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Telegramm breffe: Sozialdemokrat Berlin  ".

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands  .

Redaktion: Sw. 68, Lindenstraße 3. Ferniprecher: Ami Morigplas, Nr. 151 90-151 97.

Sonntag, den 5. Dezember 1915.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moritplas, Nr. 151 90-151 97.

Kämpfe gegen versprengte ferbische Truppen und Montenegriner

Der Hungerkrieg.

Als am 20. August 1914 ein englischer Stabinettsbeschluß die Lebensmittel auf die Liste der Bannwaren setzte und da­mit den Willen der britischen Regierung kundtat, den Zentralmächten die Zufuhr ihres Lebensbedarfes abzusperren, da erfüllte die Ungeheuerlichkeit des Vorsages, ganze Völker durch Aushungerung zur Uebergabe zu zwingen, die Ge­müter mit Entsetzen. Mit dieser Möglichkeit der Krieg­führung hatte man in den weitesten Kreisen des Volkes nicht gerechnet.

Aber die Theoretiker des Krieges und die Diplomaten konnten über diesen Schachzug der englischen Gewalthaber nicht erstaunt sein, sie mußten ihn erwarten, sobald der Krieg mit England ausgebrochen war. Schon vor 22 Jahren schrieb Friedrich Engels   in seiner Artikelreihe Kann Europa ab­rüsten?":" Der Dreibund, im Krieg gegen Rußland   und Frankreich  , ebensowohl wie Frankreich  , von Rußland   getrennt durch feindliches Gebiet, sie alle sind für die ihnen unentbehr­liche Korneinfuhr angewiesen auf den Seeweg. Diesen be­herrscht England unbedingt. Stellt es seine Flotte dem einen Teil zur Verfügung, so wird der andere einfach ausgehungert, die Kornzufuhr wird abgeschnitten; es ist die Aushungerung bon Paris   auf kolossal vergrößertem Maßstab.

Damit sprach Engels eine Folgerung aus, die sich ihm aus der Betrachtung der geographischen, wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse Europas   mit zwingender Logik ergab; er hätte sich aber auch auf geschichtliche Beispiele berufen können; denn so ungeheuerlich uns der Gedanke der Aus­hungerung ganzer Völker erscheint, er ist nicht neu, und selbst der Bersuch, ihn zu verwirklichen, wird in diesem Kriege nicht Bum erstenmal gemacht.

Als die Schweden   nach der unglücklichen Schlacht von Hemmingstedt   ihren König Johann davonjagten und nötigten, sich nach seinem zweiten Königreich Dänemark   zurückzuziehen, rächte sich der edle Landesvater an seinen schnöden Untertanen bon gestern, indem er ihnen die Getreidezufuhr abschnitt und den Hanseschiffen den Verkehr mit Schweden   untersagte. König Johann dürfte wohl als der Erfinder dieser Methode der Kriegführung anzusehen sein, die aber mit ihm nicht ausstarb. Freilich, wenn Königin Elisabeth von England   im Jahre 1589 die Absicht aussprach, Spanien   die Lebensmittelzufuhr ab­zuschneiden, so war das wohl nichts anderes als ein Vorwand, um auch neutrale Schiffe, die mit Getreidefracht nach Spanien  fuhren, auszuplündern. Auch einige andere derartige Unter­nehmungen fielen nicht sehr großartig aus, und als König Friedrich IV. von Dänemark   im Jahre 1709 versuchte, den Neutralen den Getreidehandel mit Schweden   zu verbieten, scheiterte er an dem Widerstand dieser Mächte, vor allem Englands.

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Viel ernster zu nehmen ist erst der Aushungerungskrieg, den England mit seinen Verbündeten im Jahre 1793 gegen Frankreich   unternahm. Schon im Jahre vorher, also noch im Frieden, hatte die englische   Regierung die Getreideausfuhr nach Frankreich   verboten und sie sogar fremden Schiffen ver­wehrt. Dieser feindselige Aft bildete auch einen der Be­schwerdepunkte, die der Konvent gegen die englische   Regie­rung erhob. Zugleich hatte aber auch schon die faiserliche Ne­gierung in Wien   in einem Inhibitorium" vom Dezember 1792 die Liste der Bannwaren, die während des Krieges aus dem Deutschen Reiche   nach Frankreich   nicht ausgeführt wer­den durften, in einer bis dahin ganz unerhörten Weise aus­gedehnt und insbesondere zum erstenmal alle Lebensmittel darin einbegriffen.

Meldung des Großen Hauptquartiers.

Amtlich. Großes Hauptquartier, 4. Dezember 1915.( W. T. B.)

Westlicher Kriegsschauplah.

Die Rampftätigkeit wurde auf der ganzen Front durch unfichtiges, stürmisches Regenwetter behindert. Deftlicher Kriegsschauplah.

Keine besonderen Ereignisse.

Die bereits im deutschen   Tagesbericht vom 2. Dezember zum Teil richtig gestellte russische   Veröffentlichung vom 29. November entspricht auch in ihren übrigen Angaben nicht der Wahrheit. Bei dem russischen Ueberfall auf Newel  ( südwestlich von Pinsk  ), der nur unter einheimischen und mit dem Sumpf- und Waldgelände ganz vertrauten Führern möglich war, fiel der Divisionskommandeur in Feindeshand; andere Offiziere werden nicht vermißt.- Daß sich bei Koslince und Czartorysk deutsche oder öfter­reichisch- ungarische Truppen hätten zurückziehen müssen, ist nicht wahr.

Balkankriegsschauplah.

Die Kämpfe gegen versprengte serbische Abteilungen im Gebirge werden fortgesekt. Gestern wurden über 2000 Gefangene und Ueberläufer   eingebracht.

Oberste Heeresleitung.

Der österreichische Generalstabsbericht.

Wien  , 4. Dezember.  ( W. Z. B.) Amtlich wird ver­lautbart: 4. Dezember 1915.

Nichts Neues.

Russischer Kriegsschauplat.

Italienischer Kriegsschauplah.

Die Angriffstätigkeit des Feindes gegen den Görzer Brückenkopf und den Nordteil der Hochfläche von Doberdo  hält an. Schwächliche Angriffe und Annäherungsversuche bei Oslavija und vor der Podgora wurden abgewiesen. Die Be­schießung der Stadt Görz   dauert fort. Gegen den Monte San Michele und bei San Martino griffen stärkere italienische Kräfte an. Unsere Truppen schlugen auch hier alle Vorstöße zurück. Südöstlicher Kriegsschauplas.

Unsere Truppen haben gestern früh die Höhen füblich von Bleblje in Sturm genommen. Bei Tresnjevica süd­westlich von Sjenica wurden die Montenegriner geschlagen. Westlich von Novipazar vertrieben bewaffnete Moslims plündernde montenegrinische Banden. An Gefangenen wurden gestern bei Novipazar und Mitrovica   insgesamt zweitausend Mann eingebracht.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.

v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.

mitteln nach Frankreich   abzusperren und jeden Staat zu hin­dern, daß er unter dem Vorwand der Neutralität dem Handel und Eigentum der Franzosen zur See oder in den franzöft­schen Häfen irgendwelchen Schutz gewähre.

Ungefähr den gleichen Inhalt hatte der Bündnisvertrag, den England am 14. Juli mit Preußen abschloß. Auch hier verpflichteten sich die beiden Mächte, den französischen   Handel in jeder Weise zu schädigen, keine Lebensmittel nach Frank­ reich   zu befördern oder zu dulden, daß solche von anderen ,, unter dem Vorwande der Neutralität" dorthin gebracht wür­den. Tatsächlich verbot Preußen alsbald den Hansestädten jede Verfrachtung nach Frankreich  . Aehnliche Verträge schloß England dann auch noch mit Desterreich, Sardinien  , Spanien  , Sizilien   und Portugal   ab. Alle Proteste der Neutralen, be­sonders Dänemarks  , waren fruchtlos, England nahm alle für Frankreich   bestimmten Lebensmittelschiffe weg, ohne Rück­sicht auf ihre Herkunft.

Nun könnte man allerdings meinen, eine solche Aus­hungerungspolitik sei einem Agrarstaat gegenüber wie Frank­ reich   es damals doch war, notwendig völlig wirkungslos ge­wesen. Man vergißt aber dabei, daß die französische   Land­wirtschaft in den letzten Jahren vor der großen Revolution sehr herabgekommen war, so daß in manchen Jahren wie 1789 die größte Lebensmittelnot herrschte. Ferner befanden sich die Straßen in einem so fläglichen Zustand, daß das Getreide durch den Transport auf dem Landwege sehr stark verteuert wurde. Infolgedessen waren die Städte an der Meeresküste und an den großen Flüssen, vor allem Baris, besonders in Zeiten von Mißernten auf Zufuhren zu Schiff_stark_ange­wiesen. Das Jahr 1792 batte argen Mißwachs gebracht, geradezu eine Hungersnot; der Fehlbetrag an Getreide war groß, und dieser hätte durch Einfuhr von den Ost- und Nord­seeküsten Deutschlands   und aus Dänemark   wenigstens zum Teil ausgeglichen werden sollen. Dazu kam, daß die für jene Zeiten ganz unerhörten Massenaushebungen zum Kriegs­dienst der Landwirtschaft viele kräftige Arme zur selben Zeit entzogen, wo die Versorgung der an die Grenzen geschickten Heere einen um so stärkeren Bedarf an Brotkorn hervorriefen. Die Verlegenheit der Konventsregierung, die einen schweren Kampf gegen die Lebensmittelteuerung führte, wäre daher infolge der Absperrungsmaßregeln der Verbündeten außer­ordentlich gesteigert und damit der Erfolg der Revolution sehr gefährdet worden, wenn nicht das Jahr 1793 eine reiche Ernte gebracht und damit das Scheitern der Aushungerungs­politik herbeigeführt hätte.

Als später Napoleon   den Spieß gegen England umdrehte und ganz Europa   gegen den englischen Handel abschloß, hin­derte er doch nicht die Lebensmittelausfuhr nach dem Insel­reich, obgleich dort die Getreidepreise schon sehr hoch waren. Die Historiker haben darüber gestritten, warum Napoleon  hier nicht Vergeltung übte und seinen furchtbaren Gegner durch Sunger zu besiegen suchte. Gefühlsrücksichten haben ihn gewiß nicht davon abgehalten, den Panther zu erwürgen, der sich ihm im Nacken festgebissen, und den er mit den fast über­menschlichen Kräften seiner Riesennatur nicht abzuschütteln vermochte. Aber vermutlich konnte sich der kühle Real­politiker, abgesehen von fiskalischen Erwägungen, die es ihm bedenklich erscheinen ließen, den von ihm beherrschten Völkern die Getreideausfuhr zu verbieten, der Erkenntnis nicht ver­schließen, daß er durch eine solche Politik seine schlimmsten Gegner, die englischen Landjunker, noch mehr bereichern und dadurch zum Ausharren im Kriege anfeuern würde, daß aber die arbeitenden Klassen, die unter der Aushungerung am schwersten zu leiden gehabt hätten, auf die Politik ihres Bandes ja doch ohne Einfluß waren, daß selbst ihre heißeste Friedenssehnsucht nicht imftande war, den Krieg abzukürzen.

Durch das erwähnte kaiserliche Jihibitorium, das die Ausfuhr aller Metalle, verarbeiteter wie unverarbeiteter, von Kleiderstoffen, Leder usw., vor allem aber von Getreide, Mehl und Hülsenfrüchten nach Frankreich   auf dem Land- oder See­weg verbot, wurden nun die armen Hamburger Kaufherren und Reeder in arge Verlegenheit gebracht; denn sie fürchteten, daß die Franzosen daraufhin alle Hamburger Schiffe, die sie Was die eigentliche Absicht dieser Maßregeln war, das erwischen könnten, kapern würden. Sie wandten sich des­sprach der schwedische Graf Fersen, einer der vertrautesten halb mit der Bitte nach Wien  , man möge die öffentliche Ver­Ratgeber des französischen   nun entthronten Königspaares, fündigung des Inhibitoriums in Hamburg   gnädigst unter­in einer Denkschrift vom 28. April 1793 flar und deutlich aus: laffen. Die kaiserliche Regierung sagte dies auch zu, schärfte Meldung des türkischen   Hauptquartiers. Zur Bändigung Frankreichs   ist ein allgemeiner Bund aber den Hamburger Kaufleuten ein, sich trotzdem an die Be­Konstantinopel, 4. Dezember.  ( W. T. B.) Das Haupt­erforderlich mit der Aufgabe, alle Handelsbeziehungen mit Stimmungen jenes Befehls streng zu halten. Bevor aber noch quartier teilt mit: Frankreich   abzubrechen und insbesondere jede Einfuhr von dieser kaiserliche Erlaß an den Hamburger Rat fam, hatten An der Jratfront versucht der Feind, sich der Ver­Lebensmitteln zu verhindern. Dadurch wird Frankreich   ent- schon die Hannoveraner, die ja mit England in besonders folgung unserer Truppen zu entziehen, indem er den Schizz weder in die Anarchie gestürzt und zur Wiedereinführung der guten Beziehungen standen, den Hamburgern ein Schiff mit feiner Kanonenboote aufsucht. Jedes derartige Halt­Monarchie genötigt oder der Bund der Mächte in den Stand 60 Lasten Weizen, der nach Bordeaug bestimmt war, bei Stade   machen des Feindes verwandelt sich dant unserer energischen weggenommen. Diese Affäre hat noch viel Aftenstaub auf- Angriffe Flucht. Am gesezt, die Monarchie wieder herzustellen." 1. Dezember vormittags Diesmal aber erhielt dieser Vorsatz größeren Nachdruck gewirbelt. Sie ist fennzeichnend für die Zustände, die da kostete cin gleicher Versuch den Engländern große als im Falle des vertriebenen Schwedenkönigs, weil das mals im Deutschen Reich   herrschten. Verluste und brachte uns als Beute mehrere hundert Deutsche Reich und besonders England diesen Gedanken zu Die Engländer sahen ein, daß ihren Absichten mit dem Gefangene, zwei mit Lebensmitteln beladene Transport­dem thrigen machten und ihm die Kraft ihrer Waffen lieben. faiserlichen Inhibitorium allein noch wenig gedient sei. Am schiffe, ein anderes Fahrzeug, zwei Kanonenboote, zwei Allerdings, mit der Macht des deutschen   Kaisertums war 1. Februar 1793 hatte der französische   Konvent an England Munitionswagen und eine große Menge Kriegsmaterial. es seit dem Westfälischen Frieden nicht mehr weit her. Hatten den Krieg erklärt, und nun ging dieses rücksichtslos zum An- Unter den Gefangenen, die zum größten Teil Engländer sind, doch die einzelnen Landesherren das verbriefte Recht, ihre griff über, und dazu gehörte vor allem die Lebensmittel- befanden sich ein Major, ein Hauptmann und ein Flieger­eigene Politik zu machen. In einem Handelsvertrag mit blockade. Am 25. März schloß England mit Rußland   einen leutnant. Die beiden erbeuteten Kanonenboote sind sehr stark. Frankreich   hatte sich insbesondere Hamburg   das Recht aus- Freundschaftsvertrag ab, in dem sich die beiden Mächte u. a. Das Kanonenboot Kemed" führt 10 Geschütze, das Kanonen­bedungen, daß in Reichskriegen seine Flagge als neutral verpflichteten, den französischen   Handel nach Möglichkeit zu boot Firifleß" 4 Geschüße vom Kaliber 10,5 und 7,5 und gelten sollte. schädigen, besonders die Ausfuhr von Waffen und Lebens- 13 Maschinengewehre. Der größte Teil der auf ihnen cr­

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