genau erforschen, was den Unglücklichen in den Tod ge-trieben hat, bei einem Drittel aller Selbstmorde(!), denwahren Beweggründen nicht auf die Spur kamen? Bei derabsolut größeren Zahl der Zivilisten-Selbstmorde bliebennur 18 pCt. unaufgeklärt,— wir geben dem Militarismusnoch einen weiteren Schritt vor, wenn wir sagen, er wäreentschuldigt, hätte er nur dieselbe Zahl unerklärt gelassen.Aber den Rest hätte er aufklären kämen, er hatte dieZahlen aufklären müssen, wenn wir nicht sagen sollen, erhat sie nicht aufklären wollen, um unsere Blickenicht auf die � Liebkosungen von Offizieren und Unter-offizieren, auf die modernen Fehmgerichte des Militarismus,auf die trotz alles schönen Beschwerderechtes doch so ohn-mächtige Rechtlosigkeit der armen Mißhandelten hinzulenken.Wir haben das Recht, wir haben die Pflicht, daraus hinzu-weisen, wenn uns der Militarismus die stummen, abereine so eindringliche Sprache redenden Zahlen uicht er-läutern mag.— Und was uns allein der Erlaß desPrinzen Georg über unsere stolze Armee enthüllt hat, dasläßt uns die„verschwindend kleine Zahl" der l,S pCt.Selbstmorde wegen Mißhandlung— so horrend diese Zahlan sich schon ist— mit argwöhnischen Blicken betrachten,denn wir denken an jene Soldatenbriefe, in letzter Stundemit zitternder Hand geschrieben, die mit Hilfe unsererPresse erst den Schleier vor manchen, nur für die Militär-behörden räthselhaften Selbstmorde lüfteten. Die Zahlenau sich sind schon furchtbar genug,—— aber welcheTragödie würden sie erst enthüllen, wenn sie richtigerwären!Der Bearbeiter der offiziellen Statistik fühlte dasauch selbst heraus und er lenkt deshalb rasch dieAufmerksamkeit des Lesers auf ein anderes Feld,indem er uns berichtet, die Unteroffiziere stelltenein ungleich größeres Kontingent der Selbstmörderals die Gefreiten und Gemeinen—„oft aus gekränktemEhrgefühl, aus verletztem Ehrgeiz".— Schön, das läßt sichhören! Aber haben wir uns denn nicht schon müde darübergeredet, daß es ein Verbrechen an der ganzen Mensch-heit ist, wenn man mit den raffinirtesten Mitteln den Ehr-geiz einer ganzen Gesellschastsschicht zum Kasten-Ehraeizmacht, wenn man ihn so sehr ins Krankhafte steigert, daßseine Angehörigen bei dem geringfügigsten Anlaß freiwilligin den Tod gehen?!Sie wollten die Schuld für die Soldaten-Selbstmorde aufunser Wirken abwälzen, Herr Kriegsminister, indem Sie ihrenOffizieren sagen lassen:„Jeder lasse es fich für seinen Theilangelegen sein, jenen zersetzenden Richtungen unserer modernenEntwickelung entgegenzuarbeiten, welche die sittliche und religiöseGrundlage der Lebensauffassung schwächen und zerstören...welche das Leben nur des Genusses wegen für lebenswerthhält, die Begierden und Leidenschaften nährt, Pflichtendes einzelnen gegen andere und die Gesellschaft nichtkennt".... Eine wichtige Unterstützung würde derArmee im Kampfe gegen den Soldatenselbstmord schondadurch zu theil werden, wenn die in der Oeffentlichkeitzu Tage tretenden, entstellten(sie!) Schilderungen des Loosesdes Soldaten zum Schweigen kämen. Es entspricht der that-sächlichen Erfahrung, daß durch solche Entstellungen des Be-rufslebens, in welches der junge Soldat meist unfreiwillig ein-zutreten hat(welch köstliches Eingeständniß über die Soldaten-liebe unseres Volkes), in ihm Muthlosigkeit, Abneigung undselbst Widerwille gegen dasselbe erzeugt und der Boden be-reitet wird, auf welchem der Gedanke an den Selbstmordkeimt..."Wir, wir können das Soldatenleben, indem wir nackteThatsachen berichten, nicht in trostloseren Farben darstellen,als es die Zahlen des Herrn Kriegsministers gethan haben— und diese Zahlen brennen heiß in der klaffenden Wundedes Militarisnms, das Blatt kann der Mititarismus ineinem Schuldbuche nicht mehr zerreißen, nachdem er es unsclbst vorgelegt hat.Volikisthe UubeMiW.Berlin, den 3. April.Merkwürdig naiv ist die alte Raketenkiste. Poltertesie da am Allerwelts-Narrentag heraus:„Ich habe den Eindruck, daß, seit ich nicht mehri m A m t e bin, das Wohlwollen, dessen Kundgebungmich heute so erfreut, eher im Wachsen als im Ab-nehmen begriffen i st."Glauben wir gern. jUnd entspricht ganz dem freudigenUff!, mit dem alle anständigen Menschen vor 4 Jahren dieExmission des Hansmeisters begrüßten.—Soldaten als fürstlich Bisniarck'sche Holzsäger?Der„Curier an der Unterelbe" veröffentlicht folgende eigen-thümliche Notiz:Zum I. April. Morgen früh sollen die hiesigen Pioniereallarmirt werde» und einen Uebungsmarsch nebst Waldübungvornehmen. Die Quartiermacher sollen heute früh 11 Uhrbereits nach Friedrichsruh abgegangen sein, um daS Nöthigegeglätteten Abhang hinunterlief. Plätzlich strauchelte seinPferd, und nur ein kecker Griff Dagoberts in die Zügel desstolpernden Rolands konnte Gaul und Reiter vom gefähr-lichen Sturz erlösen.—„Kreuz und Dorn!" fluchte dererschrockene Gerhard, stille haltend:„Das kommt davon,wenn man Euch zuhört, und sich selbst darüber vergißt!Die vcrdamnite Halde mit ihrem Abhang! Es wird bessersein, wenn wir,— da doch die Mittagsglocken läuten—wie andere ehrliche Christen von den Pferden steige», dasKäpplei» unter den Arm nehmen, und unsere Thier? betendweiter führen."„So sei's. Du wackerer Christ!" entgegnete Dagobert.„Es wird nebenbei nicht schaden, daß wir bei der Handsind, wenn jener Reitersmann, der da vor uns hinkleppert,sich aus dem Sattel begeben sollte. Sein Gaul tanzt wieDeiner auf der Eisbahn... wie Du, scheint der Mannin Gedanken versunken, denn der Zaum hängt schlaff, undwer weiß, wie bald..."„Alle Teufel! da haben wir's!" unterbrach Gerhard seinschon begonnenes Gebet, und er und Dagobert setzten sichin Lauf, auf die Gefahr ein Bein oder den Hals zu brechen:denn der besagte Reiter schlug soeben zum Boden nieder,und das Roß wälzte sich auf ihm. Die Helfer in der Rothschnürten in der Eile ihre Gäule an einer Buche fest mitdem Zügel, und eilten zur Rettung des Gestürzten herbei.Mit vieler Mühe wurde dieser von der Last seines Pferdesbefreit, das sich mit der größteil Anstrengung aufrichtenließ und endlich, schaudernd von Schreck und Schmerz, aberunverletzt neben seinem Herrn stand. Dieser saß, nach undnach Besinnung und Sprache wieder erlangend, ans der Erde,und starrte die beiden Schutzengel lange an.„Gelobt sei Jesus Christus!" begaiin er endlich mitvorzubereiten. Die Abwesenheit der Pionire soll auf 7 bis14 Tage berechnet sein. Es scheint kaum glaublich, daß einGerücht, was die Stadt durchschwirrt, wahr sei, daßunser Militär auf höhere Ordre, mit 2 Drillanzügenund S0 neuangefchafflcn Sägen ausgestattet, dorthinbefohlen sei, um den Wald des Fürsten Bismarck vom Holz-bruch de? letzten Sturmes zu säubern, weil die dortigenArbeiter für 2,2ö M. nicht arbeiten mögen. SSV Mann sollenmit Musik ausrücken. Im Jntereffe der Oeffentlichkeit hoffenwir ein Dementi von maßgebender Stelle, da es, wie gesagt,kaum glaublich erscheint, daß die Benutzung von Militär zuPrivatarbeit m so großem Maßstabe in Anspruch genommenwird, so lange Hamburg so viele brodlose Leute hat, die gernarbeiten mögen.Die versprochenen Dienstalterszulage« sollten vielenEisenbahnbeamten vom 1. April ab ausgezahlt werden.Plötzlich wurde die betreffende Verordnung zurückgezogenund große Unzufriedenheit unter den Beamten ist die Folge.Wer erzeugt da die Unzufriedenheit? Die Regierung oderdie Sozialdemokraten, welche die Schäden in der staatliche»Verwaltung aufdecken.—Zur Unterdrückung der„Elsaß- LothringischenVolkszeitung" wird uns aus dem Reichslande mitgetheilt,daß eine Ordre aus dem Reichskanzleramt vorgelegen habensoll, das der Bourgeoisie unbequeme Blatt, sobald sich einAnlaß bietet, zu unterdrücken; die Regierung soll fernerversprochen haben, den Diktaturparagraphen gegen Organe,welche die Interessen der Bourgeoisie vertreten, nicht an-zuwenden, dafür soll aber von der Gruppe der Elsässerder Diktaturparagraph nicht mehr angegriffen werden,sodaß dieser künftighin blos gegen die gemeinsameGegnerin von Reichsregierung und Bourgeoisie, gegen dieSozialdemokratie angewandt werden soll. Diese Dar-legung entspricht vollständig unserer Auffassung, wo-nach der Diktaturparagraph als spezielles Sozialisten-gesetz für Elsaß-Lothringen erhalten bleiben soll.Die reichsländische Sozialdemokratie wird den Anwenderndes Diktaturparagraphen ebenso ein Paroli zu bieten ver-stehen, wie wir in Alt-Deutschland mit dem Sozialisten-gesetze fertig zu werden wußten.—Die Freisinnige Vereinigung hat in Breslau eineAgitationsversammlung abgehalten, über die die liberalenZeitungen spaltenlange Berichte bringen. Etwas, das un-sere Leser an den Redeübungen der Caprivigarde inter-essiren könnte, ist nicht zu berichten.In Kamernm rumort es wieder. Hoffentlich ver-danken wir Leist und Konsorten nicht noch einen ernsthaftenKolonialkrieg in Ostafrika.—Die Kosziusko-Feier in ö st e r r e i ch i f ch P o l e nist nicht ohne Zusammenstöße mit der Polizei verlaufen.Depeschen melden hierüber das folgende:Krakau, 3. April. Wegen der in den letzten Tage»vorgekommenen Ruhestörungen durchzogen gestern verstärkteMilitärpatrouillen die Straßen. Die Schanklokale wurden um3 Uhr Abends geschlossen.Wegen der Ausschreitungen während der Kosziusko-Feierwurden 22 Personen verhaftet. Der gestrige Tag verlies vollkommen ruhig.—Zur Kosziusko-Feier wird der„Vossischen Zeitung"aus Posen unter dem 1. April geschrieben:Die hundertjährige Gedenkfeier an den polnischen National-Helden Kosciusko, der Ende März 1734 aus demKrakauer Ringe den historisch gewordenen Schwur derpolnischen Nation— die Freiheit und das Gebiet des Reichswiederherzustellen— leistete, wurde auch dieser Tage von denpreußischen Polen in zahlreichen Städten und Dörfern ent-sprechend begangen. In der Stadt Posen wurde die Feier am31. März durch einen Gottesdienst in der Dominikanerklrche ein-geleitet. Abends wurde im polnischen Theater ein polnisch-patriotisches Stück aufgeführt, und ebenso werden heute undam 3. April im polnischen Theater historisch« Dramenaus der Zeit des Unterganges des Polenreiches gegeben werden.Sonntag Nachmittag fand in Posen eine Volksversammlungstatt mit Vorträgen über Kosziusko, Deklamation, Gesangs-ausführungen u. f. w. Donnerstag, S. April, wird in derPfarrkirche eine Seelenmesse für die am S. April 1794 beiRactawice gefallenen polnischen Krieger gelesen. Am SargeKosziusko's in Krakau wird schließlich eine Abordnungpolnischer Bürger der Stadt Posen einen Kranz mit der Inschrift„Tadeusz Kosziusko, dem Helden der Freiheit dieHauptstadt Großpolens"(d. h. Posen) niederlegen. In derProvinz bestehen die Kosziusko-Festlichkeiten meist in Volks-Versammlungen mit Vorträgen, theatralischen, deklamatorischen,musikalischen Ausführungen u. f. w.—Die Trauerfeierlichkeiten für Kossnth übertrafenan Großartigkeit alle Erwartungen.—Das schmachvolle Zu-Krenze-Kriechen der däni-scheu Bourgeoisie wird treffend in folgendem Ausspruchder„Vossischen Zeitung" gewürdigt:„Die Ordnungsparteien vereinigen sich gegenüber demsehr tief und vollklingender Stimme, während er sich daslinke Bein rieb, auf dem sein Rappe gelegen hatte:„Dasnenn' ich einen Sturz, wie er mir doch Zeit meines Lebensnicht vorgekommen ist."„Ihr seid doch ganz und heil, lieber Herr?" fragteDagobert theilnehmeud.— Ter Fremde zuckte die Achseln,aber ein zufriedenes Lächeln breitete sich über sein braunesmännliches Angesicht, als er nach wiederholter Ausdeh-nung seiner Gliedmaßen verspürte, daß sie unverletzt ge-blieben.„'s ist noch gut abgelaufen!" meinte er, und wischte sichden kalten Schweiß von der Stirne.„Hebt mich aus, ihrguten Leute; ich werde wohl mit Gottes Hilfe allein stehenkönnen." Der Versuch ging ohne Gefährde glücklich vor-über. Der Fremde stand da seine beiden Rothhelfer um einErkleckliches überragend, und wandte nun die herrischenAugen gegen den Rappen, der noch ängstlicher zitterte, alsob er des Herrn Blick schon kenne und dessen Fi4ß«i.„Seht da, ihr Herren!" sprach der abgeworfene Reiter:„seht da einen Gaul, der mir schon zehn Jahre dient, undmich auf manchem Ritt zu Ernst und Schimpf getragen,um den man mich gar oftmals beneidet, und den ich Gut-freund getauft, um seines sichern Schrittes und seiner Auf-merksamkeit willen. Ist's nicht eine Schande, daß er michheute abgeschleudert in seiner faulen Nachlässigkeit? Duböses Pferd— mit unserer Freundschafts ist's aus: vonheute an reite ich Dich nicht mehr."„Wenn Ihr der Wechselpferde mehrere besitzt, ist's gutfür Euch," versetzte Gerhard, der den schlichten Lederkollerdes Reiters mit Geringschätzung betrachtete.„Jndeffen hatder Gaul nur ein Versehen verschuldet. Er ist ja kein Mensch."(Fortsetzung folgt.)Sozialismus, sie vergeffen alle absolutistischen Maßregeln deSMinisterpräsidenten Estrup, sie sanktionire» sämmtliche Un-gesetzlichkeiten des letzten Jahrzehnts aus Furcht vor demrothen Gespenst, das sich bei den letzten Wahlen einige Wahl-kreise eroberte."Der Ministerpräsident Estrup wird ob seiner Nieder-werfung deS Liberalismus daher auch von den deutscheu Libe-ralen gefeiert, ebenso wie von unseren deutschen„Nationalen",obwohl seine fganze Politik eine deutsch- feindlich chauvi-nistische gewesen und schon im„nationalen" Jntereffe von ihnenhätte bekämpft werden müssen. Man sieht, daß die Bourgeoisieund der Militarismus aller Länder ein gemeinsames Bandverknüpft, daS stärker ist selbst als der nationale Patriotis-mus. Ferner sehen wir aber auch, daß die Bourgeoisie,selbst in ihrer größten Macht, freiwillig vor dem Milita-rismus auf die Knie fällt und ihn als Oberlehnsherrn an-erkennt, weil sie nur in ihm noch ihre Stütze gegenüber demVolke sieht. Wie wir in unserer Sonntagsnummer es schonaussprachen, können unsere dänischen Genossen den feigenAbfall der Bourgeoisie nur begrüßen; sie können den Aus-gleich der Mehrheit des Folkethings mit der Regierung alseinen bedeutungsvollen Merkstein auf der Bahn des Fort-schritts der dänischen Sozialdemokratie betrachten.—Die bayerischen Zentrumsabgeordneten verbleiben,noch in der Zentrumspartei, so versichert Dr. Schädler.Die bayerischen Zentrumswähler wären aber froh, wenndie Trennung recht bald erfolgen würde.—Ter Friede mit Estrup, dem dänischen Bismarckscheint nicht allgemeinen Anklang gefunden zu haben.Wenigstens meldet eine Depesche aus Kopenhagen, daß ISder gemäßigten Linken angehörige Abgeordnete, welche gegendie politische Vereinbarung gestimmt hatten, eine neueFraktion gebildet haben und damit aus der Parteider gemäßigten Linken thatsächlich ausgeschieden sind.—Das dänische Parlament verwarf mit 57 gegen 15Stimmen die in den Konfliktsjahren 1885 und 1886 vonder Regierung erlassenen provisorischen Gesetze, betreffenddie Errichtung des Gendarmeriekorps, die außerordentlichePolizei und die Verschärfung des Preßgesetzcs. DieseGesetze, welche in den früheren Jahren nur dem Landsthingvorgelegt wurden, sind hierdurch aufgehoben.—Kurz gehalten wird die königliche Familie in Nor-wegen. Der Storthing— das norivegische Parlament—verwarf zwar den Antrag des Abgeordneten Rinde von derradikalen Linken, die Apanage des Königs auf 100 000Kronen(112 350 Mark) herabzusetzen, nahm dagegen denAntrag an, die A p a n a g e des K r o n p r i n z e n aus-zusetzen, bis ein Dementi der ihm beigemessenenAeußerung von einem bewaffneten Einfall in Norwegenvorliege.—Das proportionale Wahlsystem ist von der belgischenRegierung aufgegeben worden. Im Juni soll die Kammer-session geschlossen werden und im November sollen die aufgrund des allgemeinen Wahlrechtes gewählten neuenKammern zusammentreten.—Die Einführung des sAchtstundentages seitens derenglischen Regierung in einer Anzahl ihrer Werkstätten,hat über Englands Grenzen hinaus Bedeutung; so wird ausParis gemeldet, daß die meisten Morgenblätter den Artikeldes„Figaro" über die in England angestellten Versuchemit der Einführung des Achtstundentages besprechen undempfehlen, auch in Frankreich die nämlichen Versuche anzu-stellen.—Zur politischen Situation in Italien. Wie der„Secolo" meldet, finden die italienischen Generalwahlenim Oktober statt. Es verlautet, der Widerstand derKammer gegen das neue Steuerprogramm werde die Auf-lösung der Volksvertretung herbeiführe». Das genannteBlatt theilt serner mit, daß Crispi in einer Unterredungmit einer hervorragenden politischen Persönlichkeit erklärthabe, er verstehe es sehr wohl, daß die Kammer die Steuer-vorlagen nicht annehmen könne, da fast alle Abgeordnetenihren Wählern versprochen haben, gegen die Finanzreformzu stimmen. Die Ablehnung der Vorlagen würde eineKammerauflösung oder eine Ministerkrisis zur Folgehaben.—Aus Italien wird gemeldet, daß das Elend überallim Steigen begriffen ist, so auch in Piemont. Eine PariserDepesche meldet hierüber:Seit länger als acht Tagen sind die Züge auf der Eisen-bahnstrecke Mentone-Macon mit italienischen, aus Piemontstammenden Erdarbeitern überfüllt, welche, vollständig mittellos,in Frankreich Unterhalt suchen.Herr Crispi kümmert sich aber um das Elend seinerLandslcute blutwenig, er macht in Reaktion, will die Wahl-gesetze in rückschrittlichem Sinne umgestalten und einAnarchistengesetz durchsetzen.—Das Elend in Spanien wird durch folgende Depeschenaus Madrid beleuchtet:Nach in Madrid vorliegenden Meldungen plünderten am1. April ungefähr 1000 Arbeiter die Bäckereien in San Lucar;die Gendarmerie konnte nichts dagegen thun. Auch in Ecija(Provinz Sevilla) fanden Ausschreitungen statt.Der Ministerrath beschäftigte sich am 2. April mit derandalusischen Arbeitersrage und beschloß die Ausführung össent-licher Arbeiten in den Provinzen Cadix und Granada, umden Arbeiterklassen Beschäftigung zu verschaffen.—Universitäts-Nnruhen in Warschau. Unter denStudenten der Universität Warschau sind der„PolitischenKorrespondenz" zufolge, Ruhestörungen ausgebrochen. DieUniversität wurde geschlossen und es ist noch fraglich, obsie nach den Ostertageu wieder geöffnet werden wird.—I» Serbien hat nun trotz aller Dementis eine Minister-krise stattgefunden. Das neue Ministerium entsprichtebenso wenig dem Volkswillen, wie das eben abgetretene.—Repressalien der brasilianischen Regierung. Nacheiner Meldung des„New-Uork Herald" ans Bnenos-Ayreserwägt die brasilianische Regierung die Frage, das Eigen-thum derjenigen Brasilianer und Fremden, welche derRevolution Vorschub geleistet haben, zu konfiszircn. DieRegierung soll ferner ein Dekret veröffentlicht haben, wonachdie brasilianischen Flüchtlinge erschoffen werden sollen, wenndie portugiesische Regierung dieselben ausliefert.—Das Ideal der„Norddeutschen Allgemeinen Zeitung"ist jedenfalls das neue Wahlgesetz aus denSand-w i ch s- I n s e l n. Ueber dasselbe medet die Agentur Reuterans Honolulu:Die provisorische Regierung hat das Wahlgesetz sowie die