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Nr. 316.

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Telegramm Adresse: Sozialdemokrat Berlin ".

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morigplak. Nr. 151 90-151 97.

1960 19

Montag, den 15. November 1915.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moritzplatz , Nr. 151 90-151 97.

Heftige Beschiessung der Stadt Goerz .

Zukunftsbilder.

Es ist zu verstehen, daß von all den internationalen Fragen, deren Lösung die Zeit nach dem Kriege bringen soll, feine eingehender erörtert wird, als die zukünftige Gestaltung Der Beziehungen zwischen Deutschland und Desterreich- Ungarn . Seit dem Ende der siebziger Jahre stehen die beiden Staaten in einer Bundesgenossenschaft, die gefühlsmäßig an eine frühere, wenn auch anders geartete, so doch äußerlich ebenso intime Gemeinschaft anknüpfen konnte. Schon lange vor dem Kriege sind dabei die Möglichkeiten eines engeren wirtschafts­politischen Zusammenschlusses hüben und drüben besprochen worden, und jetzt hat das Schulter- an- Schulter- Stehen der Armeen und der Diplomaten in dem großen Ringen eine Stimmung geschaffen, die eine über die Allianz hinausgehende Verbindung der beiden Reiche für die natürlichste Sache von der Welt erachtet. ⠀⠀⠀⠀

Groß ist die Zahl der Broschüren und Artikel, die über den Gegenstand erschienen sind. Jetzt hat sich ihnen ein Buch ,, Mitteleuropa "*) angereiht, das den liberalen Politiker Friedrich Naumann zum Verfasser hat, und man darf schon fagen, daß kaum jemandem das Thema in diesem Stadium der Entwickelung näher läge, als diesem Manne, bei dem sich von jeher Stimmung und politische Berechnung zu stets originellen und häufig auch faszinierenden Bildern zu formen pflegten.

Friedrich Naumann steht in der Mitte zwischen einem alt­jüdischen Propheten und dem Reiter des statistischen Bureaus eines großen Syndikats. Von dem einen hat er den holden Wahnsinn und das Gefühl, von dem anderen die Freude an der Ziffer und an dem zahlenmäßigen Beweis. Der Prophet freilich überwiegt, und seine Bücher sind durchweg mehr Utopie als Wissenschaft, Dichtungen, die durch einige aus Statistiken geformte Brüden mit dem Land der harten Tat­sachen verbunden werden. Das ist's, was ihm und seinen Schriften zu einer verhältnismäßig großen Schar von Be wunderern verholfen hat, das ist's aber auch, was die Menge der Bewunderer nicht zu einer festen Partei werden läßt, denn wer die Ideen zu halten und zu begreifen sucht, dem geht's wie dem bei dem Maskenfest im zweiten Teil des Goetheschen " Faust" mit gleißenden Gaben Beschenkten:

Es löst sich auf das Perlenband, Ihm frabbeln Käfer in der Hand; Er wirft sie weg der arme Tropf Und umsummen ihm den Kopf.

So wird auch das neue Buch, dieser politische Baedecker zur Reise nach dem mitteleuropäischen Zukunftsstaat, viel ge­lesen werden, obwohl oder weil es das Problem, das es an­padt, mur oberflächlich und in der Hauptsache mit dem Gefühl behandelt und die harte und mühselige Arbeit genauerer Untersuchung und tatsächlicher Wegbereitung anderen über­läßt.

Naumann will ein Mitteleuropa , das heißt, einen mög. lichst engen Busammenschluß zwischen Deutschland und der Donaumonarchie. Um es gleich zu sagen: wir wollen das auch, unterscheiden uns von ihm aber in der Begründung unserer Absicht und, was damit zusammenhängt, in der 3 medießun g. Naumann denkt vor allem friegspolitisch. Deutschland und Desterreich müssen so eng als möglich an­einanderrücken, um gegen neue Angriffe gesichert zu sein. Weder bei dem einen, noch bei dem anderen, besonders aber bei Deutschland nicht, darf nach dem Kriege der Gedanke auf­tauchen, daß möglicherweise einmal der Verbündete von heute mit den Gegnern von heute in demselben Schüßengraben stehen könne.

Meldung des Großen Hauptquartiers.

Amtlich. Großes Hauptquartier, den 14. November 1915.( W. Z. B.)

Weftlicher Kriegsschauplatz. Keine wesentlichen Ereignisse.

Deftlicher Kriegsschauplah.

Bei den Heeresgruppen der Generalfeldmarschälle v. Hindenburg und Prinz Leopold von Bayern

ist die Lage unverändert.

Heeresgruppe des Generals v. Cinfingen.

Bei Podgacie( nordwestlich von Czartorysk) brachen deutsche Truppen in die russischen Stellungen ein, machten 1515 Gefangene und erbeuteten 4 Maschinen­gewehre. Nördlich der Eisenbahn Kowel - Sarny schei. terten russische Angriffe vor den österreichischen Linien.

Balkankriegsschauplah.

Die Armeen der Generale von Koeveß und von Gall. wit warfen auf der ganzen Front in teilweise hart. nädigen Kämpfen den Gegner erneut zurüd. 13 Offi. ziere, 1760 Mann wurden gefangen genommen und 2 Ge­schüße erbeutet.

Die Armee des Generals Bojadjieff ist im Anschluß an die deutschen Truppen von der Südlichen Morava her im Vordringen. Oberste Heeresleitung.

Der öfterreichische Generalstabsbericht.

Wien , 14. November. ( W. Z. B.) Amtlich wird ver. lautbart:

Russischer Kriegsschauplak.

Nach einem Einbruch in die feindliche Stellung nord­westlich von Czartorysk wurden über fünfzehnhundert( 1500) Gefangene und vier Maschinengewehre eingebracht. Westlich von Rafalowka haben wir Angriffe abgewiesen. Sonst außer Handgranatenkämpfen bei Sapanow keine Infanterietätigkeit an der ganzen Front.

Italienischer Kriegsschauplah.

Schon zu Beginn der neuen Schlacht hatten italienische Gefangene ausgesagt, die Stadt Görz würde zusammen­geschoffen werden, wenn es nicht gelingen sollte, sie zu nehmen. Tatsächlich fielen schon an den ersten Tagen der großen Kämpfe zahlreiche Geschosse in die Stadt. Gestern unterhielt die feind­liche schwere Artillerie über den unbezwungenen Brüdenkopf hinweg ein heftiges Feuer auf Görz . Unterdessen war die er­folglofe Angriffstätigkeit der Italiener vornehmlich gegen den Nordteil der Hochfläche von Doberdo gerichtet. Nördlich des Monte San Michele ging ein Frontstück vorübergehend an den Feind verloren; abends wurde es durch Gegenangriff voll­ständig zurückerobert. Die übrigen Borstöße der Italiener wurden sämtlich blutig abgeschlagen. Vor dem Abschnitt füdlich des Monte Dei Sei Busi und vor dem Görzer Brückenkopf hielt schon unser Geschüßfeuer jeden Angriffsversuch nieder. Meh­rere unserer Flugzeuge belegten Verona mit Bomben.

Südöstlicher Kriegsschauplah.

Die Armee v. Kövek hat in erfolgreichen Gebirgskämpfen weitere Fortschritte gemacht. Die Visegrader Gruppe hat sich nach heftigen Kämpfen dem unteren Limgebiet genähert. Auf der Straße nach Javor wurden die Höhen Karagjorgjev Sanac im Ebartale, der Nordhang des Planinicarückens erreicht. Im oberen Rafinagebiet hat sich der geworfene Gegner über Brus und Ploca zurückgezogen. Die Armee hat in diesen Kämpfen breizehn Offiziere und zwölfhundert Mann gefangen genom men. Die Armee v. Gallwig drängt den Feind in das Toplicatal zurück. Im Anschluß sind die bulgarischen Streitkräfte überall im Borgehen.

Aufgaben hinausgeht, so muß auch er zugeben, daß hier das erfte und größte Hindernis liegt, deffen Ueberwindung für alles weitere von Bedeutung ist.

Behn Jahre vor dem poetischen Versuch über Mittel­ europa hat er eine Dichtung über Neudeutsche Wirtschafts­politik" herausgebracht. Damals war er unbedingter Frei­händler, und wer ihn für einen tonsequenten Politiker hielt, mußte annehmen, daß er ießt für eine Staatengemeinschaft ohne Zollmauer eintreten werde. Das war ein Irrtum, und Naumann macht selbst ausdrücklich auf seinen Meinungs­wechsel aufmerksam. Die Welt, so sagt er, sei inzwischen weiter gegangen, und der entscheidende Sieg der reichsdeutschen Zoll­parteien habe in der reichsdeutschen Wirtschaft Verhältnisse geschaffen, die auch derjenige nicht ignorieren könne, der die neue Bewegung vorher bekämpft habe. Dazu komme, daß parlamentarisch eine feste Mehrheit für das gegenwärtige Bollsystem vorhanden sei, daß wir in den nächsten Jahren in der deutschen Politik zu viel anderes zu tun hätten, um bei aussichtslosen Mehrheitsverhältnissen einen theoretischen Zoll­fampf zwischen jegt und der neuen Handelsregelung nach dem Kriege von neuem zu beginnen. Mit diesen Ausführungen, deren Schema wir jedem Umlerner aufs angelegenste emp­fehlen, hat sich Naumann von den Auffassungen seines un­vergeßlichen verstorbenen Freundes" Theodor Barth und feines berehrten Freundes" Professor Brentano endgültig verabschiedet, und es hindern ihn keinerlei Rüdsichten mehr, das Staatengebilde, das ihm vorschwebt, gemeinsam mit den Schußzöllnern zu erbauen.

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Aber auch unter diesen gibt es bekanntlich noch gewisse Meinungsverschiedenheiten, die in die Alternative Bollunion oder ausschließliche Meistbegünstigung zusammengefaßt werden können. Der weitausschauende Charakter seiner Pläne treibt den Verfasser von Mitteleuropa " ganz naturgemäß an die Seite der Anhänger eines einheitlichen Zollgebietes, mur macht er auf der anderen Seite wieder insofern Bugeständnisse, als er für gewisse Waren im Interesse der beteiligten Gewerbe eine Bollinie zwischen Deutschland und Desterreich- Ungarn . bestehen lassen will. Schließlich jedoch hält er sich nicht allzu lange bei diesen Schwierigkeiten auf, denn die gemeinsame Bollpolitik ist ihm nur eine unter zahlreichen Gemeinsam­feiten, seine Absicht geht ja dahin, über all die doch nur unter­geordneten Hindernisse hinweg dem Wanderer das seiner Meinung nach so herrliche Bild Mitteleuropas zu zeigen.

Wer sich in dieser trüben Zeit durch den Optimismus eines Mannes bezaubern lassen will, der die Kunst besitzt, alle Dinge auf eine einfache, glückliche Formel zu bringen, und alles Störende nach Möglichkeit aus seinem Gesichtskreis zu bannen, der soll zu dem vorliegenden Buche greifen. Will er aber Politik treiben, so muß er anderes und sehr viel nüch­terneres Material zu Rate ziehen, wobei ihm die Zusammen­stellung, die kürzlich der Genosse Hofrichter in der Neuen Beit" gegeben hat, gute Dienste leisten kann.

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Meldung der italienischen Heeresleitung.

Rom , 13. November. ( W. T. B.) Amtlicher Bericht. Unsere mit unermüdlicher Ausdauer längs der ganzen Front fort­gefeßte Offensive trug uns gestern einige neue Erfolge ein. Im Val Lagarina besetzten wir die Ortschaft Marco. Destlich dieser Ortschaft eroberten wir den Abhang des Berges, der von Zugna Torta in nördlicher Richtung gegen Lizzana abfällt. Unsere Flug­zeuge bombardierten im vollen Fluge das Quartier des österreichisch­ungarischen Kommandos. Im Campelle- Tale griff eine Abteilung Alpinifreiwilliger, auf einer Offensiverkundung gegen Montalon be­griffen, eine starke feindliche Abteilung an, welche von Forcella di Valsorda herunterkam, und jagte sie in die Flucht. Im Hochcordevole dauern die Operationen zur Ausdehnung des von uns an dem Gipfel des Col di Lana, auf dem Siefberge sowie auf den Nordost­hängen dieses gebirgigen Massivs eroberten Raumes fort. Auf den Höhen nordöstlich Gör3 fanden gestern erbitterte Kämpfe mit wechselndem Glüde um Oslavia und unterhalb des Kalvariengipfels statt. Wir nahmen dem Feind etwa 50 Gefangene ab, darunter drei Offiziere. Auf dem Karst dauert unser Fortschreiten von Schüßengraben zu Schüßengraben hartnädig an. Wir machten gestern neue Fortschritte gegen Boschini und eroberten einige Schüßengräben und Werke. Wir behaupteten sie trok heftiger Gegenangriffe des Feindes. General Cadorna .

Wenn wir es vermeiden wollen, ein Gebiet zu betreten, das heute verbotenes Land ist, können wir nur ganz allgemein fagen, daß wir Sozialdemokraten uns von einer so gearteten Erwägung nicht leiten lassen. Für uns wäre ein deutsch­österreichischer Zusammenschluß nur wertvoll als Ueber. gang zu einer höheren Organisationsform Europas und der Welt. Wo Naumanns Pläne enden, fangen die unseren an. Und wenn wir uns damit einverstanden erklären, daß der erste Schritt von Berlin nach Wien und Budapest getan wird, so bestimmt uns dabei weder eine gemütliche Erwägung noch der Glaube, daß gerade diese Annäherung auf irgendeinem Ge­biete besonders vorteilhaft für die deutsche Arbeiterschaft und für unsere wirtschaftliche Entwidelung wäre. Mit dem Ge­müt fann schließlich doch immer nur der Desterreich den Vor- schaftliche angeht, so erkennt doch selbst der Schwärmer für das zug geben, der in ihm einen wesentlich deutschen Staat er- neue Mitteleuropa , daß der deutschen Volkswirtschaft selbst blidt, während wir uns des Charakters der Donaumonarchie dann, wenn, wie es ihm ganz selbstverständlich ist, das Deutsche als eines Nationalitätenstaates, in dem nach dem Kriege die Reich in dem neuen Konzert die erste Geige spielt, durch den quartier wird gemeldet: Die neuen großen Kämpfe im Gör­nichtdeutschen Elemente mehr Recht fordern werden, als sie zusammenschluß ein Bleigewicht an die Füße gehängt würde. zischen. Nach kaum einwöchiger Bause haben die Kämpfe großen vorher besessen haben, bewußt bleiben. Und was das Wirt- Die Frage wird am brennendsten auf dem Gebiete Stiles an der Isonzo front wieder begonnen. Aus nahe­der Zollpolitik, und wenn auch Naumanns Programm weit, liegenden Gründen konnten sich die Italiener feine längere Ruhe sehr weit über die gemeinsame Regelung handelspolitischer| gönnen. Anfangs Dezember soll das Barlament eröffnet werden.

*) Berlin , bei Georg Reimer.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. v. oefer, Feldmarschalleutnant.

Die italienische Offensive.

Wien , 13. November. ( W. T. B.) Aus dem Kriegspreffe