Nr. 254. 32. Iahrglmz.
Entlastung öer Gerichte. Zur Entlastung der Gerichte hat der Bundesrat eine im gestrigen„Reichs-Anzeiger" veröffentlichte Verordnung er- lassen. Die aus 31 Paragraphen bestehende Verordnung führt für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, auch für solche, die vor dem Land- gerilbt zu verhandeln sind, daS Mahnverfahren ein, gestaltet das Sühneverfahren vor den Amtsgerichten aus, engt das Beschwerde- und Berufungsrecht ein und enthält einige Erleichterungen im Verfahren. Die wichtigsten Vor- schriflen sind folgende: Geht beim Ämtsgericht oder beim Landgericht eine Klage ein, deren Anspruch im Mahnverfahren verfolgt werden kann, so soll der Vorsitzende einen Zahlungsbefehl erlassen, wenn nicht der Kläger glaubhaft macht, daß der Beklagte den Anspruch bestreiten und sich auf die Klage einlassen werde. Wird gegen den Zahlungs- befehl Widerspruch erhoben, so findet mündliche Verhandlung statt. Wird kein Widerspruch erhoben, so wird der Zahlungsbefehl für vorläufig vollstreckbar erklärt. Gegen den Vollstreckungsbefehl ist der Einspruch zulässig. Im Verfahren vor den Amtsgerichten soll das Gericht, wenn beide Parteien im Termin erscheinen, vor Eintritt in die mündliche Verhandlung die Sühne versuchen. Berufung und Beschwerde ist nur zulässig, wenn der An- spruch 50 M. übersteigt. Die Anwaltskosten sind von der unterliegenden Partei nicht mehr zu ersetzen, wenn der Streit- gegenständ nicht mehr als 50 M. beträgt und im Verfahren auf auf P r i v a t k l a g e. Sind vor dem Amts- oder Landgericht die Parteien durch Anwälte vertreten, so kann mit deren Ein- Verständnis ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, wenn daS Gericht den Sach- und Streitstand auf Grund einer stüheren mündlichen Verhandlung und nach dem Ergebnis einer etwaigen Beweisaufnahme für hinreichend aufgeklärt erachtet. Von den weiteren Vorschriften ist hervorzuheben, daß für einen Antrag auf Bewilligung des Armenrechts es endlich der Bei- bringung eines obrigkeitlichen Zeugnisses über das Unvermögen des Klägers nicht mebr bedarf, wenn ein uneheliches Kind seinen Anspruch aus Unterhalt geltend machen will. Die Verordnung tritt am 1. Oktober 1915 in Kraft.
fius Groß-öerlin. Bestandserhebung von Militärtuchen. Das Oberkommando in den Marken erläßt eine Bekanntmachung betreffend Bestandserhebung von Militärtuchen in Friedensfarben, die am 15. September er. in Kraft tritt. Maßgebend für die Melde- Pflicht ist der am Beginn des 15. September 1915(Stichtag) tatsäch- lich vorhandene Bestand. Die Meldungen sind bis zum 25. Sep- tember 1915 unter Benutzung der vorschriftsmäßig auszufüllenden amtlichen Meldescheine für bunte Militärluche an das Webstoffmelde- amt der Kriegs-Rohstoff-Abteilung des Königlich Preußischen Kriegs- Ministeriums, Berlin SW 48, Verlängerte Hedemannstr. 11, zu erstatten. Die Bekanntmachung wird im Wortlaut in der„Nord- deutschen Allgemeinen Zeitung" zum Abdruck gebracht werden. Bestandaufnahme von Strümpfen und Handschuhen. Das Reichsamt des Innern hat für den 15. September eine Zählung der im Deutschen Reich bei den Fabrikanten im Groß« und Kleinhandel vorhandenen Strümpfe und Handschuhe angeordnet. Die Fragebogen werden laut„Kons." in diesen Tagen durch die Handels- kammern(im Königreich Sachsen durch die Orlsbehörden) ausgegeben. Vorräte von Stoffhandschuhen und Strümpsen, die zusammen weniger als. 50 Dutzend betragen, sind nicht anmeldepflichtig. Für Angestellte des Zentralarbeitsnachweises. Der Magistrat Berlin hat dem Zentralverein für Arbeits- Nachweis eine außerordentliche Beihilfe bis zum Betrage von 8780 M. bewilligt für Kriegsteuerungszulagen an die An- gestellten, die Gehälter bis höchstens 2000 M. beziehen. Vom Zweckverband. Unter dem Vorsitz des Landrats v. Achenbach, wegen Ver- Hinderung des Oberbürgermeisters Mermuth , trat gestern der Ver- bandsausschuß des Zweckverbandes Groß-Berlin im Berliner Rat- Hause zusammen. Der Verbandsausschutz genehmigte die Uebernahme der Verwaltung der Potsdamer und Tegeler Forst. Die beantragte Zustimmung für die Aufteilung des Geländes des ehemaligen Joachünstalschen Gymnasiums in Wilmersdorf wurde wegen Un« Zuständigkeit des Verbandes abgelehnt. Von dem vorgelegten Be- bauungsplan für Alt-Landsberg wurde ein kleiner Plan genehmigt. der übrige vorläufig zurückgestellt. Genehmigt wurde serner die Verlängerung der Reichenberger Straße über den Landwehrlanal nach Treptow und Neukölln . Der Bauplan für den Breitenbachplatz in Wilmersdorf -Steglitz , an der Dahlemer Grenze, wurde gut- geheißen, obgleich von der Verwaltung des Gutsbezirks Dahlem Schwierigkeiten bereitet wurden. Dem Plenum des Verbandes soll eine Vorlage gemacht werden, um die Zustimmung des Verbandes herbeizuführen. Teure Milch. Auch der Verein Märkischer Milchproduzenten E. V. schließt sich dem Streben nach höheren Milchpreisen an. In einem Rundschreiben an seine Mitglieder heißt es: „Wir teilen unseren Mitgliedern mit, daß Verpachtungen— 22Vz Pf. ab Stall, 24Vz Pf- frei Berlin gerechnet— bereits ab- geschlossen wurden. Große Nachfrage nach Milch täglich, Angebot fehlt gänzlich. Die Geschäftsstelle." Der organisierte Milchhandel legt Gewicht darauf, öffentlich fest- gestellt zu sehen, daß er trotz aller Bemühungen nicht in der Lage ist, an diesen Zuständen etwas zu ändern. Er sieht sich gezwungen, die geforderten Preise zu zahlen, wenn er Milch zum Verkauf über- Haupt erhalten will. Die seinerseits den Landwirten gemachten Hin- weise darauf, daß es deren patriotische Pflicht sei, die Milch zu billigeren Preisen abzugeben, umsomehr als sie alle anderen Artikel beresis teurer bezahlt erhalten, wurden dahin beantwortet, daß mit der Betätigung solchen Patriotismus.ihre eigene Existenz gefährdet" sei; sie müßten unbedingt an den Preisen festhalten und könnten die Milch ohne Verdienst nicht abgeben. Der organisierte Milchhandel hat. wie der Vorstand des Reichsverbandes deutscher Milchhändler versichert, alles getan, was er zu tun in der Lage war. und er hat kein Mittel zur Hand, sich weiterhin noch gegen die Forderungen der Milchproduzenten zu wehren. Hiernach hätten wir die Aussicht, daß die Milchpreise wie eine Schraube ohne Ende hinaufgeschraubt werden. Und da soll die Bevölkerung ruhig zusehen müssen, ohne daß dieser Teuerung ernst- lich gesteuert wird? Bureaukratismus oder Ueberfiskalismus'i Es geht uns folgende Beschwerde zu: Die Stadt Berlin baut zurzeit in Struveshof bei Sputendorf eine Erholungsanstalt; die Arbeiten sind an Berliner Unternehmer
vergeben, welche ihre Arbeiter aus Groß-Berlin nach der Arbeits- stätte entsenden. Bisher war der Weg der meisten Arbeiter folgender: sie lösten in Berlin eine Arbeiter- Wochenkarte der Stadtbahn bis Groß- Lichterfelde -Ost und von dort auf der Fernbahn eine Wochenkarte nach Ludwigsfelde , die nächst« Bahnstation für Struveshof. Jetzt nun wird plötzlich den Arbeitern von den Beamten auf der Station Groß- Lichterfelde- Ost die Wochenkarte mit dem Bemerken ver- weigert, sie müßten sich eine solche in Berlin auf dem Anhalter Bahnhof lösen. Was bedeutet daS? Nun, daß Arbeiter, die in Vor- orten wie Neukölln , Schönsberg. Mlmersdorf Weißensee usw. wohnen, entweder statt direkt nach Lichterfelde -Ost, erst nach dem Anhalter Bahnhof zu fahren hätten, was ihnen erstens Zeitverlust und zweitens die Extrakosten der Fahrt nach dem Bahnhof ver- Ursachen würde, oder aber neben der Fahrkarte vom Anhalter Bahn- Hof nach Ludwigsfelde doch noch die Fahrt von ihrem Wohnort nach Lichterfelde -Ost zu zahlen hätten, was ihnen mindestens eine in Be- tracht kommende Mehrausgabe auferlegte. Die Maßregel wird mit der Erklärung begründet, daß man auf Wochenkarten keine Neben- karte haben dürfe. Wenn das nicht bloß ein Mißgriff untergeord- neter oder nicht eingeschulter Beamten ist, so wäre eS ein nicht scharf genug zu rügender FiskalismuS, wie man ihn kaum einem beliebigen Krähwinkel verzeihen könnte, der aber des Verkehr?- instituts einer Weltstadt durchaus unwürdig ist. Wir hoffen, daß die königliche Eisenbahndirektion hier Abhilfe fchafft.
Geld spielt keine Rolle. Seit der Totalisator auf den Rennplätzen wieder in Betrieb ge« setzt ist, sind auch die Rennen wieder stark besucht. DaS konnte man Sonntag bei den Rennen in Hoppegarten von neuem beobachten. Da sieht man auch, daß Geld keine Rolle spielt, wurde doch am Sonntag am Totalisator die Summe von 809 000 M. eingesetzt, wovon auf Eintrittsgelder 37 000 M. entfielen. Aus dem Wasser gezoge». Unter verdächtigen Umständen wurde am Sonntagnachmittag die Leiche eines unbekannten Mannes vor dem Grundstück Uferstr. 9 aus der Panke gelandet. Die Beine waren mit einem Strick zu- sammengeschnürt und an der Nase befand sich eine blutige Ver- letzung. So dachte man erst an ein Verbrechen; die verdächtigen Erscheinungen wurden aber bald aufgeklärt. Knaben hatten die Leiche an der GropiuSstraße gefunden und, weil dort die Landung schwierig war, nach der anderen Stelle hingezogen. Dazu hatten sie ihr einen Strick um die Beine geschlungen. Die Verletzung an der Nase stammt wohl auch von diesen Bemühungen der Knaben her. Jedenfalls ist sie, wie bald festgestellt war, erst nach dem Tode de? Mannes entstanden. Der unbekannte Tote macht den Eindruck eines Arbeiters. Er ist etwa 55 Jahre alt und mittelgroß, hat graugemischtes Haar und Schnurrbart und trug ein dunkelbraunes Jackett mit Weste, eine gestreifte Hose, ein grünweiß-gestreifteS Vor hemd mit weißem Umlegekragen und schwarzem Schlips und schwarze Stiefel. Aus dem Landwehrkanal gelandet wurde gestern morgen an der Freiarchenbrücke am Gartenufer die Leiche einer unbekannten Frau, die dem Mittelstande angehört zu haben scheint. Die Ertrunkene ist etwa 25—30 Jahre alt, 1,70 Meter groß und dunkelblond und trug eine schwarzweiß-gestreifte Bluse, einen dunklen Rock, schwarze Strümpfe und Halbschuhe und am kleinen Finger einen goldenen Ring, der mit dem Monogramm ,E. G." gezeichnet ist. Straß cnunfälle. Beim Ueberschreiten des FahrdammeS in der Tiergartenstratze von einem GesckästSauto überfahren wurde gestern nachmittag die 24jährlge Korrespondentin Margarete Israels aus Hannover , die hier bei Verwandten zu Besuch weilte. Ein Arzt stellte Brustquetschung, Rippenbrüche und eine Wunde am Kopf fest.— Beim Abspringen von fahrenden Straßenbahnwagen find am Sonntag zwei Personen verunglückt: In der Kolonnenftraße in Schöneberg verließ eine Frau Biber trotz der Warnung des Fahrers den Vorderperron eines Triebwagens der Straßenbahnlinie I, der sich bereits in der Einfahrt zur Haltestelle befand. Sie kam zu Fall und erlitt eine Gehirnerschütterung. Die Ver- unglückte wurde nach ihrer Wohnung gebracht. Ein ähn- sicher Unfall ereignete sich gegen 7 Uhr abends in der Scharnweberstraße in Reinickendorf . Dort sprang der Soldat Elvers während der Fahrt von einem Wagen der Linie 26 ab, stürzte und trug eine Wunde am Hinterkops davon, die ihn von einem in der Nähe wohnenden Arzt verbunden werden mußte.— Beim Abspringen von einem in Bewegung befindlichen Straßen- bahnwagen kam gestern vormittag eine Frau Jabnke in der Birken- straße zu Fall und erlitt einen Bruch des rechten Oberschenkels. Sie mußte nach dem Krankenhause Friedrichshain gebracht werden.— Beim Besteigen eines fahrenden Straßenbahnwagens ist am gestrigen Montagmorgen gegen 7 Uhr ein Herr Martin Tasch ver- unglückt. Er wollte in der Spreestratze in Charlottenburg auf einen vorüberfahrenden Straßenbahnwagen der Linie 164 aufspringen, kam jedoch zu Fall und erlitt einen Bruch der rechten Hand und Quetsch- wunden am Hinterkopf. Der Verunglückte erhielt auf der nächsten Unfallstation Notverbände und wurde von dort nach dem Kranken- hause Westend gebracht. Ein gewaltiger Andrang herrschte am Sonntag auf dem Königs- platz, wo der„Eiserne Hindenburg"— er soll erst eisern werden— benagelt wird. Dabei verunglückte der elf Jahre alte Sohn Hans des Botenmeisters Lawrentz aus der Melanchthonstraße 17. Der Knabe kletterte, um das Nageln besser sehen zu können, auf das Roondenkmal, fiel hinunter und zog sich einen Unterschenkelbruch und andere Verletzungen zu. Er mußte nach der CharitS gebracht werden.__ Ms öen Gemeinden. Meldung der Dienstuntauglichen. In den nächsten Tagen haben sich die am 8. September 1870 und später geborenen, mit dem gelben Schein als dauernd untaug- sich ausgemusterten Personen den örtlichen Behörden zur Nach- Musterung anzumelden. Für Neukölln findet diese Anmeldung im Polizeipräsidium Kaiser-Friedrich-Str. 193/94 in der Zeit von 8 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags statt und zwar für die Jahrgänge 1895—1883 am 14. September, die Jahrgänge 1887—1880 am 15. September, die Jahrgänge 1879— 1870 am 16. September. Für Lichtenberg wird die Meldung im Lokal von Paul Schwarz, Möllendorfstr. 25/26, in der Zeit von 9—2 und 4—7 Uhr entgegen- genommen. Und zwar für die Jahrgänge 1870—1881 am 14. September, für die Jahrgänge 1882—1887 am 15. September, und für die Jahrgänge 1888— 1895 am 16. September. Neue Brot- und Mehlbestimmungen für de« Kreis Teltow. Am 20. September tritt für die dem Kreis Teltow außerhalb der Berliner Brotkartengemeinschaft angehörenden Gemeinden eine neue Regelung des Brot- und Mehlverkehrs in Kraft. Danach ent-
fallen für jede Kalenderwoche auf den Kopf der Bevölkerung höchstens 2250 Gramm an Roggen- und Weißbrot und an Mehl höchstens 1575 Gramm. Das bisherige Einheitsgewicht für Weißbrot ist von 75 auf 50 Gramm herabgesetzt worden. Zwieback wird nach Gewicht verkauft. Roggenbrot darf nur im Gewicht von 1000, 1500 und 2000 Gramm hergestellt werden. Höchstpreise für Gebäck find nicht festgesetzt worden. Kuchen darf entsprechend den Berliner Be- stimmungen nicht mehr wie 10 Proz., Obstkuchen bis Ende Oktober nicht mehr wie 20 Proz. des Gewichts an Brotgetreidemehl ent- halten. Mit der Gültigkeit dieser Regelung treten die bisherigen Verordnungen der Gemeinden über Zusatzbrotkarten außer Kraft. Aerztliche Fürsorge für die Kriegerfamilie« in Neukölln . Auch in Neukölln wird seit Beginn des Krieges den An- gehörigen der Kriegsteilnehmer im Bedürstigkeitsfalle Krankenhilfe in Form von freier ärztlicher Behandlung und Unterbringung in Krankenhäusern, Kliniken, Heilstätten, freie Geburtshilfe und im Falle des Ablebens ein angemessenes Begräbnis gewährt. Die Versorgung erkrankter Personen mit ärztlicher Hilfe ist seit Beginn dieses Jahres durch ein Abkommen zwischen dem Magistrat und der Aerzteschast besonders geregelt worden. Nach diesem über- nehmen die sämtlichen in Neukölln ansässigen Aerzte die Behandlung erkrankter Angehöriger von Kriegsteilnehmern gegen Erstattung der Mindestgebühren nach der Gebührenordnung sür approbierte Aerzte durch die Stadt Neukölln . Durch einen vom zuständigen Bezirksvorsteher auf den Namen des gewünschten Arztes ausgestellten Krankenschein werden die Erkrankten den Aerzten über- wiesen. Die Kosten für die von dem Arzte verordneten Medika- mente, Heil- und Stärkungsmittel werden, falls dem Unterstützten ein weiteres Einkommen neben der Kriegsunterstützung nicht zufließt, gleichfalls vom Lieferungsverbande übernommen. Dies geschieht in der Weise, daß die ärztlichen Verordnungen im Militärbureau abgestempelt werden, worauf die Neuköllner Apotheken die Medikamente kostenlos verabfolgen. Bruchbänder, Brillen und sonstige chirurgische Heilmittel und Apparate werden im Falle besonderer Bedürftigkeit gleichfalls auf Kosten des Lieferungsverbandes geliefert. Bei schweren Erkrankungen wird im Falle mangelnder häuslicher Pflege für Rechnung der Stadt- gemeinde Neukölln Hauspflege geübt. Es ist bei all diesen Einrichtungen besonder? darauf Bedacht genommen worden, daß die öffentliche Armenpflege ausgeschaltet wird._ Brotpreise für Köpenick . Die von der Bäckerinirung mit Genehmigung deS Magistrats festgesetzten Brotpreise betragen für Weizenbrot im Gewicht von 50 Gramm 3 Pf., für ein Zweipfund-Roggenbrot 40, Dreipfund 60 und für das Vierpfundbrot 80 Pf. Besonders hervorgehoben wird, daß Herstellung und Verkauf von Brot im Gewichte von 1050 Gramm untersagt ist. Die Brote müssen also volle Pfund wiegen. Roggen- brot hat das Einheitsgewicht 24 Stunden nach Beendigung des Backprozesses aufzuweisen._ Arbeiter-Samariterkursns für Charlottcnburg. Ein neuer Samariterkursus, veranstaltet von der Arbeiter- Samariterkolonne, wird am 23. September beginnen. Damen wie Herren, die sich daran beteiligen wollen, müssen sich Donnerstag, den 16. September, abends Uhr, im Restaurant, Wallstraße. Ecke Sesenheimer Straße, melden." Der Kursusbeitrog beträgt 2,50 M. und ist spätestens am ersten Unterrichtsabend zu entrichten.
Gerichtszeitung. Postdiebstahl. Nach 26 j ä h r i g e r Dienstzeit ist der Postschaffner Emil Hirsch f eld, der gestern der ersten Ferienstrafkammer aus der Untersuchungshaft vorgeführt wurde, zum gemeinen Dieb geworden. Im April kam in dem Postamt 17 in der Fruchtstraße dem im Nachtdienst die Geldbriefe bearbeitenden Postsekretär E. ein Geld- brief mit 200 M., der von einem hiesigen Bankinstitut an einen Marine-Freiwilligen in Pola adressiert war, auf unaufgeklärte Art abhanden. Herr E. muß Schadensersatz leisten. In jener Nacht befand sich außer ihm nur noch der Angeklagte im Dienstraum. Unter ganz gleichen Verhältnissen arbeitete Herr E. am 24. Juni im Nachtdienste. Unmittelbar neben dem Sortierpult, in welches er die Geldbriefe zu verteilen hatte, saß der Angeklagte und dieser muß eine ganz kurze Spanne Zeit, in welcher ihm E. den Rücken wandte, dazu benutzt haben, um einen von der Firma Mendelssohn u. Co. mit 600 M. deklarierten Brief mit einem schnellen Griff sich anzueignen. Der Postsekretär E. merkte bald das Verschwinden des Brieses und ließ den Angeklagten, der inzwischen aus kurze Zeit den Dienstraunr verlassen hatte, bei seiner Rückkehr körperlich untersuchen. Da fanden sich denn in seiner Brieftasche die aus dem vermißten Briefe stammenden Zinsscheine der österreichischen Kreditanstalt im Gesamtbetrage von 1700 M. vor. Das dazu gehörige Schreiben und den Brief- Umschlag hatte er vernichtet.— Der Angeklagte bestritt entschieden den Diebstahl im April. Das Gericht mußte mangels Beweises im ersten Falle zur Freisprechung kommen, verurteilte aber im übrigen den Angeklagten zu einem Jahr Gefängnis und zwei Jahren Ehrverlust. Außerdem wurde ihm die Be- fugnis zur Bekleidung öffentlicher Aemter auf zwei Jahre ab- erkannt._ Getreide-Schiebung. Als eine unzulässige Getreide-,, Schiebung" be- zeichnete der Staatsanwalt die Handlungsweise der drei Angeklagten, die sich gestern vor der Ferienstrafkammer des Landgerichts III wegen Verkaufs beschlagnahmter V o r r ä t e zu verant- Worten hatten. Die Kartoffelhändler Franz F l ä n d r i ch und Emil Julius Schroeter sowie der Kaufmann Emil Buntschuh waren beschuldigt: 1 beschlagnahmte Vorräte von Hafer, unbefugt gekauft und verkauft zu haben und 2. den von der LandeSpolizei- behörde erlassenen AuSsührungsbestimmungen zuwider den Verbleib des verkauften Hafers der zuständigen Behörde nicht unter Bezeichnung des Erwerbes nachgewiesen und nicht in p l o m- bierten Säcken weiter gegeben zu haben.— Der An- geklagte F. ließ sich von einem Speditionsgeschäft in Lauterbach - Rügen von einem Rittergute stammende 11384 Kilogramm Hafer schicken, den er zum Zwecke des Weiterverkaufs ankaufte und der, um die Beförderung zu er- möglichen, als„Saathafer " bezeichnet wurde. Wäre es wirk- lich Saathafer gewesen, so hätte er nach der Ausführungsanweisung des Handelsministers vom 16. Februar 1915 nur an eine der inr „Tarif- und Verkehrsanzeiger" veröffentlichten Saatgutwirtschaften abgesandt und nur in plombierten Säcken geliefert und weiter ver- kauft werden dürfen. Da dies nicht geschehen ist, so handelte es sichjim vorliegenden Falle nicht um von der Beschlagnahme freigegebenen Hafer. Von diesem Hafer kaufte Schroeter 94,5 Zentner und verkaufte sie an jeden Abnehmer weiter, ohne sich darum zu kümmern, ob er zu Saatzwecken verwendet werden könnte. Dasselbe tat auch der Angeklagte B., der 60 Zentner von F. erwarb und an unbekannte Personen verkaufte. Dadurch haben die letzten beiden insofern gegen die Aussührungsanweisung verstoßen, als sie nicht in der Lage sind, den Verbleib des gekauften Jpafers unter Bezeichnung des Erwerbes nachzuweisen.— Der Staatsanwalt beantragte gegen Flän brich 1000 Mark, gegen Schroeter 500 Mark und gegen Buntschuh 300 Mark Geldstrafe.— Das Gericht berücksichtigte einerseits die bisherige Unbescholtenheit der Aa«