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2. Beilage zum ,, Vorwärts" Berliner Volksblatt.

Nr. 82.

Soziale Ueberlicht.

Charlottenburg . Parteigenossen! In den nächsten Tagen liegen bei den Hauswirthen oder deren Stellvertretern die Wähler­listen aus. Sorge jeder dafür, daß sein Name richtig eingetragen wird, damit er bei den Ersazwahlen im Herbst sein Stimmrecht G. Beyer.

ausüben tann,

An die Parteigenoffen aus den Kreisen Witten berg , Schweinig, Torgau und Liebenwerda. Wir richten an unsere Parteifreunde die Bitte jezt, nachdem wieder viele nach langer Arbeitslosigkeit in Berlin ihrer Arbeit nach gehen, auch eingedenk zu sein jener Aufgaben, die die Partei von ihnen fordert. Mögen deshalb die Genossen wieder zahlreich in unseren Versammlungen erscheinen. Wenn Ihr des Sonn­abends nach Hause fahrt, vergeßt nicht, Agitationsmaterial mit zunehmen, haltet fest an Eurer Organisation. Die nächste Versammlung findet am Donnerstag, Abends 8 Uhr, in den Arminhallen, Kommandantenstr. 20, statt. Referent Reichstags- Abgeordneter 3ubeil. Im Auftrage des Vorstandes

Dienstag, den 10. April 1894.

beten.

11. Jahrg.

trotz der traurigen Verhältnisse doch noch Kollegen von außer- Mit der Verfolgung der politischen Partei zu­halb finden, die den Verlockungen der Direktion nicht widerstehen gleich betreibt man in Sachsen auch die Knebelung der tönnen, somit als Streitbrecher gegen uns auftreten. Nach Gewertschaften. Aus Meinersdorf und Thalheim einigem Hierſein haben jedoch schon mehrere Former, darunter im Erzgebirge geht der Burgstädter Volksstimme" die Mit­Johann Hoffmann aus Leipzig , Mitglied des deutschen Metall- theilung zu, daß am 31. März in Thalheim und am 3. April in arbeiter- Verbandes, und Heinrich Ulbrich aus Sprottau , Mit- Meinersdorf ein Gendarm im Auftrage des königlichen' Amts­glied des Zentralverbandes deutscher Former, Buch Nr. 1792, hauptmanns au Chemnitz sämmtliche dem Textilindustrie- Verbande dem hiesigen Eldorado am Freitag den Rücken gekehrt. Deutschlands gehörige Schriftstücke und Bücher verlangte, welchem Die Hoffnung haben wir, daß, wenn die noch vorhandenen Verlangen der Meinersdorfer Vertrauensmann auch nachge= Streitbrecher erst in Attord sollen arbeiten, auch fie so tommen ist. Dem Vertrauensmann von Thalheim wurde unterm schnell wie möglich den Staub von Keula's Fluren von ihren 4. April der Bescheid zu theil, daß die Zahlstelle aufgelöst sei. Pantoffeln schütteln werden. Deshalb, Kollegen allerorts, ver- Buwiderhandlung würde ihn mit dem Strafgesetz zusammen­laßt uns nicht in unserem gerechten Kampfe, benn unser Sieg ist bringen. Trotz des Einspruchs, daß überhaupt teine Bahlstelle sicher, wenn Ihr uns noch, wie bisher, Eure materielle und vorhanden sei, sondern nur Einzelmitglieder, und er nur als moralische Unterstützung gewähren wollt. Wir hoffen, daß auch Beauftrag ter dastehe, blieb der Herr Amtshauptmann bei seinem wir wieder in die Lage lommen werden, Euchfunsere Solidarität zu Entscheid. Selbstverständlich wird Beschwerde geführt werden. beweisen. Für die bis dahin gewährten Unterstügungen unseren besten Dant, namentlich den Berliner Metallarbeitern und In Freiburg i. B. befinden sich seit acht Tagen über Formern. Der Geist unter den Streifenden ist ein sehr guter. 600 Maurer im Ausstande; an demselben betheiligen sich Alle Briefe und Geldsendungen sind wie bisher an Carl sowohl die einheimischen als auch fremde und ausländische Be­Sommer, Former in Mustau i. L., Schmelzstraße, zu richten. rufsgenossen. Der Ausstand ist heute ein allgeminer; Karl Lohse, Weißensee, Straßburgerstr. 33. Der Vertrauensmann. die wenigen, welche noch in Arbeit standen, sind gleichfalls Alle arbeiterfreundlichen Blätter werden um Abdruck ge- die, daß, nachdem die Meister bis auf einen die Forderung der dem Streit beigetreten. Ursache des Streits ist furz Achtung, Steinarbeiter Berlins und Umgegend! Die Agitatio nskommission ist zu der Ueberzeugung gekommen, daß Gesellen, die 10 stündige Arbeitszeit einzuführen, bewilligt hatten, in Berlin unsere Organisation mehr gepflegt werden muß. Achtung, Korbmacher! Auf der Generalversammlung des eine Woche später ihr gegebenes Wort brachen und verlangten, Die Lohnbrückerei und schlechte Behandlung hat einen Umfang Verbandes deutscher Korbmacher zu Erfurt wurde beschlossen, um daß wieder 11 Stunden gearbeitet werde. Die Bauthätigkeit ist angenommen, die ihres Gleichen sucht. Wern wir sehen, wie die Agitation Wern wir sehen, wie die Agitation erfolgreicher betreiben zu können, Deutschland eine recht rege, so daß es innerhalb einer kurzen Frist möglich Kollegen, die den Muth haben, sich dagegen aufzulehnen, auf die in Agitationsbezirke einzutheilen. Dies ist geschehen und ge- jein wird, den Kampf zu Gunsten der Arbeiterschaft durchzu­Straße fliegen und diejenigen von außerhalb, von denen die hören zu dem 2. Bezirk( Sit Berlin) Friedrichsfelde , Beelitz , führen. Meister annehmen, daß sie sich alles gefallen lassen, mit Vorliebe Treuenbriegen, Luckenwalde , Wittenberg a. d. E., Kottbus , Sorau , Es geht daher an alle aufgeklärten Arbeiter, besonders an beschäftigen, dann sollte es jedem flar sein, daß Mißstände in Guben , Fürstenberg, Frankfurt a. d. D., Fürstenwalde , Oranien die im Süden Deutschlands und in den südlichen Nachbarstaaten unferem Berufe bestehen, die dringend der Abhilfe bedürfen. burg, Liebenwalde , Prenzlau , Wolgast , Stettin , Greifenhagen , wohnenden, das Ersuchen, vornehmlich dafür zu sorgen, Aber was ist schuld daran? Eure Trägheit in Sachen Eurer Pommerensdorf, Altdamm, Stargard , Landsberg a. d. 2., daß der Zuzug ferngehalten wird. Drganisation. Ein fleines Häuflein nur sieht zur Sache, aber Rüstrin, Buckow , Strausberg. stehenden bedürfen dringend der Hilfe. Alle die große Mehrzahl sieht gleichgiltig zu. Was waren wir vor Auf grund obigen Beschlusses hat sich in Berlin die Sendungen sind zu richten an Joh. Trüzler, Hildastraße 5. unferm Streit eine geachtete und respektirende Masse. Agitationsfommission fonstituirt. Es gehören hierzu die Derselbe ertheilt gern weitere Auskunft. Kollegen Brückner, Karl Jungnickel, Keller und Voigt. Wir er­fuchen die Kollegen, uns Adressen zu übermitteln, und wo Ueber die Lage der Bergarbeiter in Nordamerika agitatorische Kräfte verlangt werden, wolle man sich an die bringt der New- Yorker Vorwärs" einen längeren Artikel. Kommission wenden. Kollegen, zeigt, daß ihr endlich gewillt Dieser hat um so größeres Intereffe, als gegenwärtig in feid, Gure Lage zu verbessern und schließt Euch dem Verband Pennsylvanien ein erbitterter Lohnkampf der Kohlengräber deutscher Korbmacher an. Sollten Genossen anderer Gewert- tobt; einige Stellen aus demselben mögen deshalb auch hier schaften in der Lage sein, uns von Orten, wo feine Filialen des Platz finden. Die Lage der Bergarbeiter ist durch die Krisis eine Verbandes deutscher Korbmacher bestehen, Adressen zu übermitteln, verzweifelte geworden. Viele Gruben find ganz geschlossen, an so find wir gern bereit, die Unkosten zurück zu erstatten. Alle dere arbeiten einen oder zwei Tage in der Woche. Man lebt Anfragen sind an den Unterzeichneten zu richten. vom Pump, aber vielfach borgt der Krämer troß seines Wuchere Im Auftrage der Agitationskommission: gewinns nicht mehr. Herm. Carl, Berlin SW., Nostizstraße 45,

werden.

Also auf! Thue Jeder feine Schuldigkeit und zeige, daß wir feine Feiglinge find; erscheint alle Mann zu den in Kürze statt findenden Versammlungen, die im Vorwärts" bekannt gemacht Die Agitationstommission der Steinarbeiter. An die Maurer! Auf dem Neubau der Artilleriekaserne in Potsdam haben die Maurer die Arbeit eingestellt, da ihnen vom Maurermeister Naumann aus Dessau ein Lohn von 25 und 30 Pf. pro Stunde gezahlt wird. Wir ersuchen die Kollegen den Zuzug fern zu halten.

Das Gewerkschaftstartell in Potsdam . Achtung, Schuhmacher! Das internationale Schuhmacher Setretariat Zürich veröffentlicht_fol­gende Bekanntmachung: Laut Meldung des Fachvereins Olten ( Solothurn ) haben 40 Handarbeiter der weltbekannten Schuh­fabrik Bally- Schöne werd wegen Maßregelungen die Arbeit eingestellt. Eine der Arbeitsniederlegung vorausgegangene Unterhandlung zwecks Herbeiführung eines gütlichen Vergleichs, und ausgehend vom Bundeskomitee des schweizerischen Gewert schaftsbundes und des Oltener Fachvereins, scheiterte an dem ausgeprägten fapitalistischen Selbstbewußtsein des Millionärs Herrn Bally.

Wir ersuchen zur Abhaltung des Zuzugs fremder Arbeits­fraft strenge Maßregeln zu treffen. Auch erinnern wir nochmals, den Zuzug nach Zürich fern­zuhalten.

Die Maurer und Zimmerer von Wittenberge haben die Arbeit niedergelegt; fie verlangen einen höheren Lohn, der jetzt nur 22-27 Pf. beträgt.

Der Streit der Sattler in Zürich dauert fort. Die Forderungen sind hauptsächlich eine zehnftündige Arbeitszeit und ein Minimallohn von 4 Franks pro Tag. In einem uns zu­gehenden Schreiben der Lohnkommission heißt es zum Schluß: Um unsere Forderungen durchzusehen, benöthigen wir der Hilfe aller Kollegen, jeder Kollege meide Zürich . Oder man wende sich an das Arbeitsnachweis- Bureau der Sattler, Zürich I , Predigerplatz 34, wo jede Auskunft ertheilt wird. Unterstützungen nimmt entgegen: H. Richter, Sattler, Zürich III, Arnoldgasse 20. Ueber den Verlauf der Bewegung wird in der Sattlers und Tapezirer- Zeitung Deutschlands " und in der Arbeiterstimme" berichtet.

Arbeiterrisiko. In Petersburg, Virginien ( Nord­amerita) flog am Sonnabend eine Fabrik von Feuerwerkskörpern in die Luft, wobei 11 Personen getödtet und 7 verwundet wurden. Nach Meldungen aus Chatelineau( Belgien ) fand in der letzten Nacht in einer dortigen Rohlengrube in einer Tiefe An fämmtliche Kollegen und Gewerkschaften Berlins . von 587 Metern eine Explosion schlagender Wetter statt. Die Wir ersuchen alle diejenigen, welche noch im Besitz von Sammel- Grubenarbeiter fonnten sich retten bis auf 5, welche schwer ver­liften des letzten Schuhmacherstreits find, dieselben ab. lebt wurden, bei 3 derselben sind die Verlegungen tödtlich. zuliefern behufs baldiger Abrechnung. Die Sammellisten sind zu

fenden an Richard Temmler, Berlin , zeughofstr. 6, Quer­

gebäude part.

Die Lohntommission.

Achtung, Former! Der Streit der Former in Reula dauert hartnäckig fort. Leider müssen wir berichten, daß sich

Ein

uy

Die Lage wird von den Kapitalisten ausgenutzt, um unbe queme Gesetze illusorisch zu machen. Das Trudsystem steht trob des gesetzlichen Verbotes in voller Blüthe.

Es giebt allerdings eine Organisation unter den Kohlen­gräbernden Verband der Vereinigten Bergwerksarbeiter aber dieser umfaßt kaum 1/15 dieses großen Gewerkes und ist selbst von der allgemeinen Muthlosigkeit angesteckt. Er konnte den Arbeitern keine Stüße sein gegen den wachsenden Druck des Kapitalismus, er ist kein Führer, welcher die Unglücklichen aus der Nacht der Rathlosigkeit und Entmuthigung zum Licht der Erkenntniß und der Hoffnung führen könnte.

Nach jahrelanger Thätigkeit hat der Verband es nicht ein­mal vermocht, eine Kerntruppe heranzubilden, die den Kampf versteht, die einen Einblick hätte in die Faktoren, welche das Schicksal der Arbeiterklaffe und die Entwickelung der Arbeiterbewegung bestimmen. Die Zahl der Rohlengräber in Pennsylvanien giebt genanntes Blatt auf 200 000 an, mehr als zwei Drittel des ganzen Gewerts. Von dieser Riefenarmee sind vielleicht 5000 organisirt. In Ohio giebt es 26 972 Rohlengräber, davon sind 9000 organisirt, und Ohio ist der bestorganisirte Staat, foweit das Bergarbeiter- Gewert in Betracht kommt! Die Staaten Illinois , West- Virginia , Kentucky , Indiana , Tennessee , Kansas, Missouri und Jowa liefern zusammen noch etwa 75 000 Kohlen Und dabei faselt man noch von einem Generalstreit gräber, wovon vielleicht 6000 organisirt sind! Der Bergarbeiter! banconotoni3)

betheiligt; eine große Bahl der Unverheiratheten ist abgereift. In Bremerhaven find gegenwärtig 90 Maler am Streit Nur wenige Streifbrecher haben sich bis jetzt gefunden. Um die Zureisenden zu kontrolliren, find die Chauffeen von den geed din Ausständischen besetzt; man hofft auf baldigen Sieg.

Tofigkeit seines Geistes brachte ihm immer neue Wirrsale. Ob der Gegner feines Protektors, des Maire Dietrich wurde. Bald zwar seine Begabung bald erkannt war, und er nach einigen spaltete sich eine jakobinische Gruppe ab. Aber auch diese Monaten Lektor des Klosters wurde, so zog er sich dennoch Haß Jakobinergruppe zerfiel in eine französische und in eine deutsch­

guillotinirter deutscher Dichter.nd Verfolgung der Ordensbrüder zu, denen sein heller Kopf revolutionäre. Dieser lehteren Haupt war Schneider. Der Klub

J. G.( Eulogius ) Schneider , 10. April 1794. Die Schicksale der deutschen Dichter der Aufklärungsperiode waren häufig feltsam und romantisch. In der Regel waren aber diejenigen von ihnen, welche Aufklärung und Revolution be­fangen, in praxi recht brav und harmlos. Eine merkwürdige Erscheinung ist aber der Dichter, welcher der Gegenstand der vorliegenden Stizze ist. der freie Liebeslieder schreibt, gelegentlich auch Schauspieler ist, als Defan einer theologischen Fakultät der Göttin Vernunft Loblieder singt, ein Franziskanermönch, der Hymmen auf die Preßfreiheit schreibt, ein im Alumnate ezogener Mann, der von den Revolutionsmännern geföpft wird, weil er allzu revolutionär ist, das ist eine seltene Erscheinung auf dem deutſchen Barnaß, und es mag nicht unpaſſend ſein, wenn man zur 100. Wiederkehr seines Todestages des Mannes gedenkt.

und seine Liebe zur Dichtkunst ergerniß und Thorheit war. hatte bald fein eigenes Journal Den Argus", und das vermehrte Und doch leistete er damals das Beste. Man möchte in seinen den Einfluß Schneider's immer mehr. Bon August bis November Gedichten keinen Franziskanermönch vermuthen. Dieselben sind war er Vizebürgermeister von Hagenau , im Februar 1798 wurde freilich noch im Geschmacke der lessingischen Beit geschrieben, aber er öffentlicher Ankläger des Kriminaltribunals am Niederrheine, häufig von hohem Schwunge und hoher Begeisterung. In dieser und im Mai Anlläger beim Revolution tribunal. Man sagt, er Zeit übersetzte er auch die Briefe des heiligen Chryfoftomus. fei mit der Guillotine umbergezogen, allein es war gefegliche Unversöhnlichen Haß erregte er bald vollends durch seine 1785 Vorschrift, daß die Guillotine dem öffentlichen Ankläger nach gehaltene Predigt über chriftliche Toleranz. Von nun an fand gefahren ward. Schneider wollte die Konservativen und Aristo­er feine Rube mehr, bis ihn Herzog Karl von Württemberg als traten zwingen, die Assignaten al pari anzunehmen und Getreide Hofprediger zu sich nahm. Wenn er in Stuttgart predigte, war für die Armee zu liefern. die Kirche voll, aber in furzer Zeit wich seine religiöse Be­geisterung, er verband sich mit den Illuministen und sagte einst in öffentlicher Versammlung folgendes:

" Den Fanatismus verfluchen, das Szepter der Dummheit zertrümmern, für die Menschenrechte kämpfen, das können Eure Höflinge nicht."

Natürlich machte er sich den Gegnern der Revolution sehr vera haßt, doch darüber setzte er sich hinweg.

On m'apelle le Marat de Strassbourg et je m'en glorifie". Man nennt mich den Marat von Straßburg, ich bin stolz dara auf", sagte er.

Die Rücksichtslosigkeit seines Verfahres beschleunigte die Katastrophe. Am 14. Dezember heirathete er ein Bürgermädchen und zog auf einem Pruntwagen in die Stadt ein mit dem bloßen Schwerte in der Hand, von sechs Schimmeln gezogen.

Das war auch den Revolutionären zu viel, welche fürchteten, daß Schneider die Revolution in Mißkredit bringen könnte. Am 21. Dezember wurde er verhaftet, am 10. April flagte man ihn an, er habe sich mit den Deutschen verschworen, und erfand allerlei Gründe, um ihn aus dem Wege räumen zu können.

Johann Georg Schneider wurde 1756 zu Wippfeld im Würz- Ehrgeizig, unfähig ein Joch zu ertragen, von Leidenschaften burgischen als der Sohn armer Höckersleute geboren. Den all- erfüllt, verstimmte er bald seine Gönner und war froh 1789 nach mälig anwachsenden kleinen Besitz verwendeten die Eltern Bonn gehen zu können, wo er alsbald Lehrer des Griechischen zur Erziehung ihres Sohnes, dessen Begabung der heimathliche und der schönen Wissenschaften wurde. Hier war er wieder wie Pfarrer frühzeitig erkannte. Der junge Echneider zeigte nämlich ein Fisch im Wasser. früh eine ungewöhnliche Beredsamkeit und erschien dem Pfarr- Er ließ sich fäkularisiren und lebte ganz dem Geifte der herrn besonders veranlagt für den Stand eines streitenden Aufklärung. Dabei war er sehr rührig, lehrte am Gymnasium Aleriters. 1766 kam er in das Knabenkonvict des Juliusspitals und an der Universität, dichtete fleißig und schrieb über Aesthetit. zu Würzburg , von wo aus die armen Knaben das Jesuiten - 1790 tamen feine gesammelten Gedichte heraus, welche hintereinander Er wurde verurtheilt und noch am selben Tage enthauptet. gymnasium besuchten. Mit 15 Jahren finden wir ihn schon an fünf Auflagen erlebten. Köstlich ist die Vorrede zu denselben; der Universität als humanista" eingeschrieben. Nach Ab- er sagt ganz aufrichtig, daß er die Gedichte als Mönch ge­solvirung der philosophischen Vorstudien entschied er sich gegen schrieben habe, daß er sich aber gar nicht bemüht habe, die Liebe den Willen der Eltern, die ihn zur Theologie drängten, für das daraus zu verbannen. Manche würden sogar Keßerei wittern, Rechtsstudium, für welches er wenig Begabung hatte und aller- aber Gedichte seien ja teine Beichte. Die Revolution wird an dings auch brauchte, weil er die größte Beit schöngeistigen Lieb- vielen Stellen schwungvoll besungen. habereien widmete. Als bald darauf die Jesuitenherrschaft in Allmälig aber zogen sich ob seines Freimuthes die Sturm­Würzburg gestürzt wurde und auch auf andere Dinge, als auf wolfen zusammen und das Gewitter brach los, als sein tatecho. die Theologie Gewicht gelegt wurde, hätte er Gelegenheit zu tischer Unterricht in den allgemeinen Grundsäßen des praktischen einem gründlichen Studium gehabt, aber seine Leichtlebigkeit und Christenthums" erschien. Selbst die Protektion des Kurfürsten Genußsucht hinderte ihn daran, denn er machte so tolle Streiche, nügte ihm nichts und er floh über den Rhein . Am 12. Juni 1791 daß er seinen Freiplay verlor und 1776 Würzburg bei Nacht und tam Schneider in Straßburg an, am 18. Juni war er schon Rebel verließ. Dekan der theologischen Fakultät. Aber auch in dieser Stellung Bon da an breitet sich ein unbehagliches Dunkel über seine brach sein freiheitlicher Sinn durch. Schicksale aus. In dieser Zeit dürfte er wohl wandernder Er leistete, was noch kein Klerifer gethan hatte, den Schauspieler gewesen sein, denn alle seine Freunde berichten ein- Bürgereid und hielt im Hauptdome leidenschaftliche Predigten, immig, daß er einmal Schauspieler gewesen war. Er gerieth in welchen er die revolutionären Tagesereignisse mit Bibel­aber in immer größeres Glend, suchte in der Heimath Zuflucht, stellen belegte. Ja, er fündigte sogar ein Kolleg wo er sie aber nur für kurze Zeit fand, und an sich selbst ver- über pastorale Rechtsprechung nach der neuen Konstitution an. zweifelnd ward er endlich Franziskaner . Aber im Orden ge- Jm Dezember war er schon Vizepräsident des revolutionären, staltete sich sein Leben keineswegs ruhig, sondern die Bügel- fonflitutionellen Klubs, in welchem er so extrem war, daß er bald

Er fiel als ein Mann, dessen Genie nicht von Charakter getragen ward. Seine Predigten find Muster des deutschen Stils, seine Gedichte werden verschieden beurtheilt und es ist vielleicht nicht unpassend, zwei Urtheile nebeneinander zu stellen. Kurz sagt: bie Gedichte sind von weichen Gefühlen durchdrungen und in einer lebenswarmen Sprache geschrieben"; Goedecke wiederum spricht von einer winselnden Sentimentalität und einem gekünftelten Gefühle, welches sich in der Regel bei Tyrannen zeige. Eine Probe aus seinem Hymnus auf die Publizi­tät", welcher 1785 gedichtet ist, mag hier zur Beherzigung Play finden: Erstgeborne des Lichts! Göttin! Erlöserin! Noch besinget dich kein Barde Teutoniens, Und von unseren Altären

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Dampft noch kein Weihrauch dir!

Drum, o Heil, dampf heute mein Weihrauch Und mein festlich Lied preiset die goldenen Früchte, welche dein Füllhorn

Ueber die Erde goß.

S. Br.

रा