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Nr. 243.- 32. Jahrg.

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Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3.

Fernsprecher: Ami Moritzplatz, Nr. 151 90-151 97.

Freitag, den 3. September 1915.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morikplat, Nr. 151 90-151 97.

Grodnos äußere Fortlinie gefallen.- Brody befeßt.

Meldung des Großen Hauptquartiers.

Amtlich. Großes Hauptquartier, den 2. Sep­tember 1915.( W. T. B.)

Westlicher Kriegsschauplah.

In den Vogesen   nördlich von Münster   führte am 31. August unser Angriff zur Wiedereroberung der in den Kämpfen vom 18. bis 23. August an die Franzosen verlorenen Grabenstücke. Die Rammlinie Linge­kopf Barrenkopf ist damit wieder in unserem Besik. Gegenangriffe wurden abgewiesen. 72 Alpen­jäger sind gefangen genommen, 3 Maschinengewehre er­beutet.

Ueber Avocourt( nordwestlich von Verdun) wurde ein französisches Flugzeug von einem unserer Kampfflieger heruntergeschossen; es stürzte brennend ab. Oestlicher Kriegsschauplah.

Heeresgruppe des Generalfeldmarichalls v. Hindenburg  . An der Bahn Wilna- Grodno wurde der Ort Czarnokowale gestürmt. Bei Merecz macht unser Angriff Fortschritte.

Auf der Westfront von Grodno   ist die äußere Fortlinie gefallen: norddeutsche Landwehr stürmte gestern das nördlich der Straße Dombrowo­Grodno gelegene Fort 4 die Besatzung 500 Mann - wurde gefangen genommen; am späten Abend folgte die Eroberung des weiter nordwestlich gelegenen Forts 4a mit 150 Mann Besakung durch badische Truppen. Die übrigen Werke der vor­geschobenen Westfront wurden darauf von den Russen geräumt.

Destlich des Forstes von Bialystok   sind die lebergänge über den Swislocz von Makarowce( süd­östlich von Odelsk) ab aufwärts nach Kampf von uns kesett.

Die gestrige Gesamtbeute der Heeresgruppe   beträgt 3070 Gefangene, 1 schweres Geschük, 3 Maschinengewehre.

Bei Osowiec wurden außerdem drei vom Feinde in den Sumpf versenkte schwere Geschüße ausgegraben. Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern. Der Austritt aus dem Nordostrande des Bialowieska- Forstes ist gestern erkämpft. Durch Ueber­fall bemächtigten wir uns nachts der Jasiolda- Ueber­gänge im Sumpfgebiet nördlich von Pruzana  ; 1000 Gefangene wurden eingebracht.

Heeresgruppe des Generalfeldmarichalls v. Mackenfen. Der Muchawiec- Abschnitt wurde auf der ganzen Front in der Verfolgung überschritten.

Südöstlicher Kriegsschauplatz.

Auf der Verfolgung fielen gestern über 1000 Ge­fangene und 1 Maschinengewehr in die Hände der deutschen   Truppen.

Oberste Heeresleitung.

Der österreichische Generalstabsbericht.

Wien  , 2. September.  ( W. T. B.) Amtlich wird ver­lautbart: 2. September 1915.

Die im Russischer Kriegsschauplas.

=

Die im Gebiete des wolhynischen Festungs­dreiecks eingeleitete Verfolgung der Russen macht gute Fortschritte. Unsere Streitkräfte haben von Luck auf­wärts den Styr in breiter Front überschritten. Auch in Ost­ galizien   befindet sich der Feind neuerlich im Rück= zuge. Die Truppen des Generals v. Boehm Ermolli  rückten in Brody ein und dringen heute östlich dieser Stadt über die Reichsgrenze vor. Der Nordflügel des Generals Graf Bothmer   verfolgt auf den von Zborow gegen Zalocze und Tarnopol   führenden Straßen. Der geschlagene Feind weicht gegen den Sereth  . Die Armee des Generals Pflanzer Baltin   warf die Russen gestern unter heftigen Kämpfen über die Höhen östlich der unteren Strypa zurück. Dadurch wurde auch die Dnjestr   front bis zur Serethmündung hinab erschüttert und zum Rück= zug gezwungen. Hinter den russischen Stellungen an der beffarabischen Grenze stehen zahlreiche Dörfer in Flammen. Die nordöstlich Kobrin   kämpfenden t. t. Truppen treiben im Verein mit unseren Verbündeten den Feind allmählich in das Sumpfgebiet der oberen Jasiolda zurück.

Italienischer Kriegsschauplas.

Die Lage auf dem italienischen Kriegsschauplatz hat sich auch gestern nicht geändert. An der Tiroler Front sind die Tonale- Sperren und auf der Hochfläche vor Lavarone- Folgaria außer den Werfen auch unsere Stützpunkte Monte Maronia und Monte Coston unter feindlichem Geschützfeuer. Im Kärntner  Grenzgebiete wurden schwächere italienische   Angriffe auf dem Monte Peralba und das Bladner Joch abgewiesen. An der küstenländischen Front dauerten die Artilleriekämpfe mit mäßiger Stärke fort. Die technischen Arbeiten des Feindes wurden an mehreren Stellen wirksam gestört.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: v. Hoefer, Feldmarschallleutnant.

Der Krieg Ende August.

Von Richard Gädke.*)

Der dreizehnte Monat des Krieges ist zu Ende gegangen, und auch unsere Feinde gestehen jetzt zu, daß sie einen ge­waltigen Fehler in ihren Berechnungen gemacht haben: sic haben nicht an die lange Dauer der Kraftanspannung geglaubt, die es uns ermöglicht, einer Welt von Feinden siegreich zu widerstehen. Weder finanziell und wirtschaftlich noch mili­tärisch! Vor einem Jahre verneinten sie, daß wir mit unseren großen Augustsiegen des Jahres 1914 im Westen unseren Höhepunkt erreicht hätten, während die Verbündeten erst im Laufe eines Jahres ihr erdrückendes Uebergewicht würden geltend machen. Und jetzt, im August 1915, haben wir noch) weit nachhaltigere und größere Erfolge im Osten errungen, während unsere Gegner entweder nicht vorwärts fommen oder in voller Auflösung weichen. Man kann kaum zu einem anderen Schluß kommen, als daß Frankreich   am Ende seiner Anstrengung angelangt ist und daß die Rekrutierung in England, bei der wachsenden Abneigung der Arbeiterschaft, ihre Haut zu Markte zu tragen, bei weitem nicht die Ergebnisse liefert, auf die man zuversichtlich gehofft hatte. Gewiß darf man nicht vergessen, daß inzwischen das Dardanellen- Abenteuer ge­kommen ist, das England viele Soldaten und viel Blut ge­fostet hat. Aber als Endergebnis bleibt bestehen, daß der französische   Oberfeldherr nicht geglaubt hat, den russischen Verbündeten in seiner schwersten Stimde beistehen zu können. Während wir nach der Theorie längst erschöpft am Boden liegen sollten, sind es unsere Feinde, die entweder fliehen oder einen Angriff auf uns nicht mehr wagen. Es sind feindliche Berechnungen, die unsere Stärke im Osten auf 1,4 Millionen( dazu 1 120 000 Desterreicher) und die im Westen auf 1,8 Millionen Streitbare berechnen. Wohl verstanden, die Stärke in der Kampfesfront, wonach natürlich die Gesamtstärke im Feindes­land erheblich höher sein müßte. Und so verschieben sie denn bereits jetzt unsere endgültige Niederlage auf das Jahr 1916. Noch immer bauen sie darauf, daß doch zu guter Letzt einmal die gewaltige Volkszahl des riesigen Rußland   ihr erdrückendes Und vergessen Uebergewicht zur Geltung bringen müsse. immer wieder, daß Menschen feine Soldaten sind.

Ich selbst habe immer die Zeit, die zur Ausbildung eines brauchbaren Soldaten erforderlich ist, besonders in Kriegs­zeiten, nicht sehr hoch veranschlagt. Aber unter allen Um­ständen höher, als den Russen bei dem raschen Verlauf der Operationen bisher zur Verfügung gestanden hat! Entschei­dender und auch für die Zukunft beruhigend find andere Er­wägungen. Die Menschen, die man rasch in Krieger ver­wandeln will, müssen heute mehr als jemals gewisse Eigen­schaften mitbringen: Begeisterung, Willigkeit, Zuversicht und vor allen Dingen Intelligenz. Wie steht es damit in Ruß­ land  ? Zu ihrer Ausbildung müssen geeignete Lehrer vorhanden sein: Unteroffiziere und Offiziere, die selber ihren Dienst Der russische   Generalstabsbericht. gründlich verstehen, desto gründlicher, je fürzer die Ausbil­dungszeit ist! Um sie im Feldheer mit Nußen verwenden zu Petersburg  , 2. September.  ( W. T. B.) Mitteilung können, dürfen die festen, kriegserfahrenen Stämme nicht gar des Großen Generalstabes: Am 30. und 31. August 3 gering sein. Schon Napoleon   hat mit seinen Rekrutenheeren war an der Front Riga  - Dünaburg   eine Tätigkeit des im Jahre 1813 nach den riesigen Einbußen des russischen Feldzuges schlechte Erfahrungen gemacht. Die Stämme end­Feindes nur in der Gegend von Friedrichstadt   bemerkbar, unseren Händen ließ. lich, die durch Refruten ausgefüllt werden sollen, dürfen selber wo die Lage im wesentlichen unverändert ist. Am rechten in ihrer Moral nicht gebrochen sein. Wie steht es mit all Wilija- Ufer jegten wir unser Vordringen erfolgreich fort und diesen Voraussetzungen in Rußland  ? Und last not least- nahmen den Deutschen   am 30. August 4 Geschütze und einige die Menschen müssen ausgerüstet, bewaffnet, mit Schießbedarf Maschinengewehre ab. Zwischen Wilija und Njemen setzte versehen werden, sie bedürfen zahlreicher Fahrzeuge, um leben der Feind seine Offensive fort und besezte den Flecken Orany London, 1. September.  ( W. T. B.)" Times" meldet aus zu können. Daß es damit in Rußland   schlimm steht, wissen am rechten Meretschanka- Ufer. Die Kämpfe haben fort- Tokio  : Die Regierungsarsenale arbeiten mit voller Kraft an der wir aus den eigenen Geständnissen unserer Feinde. Wird dauernd einen erbitterten Charakter. Eines unserer Regi- Herstellung von Munition für die Verbündeten, besonders für Ruß­menter, welches vom Feinde umzingelt war, befreite sich, in- land. Auch die Privatfabriken sind zu diesem Zwed mobilisiert diesem Mangel in irgendwie absehbarer Zeit abgeholfen dem es ein deutsches Bataillon vernichtete und 70 Mann mit worden. einem Offizier gefangen nahm.

In der Gegend westlich von Grodno   warfen wir am 31. August eine Reihe kräftiger Angriffe der Deutschen  zurück. Auf der übrigen Front bis zum Pripiet feine wesentliche Veränderung in unserer Aufstellung.

In der Gegend von Luck und in Galizien   halten wir den Feind auf, indem wir uns auf eine verkürzte Front zurückziehen und den feindlichen Truppen durch Gegenstöße große Verluste beibringen. Die Summe unserer Gefangenen an Desterreichern, Ungarn   und Deutschen  übersteigt 100 Offiziere und 7000 Soldaten, davon ein Drittel Deutsche   mit einigen Dugend Subaltern- und höheren Offzieren. Die heftigsten Angriffe machte der Feind am 30. und 31. August in der Gegend von Radzikhoff(?) Nad­zieckow(?), Solotschew, Zborow und Burkanow an der Strypa und bei Buczacz  ; überall wurde der Feind mit außer­ordentlich großen Verlusten zurückgeworfen. In der Gegend von Zborow machte der Feind eine Reihe von sich wieder­holenden Angriffen, deren letzter von unseren Truppen durch eine Gegenoffensive abgewiesen wurde. Auch die Kämpfe in

der Gegend von Burkanow und Buczacz   zeichneten sich durch große Erbitterung aus; wir wiesen dort viele Angriffe durch Feuer und mit dem Bajonett ab; an einigen Orten war der Feind nicht imstande, einen längeren Nahkampf auszuhalten und zog sich in seine Gräben zurück, indem er Gefangene in

Japanische   Munitionslieferungen für Rußland  .

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Die Festung Grodno  .

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werden können?

Umgekehrt sehen wir, daß das deutsche Heer in Galizien  und Polen   fortdauernd imstande gewesen ist, seine Schlagfertig­feit zu bewahren, trotzdem es natürlich in dem vier Monate dauernden Feldzuge, in dent tagtäglich geschlagen wurde, eben­falls beträchtliche Verluste erlitten haben wird. Dffenbar ist ihm fortdauernd Ersatz zugeflossen, und auch dadurch hat es sich seine Ueberlegenheit über den Gegner bewahrt.

Daß dessen Verluste ungeheuere sein müssen, wissen wir alle aus der erstaunlichen Zahl an Gefangenen, die er ver­Ioren hat. Man wird darum die Zahl von 1,4 Millionen Verluste, die der Generalstab schätzt, eher noch als zu gering annehmen dürfen. Jedenfalls ist das Heer, das gegenwärtig auf Minst zurückweicht, als Ganzes genommen nicht mehr fampffähig. Das beweist auch der rasche Fall von Brest­Litowsk. Kein Zweifel, daß dessen Aufgabe schon seit Mitte August beschlossene Sache war; es sollte ebenso wie Warschau  

*) Wir brauchen wohl nicht besonders zu betonen, daß die Auf­nahme der Artikel des Herrn Verfassers nicht die Zustimmung zu Die Red. d. V." allen seinen Anschauungen bedeutet.