Ar. 240.-82. Jahrg.
übonnementS'Bedlngungea: inionnc!i:rntä••Bretä prämim er int«» BictlHjöbib. 330 Ml. monolL UO Mi. wöchcnllich 25 Pjg. frei ins Harr ». Citijelne Nummer ö 35fg. Sonntag»« nuramec mit illustrierter Sonntag»« Seilage.Die Neue Welt« 10 L'a. Koft» Kbonncmcm: 1,10 Marl pro Monat Ewaetrazen in die Post-Zeitung»- Preisliste, Unter Kreuzband rät Deutlchland und Oesterreich- Ungarn 230 Marl, lür das übrige Susland 4 Mari pro Monat Postabonnemenl» nehmen an; Belgien . Tänemari, Holland , Italien , Luxemburg , Porwzal, Aummueit Schweden und die Schweis
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Zentralorgan der rozialdcmokratifchen Partei Deutfchlands.
HcdoEtion: EW. 6$, Linöenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morikpla«- Str. 1S1 9v— 131 97.
Dienstag, den 31. August 1915.
Expedition: EW. 6$, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moritzplan, Nr. 131 gv— 131 97.
leitete lettuMmi« öei U m SMZml.
Das Ergebnis der vier Monate östlicher Offensive. Berlin , 30. August. (W. T. B.) Aus dem Großen Hauptquartier wird uns geschrieben: Im gegenwärtigen Zeitpunkt, in dem durch den Fall der inneren russischen Ver- teidigungslinie ein gewisier Abschnitt in den fortlaufenden Operationen erreicht wurde, ist es lehrreich, sich kurz das bisherige Ergebnis der Offensive zu ver- gegenwärtigen, die am 2. Mai mit dem Durchbruch bei Gorlice begann. Die Stärke der russischen Verbände, auf die der eigent- liche Stoß nach und nach traf, wird gering mit etwa 1 400 000 Mann beziffert werden können. In den Kämpfen sind rund 1100 000 gefangen und mindestens 300000 Mann gefallen oder verwundet, wenn man die Zahl der so Ausgeschiedenen söhne Kranke) sehr niedrig auf nur 30 Prozent der Ge- fangenen veranschlagt l Sie ist sicher höher, denn seitdem der Feind, um den Rest seiner Artillerie zu retten, seinen eiligen Rückzug ohne jede Rücksicht auf Menschenleben in der Haupt-
tum Durchbruch in ßst-ßa/izien.
fache durch Infanterie zu sichern versucht, hat er natürlich un- geheucrliche blutige Verluste erlitten. Man kann also sagen, daß die Heere, auf die unsere Offensive gestoßen ist, einmal ganz vernichtet worden sind. iföeiin der Gegner trotzdem noch Truppen im Felde stehen hat, so ist dies dadurch zu erklären, daß er die für eine Offensive gegen die Türkei in Südrußland bereitgestellten Divisionen heranzog, daß er sehr viele halbausgebildete Ersatz- Mannschaften aus dem Innern Rußlands schleunigst heran- führte und daß er endlich aus jenen Fronten, an denen unser Druck weniger fühlbar war, zahlreiche Mannschaften einzeln I und in kleinen Verbänden nach Norden verschob. Alle diese Maßnahmen haben das Verhängnis nicht auf- halten können. Aus Galizien , Polen , Kurland, Litauen ist der Feind vertrieben. Seine geschlossene Front ist zerrissen, seine Heere fluten in zwei völlig getrennten Gruppen zurück. Nicht weniger als zwölf Festungen, darunter vier große und ganz modern ausgebaute, fielen in die Hände unserer tapferen, treuen Streiter und damit die äußere sowie die innere Sicherungs- linie des russischen Reiches.
Mellumg des Mn SmWMs. Amtlich. Großes Hauptquartier, de« 30. August 1915.(W. T. 23.) Westlicher Kriegsschauplatz. Keine besonderen Ereignisse. Oestlicher Kriegsschauplatz. sieerezgruppe des Gencralfcldmarfchalls v. silndenburg. Truppen des Generals v. Below stehen im Kampf um den Brückenkopf südlich von Friedrichstadt . In den Kämpfen östlich des Njemcn hat die Armee des Generalobersten v. Eichhorn die Gegend nordöstlich von Olita erreicht; es wurden weitere 1600 Gefangene gemacht und 7 Geschütze erobert. In der Richtung auf G r o d n o wurde Lipsk (am Bobr) erstürmt, der Feind zum Slufgcben des Sidra- Abschnitts gezwungen und Sokolka von uns durch- schritten. Ter Ostrand der Forsten nordöstlich und öst« lich von Bialystok ist au mehreren Stellen erreicht. Heeresgruppe des Leneralleidmarlchalls Prinz Leopold von Kaveri». Im Bialowieska-Forst wird«m den Ueber» gang über den oberen Narew gekämpft. Tie deutschen und österreichisch-ungarischcn Truppen des Generalobersten V. W o y r s ch warfen den Feind aus seinen Stellungen bei Snchopol(am Ostrand des Forstes) und Szereszoivo? sie sind in scharfer Verfolgung begriffen. Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. lllachenlen. Um den Rückzug ihrer rückwärtigen Staffeln durch das Sumpfgebiet ö st lich von Pruzana zu er- möglichen, stellten sich die Russen gestern in der Linie Poddubno— Gegend südlich von Kobrpn noch einmal zum Kampf. Sie wurden geschlagen, trotzdem sie bereits abmarschierende Teile wieder in den Kampf warfen. Auch die Fortführung des in der Kriegsgeschichte aller Zeiten unerhörten Verfahrens zum Schutze der flüchtenden Armeen die auf dem Rückzug mitgeschleppte Bevölkerung des eigenen Landes zu vielen Tausenden, darunter hauptsächlich Frauen und Kinder, in unseren Angriff hineinzutreiben, nutzte ihnen nichts. Ober st e Heeresleitung. * ♦ Der öslemIiMe SemMMverW. Wien , M August.(W. T. B.) Amtlich wird verlaut- bart: 30. August 1915. Russischer Kriegsschauplatz. Die Armeen der Generale Pflanzer, Baltin und Bothmer drangen gestern bis an die Strvpa vor. Der Gegner ver- suäite an verschiedenen Geländcabschnittcn, unsere Berfolgnng einzudämmen, wurde aber überall zurückgetrieben. Besonders hartnäckiger Widerstand mutzte am unteren Koropiec-Bach ge- brachen werden. Die Truppen de? General ? v. Boehm-Grinolli stietzen östlich Zloczvw und in einer von Bialnkamien über Toporow gegen Madziechow verlaufenden Linie auf stark besetzte Stellungen. Der Feind wurde angegriffen und an zahlreichen Punkten der Front geworfen. In Wolhvnien haben unsere gegen L u ck drängenden Streitkräfte abermals Raum ge- Wonnen. Swininchtz und andere zäh verteidigte Lcrtlichkciten wurden dem Feind entrissen. Tie in der Bialowieskaja-Putzcza kämpfenden k. und k. Truppen schiugen die Russen bei Szeretzowo und verfolgten sie gegen P r u tz a n p. Italienischer Kriegsschauplatz. Gestern unterhielten die Italiener an der ganzen küiten- ländischen Front ein Artillericfeucr von wechselnder Stärke. An mehreren Stellen unternahm ihre Infanterie Annähr- rungsversuche und kleinere Angriffe, wurde aber, wie immer, abgewiesen. Im Kärntner und Tiroler Grenzgebiete ist die Lage un- verändert. Der Stellvertreter des Chefs deS GeneralstabeS: von H ö f e r, Feldmarschalleutnant.
Der deutsche Sotjchaster bei Wansing. Köln , 30. August. Der Washingtoner Korrespondent der „Köln . Ztg." meldet seinem Blatte unterm L8. August durch Funkspruch: Auf Einladung Lansings sprach der deutsche Bot- schafter Graf Bernstorff auf dem Auswärtigen Amt vor, um einige Stellen in dem gestrigen Telegramm aus Berlin , in welchem darum ersucht wird, die Entscheidung hinauszuschieben, zu erklären. Die Entscheidung dürfte mit Rücksicht auf die öffentliche Meinung nicht mehr lange vertagt werden. Es besteht die Hoffnung, daß die Krise vorübergehen wird.
Die Kriegswirtschaft in England. Man schreibt uns: Um den Charakter der Kriegswirtschaft Englands zu be- greifen, mutz man die Aufgaben kennen lernen, die der eng- lischen Wirtschaft während des ersten Kriegsjahres entstanden sind. Wie schwer die wirtschaftlichen Probleme sind, die Deutschland im verflossenen Jahre zu lösen gehabt hat, so können sie in gewisser Beziehung mit den Schwierigkeiten, die der Krieg in England geschaffen hat, in keinen Vergleich gestellt werden. Man spricht sehr viel davon, daß England Deutschland vom Weltverkehr abgeschnitten habe. Das trifft nur in geringem Maße zu. Tatsächlich hat Deutschland bis jetzt große Mengen sowohl von Nahrungsmitteln als auch von Roh- stoffen aus dem Auslande bekommen können. Außerdem ist Deutschland relativ weniger aus die Zufuhr aus dem Aus- lande angewiesen, wenn es eine geschlossene Haus- Wirtschaft für den eigenen Bedarf treibt. Für England bestand die erste und wichsigste Aufgabe seiner Kriegsmaßnahmen darin, seine dominierende Stellung auf dem Weltmarkte zu erhalten. Die englische Wirtschaft ist viel enger als die deutsche mit der Weltwirtschaft verknüpft. England ist der Vermittler und Bankier des Welt- Handels. England finanziert die Hälfte des Welthandels, esiva 7 bis 10 Milliarden Mark englischer Wechsel befinden sich stets im Umlauf. Mit dem Ausbruch des Krieges stockte plötzlich das ganze Wcchselgeschäft, Die englischen Akzepthäuser konnten diese Wechsel nicht einlösen, weil sie nicht wußten, ob das Ausland wiederum seine Pflichten er- füllen werde. Der Staat mußte seinen eigenen Kredit für die Einlösung des gesamten auf London gezogenen Wechsel- Materials verpfänden, hat den Akzepthäusern auf die nicht honorierten Wechsel Vorschüsse für ein Jahr nach dem Friedens- schluß gegeben, ebenso wie den Exporteuren auf ihre während der Kriegszeit uneinbringlichen Ausstände. Auch der Börse ist die Regierung in weitgehendstem Maße zu Hilfe gekommen. Wie es scheint, hat der Staat zu diesem Zwecke bei der Bank von England eine Anleihe von 120 Millionen Pfund auf- genommen, von der bis vor kurzem noch 50 Millionen(eine Milliarde Mark) ausstanden. Dazu kommt noch, daß die englische Kriegführung außer- ordentlich kostspielig ist. Die Anwerbung von Soldaten und ihr Transport aus ollen Weltrichtungen kommen sehr teuer zu stehen. Dazu frißt die Flotte unheimliche Summen auf. so daß sich die täglichen Kriegskosten auf schon über 3 Millionen Pfund stellen. Das erste Kricgsjahr hat unheimliche Summen verschlungen, nicht viel weniger als 18 Milliarden Mark. Die während dieses Krieges gemachte Schuld übersteigt schon eine Milliarde Pfund, ohne die nicht öffentlich begebenen Schatz- Wechsel, die Mitte Juni den Betrag von 175,2 Millionen Pfund erreichen. Auf den Kopf der Bevölkerung berechnet man die englische Kriegsschuld 468 M., mehr als doppelt so hoch wie die bis jetzt in Deutschland öffentlich begebene Reichskricgs- schuld, die sich auf 228 M. pro Kopf stellt. Der englische Geldmarkt ist schon dadurch in gewaltigem Maße in Anspruch genommen worden. Im Jahre 1913 be- trugen die Emissionen in England bloß 196,5 Millionen Pstmd, im letzten Vierteljahr 1914 allein 339,9 Millionen Pfund. Im Laufe des ersten Kricgsjahrcs hat somit der Staat allein um fünfmal größere Ansprüche an den Kapitalmarkt gestellt, als die Emissionen normalerweise betrugen. Während ferner in Deutschland von privater Seite an den Geldmarkt jetzt fast gar keine Ansprüche gemacht werden, sind in England auch während des Krieges bedeutende Ncuinvestierungen vor- genommen worden, in der ersten Hälfte dieses Jahres in der Höhe von 1,44 Milliarden Mark. In Deutschland wird das freiwerdende Kapital dem Staate zur Verfügung ge- stellt; in England hat es bis vor kurzem noch zum Teil normale Wege beschritten. Daher ist der Erfolg der zweiten großen englischen Kriegsanleihe besonders bedeutend. Er zeigt«der zugleich, daß sich auch in England die Wirtschaft auf die veränderten Verhältnisse anzupassen be- gönnen hat und dem Staate deshalb alles verfügbare Geld bereitstellt. Tatsächlich hat auch der Diskontsatz jetzt in Eng- land stark angezogen, während er in Deutschland nach wie vor niedrig bleibt, weil keine private Nachfrage nach Leihkapital mehr bestehe. Viel schwieriger als die Kriegsfinanzierung gestaltet sich für England das Problem des Wechselkurses. Deutschland konnte durch sein Goldausfuhrverbot und Zahlungsvcrbot an das Ausland seine Goldreserve im Lande behalten. Trotzdem ist auch der Kurs des deutschen Geldes gesunken. England, das im Auslande etwa 75 Milliarden Mark investiert hatte, vermochte zunächst durch Zurückziehung eines Teiles seines ausländischen Guthabens den Wechselkurs zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Es konnte nur seine flüssigen Anleihen zurück- ziehen; die fest investierten Kapitalien waren nicht einfach zurückzubekommen. Allmählich wuchsen dann die Kriegs-