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Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berlin  ".

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Ami Morisvlas. Nr. 151 90-151 97.

Freitag, den 14. Januar 1916.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Ferniprecher: Amt Moritplas, Nr. 151 90-151 97.

Kriegs- und Friedensaufgaben des Preußischen Landtages.

Thronrede und Wahlreform. Meldung des Großen Hauptquartiers. mindestens feit dem Jahre 1908 kein Geheimniß mehr. Wenn

Wenn man der Thronrede mit einiger Spannung ent­gegensah, so aus dem einzigen Grunde, weil inzwischen durch­gesichert war, daß die Thronrede eine Stelle über die be­rühmte Neu orientierung unserer inneren Politik, über die preußische Wahlreform enthalten werde. Wenn wir sagten, die Nachricht war durchgefickert, so ist dieser Ausdruck eigentlich nicht ganz zutreffend. Denn daß die Nach­richt in die Oeffentlichkeit gelangte, war nicht auf irgendeine Indiskretion zurückzuführen, sondern im Gegenteil, der Deffentlichkeit war durch allerhand offiziöse Verlautbarungen das zu erwartende große Ereignis als etwas hoch Bedeut­sames in Aussicht gestellt worden. Um so größer ist nach diefen wichtigtuerischen Ankündigungen jezt die Enttäu­schung. Denn in der Thronrede selbst wird von der preu­Bischen Wahlreform nur in folgendem Saß gesprochen:

" Der Geist gegenseitigen Verstehens und Vertrauens wird auch im Frieden fortwirken in der gemeinsamen Arbeit des ganzen Volkes am Staate. Er wird unsere öffentlichen Gin­richtungen burchbringen und lebendigen Ausdrud finden in unferer Verwaltung, unserer Gesetzgebung und in ber Ge­staltung der Grundlagen für die Vertretung des Volksinden gefeßgebenden Körperschaften." Um auf dieses vieldeutige Säglein die Oeffentlichkeit borzubereiten, hat man so große Vorbereitungen getroffen, hat man alle möglichen Berichte in die Presse lanciert, hat man alle möglichen Vorbesprechungen veranstaltet! Wenn je, so beansprucht hier das Wort Geltung, daß der kreißende Berg wirklich ein fümmerliches Mäuslein geboren hat.

Selbst liberale Blätetr, wie das Berliner   Tage blatt" find höchst unzufrieden mit der Ankündigung der Thronrede. Nachdem das Berliner Tageblatt" den von uns zitterten Satz angeführt, fügt es erstaunt hinzu: Das ist Der einzige Hinweis auf die versprochene Wahl. rechtsreform, ist die mit solcher Spannung er­wartete Aeußerung über diese Reform, die schon in der Thron rede von 1908, etwas flarer und genauer als eine der wichtigsten Aufgaben der Gegenwart" bezeichnet wurde. Bescheidener ist die Vossische Zeitung", die meint, ,, der König selbst habe sein Versprechen erneuert und man habe fein Recht, daran zu zweifeln, daß dieses Versprechen eingelast werde". Dabei gibt die Vossische Zeitung" zu ber­stehen, daß gerade die lange Dauer des Krieges und die un­geheure Last der Opfer, die das Volk zu tragen hat, zur Er­neuerung des Wahlrechtsversprechens geführt hätten.

"

Demgegenüber verdient denn doch festgestellt zu werden, daß das Versprechen der Wahlreform tatsächlich schon im Jahre 1908 gleichfalls in einer Thronrede abgegeben worden ist. Und zwar war das geschehen zwei Jahre später, nachdem der preu­Bische Finanzminister v. Rheinbaben erklärt hatte, daß die Regierung fest auf dem Boden des Dreiklassenwahlrechts stehe und sich durch keine sozialdemokratische Agitation von diefem Standpunkt abdrängen oder sich Konzessionen abtrogen lassen" werde. Gerade seit dem Jahre 1906 hatten allerdings die gewaltigen sozialdemokratischen Wahlrechtskundgebungen eingelegt.

Der Thronrede vom Jahre 1908 folgte allerdings eine beträchtliche Pause. Erst im Jahre 1910 fam die Wahlrechtsvorlage der Regierung heraus, die im Grunde alles beim alten lassen und nur derartige Flidreformen einführen wollte, daß selbst die Nationalliberalen von ihr nichts wissen mochten. Man weiß auch, welche Rämpfe und welche Schachergeschäfte sich während der Verhandlung der Wahlrechtsvorlage abgespielt haben, und wie das ganze Spiel schließlich darauf hinauslief, daß nicht das geringste zustande fam. Wenn man sich an die Thronredevon 1908 erinnert, die in der Tat immerhin einen wesentlich bestimmteren Wortlaut hatte als die völlig nebelhaften Erklärungen der Thronrede vom Jahre 1916, und wenn man hinzu­nimmt, daß seitdem in dem furchtbaren Weltkrieg Hundert­taufende von Volksgenossen ihr Blut verspritzt haben, so muß in der Tat selbst jedes ehrliche liberale Gemüt zugestehen, daß die Ankündigung der Bekundung der großen Neuorien­tierung unserer inneren Politik und ihre heutige Erfüllung" eine ungeheure Enttäuschung bereitet hat.

Wir

Wir allerdings sind nicht enttäuscht gewesen. wollen feineswegs behaupten, daß wir nicht denn doch eine wesentlich bestimmtere Fassung und binden. dere Busagen erwartet hätten; aber wir täuschten uns von Anfang an nicht darüber, daß es bei allen schönen Worten doch bei der bloßen Ankündigung und dem bloßen Versprechen bleiben würde. Was es damit auf sich hat, das ist selbst benen, die in der Geschichte der früheren preußischen Politik nicht allzu bewandert find,

Amtlich. Großes Hauptquartier, den 13. Januar 1916.( W. Z. B.)

Westlicher Kriegsschauplah. Nordöstlich von Armentières   wurde der Vorstoß einer stärkeren englischen Abteilung zurückgeschlagen.

In den frühen Morgenstunden wiederholten heute die Franzosen   in der Champague den Angriff nordöstlich von Le Mesnil. Sie wurden glatt abgewiesen. Ebenso scheiterte ein Angriffsversuch gegen einen Teil der von uns am 9. Januar bei dem Gehöft Maison de Champagne ge­nommenen Gräben.

Die Leutuants Bölcke   und Immelmann schossen nord­öftlich von Tourcoing   und bei Bapaume   je ein englisches Flugzeug ab. Den nnerschrockenen Offizieren wurde in Anerkennung ihrer außerordentlichen Leistungen durch Seine Majestät den Kaiser der Orden Pour le Mérite   verliehen.

Ein drittes englisches Flugzeug wurde im Luftkampf bei Ronbaix, ein viertes durch unser Abwehrfeuer bei Ligny( südwestlich von Lille  ) heruntergeholt. Von den acht englischen Fliegeroffizieren find sechs tot, zwei ver­wundet.

Deftlicher Kriegsschauplah.

Erfolgreiche Gefechte deutscher Patrouillen und Streif­tommandos an verschiedenen Stellen der Front.

Bei Nowosjolki( zwischen der Olschanka und der Beresina) wurden die Russen aus einem vorgeschobenen Graben vertrieben.

Balkankriegsschauplak.

Die Lage ist unverändert.

Oberste Heeresleitung.

Der österreichische Generalfabsbericht.

Wien  , 13. Januar.  ( W. T. B.) Amtlich wird ver­lautbart: Wien  , 13. Januar 1916.

Russischer Kriegsschauplak.

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bon

In Oftgalizien und an der beffarabischen Front stellenweise Geschütkampf, sonst keine besonderen Ereignisse. Die amtliche russische   Berichterstattung hat es sich in der letzten Zeit zur Ge­wohnheit gemacht, der freien Erfindung kriegerischer Begeben­heiten den weitesten Platz einzuräumen. Entgegen allen russischen Angaben sei ausdrücklich hervorgehoben, daß unsere Stellungen öftlich der Strypa und an der bessarabischen Grenze einem einzigen Bataillonsabschnitt abgesehen, den wir um zwei­hundert Schritte zurücknahmen genau dort verlaufen, wo sie verliefen, ehe die mit großer militärischer und journalistischer Aufmachung eingeleitete und bisher mit schweren Verlusten für unsere Gegner restlos abgeschlagene russische Weihnachtsoffensive begann. Sind sonach alle gegnerischen Nachrichten aus Peters­ burg   falsch, so beweisen außerdem die Ereignisse im Südosten, daß die vergeblichen russischen Anstürme am Dnjoftr und am Bruth auch nicht zur Entlastung Montenegros   beizutragen ver­mochten.

Italienischer Kriegsschauplak.

In den Judikarien   beschoß die italienische   Artillerie die Ortschaften Creto und Bor; auf Roncone warjen feindliche Flieger Bomben ab, ohne Schaden anzurichten. Nago  ( östlich Riva) stand gleichfalls unter feindlichem Feuer. Unsere Artillerie. schoß das italienische   Barackenlager südlich Pontafel in Brand. An der füstenländischen Front hielten die beiderseitigen Geschüß­fämpfe im Tolmein- und Doberdo  - Abschnitte an.

Südöstlicher Kriegsschauplab.

Die an der Adria   vorgehende österreichisch- ungarische Kolonne hat die Montenegriner aus Budua vertrieben und den nördlich der Stadt aufragenden Maini Vrh in Besitz genommen. Die im Lovcengebiet operierenden Kräfte standen gestern abend sechs Kilo­meter westlich Cetinje   im Kampf. Auch die Gefechte bei Grahovo   verlaufen günstig. Unsere Truppen sind ins Talbecken vorgedrungen. Im Grenzraum südlich von Avtovac überfielen wir den Feind in seinen Höhenstellungen. Er wurde geworfen. Im Nordosten Montenegros   ist die Lage unverändert.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.

man aber gar die Thronrede von 1908 und die Thronrede von 1916 vergleicht, dann kann die Zuversicht auf eine auch nur einigermaßen befriedigende Lösung der Zusage nicht allzu groß sein.

Das Berliner Tageblatt" läßt in seiner Glossierung durchblicken, daß bei der Redigierung des Wortlauts der Thronrede allerlei Rücksichten auf die rechtsstehenden bürgerlichen Parteien obgewaltet hätten. Das ist sehr möglich. Und um so wahrscheinlicher ist es, daß zu der Zeit, wo die äußerst vagen Versprechungen der Thronrede wirklich einmal eingelöst werden sollen, die Widerstände der rechtsstehenden Parteien und auch der keineswegs wahlrechts­freundlichen Mittelparteien so sehr gewachsen sein werden, daß das Schicksal einer neuen Wahlreform kaum anders sein wird als das der Wahlrechtsvorlage von 1910. Gerade wenn es zutrifft, was wir jegt in allen bürgerlichen Blättern lesen: daß unser nach dem Kriege folossale neue Steuer. I asten harren und daß das deutsche Wolf sich großhun­gern muß, finken die Aussichten, daß die Parteien, die die befizenden Klassen vertreten, eine wirkliche Wahlreform durch­feben werden, auf ein geringes Maß herab. Das arbeitende Bolk und seine parlamentarische Vertretung müssen nach wie vor damit rechnen, daß ihnen ein freies Wahlrecht nicht wie eine reife Frucht durch die Gnade höherer Mächte in den höherer Schoß fällt.

Die Thronrede.

Bei der Eröffnung des Landtags der preußischen Monarchie im Weißen Saale des königlichen Schlosses verlas im Auftrag Seiner Majestät des Kaisers und Königs der Minister präsident Dr. v. Bethmann Hollweg   die Thronrede; fie lautet: isades b

Erlauchte, edle und geehrte Herren von beiden Häusern des Landtags! man Seine Majestät der Kaiser und König haben mich zu beauf­tragen geruht, den Landtag der Monarchie zu eröffnen und in Seinem Namen willkommen zu heißen.

Während Sie sich hier zur Arbeit versammeln, geht draußen auf den weiten Schlachtfeldern das blutige Ringen fort. Wie unsere Feinde uns den Krieg aufgezwungen haben, so tragen sie die Schuld und Verantwortung, daß sich die Völker Europas  weiter zerfleischen.

Vor eine eiserne Probe stellt die Vorsehung unser Volf. Großes wird gefordert, Großes aber auch geleistet. Die Pläne unserer Feinde, uns durch Abschnürung von der überseeischen Welt mürbe zu machen, sind gescheitert. Aus eigener Straft sichert die Landwirtschaft die Ernährung der Bevölkerung, aus eigener Straft schafft Industrie und Handwerk, wessen wir zu unserer Verteidi gung bedürfen, halten die arbeitenden Hände der Millionen, die daheim geblieben, unser wirtschaftliches Leben aufrecht, trotz Krieg und Kriegsnot. Und über dem allen stehen die Taten unseres Voltes in Waffen, unaussprechlich in Größe und Heldentum.

In hartem Kampf hat Deutschland   unterstützt von treucu Verbündeten einer Welt von Feinden standgehalten und seine Fahnen weit in Feindesland hineingetragen. Der alte preu ßische Soldatengeist, auf den wir stolz sind und stolz bleiben, hat in edlem Wetteifer mit den deutschen   Bruderstämmen feine unbergängliche Lebenskraft erwiesen und neuen unsterb lichen Ruhm dem Heldentum der Väter und Ahnen hinzugefügt. Mit unserm König und Kaiser gehen wir voll Gottvertrauen und Siegeszuversicht auch der Zukunft entgegen. Ein einziger und heiliger Gedante erfüllt uns, bis in die letzten Tiefen der Volks­traft alles herzugeben für das Leben und die Sicherheit der Nation.

Als Gruß an den Landtag hat Seine Majestät der Kaiser und König mur Worte heißen Dankes an die Kämpfer draußen und daheim.

Ihre bevorstehenden Arbeiten, meine Herren, werden var allem den Notwendigkeiten des Krieges gehören.

Der allgemeine wirtschaftliche Druck des Krieges hat zwar die gesunde Kraft der preußischen Finanzen nicht er­schüttern fönnen, doch erfordert die Erhaltung eine Steige­rung der Einnahmen. Es wird Ihnen daher eine Vorlage zugehen, die eine Erhöhung der Zuschläge zur Ginkommen- und Ergänzungssteuer borsieht.

Für die Wiederaufrichtung Ostpreußens   werden weitere staatliche Geldmittel verwendet werden. Die nach den verwüstenden Einfällen des Feindes durch die wuchtigen Schläge des Ostheeres befreite Provinz erwacht unter der tatkräftigen Arbeit aller dazu berufenen Männer zu neuem Leben. Weit über die Grenzen der Monarchie, ja über die Grenzen Deutsch­ lands   hinaus sind Helfer und Spender erstanden. Ihnen allen fagt der König Dant in der frohen Erwartung, daß es in nicht