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verbünde an. Der Brand konnte auf die Wohnung beschränkt werden.

Schwerhörige Schulkinder. Au? den Berliner Gemeindeschulen waren der Städtischen Schul- deputation rund 200 Kinder gemeldet worden, die im Unterrichte durch ihre Schwerhörigkeit ausgefallen waren. Sie wurden in den letzten Wochen durch den Ohrenarzt, Universitätsprofessor Dr. Brühl in Gemeinschaft mit dem Inspizienten der Schwerhörigenschulen Direktor Schorsch untersucht. 48 Kinder erwiesen sich als hochgradig schwerhörig, daß sie in eine Schule für Schwerhörige umgeschult werden müssen, wo sie einen ihrem Leiden entsprechenden Unterricht erhalten. Bei vierzig Kindern wurde chronische Ohreiterung fest- gestellt. Es kann Eltern nicht dringend genug empfohlen werden. auch leichte Ohrerkrankungen ihrer Kinder ernstlich zu beachten und ärztlich behandeln zu lassen, damit nicht aus einer vorüber- gehenden und heilbaren eine dauernde und unheilbare Schädigung des Gehörs eintritt._

Wie Höchstpreise«mgangen werde«. Einem Dienstmädchen, das drei Pfund Sauerkraut einholen sollte, wurde dafür ein Preis von 17 Pf. für das Pfund abgefordert. Als die Aufrraggeberin des Mädchens darauf selbst in das betreffende Geschäft ging, erhielt sie auf ihre Frage, was das Kraut koste, die Antwort: Ohne Tüte 16 Pf., mit Tüte 17 Pf. Es sollte also für die ortsüblich kostenlos beizugebende Verpackung, die doch auch mit- gewogen wird, ein Preisaufschlag von 1 Pf. für das Pfund, bei drei Pfund also von 3 Pf. über den Höchstpreis erhoben werden. Daß dieses Verfahren ganz unzulässig ist und die Höchstpreisvorschriften illusorisch macht, ist zweifellos. Die Händler werden daher in ihrem eigenen Interesse daraus hingewiesen, solche eigenmächtigen Verstöße gegen die Lebensmittelvorschriften, durch die sie sich strafbar machen, zu unterlaffen._ Die Berliner Bevölkerung hat weiter abgenommen. Im Januar dieses Jahres wurden 7363 männliche Personen mehr abgemeldet und 692 weibliche mehr angemeldet. Anfang Februar d. Js. waren danach 1 828 418 Seelen vorhanden, gegen 1 942 473 am 1. Februar 1913 und 2 631 475 Personen am 1. Februar 1914. Die Abnahme von 253 657 Personen trifft nur das männliche Geschlecht, denn daS weibliche hat zugenommen. Am 1. Januar er. waren 1 692 688 weibliche Personen gegen 743 666 männliche Personen ge« meldet, am 1. Februar 735 633 männliche gegen 1692 786 weibliche, während im Februar 1914 das Verhältnis 992 637 Männer gegen 1 689 433 Frauen war. Das Verhältnis hat sich danach immer mehr verschoben, besonders seit dem Jahre 1912, wo noch 1 664 423 männ- liche und 1 696 667 weibliche Personen gezählt wurden. Seil 1912 hat die Zahl der männlichen Bevölkerung ununterbrochen ab- genommen, während die der weiblichen sich gleichgeblieben ist und in den letzten Monaten, seit Oktober v. Js. sogar ununterbrochen, wenn auch langsam gestiegen ist, trotz des Krieges und zahlreicher Fortzüge. Drei Räuber verhaftet. Einen dreisten Raub versuchten zwei junge Männer gestern vormittag in der Greifswalder Straße 226. Sie erschienen dort in dem Uhren« und Goldwarenladen von Bracht und verlangten einen Wecker. Der Geschäftsmann legte ihnen mehrere vor, sie erklärten jedoch, daß ihnen keiner passe, und zeigten endlich auf einen bestimmten, der im Schaufenster stand. Als Bracht sich jetzt hinausbeugte, um diesen Wecker von der Auslage heraus- zunehmen, schlug ihn der eine Kunde mit der Faust zu Boden. Beide versuchten dann, Wertsachen zu rauben. Bracht erholte sich aber gleich. Auf seine Hilferufe und auf das Erscheinen anderer Kunden ergriffen die beiden Räuber die Flucht, wurden aber bald von Bürgers- leuten und einem Soldaten festgenommen. Auf der Revierwache wurden sie festgestellt als 18 und 19 Jahre alte.Arbeiter' namens Ehlert und Neumann, die beide in der Linienstraße 154 wohnten. Bei einem Handtaschenraub ertappt wurde auch ein 17jähriger be- schäftigungsloser Arbeitsbursche Franz Jareski. Er wurde ergriffen, nachdem er einer Dame in der Neustädtische» Kirchstraße die Hand- tasche entriffen hafte. Zündhölzer füx den Feldp östvers and. W.--- Zur Vermeidung von Feldpostbränden ist der Versand von Feld« Postpäckchen, die feuergefährliche Zündhölzer, Feuerzeuge usw. ent- halten, verboten worden. Die Feldpostpakete werden von Offizieren auf ihren Inhalt untersucht und die Absender derselben verfallen unter Umständen strenger Strafe. Wir haben denn auch wiederholt im allgemeinen Interesse vor der Versendung feuergefährlicher Gegenstände in den Feldpostpaketen gewarnt. Leider ist den Soldaten, die der Zündmittel oft dringend bedürfen, durch bloße Warnungen nicht gedient. Eine Leipziger Firma hat nun Zündhölzer und Feuer« zeug« hergestellt, deren Versendung durch das Reickspostamt zu- gelösten worden ist. Es handelt sich um die Fabrikate.Danne« mannS Zündhölzer fürs Feld D. R. P." und.DannemannS Feuer­zeuge fürs Feld D. R. P.*. Die Postdienststellen sind von der Zu- lastung dieser Zündmittel durch daS Reichspostamt in Kenntnis ge- setzt. Auch dem KriegSmlnisterium ist von dieser Zulastung Mit- tellung gemacht._ DaS Bernhard-Rose-Theater brachte dieser Tage wieder ein neues Berliner Volksstück.Mutter Noack' heraus. Der Verfaster, HanS Erdmann , hat die gute alte Zeit der letzten Gegenwart gegen- übergestellt. In vier breit angelegten Akten wird daS dankbare Thema vom Gegensatz zwischen hochhinauswollenden Eltern und sich in ihrer Eigenart durchsetzenden Kindern abgehandelt. Dabei blickt hier und da durch, daß die Alten in ihren sungen Tagen auch nicht immer so gewesen sind, wie sie hätten fem sollen. Natürlich siegt daS junge Gesckleckt. Der ausbrechende Gegenwartskrieg hilft ihnen über manche Schwierigkeiten hinfort. Die konservativ-gulmütige Mutter Noack gibt schließlich, innerlich ftoh und beglückt, zu allem ihre Zustimmung: so wird eine Konvenienzheirat zur Neigungsehe und zwei Brauchaare erhalten den mütterlichen Segen. Allerlei spaßige Verwickelungen werfen blitzende Heiterkeitslichter in den Ernst der Handlung. Gespielt wurde flott und lebenswahr. Rosa S ch ä f f e l der- körperte eine prächtige Mutter Noack. Arwr Winkler gestaltete den Restaurateur Hoffmann warmherzig und überzeugend. Burschi- kos-ehrlick wirkte Walter Grävenitz als Flieger Fritz Hoffmann . Sehr lusftg führten ihre Rollen durch Albert Heinrich (Schlächter- meister Kulicke), Gusti H a r t m a n n(ScklächtermeisterSgattin) und Artur Pohl(Pseudo-Baron Petrovic). Ueberzeugend war auch das Spiel Marg. Meyers(Amalie), Melanie WebelhorstS(Isolde), Emmi D i t t m a r»(Adele), Fritz WernerS(Siegmund) und F. L. WidmannS(Kommerzienrat Dewitz). Hervorgehoben sei schließ- lich noch die für da« gute Gelingen der Aufführung entschieden mit- wirkend« hübsch« Inszenierung des Stückes.

DaS.KriegSziel" deS Steglitzer HausdesttzervereinS. AuS der letzten Versammlung deS Steglitzer Haus- und Grund- befitzervereins lesen wir im.Steglitzer Anzeiger' u. a. folgende«: .Der Vorsitzende machte darauf aufmerksam, daß sich drei Firmen gemeldet hätten, die Wassermester fabrizieren. Man beabsichtige diese einzuführen und dahin zu wirken, daß der Mieter das Wasser bezahlt, wie er ja auch das Gas bezahlen muß." Da selbstverständlich auch bisher schon der Mieter und nicht etwa der Hausbesitzer das Wasser bezahlte, so handelt es sich hier um ein ziemlich plumpes Manöver, auf Umwegen eine Mietssteige- rung herauszuschlagen. Ob dieses Vorhaben in Gemeinschaft mit den in Aussicht stehenden 175 Proz. Kommunalsteuern den so sehn- lich erhofften Zuzug von.zahlungsfähigen' Mieten: nach Steglitz fördern wird, möchten wir doch bezweifeln.

Wer sind die Tote»? Aus dem Oberhafen zu Neukölln ge- landet wurde die Leiche emes Mädchens, die wohl etwa 14 Tage im

Wasser gelegen hat. Die Ertrunkene konnte noch nicht festgestellt werden. Sie ist etwa 1516 Jahre alt und 1,65 Meter groß, hat ein rundes Gesicht und braunes Haar und trug ein blaues Jackett, eine braune Bluse, einen schwarzen Oberrock, einen grünen Unter- rock, schwarze Strümpfe und Schnürschuhe. Ihr weißes Leinenhemd ist nicht gezeichnet. Mitteilungen werden von der Neuköllner Polizei entgegengenommen. Am Garteuufer im Tiergartee wurde aus dem Landwehrkanal eine Frauenleiche gelandet, die durch die Ein- Wirkung des Wassers schon bis zur Unkenntlichkeit entstellt ist. Die Ertrunkene mag etwa 76 Jahre alt gewesen sein. Ihre Kleider sind nur noch zum Teil vorhanden: ein schwarzes Jackett, ein dunkler Rock, ein graues Hemd und schwarze Strümpfe. Waldlauf deS TurnvereinsFichte". Am Sonntag fand der all- jährliche Frühjahrswaldlauf über 2666 Meter in Tegel -Schulzendorf statt. Es starrteten von den Männern 15, Lehrlingen 43, Frauen 26. Als erster ging von den Männern Gradtke(Weißensee) in der guten Zeit von 6,282/5 Min. durchs Ziel, ihm folgten Hellwig(Fichte I), Kroll(Fichte X). Von den Lehrlingen war Zoll(Fichte XIII) erster. Zeit 6,523/5 Min. Nächstfolgende waren Rausch und Rehmann (Fichte XIX). Die Strecke für Frauen betrug 566 Meter und ging Turnschwester Heimann(1. Abt.) in der Zeit von 1,19 Min. als erste durchs Ziel. Zweite war Turnschwester Gutsche(Weitzensee), dritte Turnschwester Naundorf(Fichte V),

Jus öen Gemeinden. Gaspreiserhöhung in Neukölln . Der HaushaltungSausschutz beschloß in seiner gestrigen Sitzung, den Kommunalsteuerzuschlag auf 166 Proz. festzusetzen, ferner die Erhöhung deS GaSpreifes von 13 auf 15 Pf. pro Kubikmeter.

Ans der Gemeindevertretung Wittenau-Borsigwalde. In der letzten Sitzung konnten die Voranschläge zum Gemeinde- haus|ölt für 1916 nur teilweise vorgelegt werden, da die Verwaltung mit anderen noch dringenderen Arbeiten, hauptsächlich mit der Nahrungsmittelbeschaffung, belastet war. Gegen das Vorjahr er- höht hat sich zunächst der Armenetat mit 4766 M. DaS Schulwesen erfordert ebenfalls höhere Aufwendungen, besonders durch die an- gewachsenen Vertretungskosten. Alle anderen Etattitel dürften nur unwesentliche Aenderungen erfahren. Die Verwaltung hofft mit einem Steuerzuschlag von 166 Proz.(im Vorjahre 156 Proz.) auszukommen, was den örtlichen großen Jndustriewerken zu danken sei. Für die Nahrungsmittelbeschaffung haben sich ganz erhebliche Aufwendungen nötig gemacht; hierbei ist festzustellen, daß infolge rechtzeitiger Vorkehrungen keine Ware verdorben ist. Der Bürgermeister hofft, daß im nächsten Jahre der Etat auf gesünderer Basis aufgestellt werden kann. Die Gemeindevertretex waren unter den dargelegten Umständen mit den gemachten Vorschlägen ein- verstanden und soll nach diesen der Gemeindeetat aufgestellt werden. Zum Schluß machte der Bürgermeister noch längere interessante Ausführungen über Beschaffung von Nahrungsmitteln, die nun wieder in guten Qualitäten und in ziemlichem Umfange vorhanden sein werden und dem Bedarf auf längere Zeit wohl genügen möchten, wenn damit haushälterisch umgegangen wird. Gemeindevertretersitzung in NowaweS . In ihrer letzten Sitzung beschäftigte sich die Gemeindevertretung eingehend mit der Kriegsfürsorge für die erwerbslosen Angestellten und Arbeiter in der örtlichen Textilindustrie. Bürgermeister W i n k e l m a n n führte aus, daß durch die Produkttonseinschränkung der Fabriken ein großer Teil der Angestellten und Arbeiter be- schäftigungslos geworden sei oder durch verkürzte Arbeitszeit recht fühlbare Lohneinbußen erleide, weshalb der Staat sich zur Fürsorge gezwungen sähe. Er sei bereit, die Ausfälle zu erstatten, verlange jedoch, daß die Arbeitgeber und Kommunalverbände zusammen ein Sechstel der erwachsenden Kosten tragen. Zuerst habe die Ab- ficht bestanden, diese Auflage auf die Kriegsfürsorge abzuwälzen, die Mitglieder der Kriegsjürsorgekommission seien jedoch der Meinung, daß diese, Aufgabe dem Kreise als Komumnalverband zufalle. Nach einem Ueberschlag hätte die Gemeinde als Anteil zu dem geforderten Sechstel etwa 8661666 M. wöchentlich zu leisten, eine Summe, die sie unmöglich aufbringen könne. Deshalb empfehle eS sich, mit der Beschlußfassung über die vom Regierungspräsidenten zur Annahme empfohlenen Bestimmungen über die neu einzurichtende Fürsorge so lange zu warten, bis vom Kreise eine bindende Erklärung für die Ueber- nähme der Lasten eingegangen ist. Die Weiterberatung des Gegenstandes wurde schließlich in den nichtöffentlichen Teil der Tagesordnung verlegt. Für den im Mai in Angriff zu nehmenden Umbau der Gemeindekastenräume, die in den Zimmern 13-15 deS Rathauses untergebracht werden follen, wurden 2666 M. bewilligt. Als stellvertretender Vorsitzender des Kaufmanns- und GewerbegerichtS wurde an Stelle des Schöffen Obst, der das Amt krankheitshalber niedergelegt hat. der bisherige Rendant und zu- künftige Kämmerer Schmidt gewählt. Mitgliederversammlung des Bohnsdorfer Wahlvereins. In der vor kurzem stattgesundenen Mitgliederversamm- lung erstattete Reichstagsabgeordneter Fritz Zubeil Bericht über seine Tättgkeit im Reichstag und rechtfertigte seine Abstimmung über die Kriegskredite. Nach sehr lebhafter Diskussion sprach die Ver- sammlung gegen zwei Stimmen ihrem Abgeordneten das volle Ber - trauen aus und forderte ihn auf, im Reichstag sowie überall da, wo eS notwendig ist, eine proletarische Politik zu vertreten, für Schaffung billiger und ausreichender Lebensmittel einzutteten und wenn möglich...._ Gemeindewahlergebnisse. Hohenschönhausen. Bei der am Sonntag vollzogenen Stichwahl zur Gemeindevertretung wurde Fabrikbesitzer Frohloff mit 176, Ge« noste Max Thiele mit 167 Stimmen gewählt. Der bürgerliche Kandidat Dunger erhielt 165, Genosse Ferd. Krause 162 Stimmen. Stralau. Bei der am 17. März stattgefundenen Gemeinde- Vertreterwahl wurde der bisherige Vertreter Ferdinand Aschen- d o r f mit 169 Sttmmen wiedergewählt. Die Vertreter der zweiten und ersten Klasse ziehen ausgerüstet mit dem Vertrauen von neun bzw. einer Stimme aufs neu« in das Dorfparlament ein. Gemeindevertreterwahle«. Bohnsdorf . Ende dieses Monats finden die Wahlen zur Gemeinde- Vertretung statt. Die Listen zur Emsichwahme liegen in der Zeit vom 15. bis 86. März im Gemeindebureau au«. Da die vor zwei Jahren in Gebrauch gewesenen Listen die Grundlage der neuen Listen bilden, so ist eS Pflicht eines jeden Genossen, sich davon zu überzeugen, ob der Name in der Liste enthalteu ist, anderenfalls er seines Wahlrechtes verlustig geht.

Soziales. Die rechtliche Stellung des Zählkellners. Einen Rechtsstreit von grundsätzlicher Bedeutung hatte gestern die Kammer 6 des Gewerbegerichts unter Borsitz des Magistratsrats Schultz zu entscheiden. Es hand.elt sich um die Frage, ob die Zahlkellner im Cafs Bauer als Angestellte oder, wie die Firma behauptet, als ihre Pächter anzu- sehen sind. Der Kläger , der als Zahlkellner im Cafs Bauer beschäfttgt war, forderte Rückzahlung der Beträge, die er aus seinen Trinkgelder- einnahmen an die Firma abzuführen hatte. Zwischen dem Kläger und der Beklagten war ein Vertrag abgeschlossen. Nach dem Wort- laut desselben überträgt die Firma dem Zahlkellner das Inkasso in

einem von ihr zu bestimmenden Revier des Cafs Bauer mit der Ermächtigung, außer den Beträgen, welche die Gäste an die Firma zu entrichten haben, auch die Trinkgelder in Empfang zu nehmen. Eine Mitbestimmung über die Zuweisung und Einteilung des Reviers hat der Zahlkellner nicht. Von seiner Gesamtcinnabme (also Zeche und Trinkgeld) hat er 4 Proz. an die Firma abzugeben und außerdem jedem Zuträger(das sind die bedienenden Kellner) täglich 3 M. zu zahlen. Unter Berufung auf diesen Vertrag behauptet die F i r m a, der Kläger habe zu ihr nicht in eine m Arbeit S-, sondern in einem Pachtverhältnis gestanden. Sie bestritt des- halb die Zuständigkeit des GewerbegerichtS und beantragte hierüber ein Zwischenurteil. DaS Gericht erklärte sich aus f o lg en d en G r ün d e n für zuständig: Stach dem Wortlaut des Vertrages liegt ein Pachtverhältnis vor. Geht man aber den Vertrags- bestimmungen auf den Grund, so sieht man, daß es stch nur scheinbar um ein Pachtverhältnis handelt. Wesentlich für das Pachtverhältnis ist nach§ 581 des Bürgerlichen Gesetzbuchs , daß dem Pächter der Gebrauch des Pachtgegenstandes und der Genuß der Früchte desselben gewährt wird. Das ist hie: aber nicht der Fall. Der Kläger hatte das Inkasso zu besorgen, das heißt, er hatte die Gelder einzuziehen, welche die Gäste der Firma schuldeten. DaS ist lediglich eine Leistung von Diensten für die beklagte Firma. Genau so, wie sie ein Kassenbote zu besorgen hat. Es kommt noch hinzu, daß der Vertrag Bestimmungen enthält, die wesentlich für den Dienst- vertrag sind: Die Firma bestimmt die Arbeitszeit, sie setzt die Art der Arbeitsansfübrung fest, sie schreibt dem Kläger vor, wie er sich im Dienst zu kleiden bat und überträgt ihm die Aufsicht über das Personal. Das alles sind Kennzeichen des Dienstvertrages. Daß die Firma auch die Beiträge zur Kranken« und Invaliden- Versicherung des Klägers zahlte, kann als unerheblich angesehen werden, weil die Firma geglaubt, sie zahle die Beiträge nur, weil in diesem Punkt die Rechtsfrage zweifelhaft ist und es sich nur um geringe Beträge handelt. Der weiteren Verhandlung widersprach die Beklagte. Sie will gegen daS Zwischenurteil Berufung ein­legen. Die Entscheidung über die Forderung des Klägers kann des- halb erst gefällt werden, wenn das Zwischenurteil rechtskräftig ge- worden ist. Diese Angelegenheit hat neben der rechtlichen Seite auch noch beachtenswerte soziale Momente. Wir haben hier wieder einen Fall, wo sich ein großes und angesehenes Unternehmen einen Teil der ihren Angestellten gegebenen Trinkgelder für die Geschäftskasse sichert. Eigentlich ist es doch so: Wer Trinkgeld gibt, will damit den Emp- fänger des Trinkgeldes für eine Dienstleistung belohnen. Im Cafe bekommt aber nicht der Kellner, der die Gäste bedient, das Trink- geld, sondern der Zahlkellner streicht es ein. Doch er darf nur einen Teil davon behalten. Im vorliegenden Falle muß er 4 Prozent seiner Einnahmen dem Unternehmer zahlen. Das heißt: Wenn der Zahlkellner eine Einnahme von 446 M. für Zechen und 66 M. Trink­geld, zusammen also 566 M. hatte, so muß er natürlich die 446 M. cm die Firma zahlen. Aber außerdem noch 4 Prozent von diesem Betrage, sowie von den 66 M. Trinkgeldern. Das macht 26 M. Bleiben also dem Zahlkellner von dem Trinkgeld noch 46 M. übrig. Davon hat er sedem Zuträger 3 M. zu zahleni Das ist erheblich mehr, als die Firma selbst den von ihr zur Bedienung der Gäste angestellten Zuträgern zahlt. Diese erhalten, wie in der Prozeß- Verhandlung angegeben wurde, von der Firma monatlich 5676 M- und keine Kost. Von den Trinkgeldern wird also der größte Teil der Kellnerlöhne bezahlt; der Zahlkellner, der keine Gäste zu be- dienen hat, zieht ein hübsches Einkommen aus den eigentlich für andere bestimmten Trinkgeldern und die Firma steckt auch noch einen guten Teil dessen, was die Gäste für die Kellner bestimmt hatten, in die eigene Kasse._

Gerichtszeitung. ProzeßPreußisches Leihhaus". Gegen die ehemaligen Direktoren desPreußischen Leih- Hauses in Berlin , Eduard Elkan, einen Mann von 72 Jahren, und Theodor Zweig, öl Fahre alt, begann gestern ein umfangreicher Strafprozeß vor der 6. Straf- kammer des Landgerichts I unter Vorsitz des Landgerichts- direktors Becker. Die Angeklagten werden beschuldigt, in ihren Darstellumen und Uobersichten über'den Vermügensstand der Gesellschaft diesen teils unwahr dargestellt, teils verschleiert zu haben; ferner: durch die Uebernähme der selbstschuldnerischen Bürgschaft für zwei Hh- potheken zugunsten des vielgenannten Direktors Leo Schiff- mann, sodannn durch die Herausgabe dem Leihhaus von Schiff- mann verpfändeter Hypotheken zur Krediterlangung für ihn und endlich durch die Hingabe von Darlehen an Schiffmann ohne sichere Unterlagen absichtlich zun: Nachteil der Gesellschaft gehandelt zu haben. Durch dieie Transaktionen mit Schiffmann soll das Preußische Leihhaus einen Verkust von mehr als 666 666 M. er- litten haben. Die AktteugesellschaftPreußisches Leihhaus" ist mit einem Kapital von 1 329 666 M. gegründet worden. Elkan und Zweig waren früher Direktoren des Leihhauses und zwar Elkan vom 1. IM 1888 bis 16. Januar 1911, Zweig vom 1. Januar 1967 bis 16. Dezember 1916. Schiffmann war ursprünglich mit angeklagt unter der Beschuldigung, Elkan und Zweig zu der von diesen begangenen Untreue gegenüber dem Preußischen Leih- hause durch Geschenke, Versprechungen, Ueberredungskünste und Drohungen vorsätzlich bestimmt zu haben. Gegen ihn ist aber das Verfahren in dieser Sache zurzeit eingestellt worden, weil er wegen dieses Delikts nicht ausgeliefert worden ist. Mit der Firma Schiffmann u. Co. stand'das Preußische Leihhaus seit dem Jahre 1966 in Verbindung. Schiffmann'befaßte sich mit Terraingeschäften jeglicher Art für fremde und eigene Rechnung und gründete zahl- reiche Fincmzierungsgefellschaften. Ende 1916 stellte die Firma Schiffmann u. Co. ihre Zahlungen ein und Schiffmann gründete im November 1916 dieTreugesellschaft für Grundstücksverwertuiig m. b. H.", an die er seine Geschäftsanteile an 53 Gesellschaften mit beschränkter Haftung abtrat. Mitte Februar 1911 hat er die Firma Schiffmann u. Co. löschen lassen und entfloh bald darauf mit seiner Geliobten, der Schreiberin Berta Anhost, nach San Frun- zisko. Beide wurden im April 1912 aus den Vereinigten Staaten ausgewiesen. Sie gingen beide nach Wien und von da nach Zürich . Schiffmann ist wegen Konkursverbrechens und Unterschlagung von der Schweiz ausgeliefert worden. Die Anklage beschuldigt nun Elkan und Zweig, durch Geldgeschenke Schiffmanns bewogen, ihrem Auffichtsrat die enge Geschäftsverbindung des Preußischen Leihhauses mit Schiffmann verheimlicht und weiter dadurch absichtlich zum Nachteil ihrer Aktiengesellschaft gehandelt zu haben, daß sie Sdsifftnann auf ganz unzulängliche Unterlagen einen zu hohen Kredit gewAsrt haben. Im einzelnen wird ihnen vorgeworfen: Fälschung der Bilanz fiic den 31. Dezember 1969; Ueberncchme zweier selbstschuldnerischer Bürgschaften durch das Leihhaus zugunsten Schiffmanns und zrun Schaden der Gesellschaft, deren Aufsichtsrat die Uebernahmc der Bürgschaften verheimlicht wurden; die Herausgabe dreier dem Leihhause von Schiffmann verpfändeter Hypotheken an ihm ohne Rückzahlung der gegebenen Darlehen und ihre Verheimlichung vor dem Aufsichtsrat; Beleihung Schiffmannscher Werte in nicht zu vertretender Weise, wodurch allein dem Leihhaus ein Schaden von ca. 566 666 M. zugefügt sein soll. Im ganzen soll nach den Fest- stellungen des Konkursverwalters Franz P e tz n i ck dem Preußi­schen Leihhaus durch die mit Schiffmann vorgenommenen Trans- akttonen die Hälfte des Aktienkapitals verloren gegangen sein. Beide Angeklagte geben auf Beftagen zu, daß sie in ge- wissen Einzelheiten wohl nicht ganz schuldfrei seien, bestritten aber, absichtlich zum Schaden des Preußischen Leihhauses gehandelt zu haben. Für die Verhandlung sind 8 bis 16 Sitzungstage in Aussicht genommen. Da es sich hauptsächlich um Prüfung der einzelnen Schiffmannschen Werte, die den Angeklagten als lUtteAage für