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Nr. 318. 32. Jahrgang.

1. Beilage des Vorwärts  " Berliner Volksblatt. Mittwoch, 17. November 1915.

Politische Uebersicht.

Bußtagsstimmung.

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Abänderung der Kriegsbesoldungsordnung.

hätten, Friseurgeschäfte bekunden, daß sie heute auch aus un­bemittelten Kreisen Frauen zu ihrer Kundschaft zählen, die nie an einen derartigen Lurus gedacht hätten. Charakteristische Büge ähnlicher Art fann man auch in sonstigen Gegenden Deutschlands  und in den verschiedensten Volksschichten feststellen...

Für Arbeiter besteht kein Zweifel, welches Bild die Wirk­lichkeit besser trifft.

50 000 M. Gewinn weniger 2000 M. Geldstrafe. Berliner   Blätter berichten:

Der Reichstag   hat in seiner legten Tagung eine Resolution, lediglich gegen die Stimmen der Konservativen, angenommen, in der der Reichskanzler ersucht wird, den Entwurf einer Kriegsbesoldungs­vorlage dem Reichstag   schleunigst vorzulegen. Damit hat der Reichstag   ganz klar zum Ausdrud gebracht, daß die Festsetzung der Die konservativen Blätter benutzen die Gelegenheit, die Kriegsbesoldungen durch Geſetz, nicht durch Verordnung geschehen der Bußtag bietet, zu Betrachtungen über die sittlichen Wir- muß. Die Regierung will diesen Weg aber offenbar nicht bes schreiten. Das Ärmee berordnungsblatt" veröffent­fungen des Krieges. Dabei zeigt sich eine recht niedergedrückte licht nämlich eine Kabinettsorder, durch welche die gröbsten Stimmung. Am meisten zufrieden ist noch der Reichs- Auswüchse der Kriegsbesoldungsordnung, die von dem sozial­bote", der feststellen zu können glaubt, daß doch viele in demokratischen Redner, Abgeordneten Stücklen, sowohl in der Kom­,, Vom Landgericht Köln   wurden am 24. Juli die Kauf­unserem Volte sich wieder auf ihr besseres Selbst und auf mission wie auch im Plenum scharf kritisiert worden waren, beseitigt leute Brüder Abraham   und Saly Salm wegen lieber­Gott besonnen hätten. Viel trüber sieht schon die werden. Die Tagegelder der höheren Beamten sind ganz erheblich tretung der Höchstpreise für Kartoffeln zu je 1000 M. Geld­Deutsche Tageszeitung". Sie stimmt ein Klage- gefürzt worden. Mit all dem kann man natürlich rückhaltlos ein strafe verurteilt. Die Angeklagten betreiben einen At­lied an, daß sich bei manchen der Staub des Alltags wieder verstanden sein. Trotzdem aber muß unter allen Umständen auf metallhandel und seit dem Kriege auch einen Kartoffelhandel. niederdrückend auf die Flügel der Seele gelegt habe.- Ste einer gefeßlichen Regelung bestanden werden, denn die Festießung In zwei Monaten haben sie für Kartoffeln 85 000 M. aus= seien vom Höhenwege abgewichen und liefen Gefahr, wieder mandogewalt des Kaifers fallend bezeichnet werden. Es wäre ja geklagten haben beim Verkauf der Kartoffeln vielfach die feſt­der Kriegsbesoldungen fann ganz unmöglich als unter die Rom  - gegeben und 135 000 m. eingenommen. Die An­niedere Jrrpfade zu wandeln. auch ein ganz unlösbarer Widerspruch, daß die erheblich niedrigeren " Unglaube und Zweifel haben wieder ihre hohläugigen und Friedensbezüge der Zustimmung des Reichstags unterliegen, daß es gefekten Höchstpreise überschritten. Die Revision wurde am gespenstischen Häupter erhoben. Aus den finsteren Winkeln wagt aber dem Reichstag versagt sein sollte, in die hohen Kriegs- 9. November vom Reichsgericht verworfen." fich das Kleine und Gemeine, das Frevle und Feile wieder besoldungen hineinzureden. Der Reichstag   fann gar nicht anders, Für die beiden Angeklagten ist der Gewinn von 50 000 hervor. Das Tändelspiel mit der Sünde hat wieder begonnen, er muß darauf bestehen, daß diese Angelegenheit gesetzlich geregelt Mark durch die Strafe um ganze 2000 M. gekürzt worden die häßliche Spekulation mit den niedrigeren Trieben findet ihre wird. Daß bei solcher Handhabung der Strafbestimmungen( niedrige Rechnung; Dirnengeist fängt an, sich wieder breitzumachen." Geldstrafe statt der zulässigen Gefängnisstrafe und Beschlag­nahme des Gewinnes) die Uebervorteilung der Konsumenten nicht aufhört, nimmt kein Wunder.

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Am rücksichtslosesten aber deckt deckt in der Kreuz­ Zeitung  " der Konsistorialrat Dr. Conrad die Schäden der Zeit auf. Er spricht von denen, für die der Krieg feine Schrecken verloren habe, weil sie nicht persönlich von ihm be­troffen werden. Sie behalten in der großen Zeit ihre Klein­lichkeit und Erbärmlichkeit. Sie machen nicht einmal den Versuch, von ihr loszukommen.

Ausbeutung der Not und Kriegswucher zeigen sich wie Eiter beulen an dem Volkskörper. Ein Leben und Treiben macht sich breit, das zu dem Ernst der Zeit und zu den Entbehrungen unserer Truppen und der Aermsten in der Heimat in einem un­fchamlos in die Deffentlichkeit, daß Soldaten, die ihre Wunden in der Heimat ausheilen, sich entrüstet abwenden und sagen: Für so ein Bolt opfern wir Leben und Gesundheit! Die tiefer in die Dinge eingedrungen sind, werden noch ganz andere Farben zu diesem dunklen Bilde beitragen fönnen. geburt unseres Wolfes reden? Gewiß, es gibt solche, die der Und da wollen wir von der religiösen und ſittlichen Wieder­Krieg zu neuen Menschen machte; aber das ganze Volt, die Massen? Sie sind kaum an der Oberfläche berührt, und das Wellengefräusel, das der neue Geist ihnen brachte, ist bald dahin. Und da wollen wir uns noch weiterhin an dem Geibelwort be= rauschen, daß am deutschen   Wesen einmal mag die Welt ge= nesen?"

Bittere Worte! Wo sind die Poeten, die vor sechzehn Monaten den Krieg als das Stahlbad und den Jungbrunnen der Völker priesen? Wo ist der Professor Sombart  , der ihm als der zehrenden Flamme zujauchzte, die alles Böse, nicht zuletzt den Mammonismus und den Händlergeist für ewige Zeiten zerstöre?

Die richtige Schlußfolgerung.

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Ift der Bewucherte strafbar?

des Reichsgerichts sowohl gegen den Verkäufer wie gegen den Käufer Die Ueberschreitung der Höchstpreise ist nach der Rechtsprechung strafbar. Im Anschluß an unsere Darlegung, daß die Bestrafung strafe verurteilte das Landgericht Halberstadt   die drei Jnhaber der Ueber einen ähnlichen Fall wird berichtet: Zu je 1000 Mt. Geld­auch des Käufers im Resultat zu einer Begünstigung des Wuchers bortigen Großhandelsfirma Goldschmidt. Die Angeklagten waren führe und deshalb aufgehoben werden müsse, wird uns aus der der systematischen Ueberschreitung der Höchstpreise für Gerste be­Stadt Strasburg geschrieben, es müsse darauf gesehen werden, daß schuldigt. Sie hatten von einer Brauerei den Auftrag auf Liefe­absichtliche Preisüberschreitungen unter Strafe bleiben. So rung von Gerste übernommen und griffen zu einer Umgebung habe eine Reihe Hausfrauen in Strasburg   nach Festsetzung der sogenannten Malzklaufel in der Bundesratsverordnung, um der Höchstpreise für Butter und Eier die Bauern aufgesucht und von den Landwirten Gerste geliefert zu bekommen. Nach dieser ihnen 40, auch 50 Pf. über die Höchstpreise gezahlt. Ein solches Klausel gelten die Höchstpreise nicht für Lieferungen von weniger verwerfliches Vorgehen enthält die Anstiftung zur Ueberschreitung als drei Tonnen an Mälzereien und dergleichen. Es besteht aber der Höchstpreise durch den Verkäufer. Dies bleibt auch strafbar, die Vorschrift, daß den Landwirten 75 Proz. der Ausbeute als wenn unserem Vorschlage entsprechend der Käufer straflos bleibt, Futtermittel zurückgeliefert werden müssen. Die Angeklagten deffen Notlage der Verkäufer zur Annahme des den Höchstpreis über- wandten sich nun an ungefähr 400 Landwirte mit dem Ersuchen, schreitenden Verkaufspreises mißbraucht hat. Auch derartige Fälle ihnen solche Malzgerste" zu liefern. Sie erhielten sie auch und hat aber das Reichsgericht gemeint, auf Grund des geltenden Ge­

des Wuchers, da schwerlich der Käufer Anzeige macht, wenn er be­feges bestrafen zu müssen. Das führt aber zu einer Begünstigung fürchten muß, selbst mitbestraft zu werden.

,, Burgfriedliche" Stadtverordnetenwahlen.

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Ein sonderbares Beginnen!

eine Geldstrafe von 10 000 M. Er stellte in Aussicht, daß 3 ahrten dafür zum Teil wesentlich über den Höchst= preis. Der Staatsanwalt beantragte für jeden der Angeklagten alle die vielen Personen, die bei den Geschäften beteiligt waren, zur strafrechtlichen Verantwortung gezogen würden. Das Urteil lautete, wie erwähnt, auf je 1000 M. Geldstrafe. Der Direktor der Brauerei, Ernst Maas aus Meißenthurm, Kreis Koblenz  , wurde zu 500 M. Geldstrafe verurteilt.

Spiritus und Kartoffelpreise. Uns wird geschrieben:

Bei den Stadtverordnetenwahlen in Königsberg   i. Pr., die im Zeichen des Burgfriedens" stattfanden, wurden fieben Sozialdemo­traten und neun Bürgerliche in der dritten Abteilung gewählt. Die sozialdemokratische Fraktion besitzt wieder neunzehn Mandate. Die Parteien hatten dort fogar eine gemeinsame Kandidatenliste aufgestellt, die folgendermaßen unterzeichnet war: Grundbesizer. Die Verordnung des Bundesrates zur Sicherstellung der Kar Verein. Nationalliberale Partei  . Fortschrittliche Volkspartei. toffelversorgung übt noch nicht allenthalben die erwartete Wirkung Sozialdemokratische Partei  ." Es wurde in dem Aufrufe empfohlen, aus. An manchen Stellen ist sogar eine gewisse Kartoffelnot ein­die gemeinschaftlich aufgestellten Kandidaten der verschiedenen Parteien getreten, weil die Landwirte und Großhändler ganz offenkundig mit zu wählen. ihren Vorräten zurückhalten, in der Erwartung, daß später doch noch höhere Breise festgesetzt werden. Außer dieser hoffentlich falschen Spekulation besteht aber für die Kartoffelerzeuger ein weiterer Anreiz Die Deutsche Tageszeitung" hatte die friedens- freund- Im Bezirke des 7. Armeekorps müssen die Gemeinderatswahlen lichteit, für sie anderweitige lohnendere Verwendung zu finden. Da ist zur Zurückhaltung der Kartoffeln vom Nahrungsmittelmarkt in der Mög­lichen Reden der beiden Lords im englischen Oberhause als streng burgfriedlich" erfolgen. Deffentliche Wahlagitation, Flug zunächst ihr hoher Futterwert, der besonders bei den bisherigen Lüge und Heuchelei bezeichnet. Wir hatten darauf erwidert, blattverbreitung, Zeitungspolemit sind durch Anordnung des General  - hohen Schweinepreisen die Versorgung des Marktes mit Speise­daß das eine sehr böse Antwort sei, die nur den Erfolg haben tommandos untersagt. Die Folge find an verschiedenen Orten Ber- tartoffeln erschwerte. Die erfolgte Regelung und Herabsetzung der könne, die Vernunft in England völlig zum Schweigen zu handlungen zwischen den Parteien über Verteilung der Mandate. Schweinefleischpreise wird nun wohl darin eine gewiffe Aenderung bringen. Graf Reventlow erläutert nun in der Deutschen   So fanden solche Verhandlungen zwischen den politischen Parteien bringen. Aber da beim Großvieh der Spekulation noch Tageszeitung" feine ersten Worte in einer Weise, die uns noch in Duisburg  , Buer ust. statt. In verschiedenen Orten des Kreises der breiteste Spielraum gelassen ist, wird dieser Anreiz zur weniger einer Beschleunigung des Kriegsendes zu dienen Essen schlägt man bagegen einen ganz sonderbaren Weg ein. Zurückhaltung der startoffeln noch so lange wirken, bis auch scheint. Graf Reventlow präzifiert jetzt seinen Standpunkt Dort wird unter anderen von einem als Katholikentagsrebner merden. die Preise für Rinder usw. geregelt und herabgesetzt dahin: selbst wenn die beiden Lords nicht aus Heuchelei, bekannten Zentrumsmann- der Vorschlag gemacht, die Gehaltung ist die hohe Preisstellung für die Star. sondern in ernster Absicht für den Frieden eintreten, dürfen werkschaftsorganisationen, freie, christliche, polnische toffel- Troden und Stärteerzeugnisse und besonders ihre Lockungen in Deutschland   kein Ohr finden. und Hirsch- Dunckersche Verbände, sollten die Wahlen in die auch die zu hohe Preislage des aus Kartoffeln gewonnenen Spi­" Wir verstehen nicht, was das Auftreten diefer beiden Leute im Hand nehmen, Kandidaten aufstellen und gemeinsam die Kosten ritus. Der Kriegsausschuß für Konsumenteninteressen macht in englischen Oberhause mit Deutschlands   Verhalten dem tragen. Es ist selbstverständlich, daß solche Vorschläge abgelehnt Kriege gegenüber und mit der deutschen   Politit zu tun werden. Die Gewerkschaften müssen sich ja schon aus rechtlichen habe.... Erwägungen von solchen politischen Wahlen fernhalten. Die Ver­Wir lassen ihnen( d. h. den beiden Lords) alfo volle Gerechtig fahren, die die Gewerkschaften zu politischen Bereinen erklären wollten, feit widerfahren und bestreiten lediglich, daß ihre Anschauungen find ja nur vorläufig eingestellt. Ein Eingehen einzelner Gewert und Wünsche für Deutschland   maßgebend sein können, glauben vielmehr, daß der Deutsche   den gegenteiligen schaften auf die oben bezeichneten Vorschläge tönnte also sehr wohl Schluß daraus ziehen muß und vom vaterländischen Stand- zum Strick werden, an den man sie später aufhängt. punkte verpflichtet ist, ihn zu ziehen..

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Das tägliche Brot.

Eine weitere, noch wirksamere Ursache der Zurück­

einer Eingabe an das Reichsamt des Innern auf den schreienden Widerspruch zwischen den mäßigen Höchstpreisen für Speisekartoffeln und den unbegründet hohen Monopolpreisen für Trodenfartoffeln, Startoffelflocken, Walzmehl und Kartoffelstärke aufmerksam. Die hohen gewinnreichen Fabrifatspreise führen zu einer Ueberwertung selbst der minderwertigen Kartoffeln. Die am 1. November 1915 erfolgte Herab­fegung der Fabrifatspreise ist noch längst nicht ausreichend, um die Lust zur Lieferung von Speisekartoffeln zu heben. Noch ungünstiger wirft aber die vorteilhafte Verwertungsmöglichkeit der Kartoffeln bei der Spiritus brennerei. Trotz der Herabsetzung des Der deutsche Reichskanzler sagte vor einiger Zeit, die Deutschen  hätten sich die Sentimentalität abgewöhnt. Sein Augen­Spiritus von 60 auf 45 Pf. verwertet sich selbst die geringwertigste blid ist für die Deutschen   geeigneter, dieses zu Kartoffel in der Spiritusbrennerei noch immer mit 8 bis 82 M. betätigen, als der gegenwärtige. In keinem früheren für den Doppelzentner, während der doch gewiß ausreichende Er­Unter Stadium des Krieges haben sich Unruhen und Stimmungen in Eng zeugerhöchstpreis für Speisekartoffeln 5,50 m. beträgt In gewissen Kreisen scheint man der Teuerung dadurch solchen Umständen ist es begreiflich, daß bei den jetzt stattfindenden land gezeigt, wie jetzt seit der erfolgreichen Balkanaktion. Sind die Deutschen   dazu da, dieses englische Unbehagen im steuern zu wollen, daß man die Tatsache von Mißständen Maffeneintäufen der Fabriken und Brennereien besonders im östlichen Zeichen eines Menschheits- und Zivilisationsrummels zu ihrem leugnet und denjenigen, die zur Abhilfe auffordern, Ueber- Ueberschußgebiete die Willigkeit, Kartoffeln für Speiseztvede zu dem eigenen Schaden aus der Welt zu schaffen, oder um zu erkennen, treibungen vorwirft. So polemisiert die Deutsche   Höchstpreise an die Städte des Westens abzuliefern, start herab­daß jest mehr denn je die Stunde eines harten Arbeitgeber 8eitung" unter dem Titel Gefährliche gedrückt wird. Darum ist ein weiterer Abbau der Preise für Spiritus rüdsichtslosen Vorwärts( wir meinen damit nicht die Uebertreibungen" gegen einen Artikel unseres Kölner   Partei- und Kartoffelfabrikate dringend geboten, zumal fich ja mit der Herab­Berliner Zeitung Borwärts") gekommen ist?" blattes, in dem die Wirkungen der Teuerung auf die Lebens- fezung der Brennspirituspreise auch die Möglichkeit der Benutzung von Spiritusglühlicht für die unbemittelte Bevölkerung erweitert. haltung der Massen geschildert wurden. das Arbeitgeberblatt für völlig irrig: Das von dem Kölner   Parteiblatt gezeichnete Bild hält

Noch deutlicher gesprochen bedeutet das: selbst wenn in England Friedensneigungen bestehen, so ist das für Deutsch­ land   fein Grund, darauf sofort einzugehen. Der richtige Schluß" sei vielmehr, nun erst recht ohne Sentimentalität" die Absichten der deutschen   Politik zur Ausführung zu bringen. Aber diese Auffassung dient natürlich keineswegs dazu, den beiden Lords eine größere Gefolgschaft in England zu werben.

Der

Berbotene Bücher.

des

stellvertretende tommandierende General 2. Armeekorps in Stettin  , General der Kavallerie Freiherr v. Vietinghoff  , hat nach der Tägl. Rundschau" unter dem 2. d. M. folgenden Befehl erlassen:

,, Auf Grund der§§ 4 und 9 über den Belagerungs­zustand vom 4. Juni 1851 bestimme ich im Interesse der öffentlichen Sicherheit für den Bezirk des 2. Armeekorps mit Ausschluß der Festung Swinemünde   folgendes: Der Vertrieb und das Halten nachbenannter Flugschriften: 1. Das Papst­tum und der Weltfriede", von Gerichtsassessor Dr. Hans Wehberg  , 2. sämtlicher im Verlag Neues Vater­land", Berlin   W 50( 2. Jannasch), erschienenen und noch erscheinenden Flugschriften, 3. Die sozialdemokratischen Frauen und der Krieg", von Luise Ziez, Verlag J. H. W. Dietz Nachf., Stuttgart  , wird verboten. Zuwiderhand­lungen werden mit Gefängnis bis zu einem Jahre bestraft!"

Mißstände oder Ueberfluß?

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Zum Stapitel der tatsächlichen Teuerung aber ist zu be Der Stand

unserer Jugend­bewegung.

merken, daß einerseits auch die Löhne sehr erheblich gestiegen sind und daß auf der anderen Seite Wohlfahrtseinrich= tungen der verschiedensten Art für die Milderung vorhandener Uebelstände gesorgt haben. An das Bild der hohlwangigen, aus­Die proletarische Jugendbewegung, deren stetige Aufwärts­gemergelten, verfümmerten Gestalten sind wir ja in der sozial­demokratischen Bresse gewöhnt. Aber in Wahrheit dürfen wir entwicklung in der Friedenszeit die schönsten Hoffnungen weckte, hatte stolz darauf sein, daß diese Gestalten eben nur im Reiche der ihren höchsten Stand erreicht, als der Krieg sie überraschte. Die Druderichwärze umberschwanken. Schwerlich dürfte man den Arbeiter- Jugend", das publizistische Organ der Bewegung, zählte am Tage des Kriegsausbruchs 108 100 Abonnenten.*) Noch in den bom Hunger gezeichneten Gefichtern" der Kinder und den vor letzten vier Friedensmonaten hat sie 5351 neue Leser gewonnen. ben Kasernentüren um Abfall bettelnden Männern und Frauen Fleißiger noch als die Ausbreitung der Bewegung wurde in diesem irgendwo in Wirklichkeit begegnen. Mag es in dieser oder jener Beitraum, vor allem durch systematische Ausbildung der Jugendleiter, Großstadt zu vereinzelten Erscheinungen solcher Art kommen, die Vertiefung der Jugendarbeit angestrebt. nun, es gibt überall durch Schuld oder Unglück herab. Die Wirrnisse, die dem Ausbruch des Krieges folgten, lähmten getommene Existenzen, die im Frieden wie in der Kriegszeit das Bild des Jammers darbieten. Aber es ist Torheit naturgemäß auch die Tätigkeit der Jugendleiter. Indessen nur auf und Verbrechen, diese Einzelerscheinungen als Symptome der all- turze Zeit; denn die jungen Arbeiter und Arbeiterinnen selber ver­gemeinen Lage deuten zu wollen. Es ist leichtfertig, zumal in einer Beit, wie der gegenwärtigen, die ohnehin gereizten und ner­bösen Gemüter durch die Ausmalung solcher Schauerszenen noch des weiteren zu erhitzen."

Dem Zentralblatt der deutschen Arbeitgeberverbände" sind vielmehr aus den Industriestädten Deutschlands   ganz andersartige Erfahrungen mitgeteilt worden:

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langten, nachdem sie sich von den ersten Aufregungen erholt hatten, ihre gewohnten Zusammenfünfte. Diese zeigten jetzt oft sogar erfreuten sich die Jugendheime eines regeren Zuspruchs. Für eine einen stärkeren Besuch als in der Zeit des Friedens, insbesondere gründliche Bildungsarbeit war freilich wenig Neigung vorhanden. Die jungen Arbeiter und Arbeiterinnen, deren seelisches Gleichgewicht durch das gewaltige Weltgeschehnis start erschüttert worden war,

,, Von dem großen Janımer ist wenig zu merken. Die Wirt-*) Das Tatsachenmaterial ist dem soeben erschienenen Jahres­schaften sind überfüllt, die Kinotheater teilen mit, daß sie einen bericht der Zentralstelle für die arbeitende Jugend Deutschlands  so regen Besuch wie gegenwärtig felten zu verzeichnen gehabt entnommen.