Nr. 286.- 32. Jahrg.
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Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3.
Fernsprecher: Amt Morinvlas, Nr. 151 90-151 97.
Sonnabend, den 16. Oftober 1915.
Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moritplak, Nr. 151 90-151 97.
Der serbische Kriegsbericht.
Nisch , 15. Oktober. ( W. T. B.) Das amtliche Breßbureau teilt mit: Am 11. Oktober und in der darauf folgenden Nacht dauerte der Kampf an der Donaufront südlich von Gradiste und südwestlich von Semendria fort. Semendria wurde ges räumt. Beim Dorfe Lipa fand ein erbitterter Kampf statt; der Feind konnte das Dorf zwar besetzen, bezahlte diesen Erfolg aber mit schwereren Verlusten, als er sie seit Beginn seiner neuen Offenfibe je gehabt hat. Das Schlachtfeld ist mit toten Feinden bedeckt. Der Feind hat die Belgrader Front bei Mokri Lug Wliki und Tornat angegriffen. Von der Save und Drinafront wird nichts von Bedeutung gemeldet.
Serbische Ueberläufer.
Berlin , 15. Oktober. ( M. T. B.) Nach Meldungen aus Strumiza haben sich dort gestern 950 serbische Ueberläufer mit ihren Gewehren den Grenzbehörden ergeben.
Fortsetzung der Truppenlandungen in Saloniki .
Betersburg, 15. Oktober. ( W. T. B.) Njetsch" erfährt aus diplomatischen Streisen, daß die Alliierten beschlossen haben, ungeachtet des Protestes der griechischen Regierung die Truppenlandungen fortzusehen. Ste glauben faum, daß Griechenland sich mit Gewalt widersegen wird, da die Alliierten anderenfalls durch den Druc einer Blockade Griechenland zur Aufgabe seiner Neutralität zwingen fönnten.
Meldung des Großen Hauptquartiers.
Amtliche Beiträge
Antlich. Großes Hauptquartier, den zur Vorgeschichte des Krieges.
15. Oftober 1915.( W. T. B.)
Weftlicher Kriegsschauplah.
Nordöstlich und östlich von Vermelles sind die Engländer aus unseren Stellungen wieder hinausgeworfen, nur am Westrande der sogenannten„ Kiesgrube" konnten sie sich in einem Grabenstück noch halten.
In der Champagne hoben sächsische Truppen östlich von Auberive ein Franzosennest aus, das sich in unserer Stellung seit den großen Angriffen noch gehalten hatte, machten 5 Offiziere und 300 Mann zu Gefangenen und erbeuteten mehrere Maschinengewehre.
In der Nacht vom 13. zum 14. Oktober wurden die für die im Gange befindlichen Operationen militärisch wichtigen Bahnhöfe von Chalons und Vitry le François von einem unserer Luftschiffe mit Bomben belegt.
Deftlicher Kriegsschauplah. Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg . Südwestlich und südlich von Dünaburg griffen die Ruffen gestern mehrfach ernent an. Südlich der Chauffee Dinaburg- Nowo- Alexandrowsk wurden fie unter ungewöhnlich schweren Verlusten zurückgeschlagen. Ebenso brachen zwei Angriffe nordöstlich Wesfolowo zusammen. Bei einem dritten Vorstoß gelang es den Russen hier, in Bataillonsbreite in unsere Stellung einzudringen. Gegenangriff ist im Gange.
Eins unserer Luftschiffe belegte den Bahnhof Minsk , auf dem zurzeit große Truppeneinladungen stattfinden, ansgiebig mit Bomben. Es wurden fünf schwere Explosionen und ein großer Brand beobachtet.
Englische Stimmungen und Verstimmungen. Beeresgruppe des Generalfeldmaricballs Prinz Leopold von Bayern
Amfterdam, 14. Oftober.( Privattelegramm des , Borwärts".) Die Times" ironisiert die Dienstagrede Bivianis. Wenn Viviani erklärte, daß die Deutschen ein neues Abenteuer begannen, weil sie keine weiteren Erfolge in Frankreich und Rußland davontragen könnten, so sei das eine sehr leichtsinnige Auffassung. Zweifellos aber sei fie auf weit genauere Information gegründet, als sie dem Publikum zugänglich wäre. Die Times" hofft, daß Grey imstande sein würde, einige Gründe für Vivianis Vertrauen anzugeben. Vivianis Rede lasse manche Streitfrage offen, so z. B. das allgemeine Argument, daß die Diplomatie der Verbündeten allzeit wohlinformiert und scharfsinnig gewesen wäre. Die griechische Frage behandelte Viviani mit vielleicht übertriebener Leichtigkeit.
DO
Ein anderer Times"-Artikel fagt: Dbzwar jedermann in der Rammer hocherfreut war zu hören, daß die französisch- englische Regierung mit Hilfe Rußlands eine energische Hilfsaktion für Serbien unternehmen würde, bleibt doch zweifelhaft, ob Vivianis Erklärung mit ihrem bezeichnenden Mangel an Bestimmtheit den dringenden Wunsch befriedigt, daß sich Verzögerungen, Schwankungen und Mißgriffe der Vierverbandsdiplomatie nicht wiederholen mögen. Eine Anzahl liberaler Unterhausabgeordneter entwarfen einen Antrag auf Einsetzung eines Spezialfomitees zur Untersuchung des Dardanellenunternehmens. Sie wollen baldigst entscheiden, ob sie von der Regierung einen Termin für die Freigabe der Diskussion darüber fordern werden. Vorläufig lehnt die Regierung eine Diskussion über Greys Erklärungen zur Ballanlage ab.
General Francis Lloyd sagte am Dienstag bei einer Londoner Hospitalseröffnung, daß die Armeeverluste der legten Woche 30000 weit überschritten.
Der Drientfenner Watson sagte in einem am Dienstag gehaltenen Vortrag, Serbien sei das legte hindernis des deutschen Bagdadweges. Wenn Serbien unterliege, stände es schlimmer als mit Belgien . Es würde dann österreichische Provinz werden. Deutschland könne 5-700 000 Türken bewaffnen. Die Dardanellen seien dann uneinnehmbar. Die Nachricht würde gleich Elettrofunken durch den ganzen Dsten fliegen, der englische Zauber sei dann dahin, die mesopotamische Stellung bedroht, jeder indische Bazar würde von der Nachricht widerhallen, Persien würde zu den Waffen greifen. Deutschland bekäme dann die Baumwolle Kleinafiens, das Del Persiens , das Kupfer Serbiens und Getreide. Der Gedanke eines Erschöpfungsfrieges wäre dann absurd. Nur schnelles energisches Handeln könne England vor dem Verderben retten. Die Nation sei im Dunkel gehalten worden, fie fordert jetzt volles Licht, eine Führung und Vertrauen ihrer Führer.
und Heeresgruppe des Generals v. Cinfingen. Nichts Neues.
Balkankriegsschauplah.
Bei der Heeresgruppe des Generalfeld. marschalls v. Mackensen nehmen die Operationen ihren planmäßigen Verlauf.
Südlich von Belgrad und von Semendria find die Serben weiter zurückgedrängt; es wurden 450 Gefangene gemacht und drei Geschüte ( darunter ein schweres) erobert; die Werke auch der Südfront vou Pozarevac sind heute nacht gestürmt; die befestigte Stadt fiel damit in unsere Han d.
Die bulgarische erste Armee begann den Angriff über die serbische Ostgrenze; sie nahm d die Paßhöhen zwischen Belogradcik und Knjazevac in Besitz. Oberste Heeresleitung.
Der österreichische Generalstabsbericht.
Wien , 15. Oktober. ( W. T. B.) Amtlich wird verlautbart: Wien , 15. Oftober 1915. Russischer Kriegsschauplatz. Reine besonderen Ereignisse.
Italienischer Kriegsschauplas.
An der Tiroler Front hält das starke feindliche Artilleriefeuer an. Infanterieangriffe versuchte der Gegner nur auf der Hochfläche von Bielgereuth, wo mehrere italienische Kompagnien um Mitternacht gegen unsere Stellungen vorstießen, jedoch nach kurzem Feuerkampf zum Zurückgehen gezwungen wurden. Ebenso scheiterte ein nochmaliger Annäherungsversuch in den Morgenstunden.
An der Kärtner Grenze und im Küstenlande ist die allgemeine Lage unverändert. Einzelne Abschnitte dieser Front stehen unter andauerndem feindlichen Artilleriefener. Eine am Plateaurand
nächst Peteano vorgehende italienische Abteilung wurde durch Gegenangriff geworfen und erlitt große Berluste.
Serbischer Kriegsschauplah.
Die über den Erino Brdo vordringenden t. und 1. Truppen warfen den Feind über den bei Vinca in die Donau mündenden Bolicica- Bach zurück.
Die beiderseits der unteren Morawa vorrückenden deutschen Streitkräfte nahmen Pozarevac im Kampf.
Die bulgarische erste Armee hat den Angriff über die serbische Ostgrenze begonnen und die Paßhöhen zwischen Belogradcit und Knjazevac in Besitz genommen.
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: von Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Das Drgan der Regierung, die„ Norddeutsche Allgemeine Zeitung", kommt in einer umfangreichen Abhandlung( 11. und 12. Oftober) erneut auf gewisse, die deutsch - englischen Beziehungen betreffenden Kapitel aus der Vorgeschichte des Krieges zurück: die durch den Besuch des Lord Haldane in Berlin veranlaßten Verhandlungen von 1912 und der Konferenzvorschlag des Sir Edward Grey in den fritischen Julitagen von 1914 bilden die Hauptgegenstände der Betrachtung. Neues Aftenmaterial wird allerdings nicht beigebracht, denn der wesentlichste Zweck der Veröffentlichung ist der, das, was bei früheren Gelegenheiten gesagt und geschrieben wurde, noch einmal zusammenzufassen und zu unterstreichen und die Aufmerksamkeit auf das schlechte Gewissen" zu lenken, das eine vollständige Wiedergabe dieser amtlichen Publikationen in England verhindert habe.
In erster Linie sind es die Artikel der„ Norddeutschen Allgemeinen 8tg." vom 28. August und 8. September dieses Jahres, denen drüben nicht die genügende Beachtung geschenkt worden ist. Das Reutersche Bureau hat in seinem Bericht über die Ausführungen vom 28. August sowohl die Feststellungen über die englisch - belgischen Verhandlungen, wie den Hinweis auf die Treulosigkeit in Aegypten und die britische Unterstügnng des französischen Vertragsbruchs in Maroffo völlig unterdrückt, und die„ Times" hat bei der Wiedergabe der am 8. September erschienenen Antwort auf den bekannten Pressebrief des Sir Edward Grey über die Besprechungen von 1912 sehr wichtige Stellen ausgelassen. Das ist eine Irreführung der öffentlichen Meinung, die in der Tat die schärfste Brandmarkung verdient, und sollte, was übrigens zum mindesten im Fall der „ Times" nicht ganz sicher ist, die britische Regicrung hinter diesen unlauteren Machenschaften stecken, hat sie sich einer einer schweren Jlloyalität schuldig gemacht. Freilich das mag zur Ergänzung der Darstellung in der Nordd. Allgem. Zeitung" gesagt sein- Sir Edward Grey ist nicht imstande gewesen, die Kritit an seinem Verhalten vollständig totzuschlagen. Wir erinnern in dieser Beziehung nur an die ebenso scharfsinnigen wie schonungslosen Untersuchungen von E. D. Morel, und an die Artikel, die beispielsweise der„ Labour Leader" zu verschiedenen Malen dem Gegenstande gewidmet hat. Wenn dieses Blatt am 26. August dem deutschen Reichskanzler ausdrücklich bestätigte, daß England nach dem Burenkriege kein Recht mehr zu der Behauptung befize, es habe den gegenwärtigen Feldzug nur im Interesse der kleinen Staaten begonnen, und wenn es sich weiter Herrn von Bethmanns Feststellungen über die englische Politik in Aegypten und Marokko ausdrücklich zu eigen machte, so ist das ein Beweis, daß Renter und die Regierung die öffentliche Meinung in England doch noch nicht vollständig beherrschen.
so
Zur Sache selbst erläutert und verteidigt die„ N. A. 3." noch einmal den Standpunkt, den die deutsche Regierung bei den Verhandlungen von 1912 eingenommen hat. Es sei absolut unwahr, daß Deutschland durch die von ihm vorgeschlagene Neutralitätsformel England zu einer unbedingten Passivität in Fragen der auswärtigen Politik habe veranlassen, sich selbst aber die Hände freihalten wollen.„ Deutschnotoland war im Gegenteil bereit, für den Fall eines rischermaßen von ihm nie beabsichtigten- Konflikts mit Rußland und Frankreich das Risiko englischer Interpretation der Frage, ob der Konflikt Deutschland aufgezwungen war, oder nicht, in einem Deutschland ungünstigen Sinn auf sich zu nehmen."
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Die englische Ablehnung lasse sich nur darauf zurückführen, daß sich Grey zu fest an Frankreich und Rußland gebunden gefühlt habe. Wäre die Verständigung zustande gekommen, so wäre die Entscheidung über Krieg und Frieden in London und nicht in Petersburg gefallen. Sir E. Grey wäre nicht verhindert gewesen, in Wien zu warnen und zu hemmen. Aber er hätte auch in Petersburg erklären können, daß England sich nicht in den Krieg hineinziehen lassen wolle, falls Ruß lands Kriegswille die Krisis zu überſtürzen gesonnen sein sollte." Da aber der englische Minister des Auswärtigen in Petersburg nur mit„ neurasthenischer Behutsamkeit" Ratschläge gegeben habe, die seinen russischen Kollegen hätten ermutigen müssen, sei schließlich der Mechanismus der Entente", wie es Lord Northcliffe genannt hat, hemmungslos abgerollt.
„ Mechanismus der Entente" sagt nicht mehr und nicht weniger, als daß der englische Staatssekretär des Auswärtigen in den fritischen Tagen der Weltgeschichte nicht Sir E. Grey, sondern bei dem auch zwischen Belgrad und Petersburg bestehenden Mechanismus Herr Paschitsch war."
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