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gr si Seilllge des»Amiilts" Kttliner Nölkdllltl. Die Reichstagssitzung.
87. Sitzung. Freitag, den 2�-. März 191S, dormittags 11 Uhr. Am Bundesratstisch: Dr. Solf, Dr. Helfferich, K r a e t k e. Lileine Anfragen. Abg. Kciuath(natl.) fragt, was der Reichskanzler zu tun gedenke, um baldmöglichst die durch die provisorische Preisregelung für Web-, Wirk- und Slrick- waren geschaffene Unsicherhell zu beseitigen und eine den berechtigten Interessen der Gewerbetreibenden wie der Verbraucher gerecht werdende endgültige Regelung herbeizuführen' Ministerialdirektor Schallop: Die Bekanntmachung des Bundesrats sollte einem zu wucherischen Zwecken erfolgenden Einkauf von Textilwaren begegnen und hat diese Aufgabe vorläufig erfüllt. Der Erlag war als Provisorium gedacht, die endgültige Regelung wird durch eine Verordnung des Bundesrats erfolgen, die wohl schon am 1. April in Kraft treten wird. Abg. Bassermaun(natl.) fragt, ob der Reichskanzler Mitteilungen machen kann und will über die letzten Kämpfe in Kamerun   und den Ueberlritt der Schutztruppe auf neutrales Gebiet sowie über den Stand der kriegeiHchen Ereig- nisse in Deutich-Ostafrika  . Staatssekretär des Kolonialamts Dr. Solf: Die letzten amtlichen Nachrichten vom 11. November 1315 gaben der Hoffnung Raum, daß das Schutzgebiet sich noch längere Zeit würde halten können. Allerdings machte sich schon damals Munitionsmangel bemerkbar, der schliefilich den Gouverneur zwang, das Schutzgebiet zu räumen und auf das neutrale Gebiet von Spanisch-Muni überzutreten. Am 1. Januar 1916 sind feindliche Truppen in Jaunde   eingedrungen, die Schutztruppe war über Molowo abmarschiert und konnte nicht abgeschnitten werden. So zeigen auch die letzten Kämpfe in Kamerun   inimer noch das Bild eines Sieges unserer Waffen. sBravo l) Unter den auf spanisches Gebiet Uebergetretenen befindet sich der Gouverneur, 65 Offiziere, 22 Aerzte, 339 Unteroffiziere und Krankenwärter, 970 Soldaten, so das; es scheint, dag es allen Angehörigen der deutschen  Wehrmacht gelungen ist, sich der Gefangennahme durch die Eng- länder und Franzosen zu entziehen. tBeifall.) In neuester Zeit ist es den Engländern gelungen, die Südafrikanische Union   zur Ent- sendung eines Expeditionskorps zu veranlassen, wodurch die englische Streitmacht eine bedeutende Verstärkung erhalten hat. Der erste Zusammenstoß unserer Truppen am 12. Februar endete mit dem Rückzüge der Engländer unter starken Verlusten. In der letzten Woche scheint es dem Gegner aber gelungen zu sein, unsere am Kilimandscharo   stehenden Truppen zurückzudrängen. Ein neuer Gegner ist im Süden durch den endgültigen Eintritt Portugals   in den Krieg erstanden. Dem Schutzgebiet drohen Angriffe von allen Seiten, aber bisher haben unsere Truppen weit überlegene Kräfte zurückzuschlagen gewußt. Wir dürfen auch für die Zukunft der Tapferkeil unserer ostafrikanischen Schutztruppe vertrauen.(Lebhaster Beifall.) Es folgt die erste Lesung des EtatsnotgesetzeS. Reichsschatzsekretär Dr. Helfferich: DaS Etatnotgesetz ist notwendig, weil der Etat nicht bis zum 1. April sertiggestellt werden kann. Die neue Kriegsanleihe weist clneu Betrag von 19,6 Milliarden auf, und zwar ohne die Feld- Zeichnungen und die Auslandszeichnungen.(Beifall.) Wie im Sep- tember kann ich auch heute erklären, daß die Finanzierung des Krieges für ein weiteres halbes Jahr gesichert ist.(Wiederholter Beifall.) Was es bedeutet, daß ein Volk von nahezu 79 Millionen, durch völkerrechtswidrige Gewaltakte von der Außenwelt ab- geschnitten und ganz auf eigene Kraft gestellt, im 21. Kriegsmonat dem Vaterlande abermals den riesigen Betrag von mehr als 10 Milliarden darbietet, kein Wort kann an die Größe dieser Tat- fache heranreichen.(Lebhafte Zustimmung.) Das bedeutet, daß allen Feinden zum Trotz unsere Kraft ungebrochen ist, daß das deutsche   Volk dem Feinde gegenüber keinen Zwiespalt kennt, sondern einmütig zusammensteht. Kein Wort ist stark genug, um allen zu danken, die dies Resultat herbeigeführt haben, vor allen den Millionen von Zeichnern, die auch diese Anleihe zu einer wahren Volksanleihe machen, sich selbst und dem Vaterland zur Ehre. (Wiederholter lebhafter Beifall.) Abg. Scheidemaun(Soz.): Obwohl wir uns über unsere Stellung zum Hauptetat keines- Wegs schlüssig sind, stimmen wir dem Notetat zu. Ich erkläre daS ausdrücklich, damit nicht die Ansicht aufkommen kann, als ob wir uns durch unsere Zustimmung bereits für die Zustimmung zum Hauptetat binden. Abg. Bafferman«(natl.): Auch meine politischen Freunde stimmen der Vorlage deS Not- etatS zu. Ich will der hohen Genugtuung Ausdruck geben über die Darlegungen des Schatzsekretärs. Die Vorlage selbst beantrage ich, an den Hauhaltsausschuß zu verweisen. Abg. Dr. Spahn(Z.) und Abg. Graf Westarp<k.) schließen sich dem Antrage auf Verweisung der Vorlagen an die Haushalts- kommission an. Abg. Haas«(Soz.): Im Notetat sehe ich mit einem Teil meiner Freunde einen L e r l r a u e n ö a kt für die Regierung und eine Vorwegnahme des ordentlichen EialS.(Abg. Scheidemaun: Nein l) Meine Stellung zum Notetat ist deshalb abhängig zu der vom Hauptetat. Wie ich diesen ablehne, kann ich auch dem Notetat nicht zustimmen.(Sehr richtig! bei der Minderheit der Sozialdemokraten.) Für diese Frage kommt insbesondere in Betracht die Haltung der Regierung zu den wichtigsten Fragen der inneren und äußeren Politik. Wir haben gestern und vorgestern gesehen, was die Regierung unter der Neu« orientierung aus finanzpolitischem Gebiete versteht. Es handelt sich dabei um eine einmalige mäßige Abgabe nicdt einmal aus dem Vermögen, sondern aus dem Zuwachs, der in dieser Zeit gewaltig gestiegen ist. und auf der anderen Seite werden die Verbrauchs- und Verkehrssteuern hemmend wirken auf unser ganze« Leben und am letzten Ende dem Mittelstand und der Arbeiterklaffe ungeheure Lasten bringen. Hier zeigt sich der Klassencharakter des Staates ebenso scharf in dieser Zeit wie vorher. Fast alle Parteien, nicht nur wir. haben seit Jahr und Tag darauf hingewiesen, daß die Re- gierung versagt hat. Wiederholt haben wir hervorheben müssen, daß die Regierung diejenigen Aufgaben, die ihr gestellt waren, in keiner Weise rnüllt bat.(Große Unrube.) Wir haben es erlebt. daß Hunderte von Frauen und Männern frühmorgens zum Teil schon in der Nackt sich haben an die Läden drängen müssen und Stunden um Stunden warten, bis sie auch nur das ollernotwendigste oller Lebensmitteln, die Kartoffeln, erhielten. Die Regierung hatte verkündet, daß sie nach den Erfahrungen des vorigen Jahres Wache stehen würde und daß Mißstände nicht wieder vorkommen würden. DaS Gegenteil ist eingetreten.(Sehr richtig I bei den Sozialdemo-
kraten.) Die Mißstände haben sich noch verschärft. In ihrer Folge ist eingetreten eine Unterernährung.(Sehr wahr l bei den Sozial- demo kraten.) Widerspruch rechts und große Unruhe.) Präsident Dr. Kaempf: Das ist eine neue Generaldiskussion über den Etat.(Zuruf bei den Sozialdemokraten: Notetat!) Den stelle ich dem Etat gleich und eine allgemeine Diskussion über den Etat lasse ich nicht mehr zu, oder in ganz beschränktem Maße. An diese Abmachung müssen wir uns halten. Abg. Haase(fortfahrend): Es muß doch dem Redner beim Notetat die Möglichkeit gegeben sein, die Gründe für seine Ablehnung zu entwickeln.(Präsident Kaempf: Dabei brauchen Sie aber nicht auf eine Generaldiskussion überzugreisen.) Einige Momente werde ich wenigstens streifen müffen. Wir haben besondere Beschwerden erhoben gegen die Hal- tung der Regierung gegenüber dem freien Wort. Alle Versuche, die Zensur einzuschränken ans Mitteilungen rein militärischen Inhalts sind gescheitert. Die Zusicherung, die gegeben war, daß der Be- lagerungszustand nur aufrechterhalten werden soll bis zum Schluß der Mobilmachung, ist nicht gehalten worden. Nichts ist geschehen, um den Beschwerden abzuhelfen. Die Tätigkeit der Gewerk- ichasten ist von der Regierung rühmend hervorgehoben worden. Aber bis heute hat die Regierung noch nicht die Zeit gefunden, die Bestimmungen aufzuheben, die den Gewerkschaften gegenüber den Charakter eines Ausnahmegesetzes haben. Das Vereinsgesetz ist hier in allen drei Lesungen angenommen worden. Aber auch dieses Gesetz zu verabschieden, hat die Regierung sich noch nicht ver« standen. Sie erklärt, sie habe das nicht getan, weil sie nicht einen Kampf unter den Parteien entfesseln wollte. Der Grund ist nicht stichhaltig; denn ein Steuergesetz hat die Regierung eingebracht, das die Parteien in scharfe Kampfstellung gegeneinander bringt und das das Volk mehr ausregen wird, wie es Kämpfe über das Vereins« gesetz hätten tun können. Die Gleichberechtigung der Staatsbürger wäre wahrhaftig eine Forderung, die durchgesetzt werden könnte und werden müßte. Wenn man von Millionen verlangt, daß sie gleiche Pflichten erfüllen, wenn man die Gleichheit im Schützengraben immer wieder betont und fordert, so muß man auch darauf sehen, daß diejenigen, die jetzt schon in zwanzig KriegSmonaten ihre schwere Pflicht erfüllt haben, wenn sie endlich zurückkehren, nicht als Staats- bürger minderen Rechts behandelt werden. Und wohin steuert die auswärtige Politik der Regierung? Schon im März des vorigen Jahres habe ich ausgeführt, daß bei unserer günstigen militärischen Position unsere Regierung die Verpflichtung hat, den andere« die Hand zum Frieden zu bieten. Seitdem ist ein Fahr verflossen und noch ist ein Ende des menschenmordenden Krieges nicht abzusehen. In allen Ländern haben die Massen ihre Sehnsucht zum Frieden zu erkennen gegeben. Die Volksvertretung würde ihre Aufgabe verkennen, wenn sie sich nicht zum Dolmetsch dieses starken Friedenswillens macht, wenn sie sich eine Binde vor die Augen legte. Ein solches Verhalten würde sich auch schwer rächen. Auch die Politiker in den feindlichen Staaten werden immer mehr zu der Einsicht genötigt, daß unseren Heeren eine entscheidende Niederlage nicht bereitet werden kann. Aber alles spricht dafür, daß unser Heer durch seine Erfolge die Gegner nicht auf die Knie zwingen wird.(Stürmischer Wider- spruch.) Zu mächtige Koalitionen stehen sich gegenüber, und am Schluß dieses fürchterlichen Ringens wird eS wahrscheinlich weder Sieger noch Besiegte geben.(Lebhafter Widerspruch und Oho I-Nufe. Präsident Dr. Kaempf mahnt den Redner zur Mäßigung.) Sie alle werden zugeben müffen, daß meine Darlegungen sehr wohl begründet sind.(Erneuter Wider- spruch.) Wie auch daS Ringen ausgehen mag, Europa   geht einer Verarmung entgegen. ES ist hier hervorgehoben worden, daß die Bürger sich daraus werden einrichten müssen, allein vier Monate im Jahre zu arbeiten, um die Zinsen für die Kriegsanleihen auf« zubringen und die Mittel zur Unterstützung der Kriegsinvaliden und der Hinterbliebenen der im Kriege Gefallenen. Gestern ist darauf hingewiesen, daß es sogar dahin kommen kann, daß wir bis zu sechs Monaten im Jahre dafür arbeiten mügen. Was hat es auch vom Standpunkt der Befürworter und Anhänger des Krieges für einen Sinn, den Krieg fortzusetzen? Wir Sozialisten, die wir den Krieg verabscheuen und verhindern wollen...(Erneuter stürmischer Widerspruch. Präsident Dr. Kaempf macht von neuem darauf aufmerksam, daß diese Ausführungen in die Generaldiskussion gehören und jetzt nicht gemacht werden dürfen.) Es darf nicht über- sehen werden, daß, wenn lvir nur die Unabhängigkeit des Reiches auftecht erhalten wollen, ioir schon Frieden haben würden.(Lebh. Widerspruch.) Für die sozialistischen   Arbeiter ist es die herbste Tragik, daß�sie, die die gemeinsame Idee der Völker s olidarität... (Stürmische Unterbrechungen. Abg. Kreth: Kein deutscher Arbeiter denkt so! Slürmische Gegenrute aus der sozialdemokratischen Minderheit. Gegenrufe rechts. Großer Lärm und neue Mahnung des Präsidenten zur Sache. Ruf rechts: Diese Hetzrede wollen wir nickt hören I) Sie wollen die Wahrheit nicht hören. Sie werden nicht bestreiten können, daß in den Kreisen der Kapitalisten, soweit sie nicht Nutznießer des Krieges sind, längst eingesehen wird, daß der Krieg eine falsche Rechnung ist. Man sollte annehmen, daß nur von kompletten Narren und gewissenlosen Menschen die Weltherrschaft an- gestrebt werden kann.(Stürmische Zurufe.) Präsident Dr. Kaempf: ES ist ganz unmöglich, in dieser Weise daZ Notetatsgesetz zu verabschieden. Wenn Sie weiter so allgemeine Ausführungen machen, muß ich Sie zur Sache rufen. Abg. Haase(fortfahrend): Keine Geschäftsordnung, die ich kenne, kann mich verhindern, meinen Standpunkt darzulegen. Aber ich will mich Ihrem Wunsche so weit wie möglich fügen.(Abg. Kell[Soz.): Sie sprechen ohne unsere Zustimmung. Stürmischer Beifall und Händeklatschen rechts, im Zentrum und bei den Liberalen, stürmische Gegenrufe der soz. Minderheit.) Der Abg. Keil hat durch Ihr Händeklatschen den Lohn für seine Tat dahin.(Abg. Keil: Eine Unehrlichkeit bleibt eine Unehrlichkeit! Heftige Rufe und Gegenrufe innerhab der soz. Fraktion.) Da es mir nicht verstattet wird, auch nur im Umriß darzulegen, wie zurzeit die äußere politische Lage ist, und wie die große Massen des Volkes sich dazu verhallen, so werde ich bei anderer Gelegenheit darauf eingeben. Es wäre für das HauS aber doch zur Beurteilung der Lage sehr wichtig, zu erfahren, welche Treibe- reren nicht nur von den Frondeuren in der Wilhelm- straße, sondern... Präsident Kaempf: Ich rufe den Redner zur Sache und werde da« HauS sofort be- fragen, ob es ihm daS Wort weiter verstalten will.(Abg. Ledebour (Soz.): Belagerungspräsident!) Abg. Haase(fortfahrend): Infolge der Beschränkung der Redefreiheit, zu der bei der Sach- lichkeit meiner Ausführungen kein Grund vorlag, muß ich das Wich- tigste übergehen und nur noch sagen, daß die laptlaliflische Wirt»
schaftsordnung sich selbst ihr Urteil gesprochen hat, weil sie nicht ha' verhindern können nicht nur, daß in ihrem Schöße die Kriegssurie geboren wurde, sondern... Präsident Kaempf ruft den Redner zur Sache und befragt das HauS, ob es den Abg. Haase weitersprechen lassen will. Alle Parteien bis auf einen großen Teil der Sozialdemokraten stimmen für Entziehung deS Wortes. (Rufe bei der Minderheit der Sozialdemokraten: Gegenprobe!) ReichSschatzsekretär Dr. Helfferich: Als Vertreter der Verbündeleu Regierungen und als Leiter der Reichsfinanzen war ich leider genötigt, in Erfüllung meiner Pflicht den Ausführungen des Abg. Haase beiwohnen zu müssen. Andern- falls hätte ich selbstverständlich den Saal Verlasien.(Lachen bei der soz. Minderheit.) Ich kann nur vor dem Hause und vor dem ganzen deutschen   Volke mein tiefstes Bedauern und meine stärkste Entrüstung darüber aussprechen, daß ein Mann, der sich Ver- treter des deutschen Volkes nennt(Stürmische Rufe bei der soz. Minderheit: Und i st I Weitere Protestrufe Gegenrufs rechts), ein Mann, der sich Vertreter des deutschen Volkes nennt, sich nicht scheut, Worte auszusprechen, die unseren Feinden in dieser ernsten Stunde Herzen und Rücken stärken müssen.(Stürmische Zustimmung: Protcstrufe von der Minderheit der Sozialdemokraten.) Wenn jemand hier heute zu behaupten wagt, daß das deutsche   Volk nach all den schweren Lasten, aber auch nach all den großen Erfolgen, die wir errungen haben. es an der Zuversicht fehlen lasse, daß wir siegen werden, so gibt es dafür keine Kennzeichnung, die scharf genug wäre. Wenn Sie wissen wollen, wie das Volk darüber denkt, so fragen Sie bei denen an, die soeben 19,6 Milliarden Kriegsanleihe gezeichnet haben und unter denen so viele Arbeiter und kleine Sparer sind.(Stürmi'che Zustimmung; Gegenrufe von der soz. Minderheit.) Das deutsche  Volk hat damit gezeigt, daß es mit der Gesinnung des Abg. Haase nichts gemein hat.(Stürmischer Beifall und Händeklatschen an- dauernde Unruhe.) Abg. Scheidemaun(Soz.): Ich hatte nicht die Absicht, bei Beratung dieses Notetats noch einmal das Wort zu nehmen. Nach der Ueberraschung, die auch für uns die Rede des Abg. Haase bedeutet(Hört! hört!), sehe ich mich aber doch genötigt,»och einige Worte zu sagen. Ich habe vorhin bereits gesagt, daß wir dem No:e!at z u st i in>n e n unter Vorbehalt unserer Stellungnabme zum ordentlichen Etat. Wir stimmen dem Notetat zu in der Würdigung der Tatsache, daß wir dem jetzt zu Recht bestehenden Elat, dessen Fortsetzung dieser Notetat ist, im vorigen Jahre unsere Zustimmung gegeben haben. An Aenderungen in diesem Notetat sind lediglich die bereits erwähnten Housbauten enthalten, von denen uns versichert ist, daß sie absolut notwendig sind und über die in der Budgeikommission zu beraten sein wird. Die Frage, ob wir dem ordentlichen Etat demnächst zu- stimmen tönneu, wird abhängen von dem Verlauf und dem Ergcb- uiS der Verhandlungen, die demnächst stattfinden. Das, was nach den Ausführungen des Abg. Haase hier bei dem Notetat be- sprachen werden müßte, Vereinsrecht, Lebensmittelfragen, Zensur- fragen, Kriegsfragen, Friedensfragen, das sind alles Dinge in bezug auf die wir uns in unserer Fraktion vollständig einig waren und in Bezug auf die auch im Senioren- konvent vollständige Einigung erzielt wurde, daß sie in den nächsten Tagen hier verhandelt werden sollen.(Lebhaftes Hört! hört!) Bei der Zustimmung zu diesem Notetat handelt es sich für uns jetzt nicht um die Frage des Vertrauens oder Mißtrauens gegen- über der Regierung. Darüber wird, wie gesagt, demnächst zu sprechen sein, wenn der ordentliche Etat zur Besprechung kommt. Für uns handelt es sich jetzt darum oder ich will sagen sür mich, denn ich konnte natürlich in dieser kurzen Zeit nicht eine einmütige Meinung innerhalb der Fraktion darüber herbeiführen für mich bandelt es sich in diesem Augenblick darum, die Fort- führung der Reichsgeschäste im Interesse des deutschen  Volkes in dieser schweren Zeit, von der wir wünschen, daß sie bald durch einen dauernden Frieden zum Abschluß gebracht wird(Lebhaste Zustimmung bei den Sozialdemokraten) sicherzustellen. Bis der ordentliche Etat zur Vorlage kommt, werden wir mit der Regierung sa noch das eine oder andere zu reden haben. Ich will weiter erklären, daß wir, ich darf annehmen, die große Mehrzahl meiner Freunde, auch in dieser Stunde noch zu den Worten stehen, die Sie alle damals als Erklärung unserer Fraktion aus dem Munde des Herrn Abg. Haase(Lebhaftes Hört, hört I) gehört haben: .Wir machen wahr, was wir immer gesagt haben. In dieser Stunde der Not lassen wir unser Vaterland nicht im Stich." (Stürmischer Beifall bei der großen Mehrheit der Sozialdemokraten und im ganzen HauS und auf den Tribünen.) Ein Schlußantrag wird angenommen, der Notetat wird der Bugetkommisfion überwiesen. Abg. Rühle(b. keiner Frakt.)(zur Eeschäftsordnungj: Durch den Schluß der Debatte ist eS mir unmöglich gemacht. in meinem Namen und im Namen meines Parteifreundes Lieb- k n e ch t(Gelächter) zu erklären, daß wir diesen Notetat ablehnen, da für uns als Sozialdemokraten noch der alle Grundsatz gilt: Diesem System keinen Mann und keinen Groschen. (Gelächter.) Abg. Haase(Soz.)(bemerkt persönlich): Der Herr Schatzsekretär hat den Mut gehabt, anzuzweifeln, ob ich ein echter Volksvertreter bin.(Ruf rechts: Da hat er recht!) Dazu hat er keine Kompetenz. Nur das eine will ich sagen, daß diejenigen hier die besten Patrioten in allen Ländern zu sein scheinen und auch bei uns, die nach 29 Monaten blutigen Ringens der Ver- ständigung der Völker(Große Unruhe. Glocke des Präsidenten) durch einen aufrichtigen Frieden das Wort reden.(Andauernde große Unruhe. Abg. Dr. David(Soz.) ruft dem Redner zu: Ihre Politik verlängert den Krieg und dient dem feindlichen Ausland l Von rechts und links weitere heftige Zwischenrufe. Die bewegten Aus- einanderseyungen innerhalb der sozialdemokratischen Fraktion gehen weiter. Abg. Hoch wirft dem Abg. Haase in heftigen Worten vor, daß er gröbsten Disziplinbruch begangen habe, weil er der Fraktion von seiner Absicht, zu sprechen, vorher nicht Mitteilung gemacht habe. Abg. Sachse ruft: Henke hat ihn angestachelt.) Die Sitzung schließt, während die erregten Gruppen weiter de- battieren. Schluß: 12-/« llhr. Nächste Sitzung: heute l'/z Uhr(zweite und dritte Beratung des Notetats). » 37. Sitzung, Freitag, den 21. März, nachmittags 2 llhr. Am BundeSratstisch: D e l b r ü ck, Helfferich. Das Etatnotgcsetz wird ohne Erörterung in zweiter und dritter Lesung gegen die Stimmen einer Anzahl Sozialdemokraten an- genommen. Der Präsident erhält die Ermächtigung, die nächste Sitzung ein- zuberufen, sobald genügender Beratungsjtoff in den Ausschüssen fertiggestellt ist. Sie wird spätestens am 1. oder ö. April stattfinden. Schluß der Sitzung 2V( Uhr.