sozialisten kenne; derselbe ist ein bekannter Chemiker und demzufolge glaubt er an die Einwandfreiheit der von ihm vorgeschlagenen Bezugsquelle. Alle Anwesenden bestehen auf energischste darauf, daß Greulich die Namen der Offerierenden bekannt gebe. Greulich tritt aus der bisher beobachteten Reserve heraus und erklärt, angesichts eines solchen Drängens und um dem Verdachte, der auf ihn fallen könnte, zu entgehen, wolle er die Namen bekannt geben: Es ist das Ehepaar Worrin-Springs Millionäre die Frau ist Sozia- listin, englischer Herkunft, und das Geld stammt von dem bekannten Milliardär Carnegie. Auch nach dieser Erklärung bestätigt der Parteivorstand einstimmig, ohne jegliche Diskussion, dt« bisherige Haltung des Präsidenten Bacei, und bedauert lebhaft, daß Greulich in einem so ernsten und schwierigen Moment einen Schritt unter- nommen hat, der, wenn auch die Sache sich so verhielt, wie Nathan sie darstellte, zu schwerwiegenden Verdächtigungen Anlaß geben könnte. Nach dem Vorangegangenen ziehen sich um 11,43 Uhr Greulich und Valär zurück. Der Parteivorstand beschließt nach kurzer Tis- kuftion, das Protokoll als interne Angelegenheit zu betrachten, wo- bei Genosse Abgeordneter Morgari beauftragt wird, das Exekutiv- komitee der parlamentarischen Fraktion über den Vorfall zu unter- richten."_ Mus Industrie und Handel. Amerikas Kriegsgewinne. Das Statistische Amt der Vereinigten Staaten veröffentlicht «ine Zusammenstellung der amerikanischen Ausfuhrziffern für die ersten neun Kriegsmonate, d. h. vom 1. August 1911 bis Ende April 1915. Die amerikanische Ausfuhr nach Europa ist danach auf die ungeheure Ziffer von IVa Milliarden Mark gestiegen. Im gleichen Zeitraum des Jahres vorher bezifferte sich die amerikanische Ausfuhr nach Europa auf 358 Millionen Dollar, das sind etwa IVa Milliarden Mark, also eine Steigerung von 3 Milliarden Mark. Nachstehend einige der im wesentlichsten an der Ausfuhr beteiligten Positionen: Vor dem KriegSjahr Dollar 193 479 000 260 186 000 3 000 000 614 935 327 702 8 790 000 1000 000 194 000 1416 000

Munition.. Lebensmittel. Pferde... Maultiere.. Schlachtvieh. Kleidung.. Laftautomobile Flugfahrtzeuge Dynamit.. Die Tabelle weist du: auf mit alleiniger Ausnahme des

Im Kriegsjahr Dollar 331 504 000 657 402 000 48 000 000 7 478 000 15 799 867 25 000 000 24 000 000 874 773 740 000 ganz ungeheure Steigerungen ynamits, dessen Ausfuhr in der

Kriegszeit einen Rückgang erfuhr. Der amtliche Bericht schließt mit den Worten: Nachdem Italien in den Krieg eingegriffen hat, wird voraussichtlich die Ausfuhr Amerikas nach Europa noch steigen.