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Nr. 218.

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Telegramim Adresse: ,, Sozialdemokrat Berlin".

Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moritplag, Nr. 151 90-151 97.

Montag, den 9. August 1915.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moritzplatz  , Nr. 151 90_151 97.

Ruffifche Miederlagen im Wieprz  - Gebiet.

Oestlicher Kriegsschauplah.| Meldung des Großen Hauptquartiers.

Russische   Generalstabsmeldung.

Petersburg, 8. August.  ( W. T. B.) Bericht des Großen Generalstabe 3. Zwischen Düna   und Njemen dauerten die Kämpfe am 6. August ohne wesent­liche Wenderung der Front an. Bei Kowno   greift der Feind die ersten Verteidigungsstellungen der Festung auf dem linfen Njemenufer an. Unsere schweren Batterien feuern heftig. Bei Ossowicz begann der Feind am 6. morgens ein heftiges Feuer und trieb starke Wolfen giftiger Gase vor sich her. Er begann den Shirm auf die Stellungen der Festung und nahm ein Werk bei Sosna, wurde aber durch unser Feuer und unsere Gegenangriffe überall zurückge­worfen. Am Narem heftiger Kampf. Auf den Straßen nach Ostrow gelang es dem Feind, am 6. nach einer Reihe blutiger Zusammenstöße ein wenig vorzurücken und das Ge­lände zu vergrößern, das er besetzt hatte. Wir schlugen erfolgreich heftige Angriffe des Feindes in Gegend von Serod am 5. abends zurück. An der Weichsel   Artilleriefeuer. Unsere schwere Artillerie beschoß mit Erfolg in der Nacht des 6. August Brüdenbauarbeiten auf der Weichsel  . Zwischen Weichsel   und Bug wurden heftige Rämpfe geliefert in Gegend zwischen Kurovo und Kotsk und auf dem rechten Wieprz  - Ufer nördlich von Lengna.

Westlicher Kriegsschauplah.

Der französische   Tagesbericht.

Baris, 8. August.  ( W. T. B.) Amtlicher Bericht bon Sonnabend 3 Uhr nachmittag: Die Nacht war auf dem westlichen Teil der Front ruhig. Man meldet einige Rämpfe mit Handgranaten um Souchez, sowie Artilleriefämpfe im Gebiete von Tracy- le- Bal und Berry- au­Bac. Im Westteile der Argonnen   immer noch sehr leb­hafter Kampf mit Minenwerfern, und Bomben. Bei der Höhe 213 wurde ein feindlicher Angriff zurückgewiesen. In Lothringen   wurde eine starke deutsche Aufklärungs­abteilung bei Reintren durch unser Feuer zerstreut. In den Vogesen   ist kein Zwischenfall zu melden.

Paris  , 8. August.  ( W. Z. B.) Amtlicher Bericht bon gestern abend. Einige Artillerieaktionen im Artois   um Souchez und Roclincourt, zwischen Dise und Aisne   auf dem Plateau von Nouwron. In den Argonnen erneuerten die Deutschen   zweimal ihre Angriffe um die Höhe 213, wurden aber zurüdgeworfen. Die Explosion zweier Minen hatte ihnen gestattet, in einem unserer Schüßen­gräben Fuß zu fassen. Sie wurden jedoch durch einen so­fortigen Gegenangriff wieder vertrieben. Im Apremont­Walde wurde das Artilleriefeuer mit derselben Stärke mie an den Vortagen fortgesetzt. In den Vogesen   bombar­dierte der Feind mehreremale unsere Stellungen am Ringe­kopf und am Schragmännle. Gegen 2 Uhr nachmittags unternahm er am Schragmännle- Baß an der Straße von Hohneck einen Angriff, welcher durch unser Sperrfeuer an­gehalten wurde. Am Spät- Nachmittag wurde ein neuer deutscher   Angriff mit Bajonett und Handgranaten zurück­gewiesen.

Der italienische   Krieg.

Der italienische   Kriegsbericht. Rom  , 7. August.  ( W. T. B.) Amtlicher Kriegs. bericht von 7 Uhr abends. In dem Abschnitt von Iava verstärkten unsere Truppen die von ihnen eroberten Stellungen, gegen die der Feind in der Nacht vom 5. zum 6. August zwei durch heftiges Feuer einer starken Artillerie unterstützte Angriffe versuchte. Unsere Artillerie erwiderte und brachte die feindliche Artillerie zum Schweigen. Beide Angriffe wurden abgeschlagen. Auf dem Karst dauerte gestern der Kampf mit Erbitterung den ganzen Tag fort und endete am Abend mit einem beträchtlichen Erfolge für unsere Armeen, besonders im Zentrum, wo wir einen Teil des Randes der gegen Doberdo   verlaufenden Einsenkung be­setzten. Wir machten 140 Gefangene. Auf dem rechten Flügel warf die feindliche Artillerie Brandgranaten auf die Werften von Monfalcone  , in denen eine schwere Feuersbrunst verursacht wurde und in dem durch heftiges Sperrfeuer unsere Abteilungen an der Löschung des Brandes verhindert werden sollten. Immerhin gelang es der Energie und dem Schneid unserer Truppen, in furzer Zeit den Brand einzu­dämmen und den Schaden merklich zu beschränken. General Cadorna

Amtlich. Großes Hauptquartier, den 8. August 1915.( W. T. B.)

Westlicher Kriegsschauplah.

Französische   Handgranatenangriffe bei Souchez und Gegenangriffe gegen einen vorgestern dem Feinde entrissenen Graben in den West argonnen   wurden abgewiesen.

Die Gefechte in den Vogesen   nördlich von Münster  lebten gestern Nachmittag wieder auf, die Nacht verlief dort aber ruhig.

Deftlicher Kriegsschauplah.

Die deutsche   Narewgruppe nähert sich der Straße Lomza- Ostrow- Wyszkow. An einzelnen Stellen leistet der Gegner hartuädigen Widerstand. Südlich von Wyszkow   ist der Bug erreicht, Serock an der Bugmündung wurde besetzt.

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Vor Nowo Georgiewsk nahmen unsere Ein­schließungstruppen die Befestigungen von Zegrze. Bei Warschau   gewannen wir das östliche Weichsel­ufer.

Südöstlicher Kriegsschauplatz.

Vor dem Drud der Truppen des Generalobersten v. Wohrsch weichen die Russen nach Osten.

Zwischen Weichsel   und Bug hat der linke Flügel der Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Mackensen den Feind nach Norden gegen den Wieprz­fluß geworfen. Der rechte Flügel steht noch im Kampf. Oberste Heeresleitung.

Der österreichische Generalstabsbericht.

Wien  , 8. August.  ( W. T. B.) Amtlich wird verlaut­bart, 8. August 1915, mittags:

Russischer Kriegsschauplak.

Die Armee des Erzherzogs Joseph Ferdinand sette gestern im Raume zwischen Weichfel und Wieprz den Angriff fort. Die unmittelbar westlich des Wieprz vorgehende Stoß­gruppe warf den Feind aus mehreren Linien, nahm nach­mittags Lubartow und drang gegen Norden bis zum Fluß­fnie vor. Der geworfene Gegner flüchtete in Auflösung über den Wieprz. Auch füdlich und südwestlich Miechow errangen unsere Truppen einen vollen Erfolg. Der Feind war hier, um unseren Angriff zu parieren, zum Gegenstoß übergegangen, der bis zum Handgemenge führte, wurde aber in Front und Flanke gefaßt und über den Wieprz zurückgetrieben. Die Zahl der bei Lubartow   und Miechow   eingebrachten Gefangenen be: trug bis gestern Abend 23 Offiziere und 6000 Mann. Die Beute belief sich auf zwei Geschüße, elf Maschinengewehre und zwei Munitionswagen. Bedroht durch unsere von Süd her siegreich gegen den unteren Wieprz vorgehenden Truppen haben heute früh auch die noch im Weichselgelände nordwestlich Jwangorod verbliebenen russischen Korps den Nückzug gegen Nordost angetreten. Desterreichisch- ungarische und deutsche  Kräfte verfolgen. Zwischen Wieprz und Bug wird weiter ge= tämpft. In Ost galizien   ist die Lage unverändert.

Italienischer Kriegsschauplas.

Nach neuerlicher heftiger Artillerievorbereitung griff starte italienische Infanterie am Abend des 6. August den Plateau­rand im Abschnitte Polazzo Vermigliano an. Auch dieser Angriff wurde wie alle früheren, die sich gegen den Monte dei Sei Bufi richteten, vollkommen zurückgeschlagen. Ansonsten waren im Küstenland, in Kärnten   und in Tirol nur Geschüßkämpfe im Gange. Am 6. abends und in der Nacht zum 7. brach italienische Infanterie mit zwei Batterien über die Forcellina di Monto 330 südwestlich Pejo nach Tirol ein. Der von diesen Kräften in den Morgenstunden des 7. versuchte Angriff wurde schon durch unser Artillerie­und Infanteriefeuer vercitelt. Die Italiener gingen unter lebhaften Eviva Italia- und A basso Austria- Rufen schleunigst zurüd.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: von Höfer, Feldmarschalleutnant.

Französische   Kriegsziele.

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In einer der legten Nummern der Guerre Sociale" behandelt Hervé den großen Rückzug der russischen Armee. Warschau   ist in dem Augenblick, wo der Artikel geschrieben wird, noch nicht genommen. Aber der Verfasser macht sich feine Illusionen mehr. Er versucht auch nicht, die russische Heeresleitung herauszulügen und die Preisgabe der pol­nischen Hauptstadt als eine Sache von untergeordneter Be­deutung oder gar als einen Triumph der Strategie Nikolai Nikolajewitschs hinzustellen. Für ihn ist es nicht zweifel­haft, daß Rußland   einen schweren Schlag erlitten hat, und er hält mit seiner Meinung über die Gründe nicht hinter dem Berge: der Verbündete im Osten war nicht stark genug, Deutschland   zu widerstehen, weil er nicht freiheit. lich genug war. Statt die Volfskräfte zu entfesseln, hat er sie gelähmt. Er hat den Freiheitskrieg" mit den re­aftionärsten Mitteln geführt, und schließlich das wird nicht unumwunden gesagt, steht aber deutlich genug zwischen den Zeilen trifft ihn nur das gerechte Geschick. Es wird sich noch verschlimmern, wenn Rußland   aus dem Unglück nicht lernt. Die Niederlage muß die Mutter der innere Freiheit werden.

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Gustav Hervé   redet nicht im Namen Frankreichs  . Er redet nicht im Namen der französischen   Genossen. Er ist ein Außenseiter des Sozialismus. Einer, den ein zwar revolu­tionäres aber unbeherrschtes Temperament die sonderbarſten und widerspruchvollsten Wege gehen läßt. Dennoch lohnt es sich, von Zeit zu Zeit auf ihn zu hören, weil er ausspricht, was andere nur zu denken wagen, weil er Stimmungen, die sich bei seinen Landsleuten erst zu regen beginnen, resolute Worte verleiht und dabei vor den Vorurteilen der herrschen­den öffentlichen Meinung nicht zurückschreckt.

Der Herausgeber der Guerre Sociale" ist seit Anbeginn der Herold des Krieges gewesen. Seine Fanfaren trugen viel dazu bei, den Kampfwillen der Massen wachzuhalten, in ihnen Haß gegen den deutschen   Militarismus zu beleben, sie in dem Glauben zu bestärfen, daß sie als Streiter für die Befreiung Europas   ins Feld zögen. Aber der heiße Wunsch zu siegen, war nicht starf genug, die Abneigung des Re­volutionärs gegen die absolutistische Mißwirtschaft im be­freundeten und verbündeten" Rußland   zu betäuben. Er fonnte eine Zeitlang eine gewisse Zurückhaltung üben, aber dann brach das Unbehagen über den merkwürdigen Kame­raden in der Kampagne für die europäische Freiheit wieder durch. Viel deutlicher, viel schärfer, als etwa in der Hu­manité", die sich nicht so frei gehen lassen kann und gehen lassen will, um den Genossen in der Regierung feine un­zeitigen Schwierigkeiten zu bereiten.

Es gehört einige Rücksichtslosigkeit dazu, so wie Hervé über den Alliierten zu reden, aber der Umstand, daß die französische   Zensur dem Freimütigen in diesem Falle keinen Maulforb anlegt, läßt den Schluß zu, daß Hervé auch hier wieder einer weiter verbreiteten Auffassung Worte gegeben hat. In der Tat bernehmen wir ja auf den Umwegen, auf denen uns jetzt Kenntnis von den Stimmungen und Strö­mungen im feindlichen Ausland wird, daß die französischen  Arbeiter den großen Rückzug der Russen keineswegs mit un­gemischter Trauer sehen. Nicht etwa nur deshalb, weil das militärische Fiasko ihnen einen Hebel der Revolution zu sein scheint, sondern weil es ihnen trotz aller Abneigung gegen den deutschen   Militarismus höchst peinlich wäre, wenn am Schluß des Krieges der Zarismus als Befreier Westeuropas  auftreten könnte und der Friede ein russischer Friede würde. Ein solcher Ausgang wäre nicht nur eine Schmach für Frank­ reich  , er würde auch das Ende der Republik   bedeuten, und schließlich ist doch der Gedanke westlich- demokratischer Soli­darität gegen den Osten lebendig geblieben.

Nur muß sich jetzt die Frage aufdrängen, was denn die Franzosen  , wenn Rußland   einmal nicht mehr soviel deutsche Streitkräfte bindet wie bisher, mit Hilfe der Engländer und Italiener gegen die Zentralmächte auszurichten vermögen. Während die deutschen   Truppen im Osten den Feind vor sich hertreiben, während sie in Warschau  , Jwangorod usw. ein­rücken, gelingt es den Alliierten im Westen nicht, die deutsche Front zu durchbrechen. Glauben sie, daß in den nächsten Monaten die Situation für sie günstiger sein wird? An der Seine und an der Themse   ist es zu einem Schlagwort ge­worden, daß die Zeit den Gegnern Deutschlands   zu Hilfe tomme. Wenn erst die englischen Munitionsfabriken richtig im Betrieb seien; wenn erst die in der Ausbildung be­griffenen britischen Truppen für die Front zur Verfügung ständen; wenn erst Rumänien   eingreife.... Wenn erst, wenn erst!