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nt 286. 32. Ktiigge desAmillts" Kerlilltt Alksdigt!.'»'b

Gegen öen Lebensmittelwucher. Die Generalkommission der GeWerk- s ch a f t e n und der Vorstand der Sozialdemo- kratischen Partei haben dieser Tage dem Reichs- kanzler eine Zuschrift folgenden Inhalts übermittelt: Die Unterzeichneten nehmen erneut Anlaß, die Aufmerksam- keit Ew. Exzellenz auf die unerträgliche Preissteigerung unserer Nahrungsmittel zu lenken. Unser Volk steht vor einer ernsten Ge- fahr, die abzuwenden eine wichtige Aufgabe der inneren Politik ist. Zu den vielen Opfern, die das deutsche Volk heute bringt, sind die ihm hier auferlegten nicht aus dem Zwange der wirtschaftlichen Verhältnisse diktiert, noch weniger sind sie als unvermeidlich zu bezeichnen. An Lebensmitteln haben wir gegenwärtig keinen Ueberfluß, aber doch auch soviel zur Verfügung, daß wir im allge- meinen vor einer Hungersnot gftchützt sind. Wir werden auf den Konsum einiger Artikel in höherem Maße Verzicht leisten müssen, weil hier die Jnlandsproduktion den Bedarf nicht decken kann, aber wir haben zum Glück Ersatz in anderen Nahrungsmitteln, um den Fehlbetrag decken zu können. Noch immer begegnen wir indes der Ansicht, daß die Bevölkerung zur Sparsamkeit im Konsum erzogen werden müsse, und dies am ehesten durch hohe Preise geschehen könne. Dieser Tatsache müssen wir mit aller Entschiedenheit entgegen- treten. Wenn gegenwärtig in Berlin das Pfund Butter bereits 2,8(1 M. und Schmalz 2,40 M. kosten, so bedeutet diese Preissteigerung, daß die ärmere Bevölkerung vom Konsum der Butter und Schmalz aus- geschaltet wird, ohne daß die Wohlhabenden zur Einschränkung ge- zwungen wären. Es ist einfach unmöglich, daß von den Arbeitern, den Angestellten und weiten Kreisen des Kleinbürgertums solche Preise gezahlt werden. Unerträglich wird der Zustand noch dadurch, daß Margarine im Preise von IPV bis 1,50 M. für das Pfund schon den Preis erlangt hat, den die Butter früher erreichte. Speck steht im Preise der Butter gleich und ist deshalb nur noch selten im Daushalte des Armen, wie alle übrigen Fette und Fleisch. Kann es da einem Zweifel unterliegen, daß unsere Bevölkerung Einbuße erleidet an eiweiß- und fetthaltiger Nahrung, das heißt unter- ernährt ist? Furchtbar sind die Klagen der Familien der Kriegsteilnehmer, die fortgesetzt an uns gelangen. Alle private Wohltätigkeit vermag nicht die Not zu lindern, die vielfach hier eingetreten ist. Verzweif- lungsvoll wird die Lage, wenn Krankhest in der Familie den Ver- dienst der Frau schmälert oder die Krankheit der Frau ihn voll- ständig aufhebt. Wie soll mit der geringen Unterstützung ohne Ver- dienst der Frau die Familie durchkommen? Bei den jetzigen Preisen ist es unmöglich; hier kehrt Hunger und Entbehrung in die Familie ein, und das zu all dem Leid, der Sorge und Angst um den, der draußen sein Leben einsetzt für das Wohl und Wehe des Landes! Mit all den Notleidenden müssen wir den bitteren Vorwurf erheben, daß es in Deutschland leider eine große Interessenten- gruppe gibt, die achtlos an diesem Jammer vorübergeht, ja, denen diese Preislage noch nicht hoch genug ist. Klingt es nicht wie ein Hohn auf die Lage der ärmeren Volks- klassen, wenn heute eine Aktiengesellschaft nach der anderen ihre hoch gesteigerten Gewinne aus der Nahrungsmittelindustrie bekannt gibt? Das ist ein Beweis, wie skrupellos die wirtschaftliche Notlage aus- genützt wird und wie dringend notwendig der energische Eingriff des Reiches ist. Die Androhung mit dem Wuchergesetz, die Einsetzung von Kommissionen über Preisfeststellungen usw. schützen uns nicht vor Preistreibereien, weil der Wucher nicht zu fassen ist; der Schleich - Wege sind viele und die Grenzen für zulässige Uebervorteilung sind weit gezogen. Wir bestreiten aber auch mit aller Entschiedenheit, daß die Landwirtschaft auf diese hohen Preise für ihre Produkte Anspruch hat. Es ist nicht wahr, daß die Landwirte erheblich gesteigerte Pro- duitionskoften haben. Wir haben durch eine Umfrage auf einer An­zahl großer Güter in der Provinz Brandenburg festgestellt, daß stellenweise die Löhne gleichgeblieben sind, Lohnerhöhungen über 20 bis 80 Pf. pro Tag zu den Seltenheiten gehören. An die Stelle des Mannes ist die billigere Frauenarbeit getreten, ganz zu schwei- gen von den Vorteilen, die aus der Bereitstellung der Gefangenen für die Großgrundbesitzer besonders erwuchs. Ein Beispiel dafür, wie die Marktlage im freien Verkehr von der Landwirtschaft ausgenützt wird, geben uns die Viehpreise. Räch der Preisberichtsstelle des Deutschen Landwirtschaftsrats vom 7. September wurden im August d. I. auf dem Berliner Schlachtviehmarkt folgende Preise im Vergleich zum August 1914 für den Zentner Lebendgewicht notiert:

August 1915 August 1914 Ochsen.... ch 74,33 M. 51,25 M. vs 64.. 45.88. d) 55,-. 40,83, Kälber.... b) 83,19, 52,17, c) 74,88. 47,17, d) 66,38. 80,50 Schweine... b) 178,75, 48,31, v) 169,54. 48,71, d) 163,29. 47,. vi 146,-. 44,-.

Die Buchsiabenbezeichnungen'sind die bei den Notierungen üb- lichen Einteilungen nach Qualität des Viehs. Die Schweinepreise sind somit über das Dreifache gestiegen. Wir haben in unseren ftüheren Eingaben darauf hingewiesen, wie notwendig Höch st preise für Vieh sind, denn die freie Marktlage muß hier eine wüste Preistreiberei hervorrufen, da es natürlich an einem genügenden Angebot fehlt. Niemand kann behaupten, daß für die Schweinezucht die Landwirte heute das Dreifache aufwenden müssen. Nein, es ist die skrupellose Aus- nützung der Notlage, die zu solchen Wucherpreisen führt. Daß die Landwirte die freie Marktlage ausnützen wollen, um diese Preise zu erzielen, widerspricht den Interessen des Landes; diese Be- strebungen müssen durch Festsetzung von Höchstpreisen zurückge- drängt werden. Für die Negierung muß das Wohl des Landes und nicht das unberechtigte Begehren von Leuten maßgebend sein, die immer nur im engen Bannkreis ihrer Interessen sich bewegen. Im übrigen verkennen wir nicht, daß nicht alle Landwirte sich mit diesem Zustand einverstanden erklären, ihn vielmehr als beklagens- wert anerkennen. Entsprechend den Viehprciscn sind die Fleischpreise gestiegen. Schweinefleisch ist gegenwärtig in Berlin nicht unter 2,10 M. das Pfund zu haben, für Wurst ist der Preis bis auf 3 M. gestiegen. Schmalz und Rückenfett sind bis auf 2,40 M. erhöht. Selbst der minderwertige Schweinebauch erlangt einen Preis von 1,90 M. das Pfund. Wie soll mit diesen Preisen eine Arbeiterfamilie ihren Haushalt einrichten? Dabei ist das Ende der Preistreiberei noch nicht abzusehen, wir haben mit weiterem Hinaufschrauben der Preise zu rechnen. Der Mangel an Fleisch und Fetten läßt es notwendig er- scheinen, auch hier ein Verteilungssystem einzuführen, wie bei der Brotversorgung. Wir sind uns dabei bewußt, daß diese Vertei- lung für die ärmere Bevölkerung wenig Wert hat. weil sie schon auf kleine Rationen gesetzt ist, aber es muß den Wohlhabenden auch klar werden, daß Krieg ist und auch dort Einschränkungen ge- bieterisch gefordert werden. Große Sorge bereitet uns die Milchproduktion, und die Preis- steigerung für dieses so wichtige und unentbehrliche Nahrung?-

mittel. Wir hatten bei früheren Besprechungen im Rcichsamt des Innern empfohlen, daß durch Vermittelung von dieser Stelle mit den Organisationen der Milchproduzenten verhandelt werde, um ihre Anforderungen zurückzudrängen. Anscheinend ist nichts unternommen, denn wir haben bereits die befürchtete Preissteigc- rung. Im engen Zusammenhang damit steht die Verteuerung der Fabrikgerste. Der hohe Preis von 350 M. für die Tonne, die der Deutsche Landwirtschaftsrat mit der Gerftenverwertungsgesell» schaft vereinbart hat, bringt für den Landwirt den Anreiz, seine Gerste zu verkaufen, anstatt sie für die Viehhaltung zu verwerten. Mit der weiteren Steigerung des Wertes der Gerste wird neuer Anttieb für die höheren Viehpreise gegeben. Eine andere Folge dieser rücksichtslosen agrarischen Bestre- bungen ist, daß für gebrannte Gerste und für Graupen hohe Preise angelegt werden müssen. Gerade Nahrungs- und Genuß- mittel der ärmeren Volksklassen werden hier durch Preistreiberei besonders getroffen. Für gebrannte Gerste betrug der Preis vor dem Krieg 20 Pf. das Pfund, gegenwärtig 60 Pf. Der Arme muß 200 Proz. mehr zahlen für seinen Kaffeersatz, während der Reiche für seinen Kaffee 5 Proz. Aufschlag zahlt. Alles das geschieht, ohne daß von der Regierung diesem Treiben mit Erfolg Widerstand ent- gegensetzt worden wäre. Die Antwort, welche Euer Exzellenz dem Vorstande der Sozial- demokratischen Fraktion des Preußischen Abgeordnetenhauses auf seine Eingabe erteilt hat, läßt zwar die Absicht erkennen, die schwierige Lage namentlich der unbemittelten Bevölkerung durch Regelung der Lebensmittelpreise und der Lebensmittelbcschaffung zu mildern. Die bisher ergriffenen Maßregeln erscheinen aber nicht ge- eignet, dieses Ziel zu erreichen. Die neuerdings zur Regelung der Kartoffelvcrsorgung be- rufen« Organisation kann auf ihrem besonderen Gebiete gewiß mancherlei Gutes schaffen, zu einer wirksamen Bekämpfung des Lcbensmittelwuchers wird auch sie nicht imstande sein. Von der größten Wichttgkeit wären nicht nur Preisbestimmun- gen für Groß- und Kleinhandel, sondern auch für den P r o d u- zenten. Die Produzentenpreise sind gegenwärtig viel zu hoch; bei der günstigen Ernte hat die Bevölkerung ein Anrecht auf weit herabgesetzte Kartoffelpreise. Das ist um so notwendiger, als bei der Preislage für alle anderen Nahrungsmittel die Kartoffel für die ärmere Bevölkerung zu mäßigen Preisen auf den Markt ge- langen mutz. Dringend ersuchen wir um eine weitere Herabsetzung der Höchst- preise für Kartoffelmehl und Kartoffelpräparate. Die hohen Preise, die heute über den Roggenmehlpreisen stehen, sind keineswegs ge- rechtfertigt; sie sichern den Unternehmungen nur unerhörte Ge- Winne. Die hohe Preislage für diese Produkte dient nur zur höheren Bewertung der Fabrikkartoffel und damit wieder zu Preis- treibereien für die Eßkartoffel. Wir sind weit entfernt, der Landwirtschast die höheren Produ- tionskosten nicht in Anrechnung zu bringen aber diese Preise gehen weit über berechtigte Ansprüche hinaus; sie bedeuten Kriegs- gewinne und nicht geringer Art. Dagegen erheben wir Einspruch. Wie die Preise für die wichtigsten Bedarfsartikel im Haus­halt gestiegen sind, das mag folgende Tabelle veranschaulichen: Konsumgenossenschaft Berlin und Umgegend. Kleinhandelspreis pro Pfund im A n g il st Steigerung

Wir betonen noch einmal, daß die Preissteigerung, die uns die einheimische Landwirtsckwft auferlegt, unsere Volkscrnährung in ernste Gefahr bringt. Das zu verhüten, verlangen wir, und wir bitten, daß die Regierung auch dann keine Bedenken auf- kommen läßt, wenn sich ihre Maßnahmen gegen eine starke poli- tische Interessengruppe im Reiche richten. Das Wohl des gesamten Volkes erfordert, daß wir zu erträglichen Zuständen in der Lebens- mittelversorgung kommen." * * Die Preistreiberei auf dem Lebensmittelmarkte wird von Tag zu Tag schlimmer. Die Zahl derer, die von der Regie- rung verlangen, daß sie nun endlich ohne Rücksicht auf die gewissenlosen Preistreiber mit fester Hand zugreift, wächst immer mehr. Es sind längst nicht mehr allein die Vertretungen der Arbeiterschaft, die sich an die Regierung um Abhilfe wenden und Anklagen erheben. Auch in den Kreisen des Mittelstandes und der weniger hoch besol- deten Beamtenschaft nimmt die Unzufriedenheit mit dem zögernden Vorgehen der amtlichen Stellen ersichtlich zu. Wahr- haftig, es wird die höchste Zeit, daß energisch eingegriffen wird. Sofort nach dem Ausbruch des Krieges haben die Gene- ralkommission der Gewerkschaften und der Vorstand der Sozialdemokratischen Partei der Regierung ihre Vorschläge zur Verhütung einer Lebensmittelnot unterbreitet, immer und immer wieder haben sie später auf die zunehmende Ver- schlimmcrung der Zustände auf dem Lebensmittelmarkt hin- gewiesen und Abhilfe verlangt. Alles, was geschehen ist, ge- schah entweder zu spät oder nur halb. Die Verhältnisse haben sich jetzt derart zugespitzt nicht aus Mangel an den notwendigen Nahrungs- Mitteln, sondernalsFolgedcrgewissenlose-

stcn Spekulation!, daß für das ganze Volk die größten Gefahren heraufbeschworen werden, wenn nicht auf die unaufhörlichenErwägungen" und Sitzungen verzichtet und endlich zur Tat geschritten wird.

politische Uebersicht. Die Zukunft Polens . Vor kurzem ist durch Handschreiben Kaiser Franz Josefs eine neue Fahne für Oesterreich und eine gemeinsame Fahne für alle von der habsburgischcn Monarchie beherrschten Ge- bieteeingeführt" worden. Wenn auch naturgemäß solchen heraldischen Neuorientierungen wenig Bedeutung zukommt, so könnten sie doch mit einem gewissen Recht als ein Anzeichen zur festeren staatsrechtlichen Bindung aller österreichischen Gebiete aneinander betrachtet werden. Die bürgerliche Presse läßt es aber nicht damit genug sein, sondern knüpft an einige Ausdrücke weitere Folgerungen. DieP o st" polemisiert nun gegen die aus dem Handschreiben gezogene Folgerung,daß dem Gedanken eines mit größerer Selbständigkeit ausge- statteten Groß- Galiziens eine Absage erteilt werde". Sic schreibt dazu: Es erscheint daher durch die Auslegungen, welche dem ein- heitlichen Staate Oesterreich in dem neuen Handschreiben ge- geben sind, keineswegs ausgeschlossen, daß dieser Staat Oester- reich nicht bloß aus dem im Reichsrat vereinigten Ländern, sondern auch aus anderen Landestcilen sich zusammensetzen kann. Wenn daher durch die neue Ordnung der Dinge(d. h. die neuen Fahnen. Red. d.Vorm.") die Zweigliederung der Gesamt- Monarchie nochmals scharf bestätigt und jeder Gedanke an eine Dreigliederung ausgeschlossen wird, so bleibt doch wohl noch die Möglichkeit offen, die polnischen Landesteile unter Ausschließung aus dem Reichsrate zu einer gewissen Selb- st ä n d i g k e i t auszugestalten. Bei der Bedeutung, welche die künftige Regelung des polnischen Problems auch für unS natur­gemäß besitzt, erscheint es nicht unangebracht, auch diese Seite der neuen österreichisch-ungarischen Anordnungen nicht außer Auge zu lassen."_ Zensurfragen in Bayern . München , 15. Oktober. (W. T. B.) Der Finanzausschuß der Kammer schloß heute die allgemeine Budgetdebatte. Während derselben erklärte ein Ausschußmitglied, die angekündigte 25prozcntige Steuererhöhung würde weite Kreise erbittern. Ministerpräsident Graf Hertling erklärte, im Falle der dauernden Abwesenheit vieler Wahlberechtigter in Feindesland werde der Landtag rechtzeitig zur Beschlußfassung über eine Vorlage betr. die künftigen Landtagswahle n einberufen werden. Schließ- lich sagte der Kriegsniinistcr möglichste Fürsorge für eine einheil- liche und unparteiische Zensur zu und sprach den Leistungen der Presse gerade anläßlich des Krieges volle Anerkennung aus. Von einer zeitlichen Suspendierung von Blättern werde auch weiterhin Abstand genommen werden._ Ausdehnung des Besitzbefcstkgungsgesctzcs auf Ostpreußen . Vor einigen Jahren wurde in Preußen da» Besitzbefestigungs- gesetz geschaffen, das Polen und Dänen die Erwerbung von Grundbesitz in gewissen Gegenden erschweren sollte. Nach dem Gesetz erwerben Landgesellschaflen den zubefestigenden" Besitz für den Staat, und nach Regelung der Verschuldung wird das Grundstück entweder dem bisherigen Besitzer oder einem neuen übergeben. Die Zinsenlast ist geringer, doch der Besitzer ist in ein Ab- hängigkeitsverhältnis zum Staat geraten. Er darf das Grundstück nie an Käufer veräußern, die dem Staat nicht zu- sagen, da dieser das Verkaufsrecht besitzt. Jetzt sind Bestrebungen im Gange, dieses Gesetz auf ganz O st p r e u ß e n auszudehnen. In der Kriegshilfskommission für Ostpreußen hat Regierungsrat Schluß erklärt, der Güter- Handel werde nach dem Kriege lvieder einen recht bedroh- lichen Umfang annehmen. Der Staat habe ein Interesse daran, den Auswüchsen auf dem Gütermarkt vorzubeugen und Vor- sorge zu treffen, daß die landbesitzende Bevölkerung gestärkt und in ihrem Besitz erhalten bleibe. Diese Zwecke verfolge schon die Besitzbefestigungsbank in den national gefährdeten Teilen Ostpreußens . Die Ausdehnung ihres Wirkungs- gebiets auf die ganze Provinz und zum mindestenS auf die durch den feindlichen Einfall in Mitleidenschaft gezogenen GebietSte i l e der Provinz werde daher anzustreben sein. Durch die Bcsitzbefestigung würde einer weiteren Entvölkerung der Provinz Ostpreußen vorgebeugt werden. Dieser Zweck könne aber nur er- reicht werden durch die innere Kolonisalion, die in verstärkter Form durchzuführen sein werde. An ausreichendem Sicdelungsland werde es nicht fehlen. Schwierig werde nur die Beschaffung genügenden Ansiedlermaterials sein.

Zur Musterung der Dienstuntauglichen. Gegenüber den Befürchtungen, daß bei den M u st e r u n g e n der Dienstuntauglichen die notwendige Berücksichtigung aller die Diensttauglichkeit ausschließender oder stark beein- trächtigender Gesundheitsstörungen vernachlässigt werden könnte, bezeugt ein Schreiben des stellvertretenden Chefs der Medizinal- abteilung des Kriegsministeriums, Generalarzt Dr. S ch u l tz e n, an die Schriftlcitung derDeutschen medizinischen W o ch e n s ch r i f t", daß die Heeresverwaltung die weitgehendsten Vorkehrungen getroffen habe, um die Einstellungen von untaug- lichen Leuten zu verhüten. Den musternden Aerzten sei die größte Gründlichreit bei der Untersuchung zur Pflicht gemacht. Aus der Anleitung ergibt sich ohne weiteres, daß die Anforderungen an die körperliche Leistungsfähigkeit durchaus nicht mehr als zweckmäßig herabgesetzt werden sollen. Maßgebend bleibe aber wie bisher der Grundsatz, daß nur der, der den Anforderungen des Kriegsdienstes in irgendeiner Form auch wirklich gewachsen ist, als kriegSbrauch- bar beurteilt werden soll. Auf Autrag der Medizinalabteilung hat der Chef des Feldsanitätswcsens eine größere Anzahl aktiver, in der Musterung besonders erfahrener oder fachärztlich ausgebildeter Sanitätsoffiziere aus dem Felde den einzelnen Korpsbezirken für die Musterung überwiesen und ebenso eine Reihe als beratende innere Mediziner, beim Feldheer tätige Professoren zur Verfügung gestellt, die zur Untersuchung und Begutachtung zweifelhafter oder besonders schwieriger Fälle herangezogen werden sollen. Die Kriegs- fanitätsinspekteure sollen möglichst vielen derartigen Musterungen beiwohnen, um den musternden Aerzten mit ihrem Rat zur Seite zu stehen. Schließlich wird das Kriegsministerium sich durch Kom- missare über den Verlauf der Musterung unterrichten. Besonders hervorzuheben aus dem Inhalt der Anweisungen ist eine für das Publikum praktisch wichtige Bestimmung. Sie besagt, daß für