Daß dk Nrche wr Kriege der Erlösung der MensMeft nM Me Hilfe geleistet hat. die den ihr gezahlten Summen entsprechen würde, sollte doch jedermann klar geworden sein. Es wurde viel gesprochen davon, daß die Feldgeistlichen ihre Schuldigkeit täten. Manchmal wären Aerzte, Krankenschwestern und Sanitäter viel notwendiger als Geistliche, dort wo sie liegen und verenden. Der D i V i s i o n s- Pfarrer Schettler verbreitet an der Front Bücher, Wohl auch auf Staatskosten, deren eines heißt:„Im Namen Gottes — durch I Da heißt eS:„Unsere Schuld ist es nicht, wenn wir in der Blutarbcit des Krieges auch die dcS Henkers verrichten müssen. iHörtl hörtl bei den Sozialdemokraten.) Dem Soldaten ist das kalte Eisen in die Hand gegeben, er soll ei führen, ohne Scheu, er soll dem Feinde das Bajonett zwischen die Rippen rennen(Hörtl hört! bei den Sozialdemokraten), er soll sein Gewehr auf ihre Schädel schmettern(Stürmisches Hört! hörtl bei den Sozialdemokraten), das ist seine heilige Pflicht, da? ist sein Gottesdienst!"(Stürmisches Hört! hört! und Pfuirufe bei den Sozialdemokraten.) Dagegen müßten Sie doch protestieren! Weiter heißt es in dieser Schrift:„Gott hat zu- gelassen, daß diese Prüfung die Menschheit trifft. Ihr habt nichts zu verantworten, sondern nur jeder an seiner Stelle die Waffen mit Nachdruck zu gebrauchen gegen die Russen, die Franzosen , Belgier, vor allem gegen die englischen Kanaillen."(Erneute stürmische Pfui- rufe bei den Sozialdemokraten.) Ist da? christlich, ist das religiös? (Zuruf rechts: Ja!— Abg. Dr. Liebknecht: Sie lächeln da nach?— Heiterkeit rechts. Abg. Ströbel: Sie würde Christus zum Tempel hinaustreiben I— Zurufe rechts: Geht nach England!) Wenn ein Kommandeur einer Truppe so spricht, wie dieser DivisionSpfarree, so kann man das vielleicht verstehen, aber von einem Geistlichen sollte man es doch nicht für möglich halten. Derartige Broschüren gehen mir von allen Fronten zu, empörte Leute schicken sie mir, die immer gute Christen waren und niemals etwas mit uns zu tun gehabt haben! Und diese Leute fragen, wie kann der Staat Geld dafür geben, daß in dieser Weise unser Glauben verletzt wird?(Hört! hört! b. d. Soz.) Der Pfarrer Fritz Haun erklärt in den Deutsch - „Evangelischen Monatsblättern" ausdrücklich, daß gerade die feinen Seelen den Krieg als innere Not empfin- den, weil sie ihn mit ihrem Glauben nicht in Uebereinstimmung bringen können, und er verlangt, daß Religion und Kirche sich dem Krieg anpassen sollen I Der Divisionspfarrer Schettler sagt übrigens auch, fürchterlich sei das Todesgeschrei der Russen in den Masurischen Sümpfen gewesen, was man immer abgestritten hat und das natürlich manchen zum Denken bringen muß und er schreibt sogar:„Auch im Feuerschein brennender Städte offenbart sich Gottes Majestät." Dagegen müßten die Frommen zuerst aufmucken. Unter solchen Umständen wird es mit der Rückkehr des Volkes zur Religion nichts sein. In der „Christlichen Welt" schreibt Professor Rade, daß es eine Heuchelei ist, die Lehre vom Reich Gottes damit zu verbinden, daß man den Krieg predigt. Da muß man an die Worte des Dichters Bodenstedt denken: ,... nur schweigt von eurem Christentum, gepredigt aus Kanonenschlünden." Tie von dem Abg. v. d. Osten besprochene rasch zurückgekehrte Frömmigkeit ist doch höchstens eine Kriegs- Psychose und wird sich nachher verflüchtigen wie Nebel vor der Sonne. Der Krieg hat den Boden gedüngt für den Abfall von der Kirche und dagegen helfen die an der Front verbreiteten Traktät- lein nicht. Und auch nicht, daß ein Pfarrer, der die preußische Unduldsamkeit am eigenen Leibe erfahren hat, wie der Abg. Traub, als Helfer in der Not hier auftritt. Das Volk in allen Ländern wird aus diesem Krieg die richtigen Lehren ziehen. Diese Haltung der Feldgeistlichen ist aber gewiß eine Folge der finanziellen Ab- hängigkeit der Kirche vom Staat. Im vorigen Jahr sprach hier ein konservativer Abgeordneter von dem großen Auditorium bei den Feldgottesdiensten; das ist kein Wunder, wenn die Soldaten unter Strafandrohung dazu kommandiert werden. Sogar das Zen- trumsblatt„Schlcsische Voltszcitung" stellt fest, daß das religiöse Bedürfnis im Heere im zweiten Kriegsjahr lange nicht in dem Maße vorhanden sei, wie daheim angenommen werde, die erhoffte und ersehnte Wiedergeburt seS deutschen Volkes sei ausgeblieben! Die Abgeordneten, die eben dabei sind, ungeheure neue Steuern dem Volke aufzulasten, müßten doch darauf dringen, daß die Kirche so patriotisch sei, wenigstens für die Kricgszeit auf die staatlichen Millionen zu verzichten oder ihr Vermögen der Ver- steuerung zu unterwerfen. Da brauchte ein ganz Teil weniger auf die Schultern des Voltes gelegt zu werden. Preußen leistet für die Kirche Zuschüsse, ungefähr in der gleichen Höhe wie für die Universitäten und höheren Lehranstal- ten zusammen.(Abg. v. Pappenheim wendet sich zu einem seiner Nachbarn.) Herr v. Pappenheim , meinen Sie mich?(Abg. v. Pappenhcim: Ich habe mich geschämt, daß auf der Tribüne solche Worte gebraucht werden.) Ich freue mich zu bemerken, daß Sie sich noch schämen können!(Lärm rechts.) Wenn ein Pfarrer in der„Christlichen Freiheit" schreibt, daß er jetzt abends zum Wein nur noch ein Stück trockenes Brot bestelle und der Kellner dazu den Kopf schüttele, dann sollte dieser Pfarrer noch eigentlich sagen: Unser täglich Brot gib uns heute und einen guten Tropfen dazu.(Tosende Pfuirufe rechts und im Zentrum. Präsident Graf Schwerin : Ich kann Derartiges nicht dulden uiti rufe Sie zur Ordnung!— D i e Rechte und das Zentrum verlassen zum größten Teil den Saal unter Rufen wie:„Unerhört!",„Ekelhaft!",„Gemein!", „Skandal!" usw.) Die Tomherren könnten in der Kriegszeit wirklich auf ihre hohen Bezüge verzichten, für die sie weniger leisten als manche AufsichtsrÜte von Aktiengesellschaften Und sie sollten darauf verzichten im Interesse der Witwen, der Waisen, der Krüppel und der durch diesen Krieg wirtschaftlich Ruinierten. Der Gehaltsstreit zwischen Rom und Wittenberg , der wieder bei der Verlassenschaft des Kardinals Kopp aufflammte, beweist, daß der Staat hier zugreifen sollte gegen die Privilegierten, die den Namen dessen im Munde führen, der nicht hatte, wohin er sein Haupt legen sollte. Hier beweiset Eure Liebe zu denen, die Gc- sundheit und gerade Glieder für Euch hingegeben haben!(Zurufe rechts und im Zentrum: Schamlos! Gegenruf von den Sozial- demokraten: Von Ihnen!) Ich wiederhole, was ich hier schon einmal sagte: Der Krieg ist ein Hohn auf Gott , auf das Christentum und auf alle menschliche Kulwr! Warum tritt das Zentrum, das hier bis auf einige Streik- Posten ausgewandert ist, denn nicht für die Friedcnsbe- strebungen des Pap st es ein?(Sehr wahr! bei den So- zialdemokraten.) Noch 1S12 forderte die„Germania " von allen Gläubigen unbedingten Gehorsam für den Papst.(Der Präsident erklärt, daß dies nicht zum Kultusetat gehöre, und ruft den Redner zur Sache.) Der Papsterlaß ist im Ausschuß beim Kultus- etat besprochen worden, ich toar allerdings zu dieser Zeit im Senioreukonvent beim Präsidenten.(Heiterkeit.) Früher oder später werden Sie doch sich den Bestrebungen de? Papstes an- schließen müssen, von denen Pater Banz schreibt, daß sie schließlich zum Lawinendonner anschwellen, den Bann brechen und den ungeheuren Leiden der Mensch- heit ein Ende bereiten werden. Wir sind diesmal in der glücklichen Lage, uns mit den Worten des Papstes einver- standen zu erklären. Arbeiten Sie für Menschenliebe, statt für Völkerhaß und Vernichtung, sonst werden Perzweiflung und Hunger die Völker in allen Ländern zwingen, da, wo kein Herr- nott hilft, ihr Schicksal selber in die Hand zu nehmen.(Leb- hafter Beifall bei den Sozialdemokraten.) Abg. Frhr. v. Zedlitz(fk.): Das Christentum steht zu hoch, als daß ich es gegen den Vor- redner in Schutz zu nehmen hätte. Ich erhebe aber nachdrücklich Protest gegen die Behauptung, die heimkehrenden Krieger würden nach dem Wort:„Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen", behandelt werden und dagegen, daß der Vorredner
dabei noch einen billigen Scherz z« machen versucht Hai.'(Wider- spruch bei den Sozialdemokraten.) Uns ist es heiliger Ernst mit dem Dank des Vaterlandes an seine Krieger. Und dieser Dank wird ab- gestattet werden.(Lebhafte Zurufe der Sozialdemokraten: Wahl- recht!) Auch das Wahlrecht wird so geregelt werden, wie es den Interessen des deutschen Volkes entspricht.(Beifall rechts.) Die sozialdemokratischen Anträge bitte ich abzulehnen. Im übrigen gehe ich auf die über sonstige Etatsplaudereien hinaus weitschweifige Rede des Abg. Hofftnann nicht ein.(Lebhafter Beifall.) Es folgt die zweite Beratungsgruppe: Höhere Lehranstalten. Nach einer Rede des Abg. Oclze(k.) über den ncugeregelten Ge- schichtsunterricht vertagt das Haus die Weiterberatung auf Donnerstag 11 Uhr. Präsident Graf Schwerin erklärt noch: Wie ich höre, ist vielfach Anstoß genommen worden an den Worten des Abg. Hofftnann:„Der Krieg ist ein Hohn auf Gott , das Christentum und alle Kultur."(Abg. Dr. Liebknecht: Sehr richtig!) Ich habe wegen der theoretischen und allgemeinen Fassung dieser Worte einen formalen Ordnungsruf nicht für begründet ge- halten, bedaure aber, daß durch diese Worte wie überhaupt durch die Rede des Abg. Hoffmann so vielfach die Gefühle des Hauses verletzt worden sind. Schluß der Sitzung gegen 7 Uhr.
fius öer Partei. Stellungnahme zur Fraktionshaltung. Der erweiterte Kreisvorstand des sozialdemokratischen Verein? Essen nahm in einer Anzahl Sitzungen Stellung zu den Tiste- renzen in der Partei. In der vorletzten Sitzung fand eine Reso- lution, die die Haltung der zwanzig Fraktionsmitglieder billigt. Annahme mit 21 gegen 6 Stimmen bei etwa 1ö Stimmentbaltungen. Weil diese Sitzung bei der Abstimmung nicht mehr vollzählig war und weil versäumt worden war, festzustellen, ob die fünfzehn, die sich der Stimme enthielten, für die erweiterte Minderheit von 44 gestimmt haben würden, wiederholte die levte Sitzung die Ab- stimmung noch einmal. Die Abstimmung ergab folgendes Resultat: für eine Resolution, die das Verhalten der Zwanzig billigt, wurden W, dagegen 6 abgegeben, Eine Resolution zugunsten der erweiterten Minderheit von 44 erhielt 23. dagegen waren neun Stimmen. Eine dritte Resolution, die im Fall der Be- willigung der Kriegskredite die bisherige Haltung der Fraktionsmehrheit billigt, wurde mit 88 gegen 3 Stimmen ab- gelehnt. Vorher war über ein von einem Verteidiger der FraktionS- mebrbeit beantragtes Amendement abgestimmt worden, nach dem die Genossen unbeschadet ihrer Haltung zur Frage der Kredit- bewilligung prinziviell die Pflicht der Landesverteidigung anerkennen: mit einem Zusatzantrag: wenn ein von Deutschland nickt provoziertcr Angriff aus seine wirtsckaftliche oder politücke Selbständigkeit vor- liege, wurde dies Amendement bei einigen Stimmenthaltungen ein- stimmig angenommen. Erläuternd sei zu diesen Beschlüssen bemerkt, daß gegen die ersten Krcdiibcwilligungen im Kreisvorstand keine Opposiiion laut wurde. Dies geschah erst seit dem Frühjahr ISIS. Wenn es ermöglicht werden kann, in einer Parteivcrsammlung eine völlig freie Aussprache herbeizuführen, soll dies geschehen, nach- dem Frauenversommlungen und Versammlungen zur Stenerfrage vorausgegangen sind._ Aus den Organisationen. Die Parteiorganisation des 6. Hannoverschen Reichs- tags Wahlkreises(Hemelingen . Achim , Verden ) hielt am Sonn- tag in Bremen eine Kreisgeneralversammlnng ab. Es wurden zu« nächst Agitationsangelegenheiten erledigt. Hierbei wurde die Heraus- gäbe der„Bremischen Korrespondenz" verurteilt. Die Wahlkreis- geschäfte wurden für die Dauer de? Krieges dem OrtSvcrein Verden übertragen, da im bisherigen Vorort Hemelingen fast alle tätiaen Mitglieder der Organisation einaezogen worden sind. Die Kredit« bewilliaung durch die ReichStagSfraktion wurde eingehend besprochen, jedoch kein Beschluß gefaßt._ Genosse Geyer , der Reichstagsabgeordnete jür den 13. sächsischen Wahlkreis, ist nach einer Mitteilung unseres Leipziger ParteiblatteS von einem leichren Schlaganfall betroffen worden. Er muß sich des- halb in der nächsten Zeit auf ärztlichen Rat von allen Anstrengungen und Aufregungen fernhalten. Dr. Pape unter Totschlags- anklage. Die Beweisaufnahme wurde gestern geschlossen. Heute um 10 Uhr beginnen die Plädoyers. Als erster Zeuge wurde gestern der jetzige Geh. expedierende Sekretär im Auswärtigen Amt Karl Zabel der» nommen. der 7 Jahre in Bangkok bei der Gesandtschaft tätig war und in den Zivilprozessen, sowie in der jetzigen Untersuchungssache viele Protokolle geftihrt hat. Zur Charakteristik der beiden Brüder bekundete er auf Befragen des Vorsitzenden, daß der Apotheker rechthaberisch, prahlerisch und sehr von sich eingenommen war, und daher eine lächerliche Rolle gespielt habe. Durch die ewigen Strei- tigkeiten zwischen den beiden Brüdern hatten sich diese in der deutschen Kolonie, welche etwa 200 Köpfe umfaßte, sehr unbeliebt gemacht. Bei Austrag der Streitigkeiten vor dem Konsular- gericht habe sich der Angeklagte stets maßvoller und ruhiger gezeigt, als der Apotheker; letzterer halte sich nie in der Gewalt, er fuhr immer gleich in die Höhe und war sehr heftig. Der Angeklagte machte sich dadurch lästig, daß er das Konsulargericht immerfort beschäftigte, indem er' bei jeder Bagatelle fortgesetzt Anträge auf Erlaß einer einstweiligen Ver- fügung usw. stellte. Er war sehr quenglich und setzte die Behörde fortgesetzt so in Bewegung, daß die Beisitzer, die aus deutschen Kauf- leuten gebildet wurden, Groll gegen die Behörde faßten und sogar mit einer Beschwerde beim Reichskanzler drohten. Nach der Er- innerung des Zeugen hat der Angeklagte, als er nach der Tat sich auf dem Konsulat stellte, erklärt, er habe«in der Notwehr" gehandelt. Die Protokolle seien sehr gewissenhaft geführt worden und es sei durchaus anzunehmen, daß auch das Protokoll, in welchem von der„Notwehr" die Rede ist, die eigenen Worte des Angeklagten wiedergibt. Wenn der An- geklagte etwas davon gesagt hätte, daß der verhängnisvolle Schuß „aus Versehen" losgegangen sei, wie er jetzt behauvtet, so wäre dies bei der Wichtigkeit der Sache sicher im Protokoll auf- genommen worden. Die siamesischen Zeugen haben ihre Aussagen recht bestimmt gemacht; die Versuche, aufgetauchte Widersprüche mit den Behauptungen deS Angeklagten zu beseitigen und aufzuklären, waren ohne Erfolg, denn die siamesischen Zeugen blieben bei ihren Bekundungen. Die Siamesen seien wohl imstande, ob- jektiv zu beobachten, wenn es sich um einfachere Sachen handelt; bei komplizierteren Fällen besitzen sie aber wohl nicht die Fähigkeit, alles richtig aufzunehmen und zu beurteilen.— Staatsanwalt Herbst stellte aus einer früheren Vernehmung des Zeugen fest, daß dieser damals sich bestimmter dahin geäußert habe:„Ich besinne mich mit aller Bestimmtheit, daß der Angeklagte gesagt hat: die ersten beiden Schüsse waren Schreckschüsse, die absichtlich fehl- gehen sollten, aber der dritte sollte sitzen. Ich fragte mich innerlich erstaunt, wie der Angeklagte sich so schwer selbst be- lasten konnte, wenigstens war dies meine Auffassung." Der Zeuge konnte näheres jetzt nicht mehr darüber bekunden.— Auf Anregungen von derGeschworenenbank erklärte der Zeuge. daß er dem Siamesen im allgemeinen das Zeugnis eines friedsertigen Menschen gebe» müsse. Ihm selbst sei Böses
dort nicht passiert, er sei auch nur bei Tage mit einem Redokder ans- gegangen, aber nachts freilich in seiner Wohnung habe er auch einen solchen bereit gehalten, denn nachts werde man sehr viel von Dieben heimgesucht, die mit ungeheurer Gewandtheit in die Häuser ein- dringen, die Türen erbrechen usw. Er selbst habe bei einer solchen Gelegenheit auch einmal schießen müssen. ES sei vor- gekommen, daß ein Schweizer, bei dem mehrfach eingebrochen wurde, von Dieben ermordet wurde; allerdings sei er un- vorsichtig gewesen, denn er sei den Dieben, mit dem Säbel in der Hand, in eine enge Gasse gefolgt und dort sei er durch Sticke in die Arme, die Brust und den Hals ermordet worden. Sonst sei die Unsicherheit auf den Straßen nicht besonders groß; eS komme hier und da vor, daß einem der Panamahut vom Kopfe ge- stöhlen wird— das sei ein sehr gesuchter Artikel. Von einem vor- handelten großen Rowdytum könne man nicht sprechen.—- Auf Ve- fragen erklärte der Zeuge weiter, daß der Angeklagte mehrmals das ganze Gericht abgelehnt, Anzeigen wegen Rechtsbruch ge- stellt, Beschwerden an das Auswärtige Amt gerichtet, sehr viele schriftliche Eingaben gemacht. Beschwerden über angeblich nicht richtige Abfassung von Prolokollen erhoben hat ui'w usw.— Ein Geschworener sprach wiederholt seine Verwunderung dar- über aus, daß der Angeklagte eine Pistole mitnimint, wenn er zu seinem Sozius in das Geschäftslokal geht. Hiergegen verwiesen der Angeklagte und sein Verteidiger daraui, daß nach dem Urteil, welches die Auslösung der Handels« gesellschafl verfügte, festgestellt wordeu ist, daß der Bruder wieder- holt Augriffe am den Angeklagien gemacht hatte, die dieser mit dem Kolben seiner Pistole abwehren mußte.— Zeuge Zobel bestätigte noch dem Angeklagten, daß dieser immer darauf Gewicht gelegt habe, daß er einen Zeugen mitnehmen könne, wenn er in das Ge- schüft gebe. Der Zeuge hat nicht wahrgenommen, daß der Angeklagte nach der Tat irgendwie erregt gewesen; er hat sich im Gegenteil über die kolossale Ruhe, die der Angeklagte auch noch bei der Besichtigung der Leicke gezeigt hatte, gewundert. Bei der Besichtigung des Geschäfts« lokals fand der Zeuge auf einem Tisch einen von dem Apotheker verfaßten vollendeten und einen noch in der Schreibmaschine liegenden Brief vor. Der erste war an das Konsulat gerichtet und enthielt den Antrag, den Dr. Pape wegen versuchte Totschlags in Haft zu nehmen. Der Antrag war mit den Vorgängen am 21. Ol- tober begründet. Der zweite, nicht vollendete Brief enthielt den Antrag, dem Dr. Pape das Recht als Liquidator zu entziehen und einen anderen Liquidator zu bestellen. Aehnlich sagt der Zeuge Jürgens aus, der bei der StaaiS- bahn in Siam tätig war. Der Landwehrmann H i c r o n y- m u s war im Papeschcn Geschäft als Optiker beschäftigt. Er hält dcn Angeklagten für einen ruhigeren Mann als den Verstorbenen. Die Schießsach verständigen sind der Ansicht, der tödliche Schuß müsse aus nächster Nähe abgegeben sein, mit der Richtung, die die Kugel genomincn, stimmten beide Darstellungen, die des Angeklagten wie die der Zeugen überei». llnwabrschcinlich, aber nicht unmöglich sei es, daß der Schutz au» Verschen losgegangen sei. Ein Geschworener verlangt von dem Angeklagten eine präzise Antwort auf die Frage: ob er nicht nach den Erfahrungen, die er am 21. Oktober mit dem Bruder gemacht, am 22. mit der Absicht in das Geschäft gegangen sei, nunmehr sich seines Bruders bei nochmaligem Angriff zu entledigen, es koste was es wolle. Der Angeklagte lehnte dies entschieden ab: er habe nie daran gedacht, seinem Bruder an das Leben zu gehen oder auch nur ihn zu verletzen.— Ein anderer Geschworener erklärte es für psychologisch ganz unverständlich, daß nach all den Vorgängen am Tage vorher der Angeklagte am nächsten Tage wieder mit dem Revolver in das Geschäftslokal geht; da komme man an der Absicht schwer vorbei. Der alsdann als Zeuge vernommene E x z. v o n B u ri ist Gc- fandtcr in Siam mit dem Wohnort in Bangkok . Er bekundet u. a.: Es kamen sehr unangemessene Eingaben von dem Angeklagten; er beschwerte sich über Rechtsbeugung, und der Zeuge hatte Veran- lassung genommen, ihm anzudrohen, daß er von der Liste der Rechts- anwälte gestrichen werden würde. Als dann der Angeklagte eine Strafanzeige wegen Diebstahls an einem ihm gehörigen ununter- schriebenen Vollmachtsexemplar erstattete, wurde er von der Liste der Rechtsanwälte gestrichen, da eine solche An- zeige wegen einer solchen lächerlichen Kleinigkeit mit den Pflichten und der Stellung eines Rechtsamoalts nicht vereinbar erschien. Was die Zuverlässigkeit der Siamesen bei ihren Aussagen vor Gericht betrifft, so ließ sich der Zeuge auf Befragen �dahin aus: Allgemein lasse sich diese Frage nicht beantworten. Es gebe viele hochgebildete Siamesen, die eine sehr scharfe Auffassungsgabe haben, und was die einfachen Leute betrifft, so habe er nicht die Ansicht, daß sie grundsätzlich unzuverlässig sind. Der Zeuge glaubt, wie er auf Befragen des Staatsanwalts angab, nicht, daß die siamesischen Zeugen oder die Polizisten absichtlich zugunsten deS Apothekers ausgesagt haben. Die medizinischen Gutachter bekunden: Zweifellos zeige Angeklagter eine psychopathische Veranlagung, eine Neigung zum Querulieren, zur Rechthaberei, zur Selbstüberhebung, die aber noch nicht eine wirkliche Geisteskrankheit schon darstellten. Der Au- geklagte sei ohne Zweifel ein abnormer Charakter, er nimmt allerlei Kleinigkeiten zum Anlaß, erhebliche, der Sachlage absolut nicht ent- sprechende Beschwerden und Eingaben zu machen! Er habe nicht das genügende Verständnis für die Rechte und die Interessen der anderen Partei. Dadurch sei er in seiner früheren Stellung unmöglich geworden, und dadurch seien auch die Zwistigkeiten mit dem Bruder mit veranlaßt worden, die schließlich zu der Katastrophe gc- führt haben. Es liegen also entschieden abnorme Charaktereigeu- schaften vor, die ihn zu einem derjenigen Leute machen, bei denen man in der Tat mit der Entwicklung zu einem Ouerulantenwahn- sinn immerhin rechnen kann; ein solcher liege aber jetzt nicht vor, auch fiel der Angeklagte zur Zeit der Tat nicht unter Z 51 St.G.B. Zur Zeit der Tat habe er in einem chronischen Affektzustand gelebt, so daß eine verminderte Zurechnungsfähigkeit vorlag.
Bus Groß-Serlin. Schluß öer Metallablieferung. Eine gestern bekanntgegebene Verordnung des Ober- kommandos vom 15. März 1910 über die Einziehung der be- schlagnahmten Kupfer-, Messing- und Nickel- gegenstände betont nochmals in Uebereinstimmung init der Bekanntmachung vom 8. Dezember 1915, daß die der Enteignung unterliegenden Gegenstände unbedingt an dem von der Gemeindebehörde festgesetzten Termin ab- zuliefern sind. Der Magistratskonimissar für Militärangelcgenheiten ist demnach nicht berechtigt, eine weitere Frist für die Ab- lieserung der der Enteignung unterliegenden Gegenstände zu gewähren und zwar selbst dann nicht, wenn es sich um an- geblich unentbehrliche Sachen handelt. Auch Asche- und Rusitüren müssen also nunmehr, soweit die Besitzer eine Enteignungsanordnung bereits erhalten hatten, bei der darin bezeichneten Sammelstelle schleunigst zur Ablieferung gebracht werden. Für die in Herden eingebauten Warmwasserbehälter, -blasen,-schiffe,-schlangen,-bereiter und Druckkessel sowie für R e i n n i ck c I einsähe von Kocheinrichtungen, wie Kessel, Deckelschalen, Jnnentöpfe nebst Deckeln an Kipptöpfen, Kar- toffrl-, Fisch- und Fleischeinsätze nebst Reinnickclarmaturen und für eingebaute Kessel aller Art und Wasch kessel, so- weit diese Kessel nachweislich zur Herstellung mensch- licher oder tierischer Nahrung dienen, ist der Magistrats-