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Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3.
Fernsprecher: Amt Morigplak, Nr. 151 90-151 97.
Montag, den 27. März 1916.
Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morikplats, Nr. 151 90-151 97.
Ergebnisloser englischer Luftangriff auf Nordschleswig.
Ein Blick in die Zukunft.
Die widersprechendsten Gerüchte kommen aus Rußland . Bald heißt es, daß die russische Volkswirtschaft verhältnis. mäßig weniig unter dem Krieg leide, dald daß die Zerrüftung der Wirtschaft und die Desorganisation der Verwaltung die Gefahr spontaner Wolfserhebungen nahe rüde. Ein boll fommen zutreffendes Beld läßt sich infolgdessen zurzeit nur schwer über die russischen Verhältnisse geben. Als Beitrag zu dieser Frage, wie auch als Material zur Beurteilung der prinzipiellen Stellung zahlreicher russischer Genossen zum Krieg und seinen Wirkungen, sei nachstehend folgende Be trachtung aus dem zurzeit einzigen regelmäßig erscheinenden Arbeiterblatte Nasch Golos" in Samara wiedergegeben:
Der Krieg beginnt der Artikel hat es auf die Erschöpfung der friegführenden Mächte abgesehen. Bei mem Geld, Waffen, Geschosse usw. früher ausgehen, der wird besiegt werden. Wer die Teuerung und den Mangel an Produften schärfer empfinden wird, der wird um so weniger in der Lage fein, den Krieg fortzusehen. Deshalb erhöhen Die kriegführenden Mächte ihre Einfäße, obwohl sie zu diesent 3med in untilgbare Schulden geraten, die Volkswirtschaft ruinieren, die industrielle, kulturelle Entwidlung des Landes hemmen und eine unerträgliche Steuerlaft den Völkern aufbürden.
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Eine ungeheuerliche, Ironie will es, daß diejenigen, die ungezählte Reichtümer verschleudern, schon jegt für die Zufunft forgen". Zur Dedung der Schuldenzinsen, der Benfionen und Unterstützungen für die Kriegsopfer, für den Wiederaufbau der vom Kriege zerstörten Bezirke und für die Erneuerung des Kriegsinventars merden nach dem Kriege gewaltige Summen erforderlich sein. Jezt kann man noch nicht fagen, wieviel die Bevölkerung Rußlands zu diesem 3wed wird zahlen müssen: 5, 7 oder 10 Millionen Rubel pro Zag. Schon jeßt aber werden im Interesse der Zukunft" Projekte ausgearbeitet und Pläne ersonnen, welch ein Apparat fonstruiert werden soll, um von der Bevölkerung die erforderlichen Summen zu erheben. Diese ungeheuer wichtige Frage muß schon jetzt die Aufmerksamkeit aller Bevölkerungsklassen, namentlich der arbeitenden und unbemittelten Klasse, auf sich Tenken. Wer wird dem Fiskus einen größeren Teil seines Einkommens abgeben: der Arbeiter, der mit blutigem Schweiß Groschen verdient, oder der Reiche, der mühelos viele Tausende Einkommen vom Kapital bezieht?
Gegenwärtig ist infolge der herrschenden Teuerung die Ertragfähigkeit und folglich auch der Wert des Grund und Bodens stark in die Höhe gegangen. Die Wohnungsmieten find wahnsinnig gesteigert, ivas zur Folge hat, daß die Einfünfte und der Wert der Immobilien außerordentlich) gestiegen find. Geld bringt jezt weit mehr Zinsen als früher.
Nun fann man entweder diesen gleichsam vom Himmel gefallenen überschüssigen Gewinn der Grundbesizer, HausHerren, Fabrikanten, Wucherer und Finanzleute im verstärkten Maße besteuern. Oder man fann im Einklang mit der Jahrhunderte alten Gewohnheit dem Bauer und dem Arbeiter die letzte Kopefe" aus der Tasche ziehen.
Diese Frage wird nach der Stärke, der Organisiertheit, der Einsicht und der Energie der verschiedenen Klassen und Schichten der Bevölkerung entschieden werden. Wie aber auch ihre Lösung ausfallen wird, ist die Gewinnung dieser neuen Milliarden eine ungeheuer schwierige Aufgabe. nimmt in allen friegführenden Ländern einen drohenden Charakter an, ihre Unlösbarkeit muß aber besonders deutlich in Rußland zutage treten. Denn Rußland ist ein armes und wirtschaftlich rückständiges Band.
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Verteilt man die jeßige 20- Milliardenschuld auf die Bevölkerung, so erweist es sich, daß jede Familie( bei einer Bevölkerungszahl von 170 Millionen oder annähernd 34 Millionen Familien) eine Schuldenlast von zirka 600 Rubel zu tragen hat. Die ungeheure Mehrzahl der russischen Arbeiter und mindestens drei Viertel der russischen Bauernschaft haben aber einen solchen Betrag noch nie in Händen gehabt.
Die Kosten der Lebenshaltung sind inzwischen gestiegen, während der allgemeine Ertrag der Volksarbeit nach dem Kriege sinken muß, da ein beträchtlicher Teil des wertvollsten, gefündesten Volfes im Kriege getötet worden ist oder seine Arbeitsfähigkeit verloren hat. Zugleich damit soll eine neue Steuerlast der Bevölkerung aufgebürdet werden. Die Regierung mag noch so energisch und findig sein- viel wird sie hierbei nicht holen.
Einen Ausweg aus der Lage, eine Rettung wenigstens für die nächste Zukunft tönnte eine energische Entwicklung der Produktivkräfte des Landes, ein Fortschritt des Wirtschaftslebens Rußlands eröffnen. Aber damit die Industrie fich entwidele, ist außer den entsprechenden politischen und fozialen Bedingungen erforderlich, daß sich im Lande freie
Meldung des Großen Hauptquartiers.
Amtlich. Großes Hauptquartier, den 26. März 1916.( W. Z. B.)
Weftlicher Kriegsschauplatz.
Gestern konnte der gute Erfolg einer in der vorher. gehenden Nacht ausgeführten Sprengung nordöstlich von Vermelles festgestellt werden. In dem Sprengtrichter liegt ein feindlicher Panzerbeobachtungsstand; mehrere englische Unterstände sind zerstört.
Nordöstlich von Neuville unternahm eine kleine deutsche Abteilung nach geglücter Sprengung einen Erfundungsvorstoß in die feindliche Stellung und kehrte planmäßig mit einer Anzahl Gefangener zurüd.
Der französische Versuch eines Gasangriffs in der Gegend des Forts de la Pompelle( südöstlich von Reims ) blieb ergebnislos.
In den Argonnen und im Maasgebiet erreichte der Artilleriekampf stellenweise wieder große Heftigkeit. Nachtgefechte mit Nahkampfmitteln im Caillette- Walde ( füdöstlich der Feste Douaumont) nahmen für unsere Truppen einen günstigen Verlauf.
Durch eine umfangreiche Sprengung nordöstlich von Celles in den Vogesen fügte sich der Gegner selbst erheb. lichen Schaden zu; unsere Stellung blieb unversehrt.
Bei St. Quentin fiel ein englischer Doppeldeder unbeschädigt in unsere Hand. Ein französisches Flugzeug ftürzte nach Luftkampf im Caillette- Walde ab und zerfchellte.
Deftlicher Kriegsschauplatz.
Die Ruffen haben ihre Angriffe im Brüdenkopf von Jakobstadt und nördlich von Widsy gestern nicht wieder. holt. Mehrere im Laufe des Tages unternommene Vorstöße füdwestlich und füdlich von Dünaburg blieben schon auf größere Entfernung vor unseren Hindernissen im Feuer liegen. Gegen unsere Front nordwestlich von Bostawy und zwischen Narocz- und Wiszniew- See nahm der Feind nachts mit starken Kräften, aber ergebnislos und unter großen Opfern, den Kampf wieder auf. Nordwestlich von Postawy nahmen wir einen Offizier 155 Mann gefangen.
Nichts Neues.
Kapitalien anhäufen und Ueberschüsse von der Arbeit des Volkes ansammeln können. Schon vor dem Kriege hat es solcher Ueberschüsse in Rußland verhältnismäßig wenig gegeben. Unsere Industrie entwickelte sich in bedeutendem Maße auf Kosten ausländischer Kapitalien. Die Industrie wurde befruchtet durch den goldenen Regen, der aus Frankreich , Deutschland , England und Belgien fam. Keines dieser Länder, wie überhaupt kein europäisches Land, wird jezt unsere Industrie unterstüßen fönnen. Was jedoch als lleberschuß von der Voltsarbeit übrig bleibt, wird zur Deckung der Zinsen der Kriegsanleihe und der durch den Krieg verurfachten Ausgaben verwendet werden müssen.
Wir stehen also vor der Perspektive der Erhöhung der Steuern, der Entwertung des Geldes als Folge der unge heuren Papiergeldausgabe und der Verlangsamung der industriellen Entwicklung.
Diese Perspettive beginnt auch in dem Chor der Bobpreisungen der bürgerlichen Presse, die im Falle eines fieg. reichen Endes" alle möglichen Herrlichkeiten, darunter un. beschränkte Freiheiten und volles Aufblühen des Volksmolstandes verheißt, düstere Töne hineinzutragen. Außerordent. lich bezeichnend ist in dieser Beziehung die düstere Prophezeihung Profeffor 3. Oferowa, welcher erklärt:„ Der Krieg wird mindestens noch ein Jahr dauern und zur volligen Schwächung Europas führen, das sich lange Zeit nicht holen wird. Es wird weder Sieger noch Besiegte geben, oder richtiger, alle werden in gleichem Maße bestegt sein. Der Krieg ist das Grab Europas ." :
Die fapitalistische Welt wird natürlich nicht sofort fapitulieren, sondern noch manchen Ausweg aus der Rage erfinnen. Momentan handelt es sich aber nicht um das Gegengift, das nachher gefunden werden wird, sondern um das Gift, das der Krieg liefert. In dieser Beziehung hätte man ein fürchterlicheres Resultat faum erfinnen fönnen. Was bei Beginn des Krieges Furcht eingeflößt hat ( ein unvorteilhafter Handelsvertrag, eine Rosreißung ein zelner Provinzen, eine Verschlechterung des politischen Re gimes) ist i et bor dem Schreden der Wirklich. feit in den Hintergrund getreten. Ueber der ganzen europäischen Kultur, über unserer ganzen Zivilisation schwebt nun das Damoklesschwert der Zerstörung und der Verwilderung. Nicht einzelne Kleine Bandesteile, sondern die ganze Menschheit, die breiten Volksmassen brauchen mun die Selbstverteidigung vor den verderblichen Folgen des wahnfinnigen Kriegsfeuers.
Noch vor wenigen Monaten wies Karl Rautský darauf hin, die friegführenden Völker würden wegen des Anwachsens der Steuern und der Verlangsamung der industriellen Entwicklung die Folgen eines langdauernden Krieges nicht onshalten fönnen. Aus Europa fönne dann eine Flucht der Völker beginnen.
Bon zwei durch ein Kreuzergeschwader und eine Zer störerflottille begleiteten Mutterschiffen sind gestern früh fünf englische Wasserflugzeuge zum Angriff auf unsere Luftschiffanlagen in Nordschleswig aufgestiegen. Nicht weniger als drei von ihnen, darunter Wohin aber fliehen? Nach Amerika , das im Blut und in ein Kampfflugzeug, wurden durch den frühzeitig benachden Tränen Europas eine rapide imperialistische Karriere richtigten Abwehrdienst auf und östlich der Insel Sylt macht? Das Gespenst eines neuen Krieges ist dort früher zum Niedergehen gezwungen. Die Insassen- vier engals wir angelangt. find gefangen Der Krieg, für den Amerika bereits lische Offiziere und ein Unteroffizier genommen. Bomben wurden nur in der Gegend von fieberhaft zu rüsten angefangen hat, wird der untrennbare Begleiter aller seiner imperialistischen Erfolge sein. Und Hoyer- Schleuse abgeworfen. Schaden ist nicht ange. außerdem: entfliehen können Hundert oder Tausende, die richtet. indnot Millionen werden auf ihrem Heimatboden bleiben, der mit Blut begossen und von Leiden erfüllt ist.
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Oberste Heeresleitung.
Der österreichische Generalstabsbericht.
Wien , 26. März.( W. T. B.) Amtlich wird verlautbart: Russischer Kriegsschauplas.
Keine besonderen Ereignisse. Die in den russischen Berichten geschilderten Kämpfe bei Latacz am Dnjeftr stellen selbst. redend nur Vorpostengeplänkel dar. Es handelt sich unsererseits um Aufklärungstruppen, die beim Anrüden stärkerer feindlicher Abteilungen naturgemäß in die Hauptstellungen zurückzugehen haben. Einen Angriff gegen die Hauptstellung der Armee Pflanzer Baltin haben die Russen in den letzten Wochen überhaupt nicht versucht.
Italienischer Kriegsschauplas.
Die feindliche Artillerie hielt die Hochfläche von Doberdo , ben Fellaabschnitt und einzelne Stellungen an der Tiroler Front unter Feuer. Destlich des Ploeden- Passes drangen unsere Truppen in eine italienische Stellung ein. Bei Marter im Suganatal wurde ein feindlicher Angriff abgewiesen. Südöstlicher Kriegsschauplah.
Unverändert.
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Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: von Soefer. Feldmarschalleutnant.
Hier in Europa , in diesem neuen Tal des Jammers und der Trauer, muß und wird die Frage der Kriegsfolgen entschieden werden. Und der unbewußte historische Prozeß wird uns wieder zu jenen radikalen Formeln führen, die jetzt einzelne preiszugeben geneigt sind." ( z)
Der französische Tagesbericht.
Paris , 26. März.( W. T. B.) Amtlicher Bericht vom Sonnabendnachmittag. In den Argonnen gestattete uns ein Handstreich auf einen feindlichen Graben bei Courtes Chausses, einige Gefangene zu machen und dem Feinde Verluste zuzufügen. Westlich und östlich der Maas verlief die Nacht ruhig. In der Woebre Artilleriekampf in der Gegend von Moulainville. Von dem übrigen Teile der Front ist nichts Wesentliches zu melden.
Baris, 26. März.( W. T. 2.) Amtlicher Bericht von Sonnabendabend: In Belgien beschossen wir feindliche Schüßengräben östlich von Boesinghe und bei Hetsas. In den Ar gonnen ziemlich heftige Artilleriefämpfe in dem Abschnitt Four de Paris, Courtes Chauffes und Haute Chevauchée. Westlich der Maas bedeutende Tätigkeit der Artillerie gegen unsere zweiten Linien und östlich in der Gegend des Pfefferhügels und bei Douaumont. In der Woevre kam es in den Abschnitten der Maashöhen im Laufe des Tages zu keinem Infanteriegefecht. Auf der übrigen Front ver der Tag ruhig.
Belgischer Bericht. An der ganzen belgischen Front die übliche Tätigkeit der Artillerie.