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Hörden sehr schnell zur Stelle, wenn einmal ein Schul- lind nach eigenem Ermessen der Eltern zu Hause be­halten wird. weil es der kranken Mutter beistehen oder, wenn der Vater arbeitslos ist, miterwerben muß? Dabei ist� es, wenn schon einmal nach Kinderschutz und Schulpflicht nicht gefragt werden soll, immer noch besser, daß man den Unterricht ganz ausfallen läßt, als daß man ihn, wie es in früheren Jahren z, B. im Regierungsbezirk Potsdam beliebt worden ist, auf den Nachmittag verlegt. Vor 4 Uhr Morgens, vielleicht so- gar schon vor 3 ausstehen, bis in den Vormittag hinein durch Jeld und Wald streifen und dann Nachmittags noch Unter- richt haben, was sollte dabei herauskommen! In Berlin denkt man über das Verhältniß der Kinderarbeit zum Schulbesuch denn doch etwas anderes. Die Beschäftigung von Schulkindern im Gewerbebetrieb ist hier wenigstens von Abends 13 Uhr an polizeilich verboten. Unter dieses Verbot fällt nicht nur der Hausirhandel mit Blumen, Streich- hölzern u. s. w. auf den Straßen und in den Restaurants, sondern auch das Kegclaussetzen. Das Verbot ist besonders mit Rücksicht auf die Schule erfolgt. Es ist zurückzuführen auf eine Anregung der Schulkommissions-Vorsteher-Versammlung, welche zuerst im November ISSO auf die Schuldeputation und durch diese auf die Polizei einzuwirken versucht hat. Die Versamm- lung hat damals den Wunsch ausgesprochen, daß auch die Be- schäftigung von Kindern im Gewerbebetrieb vor 3 Uhr Morgens (Austragen von Zeitungen und Frühstück) unmöglich gemacht werde, jedoch hat sich die Schuldcputation hierin ablehnend verhalten, weil sie nicht so weit in die Rechte der Eltern eingreifen dürfe. Möglicher- weise versteckt sich hinter dieser Phrase die Scheu, in den Geld- beute! der Eltern einzugreifen; denn natürlich bedeuten der- artige Verbole eine pekuniäre Schädigung derjenigen Eltern, welche darauf angewiesen sind, ihre Kinder mitverdienen zu lassen. Aus diesem Grunde wird sich auch die Regierung mit ihren Maikäfer-Erlassen bei kurzsichtigen Eltern sogar noch gewisse Sympathien erwerben. Sie würde sich größere Sympathien und mit Recht erwerben, wenn sie auf eine Beschäftigung der Arbeitslosen mit dem Maikäserfang hinwirkte. In Frankreich ist das von 1892 an in einer be- sonders arg von der Maikäferplage heimgesuchten Ge- meinde geschehen. Allerdings würden Erwachsene voraussichtlich mehr Lohn fordern, als man ihn Kindern zu geben braucht. Darin mag denn auch eine gewisse Erklärung für das ganze, höchst widerspruchsvolle Verhalten der Behörden in dieser An- gelegenheit liegen. Es wird gespart zu gunsten der Gemeinden und der Landwirthe, d. h. meistens der Großgrundbesitzer, aber zu Ungunsten der Schule, der Schulkinder und der arbeitslosen Eltern, die ihre Kinder nicht aus Erwerb auszuschicken brauchten, wenn man ihnen Arbeit gäbe. Sie kämen thatsächlich bester weg, wenn sie gegen einen angemessenen Lohn d i e Arbeit ver- richten dürsten, die man ihnen entzieht, um sie für ein paar Pfennige von ihren Kindern verrichten zu lassen. Eßt kein ungarisches Schweinefleisch! Ter Polizeipräsident erläßt folgende Warnung: Wie die Erfahrung mehrfach bewiesen hat, beherzigt das Publikum die Thatsache immer noch nicht genügend, daß selbst dann, wenn«ine gutorganisirte und zuverlässige Fleischschau am Wohnorte für alle geschlachteten Schweine besteht, doch theils aus Orten, in welchen die Fleischschau zwar eingeführt, aber nicht für alle geschlachteten Schweine vorgeschrieben ist, theils aus Orten ohne jede Fleischschau, theils endlich mit Umgehung der bestehenden Bestimmungen, garnicht oder mangelhaft unter- suchtes Schweinefleisch in den Verkehr gelangen und große Ge- fahren für Leben und Gesundheit der Konsumenten herbeisühren kann. Es wird daher vor dem Genuß jeglichen rohen Schweine- fleisches ernstlich gewarnt und ferner daraus hingewiesen, daß lediglich ein vollkommenes Garkochen(Turchbraten) der Fleisch- stücke wie sämmtlicher Zubereitungen aus Schweinefleisch(Fleisch-, Blut-, Leberwürste. Klöße, Sülzen u. s. w.) im stände ist, die etwa vorhandenen Trichinen zu tödten und dadurch jede Gefahr einer Gesundheitsschädigung auszuschließen. Um das Garkochen, Durchbraten größerer dickerer Stücke(Schinken, Genickbraten ic.) zu ermöglichen, ist es nothwendig. tiefe, etwa 8 Zentimeter von einander entfernte Einschnitte in die betreffenden Stücke zu machen, damit auf diesem Wege die Siedhitze auch auf die tieist gelegenen Fleischschichten hinreichend einzuwirken vermag. Auf skandalöse Biihnenverhältiiisse wirft eine Notiz ein Schlaglicht, welche dieNational-Zeitung" vom Dienstag bringt. In äußerst dankenswerlher Weise, so schreibt sie, gehen jetzt-die Behörden auf dem Gebiete des Theater-Konzessio- nirungs-Wesens vor, um hier thunlichst gesicherte und klare Verhältnisse zu schaffen. Denn nicht nur, daß bei der Ver- leihung neuer Konzcssionen die möglichst größten Garantien ge- fordert werden, so werden auch bereits früher verliehene Kon- Zessionen auf das Genaueste nachgeprüft und strenge Musterung wird unter den Inhabern derselben gehalten. Aus solchen Gründen erklärte erst kürzlich das Polizeipräsidium den Besitzer» eines hiesigen ersten Kunstinstituts(mit demersten" Kunst- institut ist jedenfalls das Theater Unter den Linden gemeint), daß nur noch acht Tage lang der Konzessionär desselben geduldet werde, da eben dieser nur zum Schein Direktor sei und dem Be- triebe jenes Theaters gänzlich fern stünde". Ein eben stattgehabter Direktionswechsel ist daraus zurückzuführen. Fortan werden also die Behörden dahin wirken, daß derjenige, der in Wirklich- keit das Geschäft betreibt, auch die Konzession dazu besitzen muß, damit nicht, wie seither häufiger schon. Unzuträglichkeilen ent- stehen können, wenn die als Direktor stgurirende Persönlichkeit in Wahrheit nichts als die Puppe des Hanseigenthümers ist und nur dazu dient, unzureichend vermögenden oder gänzlich un- bemittelten Existenzen Gelegenheit zu waghalsigen Spekulationen auf Kosten Dritter zu verschaffen. Aber nicht nur den Theatern wird sich diese Fürsorge der Behörden zuwenden, sondern sie wird sich auch aus die Spezialitätenbühnen ausdehnen, und dies mit nicht minderem Recht; denn auch auf diesen Gebieten kann durch Leichtsinn oder ungenügende Geschästskenntniß das ruhige Dasein Vieler gefährdet werden beträgt doch der Monatsetat eines solchen Instituts, wenn es zu den besteren zählt, durch- schnittlich immer 20 00021 000 M., und dies nur für die Künstler, das Orchester und das technische Personal. Wie wir schon neulich erklärt haben, läßt sich durchaus nichts dagegen einwenden, wenn die Polizei sich in uützlicker Weise be- thäligt und, so weit in ihren Kräften steht, dafür sorgt, daß die schon ohnedies schlecht genug honorirte» Angestellten einer öffent- liche» Schaubühne nicht von einem Lumpazius und dessen sauberen Hintermännern um ihren Verdienst betrogen werden. Aber wun- dern thut es uns nur, daß ein so kopitalsrommes Blatt, wie die National-Zeitung", nicht gegen diesen Eingriff in dw ge- heiligten Rechte des Kapitals aufmuckt. Ganz dieselben Gründe, welche die Polizei bewegen, dem Theaterschwindel zu begegnen, könnten sie eines Tages auch einmal veranlassen, etwa zenen modernen Schufterles und deren auf dem Geldsack sitzenden Helfershelfern auf die Finger zu sehen, welche durch den in aller bürgerlichen Ehrbarkeit betriebenen Bauschwindel sowohl Hand- werter als Arbeiter aufs Schamloseste um ihren sauren Verdienst prellen. Und noch sonst giebt es bekanntlich der Veranlassungen mancherlei, welche die Behörden gegen das lieblichefreie Spiel der wirlhschaftlichen Kräfte" in Aktion setzen könnten. Hoffent­lich bleibt dieNational-Zeitung" konsequent und hört auch mit ihrem Gezeter auf, wenn die Arbeitervertreter im Parlament dieser oder jener Kategorie von Profitwütherichen die giftigen Krallen stutzen lasten wollen. Pfe, istische Gedankenfreiheit. Trotzdem die Angelegenheit des Lehrers derFreireligiösen Gemeinde", Dr. Bruno Wille, welcher bekanntlich wegen Ausübung unbefugter Lehrtbätigkeit mit eitter Geldstrafe von SOV M. von, Provinzial-Schulkollegium belegt wurde, noch nicht«ndgiltig entschieden ist. ist der pro- visorischen Jugendlehrerin Frl. Ida Altmann ebenfalls die fernere Ausübung der Lehrthätigkeit bei der Gemeinde unter An- drohung von 100 M. Geld- oder 10 Tagen Haststrafe untersagt worden. Frl. Allmann sei zwar staatlich geprüfte Lehrerin, be- sitze aber nur die Ausübung der Lehrthätigkeit für eine be- schränkte Anzahl Kinder(die Zahl der Kinder der Freireligiösen Gemeinde beträgt etwa SO 30), im letzteren Falle müsse sie Schulvorsteherin sein. Frl. Altmann will nun um die Ertheilung dieses Charakters nachsuchen. Der Beschwerdeweg ist sofort be- schritten worden. Wenn die braven Leute, die im Provinzial- Schulkollegium sitzen, durch ihre Verbote auch nur um einen einzigen Tag die Eni- Wickelung des freien Gedankens verhindern könnten. Bei all ihrer äußeren Macht arbeiten die Herren doch sür nichts anderes als pour le roi de prusse! Er war entbehrlich für die königliche Hauptwerkstätte Berlin , der Stellmacher M.; deshalb wurde ihm seitens seines vorgesetzten Werkmeisters gekündigt.Dunkel ist der Rede Sinn", so folgerte der Arbeiter, dem das gänzlich unerwartet kam, und er ging, getreu dem vorgeschriebenen Instanzenweg, zum Vorsteher, da"er sich nicht enträthseln konnte, daß man ohne weiteres enllassen wird, wenn Arbeil vorhanden und die Brauch- barkeit erst durch eine Lohnzulage am 1. Januar ausdrücklich anerkannt war. Auf die Bitte zur Angabe von Gründen gab es auch hier nur ein bezeichnendes Achselzucken und die lakonische Antwortentbehrlich". Die Erlaubniß, an derhöchsten" Stelle beim Herrn Direktor Garbe anfragen zu dürfen, ward ebenfalls gütigst erlheilt und da erhielt M. zum dritten Male die Ant- worientbehrlich", aber in einem Tone und mit einer Geste, daß der Fragesteller nunmehr wußte, daß dies ominöseent- behrlich" nur eine sinnige Umschreibung fürgefährlich" war. Der Herr Direktor Garbe ist, wie das Gerücht geht, ein gar frommer Mann und nebenbei ein klein wenig Sozialisten- tödter und es rast der See und will sein Opfer haben sagt der Volksmnnd. Die Reichöbank ist im Begriff, eine Einrichtung zu treffen, welche von einschneidender Wirkung auf den gesammten geschäft- lichen Verlehr der Reichshauptstadt sei» dürfte. Das Reichsbank- Direktorium geht, wie derKonfektionär" erfährt, mit der Ab- ficht um, die sogenannte englische Tischzeit zur Einführung zu bringen. Während jetzt die Bureaus der Reichsbank von 1 Uhr bis 31/, Uhr Nachmittags für den Verkehr mit dem Publikum geschloffen sind, sollen dieselben fortab von 9 S Uhr ohne Unter­brechung geöffnet sein. Um die Durchführung dieser neuen Ein- führung zu erproben, soll dieselbe erst versuchsweise sür eine Abtheilung eingeführt werden. Wird diese neue Einrichtung von der Reichsbank definitiv getroffen, müßten alle Bank» und Groß- geschäfte folge», wodurch schließlich auch in vielen Dingen der öffentliche Verkehr der Reichshauptstadt eine andere Gestaltung erfahren dürfte. Die Aichnugsbeamte» walten seit Beginn dieses Monats ihres Amtes, nämlich der Gewichtsrevisionen. Man merkt dies auch gelegentlich in den Straßen, wenn Polizeibeamte nicht blos Gewichtstücke, sondern auch unrichtig sunktionirende Waagen m einer Droschke nach dem Polizeipräsidium schaffen. Neulich er- regte eine große glänzende Messingwaage, die aus einem Fleischer- laden konfiszirt zu sein schien, und von einem Schutzmann mittels Droschke befördert wurde, in den Straßen am Molkenmarlt bei den Geschäftsleuten einiges Herzklopfen. Tecksitzplätze für Damen. Ein Berichterstatter will wissen, daß die Polizeibehörde die Frage, ob die Decksitze der Pferde- bahnen auch für Damen freigegeben werden sollen, ventilirt unc. im bejahenden Sinne beantwortet habe. In London werden be- kanntlich die Decksitze der Omnibusse anstandslos von Frauen be- nutzt, ohne daß sich dadurch sittliche oder sonstige Ungelegenheiten ergeben hätten. Wie die Direktion des Passage-Panoptikumö berichtigend meldet, ist die von einem Berichterstatter verbreitete Nachricht über den Unfall, der den Agenten Neumann gelegentlich des Ab- sturzes eines Trapezkünstlers betraf, glücklicher Weise übertrieben. Von einer Verletzung, die N. am Sprnngnetz erlitten haben sollte, könne nicht die Rede sein, da dieses 12 Fuß hoch angebracht wäre. Die leichten Hautabschürfungen des genannten Herren rührten vielmehr von dem Fall her, den der Erschreckte gethan. Von einerBeschädigung der Wirbelsäule und des Rückenmarks", von der ein späterer Bericht sprach, sei keine Rede. Eingefundener" Grabstein ist am Montag Vormittag dem 80. Polizeirevier gemeldet worden. Bei Tagesanbruch wurde auf den Geleisen der Pferdebahn der Linie Weißcnsee-Molken- markt in der Greifswalderstraße gegenüber der Gasanstalt ein etwa 1,75 Meter hoher mit Inschrift versehener zirka 5 Zentner schwerer Grabstein gefunden, welcher aus grauem Granit ge- fertigt und an den Kanten stark beschädigt und abgestoßen war. Da der Fuhrverkehr der Pferdebahn völlig gestört war, wurde das seltsame Fundobjekt mittels Hebebäum'en nach der städtischen Gasanstalt hinübcrgerollt und dem zuständigen Polizeirevier Meldung gemacht. Od der Stein von einem Wagen herab- gefallen, oder ob derselbe gestohlen worden ist, hat bis jetzt noch nicht ermittelt werden können. Ein angeblichcv Kellner Lehmann ist gestern auf dem Stettiner Bahnhof festgenommen worden, als er einem Fremden einen werthlosen Ring, der höchstens 20 Pf. Werth repräsentirte, für S M. verlauft hatte. L. scheint den Schwindel gewerbs- mäßig betrieben zu haben, denn in seinem Besitz wurden noch mehrere solcherRingblüthen" gefunden. Erhängt hat sich der Eisenwaaren-Händler Thormann, Kommandantenstr. 49, in seiner in der Brandenburgstr. 31 be- legenen Privatwohnung. Zahlungsschwierigkeiten sollen den öS Jahre alten, unverheiratheten Mann zu dem verzweifelten Schritt getrieben haben. Hilflos aufgefunden wurden in der verwichcnen Nacht zwei Männer vor dem Hause Brunnenstr. 90 und auf dem Karls-Platze. In dem ersteren ist der Tischler Rudolf Paschke ans der kiöslinerstraße erkannt worden, der sich durch einen un- glücklichen Fall einen Bruch des linken Unterschenkels zuzog. Der letztere ist etwa 3V Jahre alt und in einem so bedenklichen Zu stände, daß sein Ableben in der Charitee, wohin er gebracht wurde, jeden Augenblick bevorsteht. Seine Persönlichkeit hat sich daher noch nicht feststellen lassen. Durch eine» Leichensund, der zu beunruhigenden Ge- rüchten Veranlassung gegeben hat, wird die Kriminalpolizei seit vorgestern in Thätigkeit gesetzt. Am Nachmittag um 4 Ubr sah ein Arbeiter einen fast unbekleideten Leichnam hinler dem Grundstück Köpenickerstr . 3/5 auf der Spree treiben und ließ die Landung durch Schiffer bewerkslelligen. Der Tobte trug nur Schnürschuhe mit Messingösen, grauwollene Strümpfe und ein ebensolches Unterbeinklcid und hatte um den Hals eine grünseidene Kravatte mit blauen Punkten. Er ist ziemlich groß, hat dunkelblondes Haar, das zu ergrauen anfängt, einen kleinen Schnurrbart, braune Augen und guterbaltene Zähne, die besonders gut ge- pflegten Nägel lassen die Annahme zu, daß der Unbekannte sich in einer guten Lebensstellung befunden hat. An der Leiche sind verschiedene sehr schwere Verletzungen wahrnehmbar: der rechte Arm ist gebrochen, der Kopf zum Theil zertrümmert, die rechte Seite des Körpers zerrissen. Alle diese Umstände brachten das Gerücht zu Wege, daß der Leichenfund mit einem Verbrechen im Zusammenhang stehe. Wenn nun auch das Fehlen der Kleidung aufsallen muß, so wird doch behördlicherseits an- genommen, daß die Verletzungen am Körper erst nach dem Ein- treten des Todes entstanden sind, zumal da an dem Fundorte der Leiche ein reger Verkehr von Dampfschiffen stattfindet. De» Kolporteure», so meldet ein Berichterstatter, welche in dm öffentlichen Versammlungen Bücher, Zeitungen w. aus­legen resp. verkaufen, wird von Seiten der Polizei neuerdings mehr Aufmerksamkeit gewidmet, als bisher. Die Kolporteure werden nämlich jetzt von den die Versammlung überwachende» Polizeibeamten zur Bestrafung notirt, wenn sie nicht ein Ver- zeichniß bei sich führen, welches die Titel sämmtlicher zum Ver- kaufe ausliegender Schriften enthält. Eine große Anzahl von Kolporteuren scheint keine Kenntniß von dieser Verfügung zu haben. Polizeibericht. Am 9. d. Mts. Morgens wurde bei der Schleusenbrücke die Leiche eines neugeborenen Kindes und Nachmittags an der Oberbaumbrücke die Leiche eines etwa 42 Jahre alten Mannes angeschwemmt. Mittags wurde ein Kaufmann in seiner Wohnung, in der Brandenburgstraße, er- hängt vorgesunden. In einer Gastwirthschafl versuchte Nach- mittags ein Mann, sich durch einen Schnitt in den Hals zu tödten. Er wurde noch lebend nach dem Krankenhause gebracht. Auf dem Schlesischen Güterbahnhofe stürzte ein Arbeiter beim Entladen eines Eisenbahnwagens herab und verletzte sich erheblich am Kopfe. In der Alten Leipzigerstraße wurde ein Mann sinnlos betrunken und mit einer bedeutenden Verletzung am Kopfe auf- gefunden und nach der Charitee gebracht. Vor dem Grund- stücke Schöneberger Ufer 59 fand ein Zusammenstoß zwischen einem Rollwagen und einem Geschäftswagen statt, wobei der Führer des letzteren von seinem Sitz herabgeschleudert und am Kopfe, sowie an der Hand bedeutend verletzt wurde. In der Nacht zum 10. d. M. wurde ein Handwerker vor dem Hause Brunnenstr. 93 mit einer schweren Verletzung am Bein auf- gefunden und nach der Charitee gebracht. Im Laufe des Tages fanden fünf Brände statt. Kleine Theater- und Literatur-Chronik. Emil Thomas, der nach dem vorjährigen Krach nach Amerika entschwand, kehrt wieder zurück in die Gefilde der Heimath und tritt, wieIgemeldet wird, in einigen Wochen in seinem früheren Heim, dem jetzigen Zentraltheater als Gast aus. Im Nationaltheater werden heute erfreulicher Weise die SchwänkeEine Nacht im Ballhause" undKaiserwetter" zum letzten Mal gegeben. Morgen Tonnerstag geht das Schauspiel M u t t e r s e g e n" in Szene, während übermorgenDer Glöckner von Notre Dame" gegeben wird. Im Alexanderplatz-Theater tvird heute ein Trauerspiel mit GesangDie Nachteulen von Paris " zum ersten Mal gegeben. Die Hauptrollen liegen in Händen des Fräulein tenny Schmidt, sowie der Herren Hugo Hummel und Albert errmann. DasDeutsche Theater" soll am 1. September d. I. unter der neuen Direktion mitKabale und Liebe" eröffnet werden, mit derselben Vorstellung also, mit der sich vor 10 Jahren dasDeutsche Theater" einführte. Den Sekretär Wurm spielt Jnsef Kainz, der damalige Ferdinand. Witterungsübersicht vom 10. April. Witterung in Deutschland am 10. April, 8 Uhr Morgens, Auch heute herrscht in ganz Deutschland trockenes Wetter mit schwachen östlichen Winden. In Süd- und Mitteldeutschland ist der Himmel überall wolkenlos, im Nordwesten hingegen� hat die Bewölkung zuzunehmen begonnen und an der ostpreußischen Küste lagert Nebel. In verschiedenen Gegenden überschritten die gestrigen Nachmittags- Temperaturen 20 Gr. Celsius, namentlich im Süden, aber auch sogar an der Nordsee : heute Morgen haben Mülhausen i. E. wieder 12, Chemnitz und Borkum 11 Gr., dagegen Memel nur 2 Gr. Celsius. Berliner Wctterbureau. Wetter-Prognose für Dienstag, den 11. April 1804. Ein wenig kühleres, vorwiegend heiteres, trdckenes, zeitweise wolliges Wetter mit mäßigen östlichen Winden. Berliner Wetterbureau. Gerilk»ks--Ieitu»rgt Zln die Geschichte von den betrogenen Betrüger» er- innert zum Theil die Anklage wegen Diebstahls und Hehlerei, die gestern vor der I. Strafkammer verhandelt wurde. Sie richtete sich gegen den Handlungsgehilfen Karl Reinhardt ti l l e r, den Hausdiener Hermann Georg Triebe!, den chneider Ed. Julius Jahn, den Kaufmann Jos. Theod. Jahn, den Schlächter Josef Blum und die ehemalige Schlächtersrau Eva Wolter. Die beiden ersten Angeklagten waren in dem Galanteriewaarengeschäft von Strenger in der Neuen Friedrich- Straße angestellt und haben in zahllosen Fällen Portemonnaies, Taschenbürsten, Taschen- meffer, Hosenträger, Manschettenknöpfe, Broches u. s. w. ent- wendet. Den größten Theil der Sachen haben die Angeklagten Jahn erhalten, welche dieselben an kleine Händler ver- schärften. Aber auch Blum und die Wolter, welche zum Termin nicht erschienen waren, sollen in wiederholten Fällen gestohlene Waaren gegen Hingabe von Fleisch aus ihrem Schlächterladen an sich gebracht haben. Blum soll den Angeklagten tiller sogar direkt zu den Diebstählen aufgefordert haben. r hat die Bekanntschaft mit dem Angeklagten schwer büßen müssen. Die Gebrüder Jahn wußten aus ihrem Verkehr mit Blum, daß dieser in dem hinter dem Schlächterladen ge- legenen Wohnraum sich einen mit eiserner Thür versehenen Wand- schrank hatle anbringen lassen und darin baarcs Geld, Effekten lind Goldsachen verwahrte. Die Gebr. Jahn lockten ihn nun am 21. September Abends in verschmitzter Weise ans dem Hause in ein Bierlokal und benutzten seine Abwesenheit, um in seiner Wohnung einen Einbruch zu verüben. Während Joses Jahn Schmiere stand, öffnete Eduard Jahn mittels eines Dietrichs die Thür züc Wohnung, erbrach mittels eines Hackebeils die eiserne Thür zu dem Wandschrank und stahl aus demselben einen Tausendmark- schein, zwei Hundertmarkscheine, 140 M. in Gold und Silber und ein Holzkästchen mit zwei Herren- und einer Damenuhr, drei Ringen, zwei Armbändern u. f. w. u. f. w. Gegen diesen Verlust ist der Gewinn, den er aus dein Erwerb gestohlener Galantericwaaren gezogen haben kann, ein gar nicht in die Wagschaale fallender. Der Gerichtshof verurtheilte H i l l e r zu 8 Monaten, Triebe! zu 1 Monat und Eduard und Josef Jahn zu je drei Jahren drei Monaten Gcfängniß. Gegen den Schlächter Blum und die Wolter mußte das weitere Verfahren vorbehalten bleiben. Nach K ZZO des Strafgesetzbuches wird derjenige, der bei der Leitung oder Ausführung eines Baues wider die allgemein anerkannten Regeln der Baukunst dergestalt handelt, daß hieraus für Andere Gefahr entsteht, bestraft. Das Reichsgericht hatte durch Urtheil vom 4. November 1390 fest-