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Nr. 311.- 32. Jahrg.

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Telegramm- bceffer Sozialdemokrat Berlin

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morigplas, Nr. 151 90-151 97.

Mittwoch, den 10. November 1915.

Expedition: Sw. 68, Lindenstraße 3. Wernsprecher: Amt Moritzplak, Nr. 151 90-151 97.

Weiteres Vordringen in Serbien .

Rumänien und der Weltkrieg.| Meldung des Großen Hauptquartiers. innerhalb derfelben Partei, wie fich dies bei den Debatten an

Der theoretische Führer des rumänischen Sozialismus, Genosse Dobrogeanu Gherea , hat im ersten Kriegs­jahr eine Schrift über die Stellung Rumäniens zum Weltkrieg veröffentlicht,*) die gerade im gegenwärtigen Augenblic besonderes Interesse beantspruchen darf.

Der zweite Teil der Broschüre, betitelt Die Oligarchie und die äußere Politik" bildet eine Untersuchung über die Ur­sachen der Neuorientierung der äußeren Politik Rumäniens . Die politische Gewalt in Rumänien war seit jeher durch einen stillschweigend geschlossenen Pakt zwischen den zwei realen politischen Faktoren des Landes der Oligarchie und dem König geteilt. Die Domäne der inneren Politik fiel der Oligarchie zu, während die Leitung der Geschäfte der äußeren Politik dem König Carol vorbehalten blieb.

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Die durch die geographische Lage des Landes- mitten zwischen zwei mächtigen Reichenbedingte absolute Neu­tralität mußte im Laufe der Zeit einer Politik der Anlehnung Rumäniens an eine der durch die imperialistischen Bestrebun­gen auf dem Balkan gebildeten gegnerischen europäischen Mächtegruppen Blaß machen. Da zeigte es sich, wohin die Interessen des Landes gravierten.

Die Anlehnung an Desterreich- Ungarn- Deutschland ergab fich aus folgenden Gründen. Das ganze wirtschaftliche Leben. Stumäniens ist mit den Zentralmächten und durch dieses mit dem Westen Europas eng verbunden. Desterreich, oder we nigstens Ungarn , hat fein Interesse an einer Eroberung Ru mäniens. Denn ein so großer Zuwachs, wie ihn die ruma nische Bevölkerung Ungarns durch eine Einverleibung Ru­ mäniens in die Monarchie erfahren würde, würde das Vor­herrschen des rumänischen Elements in Ungarn bedeuten. Sollte es dennoch dazu kommen, so würde eine Annerion Ru­ mäniens dazu führen, die dualistische Monarchie in eine tria­listische umzuwandeln, in der den 12 Millionen Rumänen die politische Vorherrschaft zufallen würde.

Anders verhält es sich mit Rußland .. Mit ihm ist Nu­mänien weder durch wirtschaftliche noch durch kulturelle Bande verknüpft. Der politische Traum Rußlands ist die Eroberung Konstantinopels und die Beherrschung der Dardanellen. Der Weg nach Konstantinopel führt aber über Rumänien und Bulgarien . Das größte Bollwerk gegen diese Expansions­bestrebungen Rußlands ist die österreich- ungarische Monarchie. Die Eristenz Desterreich- Ungarns ist mittelbar eine Eristenz­bedingung für Rumäinen. Auch Rußland stellt ein Mosaik von Nationen dar, aber das Verhältnis der Nationen zuein­ander ist hier ein anderes. Dort gibt es eine mächtige herr­schende Nation, die den zahlreichen ihr unterworfenen, kleine­ren, unterdrückten Nationen gegenüber eine Politik der ge­waltsamen Entnationalisierung betreibt.

Obwohl der Verfasser der äußeren Politik des Königs Carol die sozialdemokratische Forderung: Gründung einer Balkanföderation entgegenseßt, die mit oder ohne Anlehnung an Desterreich die beste Garantie für die Eristenz und die Unabhängigkeit der Balkanvölker gegenüber den russi­schen Expansionsbestrebungen bedeuten würde, erkennt er jedoch bei der Politik des Königs Carol eine gewisse innere Logit und Continuität an, die das Land vor manchem Fehl­schlag bewahrt habe.

Auf die Frage, warum Rumänien jetzt gewillt zu sein scheint, mit dieser 40 Jahre lang bewährten äußeren Politik zu brechen, gibt Gherea folgende Antwort:

Unsere in der letzten Zeit immer zahlreicher gewordene politische Oligarchie, im Glauben, sie sei politisch reif genug.., riß die Leitung der äußeren Politik aus den Händen des Königs an sich... Diese Expropriation geschah aber nicht zugunsten der Nation, sondern zum ausschließlichen Nutzen der aus einigen tausend Politikern und ihrer Klientel be­stehenden Oligarchie, die dank einem abscheulichen Dreiklassen. wahlrecht bereits seit mehr als 40 Jahren die Alleinherrschaft in der inneren Politik Rumäniens ausübt, und der die noch abscheulichere neuhörige sozialwirtschaftliche Verfassung des Landes die ökonomische Macht in die Hände spielt.

Diese Oligarchie benutte in der äußeren Politik die gleichen Methoden und Praktiken, deren sie sich bisher in der Leitung der inneren Politik bediente. Dieselbe Oberflächlich­feit, die gleiche Unfähigkeit und der gleiche Mangel an leiten­den Prinzipien und Skrupeln, dieselbe Hypertrophie der per­sönlichen Interessen, die gleichen Personenkämpfe um die Parteileitung, schroffen Koterien- und Klientelkämpfe, Straßenaktionen zur Einschüchterung der Gegner und des Königsalle diese Methoden wurden aus der inneren auf die äußere Politik übertragen.

Früher fühlten sich unsere Professoren und Studenten in

Amtlich. Großes Hauptquartier, den 9. November 1915.( W. Z. B.)

T.

Weftlicher Kriegsschauplah.

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Es find keine Ereignisse von Bedeutung zu melden. Versuche der Franzosen , das ihnen am Hilsenfirst entrissene Grabenstück zurückzugewinnen, wurden vereitelt.

Deftlicher Kriegsschauplah.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg . Die russischen Angriffe wurden auch gestern westlich und südlich von Riga , westlich von Jakobstadt und vor Dünaburg , ohne jeden Erfolg fortgesetzt. In der Nacht vom 7. zum 8. November waren feindliche Ab­teilungen westlich von Dünaburg in einen schmalen Teil unferer vorderen Stellung eingedrungen. Unsere Truppen warfen sie im Gegenangriff wieder zurück und machten einen Offizier, 372 Mann zu Gefangenen.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinz Ceopold von Bayern . Im Laufe der Nacht fanden an verschiedenen Stellen Patrouillenkämpfe statt.

Heeresgruppe des Generals v. Cinlingen.

Bei einem erfolgreichem Gefecht nördlich von Komarow ( am Styr) wurden 366 Ruffen gefangen genommen.

Balkankriegsschauplay.

Südlich von Kraljevo und südlich von Krusevac ist der Feind aus seinen Nachhutstellungen geworfen. Unsere Truppen find im weiteren Vordringen. Die Höhen bei Gjuuis auf dem linken Ufer der Südlichen Morava find erstürmt.

Die Beute von Krusevac erhöht sich auf etwa 50 Geschüße, darunter 10 schwere, die Gefangenenzahl auf über 7000.

Die Armee des Generals Bojadjieff hatte am 7. November abends nordwestlich von Aleksinac, sowie westlich und südwestlich von Nisch die Südliche Morava erreicht und hat im Verein mit anderen, von Süden vorgehenden bulgarischen Heeresteilen 2estovac genommen.

Oberste Heeresleitung.

Der öfterreichische Generalstabsbericht.

Wien , 9. November. ( W. Z. B.) Amtlich wird ver­lautbart: 9. November 1915.

Russischer Kriegsschauplas. Nördlich von Jazlovicc an der unteren Strypa und westlich von Czartoryst am Styr wurden russische Angriffe abgeschlagen. Sonst nichts Neues.

Italienischer Kriegsschauplah.

Die Lage ist unverändert. Mehrere feindliche Angriffe an der Isonzofront auf Zagora, in den Dolomiten, auf dem Col di Lana und dem Sieffattel wurden abgewiesen.

Südöstlicher Kriegsschauplah.

An der montenegrinischen Grenze ist die Lage unverändert.

Bon den in Serbien kämpfenden t. und 1. Truppen hat eine Gruppe Jvanijica besezt, eine andere den Feind aus seinen an der Straße Jvanijica- Kraljevo angelegten Höhenstellungen geworfen.

Deutsche Kräfte vertrieben den Gegner aus seinen Ber­schanzungen füdlich von Kraljevo . Südlich von Trstrik stehen unsere Bataillone im Kampf. Die im Raume von Krusevac operierenden deutschen Divisionen dringen südwärts vor.

Die Bulgaren haben Leskovac in Besitz genommen. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: v. oefer. Feldmarschalleutnant.

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läßlich des Balkanfrieges offenbarte und bei den jüngsten Vorgängen in der konservativen Partei wiederholte.

Die erste unglückselige Frucht des Eingreifens dieser neuen Faktoren in die äußere Politik Rumäniens war der Krieg von 1913 gegen Bulgarien .

Was die unheilvolle Folge eines Krieges Rumäniens gegen Desterreich- Ungarn sein könnte, zeigt Gherea in dent ersten Teil seiner Broschüre, die eine Reihe von Artikeln ver­einigt, die der Verfasser in den ersten Monaten des Krieges im Zentralorgan der rumänischen Sozialdemokratie upta" veröffentlicht hat.

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Bei Kriegsausbruch würde die einzige Verkehrsader Ru­ mäniens mit dem Zentrum und dem Westen Europas da die Dardanellen gesperrt sind abgeschnitten und der Schwer­punkt seines wirtschaftlichen Lebens nach Rußland hin ver­legt werden. Was das bedeutet, erhellt daraus, daß der weit­aus größte Teil des rumänischen Handels und sein Kredit von Deutschland abhängig sind. Rußland dagegen ist ebenso wie Rumänien Agrarland. Das würde aber den wirtschaft­lichen Zusammenbruch bedeuten. Ferner würde ein Argriffs­frieg gegen Destereich- Ungarn zu einer militärischen Stoope­ration mit Rußland führen, was gleichbedeutend sei mit einer völligen Einverleibung und Unterordnung der rumänischen Armee unter die militär- strategischen Ziele Rußlands . Das revanchelüsterne Bulgarien würde diesen günstigen Augen­blick ausnüßen, um für die ihm 1913 zugefügte Demütigung Vergeltung zu üben.

Ein Krieg nach zwei Fronten und der sich bald fühlbar machende Mangel an Geld und Munition, ohne die ein mo­derner Krieg undenkbar ist, würden das übrige tun, um den Zusammenbruch zu vollenden.

Das Hauptargument der rumänischen Kriegsheber ist, daß dieser Weltkrieg die Dekomposition Desterreichs zur Folge haben wird, und daß es nationaler Verrat wäre, diese seltene Gelegenheit, die die Weltgeschichte bietet, die nationale Eini­gung der Rumänen zu vollziehen, unausgenützt vorübergehen zu lassen. Diesem Trumpf hält Genosse Gherea mit Recht die Erwiderung entgegen, daß die sich gegenüberstehenden Koa­litionen zu stark seien, um voneinander vernichtet werden zu können. Auch sei der Zweck dieses Krieges, der als imperia­listischer Krieg bezeichnet werden müsse, nicht die vollständige Vernichtung des Gegners, sondern die Unterwerfung von weniger entwickelten, schwachen, kleinen Ländern. Die Folge dieses Krieges würde eine allgemeine Erschöpfung aller Bar­teien sein, und es könnte der von Sir Edward Grey prophe­zeite Fall eintreten, daß die erschöpften Großmächte außer­stande, sich auf Kosten des unterliegenden Gegners zu entschä digen, dies wie oft in der Geschichte auf Kosten der fleinen Staaten versuchen würden. Dann aber wehe den­jenigen Ländern, die durch ihre Stellungnahme in dem gegen­wärtigen Kriege den Zorn der einen oder anderen Partei er­regt haben, und die, durch die Teilnahme am Krieg ebenfalls erschöpft, keine andere Rechtfertigung ihres Handelns haben werden, als die diplomatischen Versprechungen und die Dank­barkeit Rußlands !

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Unter solchen Umständen einen Krieg vom Saune zu brechen, wäre Wahnsinn. Die schwere Verantwortung dafür würde jedoch die rumänische Oligarchie allein zu tragen haben. Die Parole der rumänischen Sozialdemokratie ist daher: Absolute Neutralität.

Ein Rücktrittsgesuch Kitcheners?

London , 9. November. ( W. T. B.) In der Sonnabendnummer des Globe", die der Anlaß zur Beschlagnahme war, heißt es: Wir haben gestern gemeldet, daß Kitchener dem Könige das Rücktrittsgesuch überreicht hat, daß diefes aber nicht an­genommen worden ist. Eine Stunde nachher veröffentlichte das Pressebureau die amtliche Ablengnung. Wir wiederholen heute unsere Feststellung. Kitchener batte Donnerstag Audienz beim König und überreichte fein Rücktrittsgesuch, das nicht angenommen wurde. Die Veröffentlichung dieser Mitteilung hatte die getvünschte Wirkung Sie verhinderte, daß ein völliger Wechsel in der verantwortlichen Kriegsleitung hinter dem Rücken der Nation ausgeführt wurde.

Ermangelung einer geeigneteren Beschäftigung dazu berufen, Globe" fagt weiter: Kitchener wurde durch Umtriebe und Machen durch Straßenbewegungen die eine Regierung zu stürzen, um schaften der Politiker dazu gebracht, dem König feinen Nüdtritt an­eine den Anschauungen dieser Schuljungen entsprechendere zubieten. Ein dringendes Ersuchen des Preßbureaus macht es uns Regierung ans Ruder zu bringen jetzt versuchen es die- unmöglich, über die weiteren Entschlüsse Stitcheners zu berichten. selben studierenden Jünglinge unter der Leitung ihrer Pro- Aber wenn die Nation erfahren wird, wo er ist, wird sie beurteilen fessoren, ebenfalls durch Straßenaktionen der äußeren Politik können, ob die Erklärung, daß Asquith Kitcheners Tätigkeit während die Direktive zu geben und über Krieg und Frieden zu be- feiner vorübergebenden Abwesenheit fortführen werde, ehrlich ist, und wird die Notwendigkeit erkennen, daß das Parlament in der

stimmen."

Daher die Unsicherheit, die Oberflächlichkeit, der Stim- nächsten Woche in vollem Maße von seinen Befugnifien Gebrauch *) C. Dobrugeano- Gherea, Krieg oder Neutralität", Bukarest , mungswechsel und die Widersprüche in bezug auf Fragen der macht. Glücklicherweise gibt die Kreditbewilligung Gelegenheit, die Verlag Sececu u. Co., 1914. äußeren Politik nicht nur von Partei zu Partei, sondern auch Nation die volle Wahrheit wissen zu lassen.