die Zelözuge im Grient. Von Richard Gädke. Es läßt sich nicht Leugnen, daß die kriegerischen Unter- nehmungen im Osten von Saloniki bis Erzerum und Bagdad in einem inneren strategischen Zusammenhang stehen und schließlich auch eine größere Bedeutung im Rahmen des ganzen Krieges be- anspruchen dürfen, als wir ihnen im allgemeinen zuerkennen. Sie stellen einen umfassenden Versuch unserer Gegner dar, uns die Erfolge wieder zu entreißen, die wir durch die Niederwerfung Ser- biens und Montenegros , durch die Oeffnung der Bahn nach Kon- srantinopel und durch das Scheitern der englisch -französischen Offensive auf Gallipoli gewonnen hatten. Die Landung bei Salo- niki sollte uns die Beherrschung des Balkans streitig machen, Griechenland und Rumänien in den Krieg hineinreitzen, ein russi- sches Heer von Norden her über die Donau ziehen, die Italiener zum Eingreifen in Albanien veranlassen und so mit einer ge- waltigen neuen Anstrengung das verwirklichen, was die Landung bei den Dardanellen vergeblich angestrebt hatte: die Niederhaltung Bulgariens , die erneute und gründliche Trennung der Türkei von den Mittelmächten, ihre Nötigung zu einem der Unterwerfung gleichen Sonderfrieden, die Oeffnung des Bosporus und der Darba- nellen für den Vierverband. Die Unternehmungen in Asien gegen die Nord-, die Ost- und die Südostgrenze des osmanischen Reiches, zu der nicht unerheb- liche Truppenmassen angesetzt wurden, sollte jene Aufgabe unter- stützen, die Kräfte der Türkei teilen, ihnen ein starkes Eingreifen auf dem Balkan und gegen den Suezkanal verwehren und den Nutzen der Bagdadbahn für uns verringern oder ganz aufheben, indem nicht nur die Küste des persischen Golfes und ganz Mesopo- tamien in die Hand der Engländer gebracht, sondern auch Persien zwischen ihnen und Rußland aufgeteilt, Armenien aber von letzterem erobert wurde. Die Bagdadbahn wäre so zu einer Sack- gasse geworden, während mittelbar auch die englische Herrschaft über den Suezkanal gestützt wurde und damit die Kontrolle des zweiten Weges nach dem fernen Osten. Der Plan war weitsichtig angelegt, seine Durchführung in aller Stille gründlich vorbereitet, und er war nicht ohne jede Aussicht auf Erfolg. Glücklicherweise wurden unsere Gegner auch diesmal wieder durch etwas gehemmt, was uns im ganzen bisherigen Ver- lauf des Krieges zugute gekommen ist: die Langsamkeit der Aus- führung und die niemals völlige Uebereinstimmung ihrer Opera- tionen zu einer einheitlichen Bewegung nach Zeit und Raum. Wo- zu dann noch die Mißerfolge ihrer Diplomatie traten, die in ihrer Wirkung großen militärischen Niederlagen gleichkamen. Trotz aller großen Worte kam die Heranführung nennens- werter Kräfte nach«aloniki nur sehr langsam in Gang. Die Vierverbandszeitungen haben monatelang die Zahl der bereits ver- fügbaren Truppen maßlos übertrieben. Ende November und An- sang Dezember holten sich die französisch-englichen Truppen schwere Niederlagen am Wardar gegen die Bulgaren und mußten sich schleunigst auf griechisches Gebiet zurückziehen. Sie haben es wohl mehr politischen als militärischen Gründen zu danken, wenn sie hier bis zur Stunde unbehelligt blieben und sich im Laufe von zwei Monaten allmählich verstärken konnten. Zur Wiederaufnahme der Offensive sind sie noch nicht gelangt; ob die Ueberschreitung des Wardar in westlicher Richtung am 10. Februar im Angrifsssinn zu deuten ist oder nur eine Flankensicherung ihrer Berteidigungsfront um Saloniki sein soll, ist noch nicht zu übersehen. Mit dieser ver- unglückten Unternehmung zugleich fiel aber auch die Teilnahme Griechenlands und Rumäniens am Kriege, türkiche Kräfte wuvden frei für andere Kriegsschauplätze; besonders als am 19. Dezember und 8. Januar auch die Gallipoli-Halbinsel geräumt wurde. Inzwischen waren nun freilich englische Kräfte, die auf mehrere Divisionen zu schätzen sind, unter General Townsend sieg- reich von Baporah über Korna am Tigris entlang gegen Bagdad vorgedrungen. Die ihnen entgegentretenden schwachen türkischen Kräfte, die damals vielleicht auch Mangel an Kriegsbedarf litten, wuvden langsam in nördlicher Richtung zurückgedrängt; bereits Anfang Oktober erreichte die englische Streitmacht das vielgenannte Äut-el-Amara, 180 Kilometer südöstlich Bagdad . Glücklicherweise geschah auch ihr Vorrücken infolge großer Verpflegungsschwierig- keilen nur langsam. Erst Ende November langten sie bei Ktesiphon an. Inzwischen war es-den Türken gelungen, stärkere Massen zum Schutze des schwer gefährdeten Bagdad zu versammeln, so daß die Engländer am 24. und 2ö. November bei Ktesiphon geschlagen wurden und in einem Zuge wieder bis Kut-el-Amara zurückgehen mußten. Die Türken folgten und schloffen sie bis zum 8. Januar dort auf beiden Tigrisufern ein. Inzwischen haben die Engländer zu ihrem Entsatz neue Kräfte unter General Aylmer(später Lake), anscheinend drei Divisionen, herbeigeführt. Bis zum heutigen Tage ist es ihnen aber nicht gelungen, den belagerten General Toivns- cud zu entsetzen. Sie haben vielmehr anscheinend vom ö. bis 9. nach wcchselvollen Kämpfen und dann wieder am 21. und 24. Ja- nuar durch eine umfassende Bewegung der Türken Niederlagen er- litten und stehen noch immer 4ö Kilometer östlich Kut-el-Amara . Am 7. Februar haben türkische Streiftorps in der dortigen Gegend ihren Etappentruppen ein. siegreiches Gefecht geliefert. Die Lage der Engländer scheint augenblicklich keine günstige zu sein, und zwar nicht nur infolge ergiebiger Regengüsse und der Ueberschwemmung des Tigris . Im Laufe des Winters gelang«S der Tatkraft des Großfürsten Nikolaus, ein starkes Hoer im südlichen Kaukasus zu versammeln, mährend gleichzeitig die russischen Kosakentrnppcn in Nordpersien, sowohl am Täbris wie um Teheran , beträchtlich verstärkt sein müssen. Am 10. Januar erst— als die englische Offensive gegen Mesopotamien bereits zum Stehen gebracht war— trat das russische Heer zum Angriff an. Auf die Festung Kars gestützt, brach seine Mitte von Olti und Sarykamysch aus in Richtung Erzerum vor, durchbrach trotz großer Hindernisse, die Schnee und Kälte ibr entgegensetzte, in einer Reihe glücklicher Kämpfe vom 17. Ja- nuar an die türkische Linie und nötigte sie zum Rückzüge auf die Werke von Erzcrum. Der russische rechte Flügel hielt inzwischen den Gegner südlich Batum fest und drang allmählich auch über den Archawe-Fluß vor, während die Linke in einer Reche von Gefechten nördlich des Wan-Sees am 28. Januar über Melasgert hinaus- gelangte. Auch auf dem Ostufer des Wan-Sees haben ihre kleineren Abteilungen in südlicher Richtung Fortschritte gemacht. Gleichzeitig gingen die Streitkräfte in Persien von Täbris und Teheran aus in fächerförmiger Ausbreitung gegen die türkischen Grenzen vor und unterwarfen ihrem Machtgebot den größten Teil Nordwestpersi?ns. Unsere Verbündeten wurden in Armenien besonders durch den voll- kommenen Mangel an jeder Bahnlinie schwer benachteiligt, den der politische Druck Rußlands vor dem Kriege erzwungen hatte. Truppen, Kriegsbedarf, Verpflegung waren auf den zeitraubenden Landweg angewiesen, da auch der Seeweg durch die Herrschaft der Russen im Schwarzen Meere ganz oder größtenteils gesperrt war. Die letzteren hingegen hatten die Bahn bis Kars hinter sich, die in aller Stille bis Sarykamhsch verlängert war. Trotzdenc ist es den Türken gelungen, nach Erzerum Verstärkungen heranzubringen. Vor Erzerum ist der russische Vormarsch zum Halten gebracht, und auch nach Persien konnten Truppenabteilungcn geworfen werden, die im Berein mit irregulären persischen Scharen der weiteren Aus- dehnung des Gegners entgegengetreten sind. Soweit man sehen kann, ist dieser bis jetzt nicht wesentlich über Hainadan, 400 Kilometer nordöstlich Bagdad . 310 bis zur Grenze, vorgedrungen. Er scheint vorläufig einige Mühe zu haben, seine linke Flanke gegen Vorstöße von Süden und Südosten her zu sichern. Aus dieser Gegend wenigstens(Doletabad, Nessawend, Burudjird, Sultana- dad) melden die Russen heftige Zusammenstöße. Im großen ganzen bat sich im Anfang Februar 1916 also auch im Orient der Stellungskrieg herausgebildet, der diesem Kriege im Westen sein Gepräge gibt. Nur in Albanien dringen Oester- reicher und Bulgaren zwar langsam, aber unaufhaltsam vor. Sollte stch die Nachricht bewahrheiten, daß die letzteren bereits Fieri, 35(nicht 25 Kilometer) nördlich Balona«reicht haben, dann wäre die Kriegslage hier an einem entscheideuden Punkt angelangt,(r);
Neue deutsche Minensperren. Stockholm , 16. Februar.(W.T.B.) Meldung der Schwedischen Telegraphen- Agentur. Der deutsche Gesandte hat dem Ministerium heute folgende Mitteilung überreicht: In nächster Zeit , werden außerhalb des schwedischen Seegebietes an verschiedenen Stellen zwischen 55 Grad 18 Minuten und 55 Grad 26 Minuten nördlicher Breite und 12 Grad 42 Minuten und 13 Grad östlicher Länge Schifsabrtshindernisse und Minen ausgelegt. Sobald nähere Mitteilungen eingegangen sind, werden die notwendigen Anweisungen für die Schiffahrt erteilt werden.
Soliüaritätserklärung üer Entente für Belgien . Paris , 16. Februar.(W. T. B.) Meldung der Agence Havas- Vertreter Frankreichs , Englands und Russlands beim König der Belgier haben dem belgischen Mini st er des Aeuhern am 13. Februar in Sainte Adresse gemeinsam folgende Erklärung überreicht: .Eure Exzellenz! Die verbündeten Signatarmächte der Ver- träge, welche die Unabhängigkeit und Neutralität Belgiens gewährleisten, haben heute durch einen feierlichen Akt die Erneuerung der Verpflichtungen be- schlössen, die sie gegen Ihr, seinen internationalen Ver- pflichtungen heroisch treues Land übernommen haben. Infolgedessen haben wir Gesandte Frankreichs , Grohbritanniens und Russlands , von unseren Regierungen gehörig bevollmächtigt, die Ehre, folgende Erklärung abzugeben: Die verbündeten Garantiemächte erklären, dass die belgische Re- gierung im gegebenen Augenblick zur Teilnahme an den Friedens- Verhandlungen aufgefordert werden wird. Sie werden die Feindseligkeiten nicht beendigen, ohne dass Belgien in seiner politischen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit wiederhergestellt und für die erlittenen Verluste reichlich entschädigt wird. Sie werden Belgien ihre Hilfe leihen, um seine kommerzielle und finanzielle Wiedergeburt zu sichern." Baron BeyenS antwortete:.Die Regierung des Königs ist den Regierungen der drei Garantiemächte der Unabhängigkeit Belgiens , die Sie bei ihr vertreten, tief dankbar für die hochherzige Initiative, die Sie ergriffen haben, indem Sie ihr heute diese Er- klärung überbringen. Ich spreche Ihnen ihren heissen Dank dafür aus. Ihre Worte werden ein vibrierendes Echo haben in den Herzen der Belgier , mögen sie an der Front kämpfen, im besetzten Lande leiden oder in der Verbannung die Stunde der Befreiung erwarten, alle von dem gleichen Mute beseelt. Die neuen Versicherungen, die Sie mir soeben gegeben haben, werden ihre unerschütterliche Ueberzeugung bekräftigen. Belgien wird auS seinen Ruinen wieder auferstehen und in vollständiger politischer und wirtschaftlicher Un- abhängigkeit hergestellt werden. Ju bin sicher, ihr Dolmetsch zu sein, wenn ich Ihnen sage, dass Sie volles Vertrauen zu uns haben müsien, wie wir volles Vertrauen zu unseren loyalen Garanten haben. Denn wir sind alle entschlossen, energisch mit ihnen bis zum Triumph des Rechts zu kämpfen, zu dessen Verteidigung wir uns ohne Zögern nach ungerechtfertigter Verletzung unseres heißgeliebten Vaterlandes geopfert haben." Der italienische Gesandte kündigte dem Baron Seyens seinerseits an. dass Italien , obwohl eS nicht zu den Garantie» mächten der Unabhängigkeit und Neutralität Belgiens gehöre, kund tue, daß es nichts dagegen habe, d a ß di e o b e n ge- nannte Erklärung von den Alliierten abgegeben würde. Die japanische Regierung gab eine gleich- lautende Erklärung ab. Die belgischen Sozialdemokraten zur Verständigung bereit. Aus einem kurzen Brief des internationalen Sekretärs C. HuysmanS an oaS Kopenhagener Parteiorgan.Socialdemo- craien" geht hervor, daß die belgischen Genossen bereit sind, an einer internationalen Verständigungskonferenz teilzunehmen. Wir lassen die kurze Notiz in„Socialdemocraten" in wörtlicher Ueber- setzung folgen: „Unser belgischer Parteigenosse Camille HuhSmanZ sendet uns aus dem Haag eine Postkarte, worin er uns bittet, einen einzigen Satz in unserer Antwort an DeWinne(jetzt in dem Organ der fran- zösischen Sozialdemokratie„L'Hutnanite" veröffentlicht) zu berichtigen. Wir schrieben, daß die französischen und belgischen Partei- genossen nicht zu einer Verhandlung mit deutschen Parteigenossen im Haag zusammenkommen wollten, bevor die Deutschen vom fran- zösischen Boden vertrieben seien. Huysmans teilt uns mit, daß das nicht für die Be lg i e r zutreffe. Das freut uns aufrichtig, und wir svrechen wiederholt die Hoffnung aus, daß auch die fran- zösischen Sozialdemokraten bald einwilligen werden, die von der deutschen Bruderpartei ausgestreckte Hand zu ergreifen." Die französischen Kriegskosten. Paris , 16. Februar.(W. T. B.) Wie Agence Havas meldet, erfolgt die Erhöhung der französischen Staats- ausgaben fast ausschließlich auf Kosten des Kriegsministeriums. Wie„Temps " dazu schreibt, beträgt die Erhöhung gegenüber dem ersten Vierteljahr allein 450 Millionen Frank für das Artilleriewesen. Von den anderen Mehrausgaben entfallen u. a. fast 83 Millionen auf das Material für das Flugwesen, fast 13 Millionen auf die Militäreisenbahnen. fast67 Millionen auf die Kosten für Truppenverschiebungen und Transporte, II1/» Millionen auf die Unterbringung der Kolonialtruppen in den Lagern. Die Teuerung der Lebensmittel machte unvermeidliche Äehr- ausgaben notwendig, für Futtermittel nämlich annähernd 21 Millionen und über 33 Millionen für den Unterhalt des Heeres. Auch die Löhnung habe eine Mehrforderung von 7 Millionen beansprucht. Insgesamt belaufen sich die Kreditforderungen vom I.August 1914 bis zum 30. Juni 1916 einschließlich der vor dem Ausbruch des Krieges bewilligten Budgctzwölftel für die letzten fünf Monate deS Jahres 1914 auf 461/3 Milliarden Frank. Die türkische Schuld bei den Mittel- mächten. Nach dem Bericht des Haushaltungsausschusses der tür - kischen Kammer beträgt die Gesamthöhe der Vorschüsse, die die Türkei während des Krieges in Deutschland aufgenommen hat und noch aufnehmen wird, 73 Millionen Pfund oder rund 860 Millionen Mark. Ein Drief stoelruös. Das in Samara erscheinende Arbeiterblatt„Nasch Golos" ver- öffentlicht in seiner Nummer vom 17.(30.) Januar folgernden Brief des Genossen Paul A x e l r o d: „In der Presse— darunter auch in Ihrem Blatte— ist vielfach der von Plechanow , Deutsch , Axelrod u. a. unterzeichnete Aufruf an die russischen Arbeiter erwähnt und zitiert worden.
Da die Erwähnung meines Namens neben-denen Plechanovs und Deutschs — meiner Genossen in der„Gruppe der Befteiung der Arbeit"— viele auf den Gedanken gebracht, es handle sich hier um meine Person, erachte ich es als notwendig, zu erklären, daß ich mit dem erwähnten Aufruf nichts gemein babe, da ich eine völlig andere Stellung einnehme. Die erwähnte Unter- schrift jedoch gehört der Schriftstellerin Ida Axelrod." Den Parteikreisen des Auslands, die in den russischen Partei- Verhältnissen auch nur oberflächlich Bescheid wissen, war es freilich schon früher bekannt, daß Axelrod, der das russische Organisations- komitee in Zimmerwald vertrat, mit dem für die Organisation der Nationalverteidigung und die Preisgabe des Klassenkampfes ein- tretenden Aufruf der Plechanow -Gruppe nichts das geringste ge- mein hatte. In Anbetracht des Mißbrauchs jedoch, der in Ruß- land mit seinem Namen getrieben wurde, wird diese schroffe öfsent- liche Abgrenzung Axelrods von den Nattonalfozialisten der Plecha- now-Richtung um so mehr von Bedeutung sein, als das Auftreten des bekannten Führers der menschiwistischen Richtung manchen schlwankenden Genossen zur Besinnung bringen dürfte. Ein rujstsches �rbeiterblatt über öie Aufgaben öes Proletariats. Das in Samara erscheinende Arbeiterblatt„Nasch G o- los"(Unsere Stimme), das in einem nicht unbeträchtlichen Teil der Arbeiterschaft im ganzen Reiche einen zunehmenden Einfluß besitzt, schreibt nach einer scharfen Kennzeichnung der Regierungs- polittk für 1915 und nach einer heftigen Kampfansage an die Herr- schende Reaktion: „Wird diese Politik der Reaktion Erfolg haben? Das hängt von vielen Umständen ab. Wie wir sahen, hat das Kriegsjahr mit seinen Siegen und Niederlagen die Reaktion der Staats- streichregierung außerordentlich verstärkt und ihr neue Kräfte verliehen. Indessen bereitet derselbe Krieg, der alle politischen, sozialen und wirtschaftlichen Grundlagen der Welt erschüttert, fortgesetzt den Boden vor für die tiefgehendsten Um- gestaltungen in allen Ländern. Wann und in welchem Maße diese Umgestaltungen Wirklichkeit werden, hängt von der Tätig- keitSrichtung der gesellschaftlichen Kräfte, vor allem aber davon ab, wann und in welchem Matze es dem Proletariat, diesem mächtigsten und konsequentesten Träger des Fortschritts. gelingen wird, seine Reihen wieder zu einer Macht zusammenzuschließen, die selbständige Aufgaben zu verwirklichen vermag, ohne sich den verderblichen potilischen und ideellen Einflüssen fremder Klassen zu unterwerfen. Und es scheint, das verflossene Jahr hat genug Beweise erbracht, daß dieser rettende Prozeß der proletarischen Wiedergeburt bereits begonnen hat..... Doch dieses ist ein besonderes Thema. Man muß aber daran denken, um nicht dem Pessimismus zu verfallen und die hellen Sterne der Zukunft nicht in der dunkeln Nacht aus den Augen zu verlieren." Die amerikanische Partei zur Rüstungsfrage New Spork, 16. Januar. (Eig. 0er.) Die sozialistische Partei Amerikas wählt ihre Beamten durch Urabstimmung. Eine solche Urabstimmung ist zurzeit im Gange. Während dieser Abstimmung hat sich ein beachtenswerter Zwischenfall ereignet. Ein allgemein be- liebter Parteischriftsteller. der, nachdem sich der Genosse Debs ge- weigert, wieder einmal in diesem Jahre als Präsidentschafts- kandidat der sozialistischen Partei aufzutreten, die beste Aus- ficht hatte, als Bannerträger der Partei erkoren zu werden. trat unerwartet als ein heftiger Befürworter der RüstungS« Politik auf. Einige hundert Parteimitgliedschaften hatten sich schon für ihn erklärt. Es entstand eine höchst kritische Situation, der der betreffende Parteischriftsteller(Charles Edward Russell ) dadurch ein Ende bereitete, dass er angesichts der grossen antimilitaristischen Strömung in der Partei auf seine Kandidatur verzichtete. Aber auch andere bekannte Partei- Mitglieder äusserten sich in ähnlichem Sinne wie Russell, und so sah sich der Parteivorstand genötigt, etwas zu tun, um zu verhindern, dass der Partei unliebsame Kuckuckseier ins Nest gelegt würden. Er beschloss in seiner letzten Sitzung, alle Kandidaten für die sozialistische Präsidentschafts- und Vizepräsidentschafts- kandidatur sowie für das Amt des Nationalsekretärs und die Mit- gliedschast in der Nationalexekutive(Parteivorstand) um eine kurze Erklärung ihres Standpunktes zum Militarismus und zur Rüstungs- frage zu ersuchen. Fast alle sind dem Ersuchen bis jetzt nach- gekommen. Unter den Kandidaten zu den Parteiämtern befindet sich nicht ein einziger, der die Ansichten Russells und seiner Freunde teilt. Der Aufruhr in Eeplon 1�16. Ueber den Aufruhr in Ceylon Ende Mai und Anfang Juni 1915 hat das englische Kolonialamt ein Blaubuch veröffentlicht, ans dein nach dem„Jndiaman" vom 11. Februar folgendes zu entnehme,! ist: Der Aufruhr brach am 29. Mai in Kandy und einigen Dörfern der Umgebung infolge von religiösen Streitig- ketten zwischen buddhistischen Singhalesen und Mohammedanern aus. In das religiöse Motiv mischte sich ein wirtschaftliches: der Handel in den höher gelegenen Distrikten des Landes ist meistens in den Händen von Mohammedanern, die aus Südindien kommen und dorthin zurückkehren; sie werden gewöhnlich von den Eingeborenen als Fremde, die sich an ihnen bereichern und notleidende Schuldner ausbeuten, mit scheelen Augen an- gesehen. Die feindselige Stimmung zwischen den beiden Religionen war durch scharfe Angriffe in Ein- geborenenzeitungen vorbereitet worden; auch verschiedene Sgerhand- lungen in lokalen Temperenzgesellschaften, deren Tätigkeit schon lange nicht mehr dem ursprünglichen, Zweck diente, wirkten im gleichen Sinne. Von deutscher Aufhetzung ist bei den Unruhen nicht die l eise st e Spur zu finden ge- Wesen; auch gegen die Regierung oder die Europäer richteten sich die Angriffe nicht, wenn auch bei verschiedenen Gelegenheiten, wo die Polizei oder die Regierungstruppen den Frieden wiederherzu- stellen versuchten, europäisches Eigentum litt. In manchen Fällen wurde von den Singhalesen die Kriegsstimmung dazu benutzt, um das Gerücht auszusprengen, daß alle Mohammedaner Feinde der Regierung feien und aus Ceylon vertrieben werden müßten, eine Auffassung, der natürlich die Regierung mit allen Kräften wider- sprach. Der Gouverneur Sir Robert Chalmers hoffte zunächst, den Aufruhr mit Polizeimaßnahmen unterdrücken zu können; als aber die Unruhen von dem Gebirge sich auf die Ebene erstreckten und der Aufftand den Charakter einer wüsten allgemeinen Plünderung annahm, sah er sich genötigt, am 2. Juni und an den folgenden Tagen das Kriegsrecht über die be- troffenen Provinzen zu verhängen. Das Kriegsrecht wurde erst am 30. August wieder aufgehoben. In besonderen Kriegsgerichten wurde gegen 412 Personen verhandelt, von denen 83 zum Tode verurteilt und 34 tatsächlich hingerichtet wurden; 44 Angeklagte wurden freigesprochen, die übrigen zu längeren Gefängnisstrafen verurteilt. Während der Unruhen wurden 63 Personen durch Militär und Polizei, 39 durch die Aufständischen getötet. Der an- erkannte Schaden, für welchen den Betroffenen Entschädigung ge» leistet wird, beläuft sich auf 368 516 Pfund. Der Kolouialminister hat dein Gouverneur EhalmerS seine Anerkennung ausgesprochen; dieser hat jedoch seinen Posten verlassen und das Amt eures Sekretärs un Schatzamt übernommen.
LeKte Nachrickten. Die Kriegslage bei Saloniki. Saloniki, 17. Februar.(W. T. B.)(Havasmeldung.)' Die Franzosen haben sämtlich« Wardarbrücken befetzt. Die Griechen besetzten das Flußufer von Toptschin bis zur Mündung.