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Nr. 140.

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morigplak, Nr. 151 90-151 97.

Weib oder Bürgerin?

Der Weltkrieg hat ein gerüttelt Maß von Sorge und Last auf die Schulter der Frau gehäuft. As Gattin, Mutter und Hausfrau bedrängt das Leben sie in gleichem Maße. In der Seele der Gattin lebt die quälende Sorge um den Mann im Felde oder die Trauer um seinen Verlust. Sie steht allein der schweren Not der Kriegszeit gegenüber, zeit­weise oder dauernd. In der Aufrechterhaltung des Haus­standes, in der Ernährung und Erziehung der Kinder trägt sie die Last allein, die sie einst mit dem Gatten treulich geteilt.

Und diese Plagen sind größer denn je, Lebensmittel und Kleidungsstücke sind kaum noch zu bezahlen, oft überhaupt nicht zu bekommen.

Die Lebensmittelrationen werden den Frauen und ihren Kindern zugeteilt. Zum ersten Male fühlt jede Frau, auch die bisher politisch uninteressierte, wie eine starke, unfaßbare Gewalt in ihr ureigenes Gebiet, die Hauswirtschaft, eingreift. Von der Brot- und Butterkarte ausgehend, wird ihre Auf­merksamkeit auf jene Stellen gelenkt, die darüber nachdenken und verfügen, wie man mit Hilfe fleiner Pappmarken der Frau den Brotforb höher hängen kann. Ihr Interesse für das Wirken und für die dem naiven Gemüt übermenschlich erscheinenden Befugnisse dieser Organe wird rege und die Frage nach Ursache und Berechtigung dieses Rechts drängt sich der Frau täglich von neuem auf.

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Dazu kommt, daß die attive Teilnahme des Gatten oder Bruders am Kriege ihr Augenmerk stärker auf die zahlreichen politi­schen Vorgänge außerhalb der Brotversorgung lenkt. Sie alle drehen sich ja nur um den Krieg, der ihre Gedanken Stunde für Stunde gefangen hält. Zahlreiche Frauen, die früher leider nie ein politisches Blatt gelesen haben, verfolgen heute die Ereignisse des öffentlichen Lebens mit starkem Interesse. Und sie sprechen vom Bundesrat und Magistrat, von Frankreich   und Amerita, von Rumänien   und Mesopota­ mien   mit weit größerem Berständnis, als einst die Kanne­gießer am Spießerbiertisch. Gs ist zu bewundern, welch guter Lehrmeister der harte 3wang gewesen ist.

Und zu der dämmernden Erkenntnis tritt sofort die Klage, daß die Frau den Dingen ihrer jungen Neigung so völlig mit gebundenen Händen und geschlossenem Munde gegenübersteht. Zahlreiche Frauen sind sich schon jetzt bewußt, daß das ge­ändert werden muß. Sie haben teine Neigung zu politischer Passivität, wenn die Politik der Männer sie in schwerster Zeit zu starker Aktivität zwingt.

Vielleicht haben die Frauen auch schon bemerkt, daß die so plöglich vor sie hingetretene Macht der heute Herrschenden dadurch gesteigert wird, daß die eine Hälfte des Volkes, die Frauenwelt, politischer Rechte und Machtmittel völlig ent­behrt. Besäße die Frau das gleiche Maß öffentlicher Rechte wie der Mann, wäre sie in der Lage, unmittelbaren Einfluß auf Regierung und Verwaltung des Landes auszuüben, und wäre ihr Blick und ihre Energie durch die erprobte Anwen­dung politischer Rechte geschult, dann wäre manches anders. Dann würden die Frauen trotz der Lasten der Kriegszeit noch Straft und Zeit zur aktiven Beschäftigung mit dem Völker­Schicksal finden, ja gerade ihre Nöte würden sie zu energischem Handeln anregen. Und das durch den Gebrauch politischer Freiheiten geübte Augenmaß würde ihnen den rechten Weg zur Tat schon weisen. Die Bewegung für den Frieden würde dann von erheblich größerer Stärke sein.

Es gibt allerdings Kreise, die diese Gedanken und Wünsche ablehnen. Sie sind vor dem Kriege gegen die Vermehrung der öffentlichen Rechte der Frauen aufgetreten und werden auch nach dem Kriege, wenn diese Fragen die Deffentlichkeit von neuem beschäftigen werden, von diesem Kampfe nicht ab. lassen.

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Montag, den 22. Mai 1916.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moritplatz, Nr. 151 90-151 97.

Lebens das gleiche Interesse entgegen? Gibt es unter ihnen

Meldung des Großen Hauptquartiers.cht viele, die so gut wie gar keine Neigung haben Bürger

Amtlich. Großes Hauptquartier, den 21. Mai 1916.( W. T. B.)

Westlicher Kriegsschauplatz.

Auf den Süd- und Südwesthängen des Toten Mannes" wurden nach geschickter Artillerievorbereitung unsere Linien vorgeschoben. 31 Offiziere, 1315 Mann wurden als Gefangene eingebracht, 16 Maschinengewehre und 8 Geschütze sind außer anderem Material erbeutet. Schwächere feindliche Gegenstöße blieben ergebnislos.

Rechts der Maas   ist, wie nachträglich gemeldet wird, in der Nacht zum 20. Mai im Caillette- Walde ein französi­scher Handgranatenangriff abgewiesen worden. Gestern gab es hier keine Infanterietätigkeit, das beiderseitige Artilleriefeuer crreichte aber zeitweise sehr große Heftigkeit.

Kleine Unternehmungen, so westlich von Beaumont und südlich von Gondregon, waren erfolgreich.

Bei Ostende   stürzte ein feindliches Flugzeug im. Feuer unserer Abwehrgeschüße ins Meer. Vier weitere wurden im Luftkampf abgeschossen; zwei von diesen in unseren Linien bei Lorgies( nördlich von La Bassée  ) und südlich von Château- Salins  , die beiden anderen jenseits der feindlichen Front am Bourrus- Walde( westlich der Maas  ) und über der Côte östlich von Verdun  .

Unsere Fliegergeschwader haben nachts Dün. kirchen erneut ausgiebig mit Bomben angegriffen. Deftlicher Kriegsschauplatz.

Nichts Neues.

Balkan  - Kriegsschauplah.

Die Lage ist im allgemeinen unverändert. Behinde­rungen, die durch erhebliche Ueberschwemmungen im Vardar  - Tal eingetreten waren, sind beseitigt. Oberste Heeresleitung.

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Der österreichische Generalstabsbericht.

Wien  , 21. Mai 1916.( W. Z. B.) Amtlich wird ver­lautbart:

Russischer und südöstlicher Kriegsschauplak. Nichts von Bedeutung.

Italienischer Kriegsschauplatz.

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Die Kämpfe an der Südtiroler   Front nahmen an Ausdehnung zu, da unsere Truppen auch auf der Hochfläche von Lafraun zu Angriffe schritten. Der Gipfel des Armenterra­rüdens ist in unserem Besit. Auf der Hochfläche von Lafraun brangen unsere Truppen in die erste, hartnäckig verteidigte feindliche Stellung ein. Die aus Tiroler Kaiserjägern und der Linzer Infanterie- Truppendivision bestehende Kampftruppe seiner t. und k. Hoheit des Feldmarschalleutnants   Erzherzogs Karl Franz Josef   erweiterte ihren Erfolg. Die Cima dei Laghi und nordöstlich dieses Gipfels die Cima di Mesole sind ge= nommen. Auch vom Borcola- Paß ist der Feind verjagt. Süd­lich des Passes fielen drei weitere 28-3entimeter- Haubigen in unsere Hände. Vom Col Santo her bringen unsere Truppen gegen den Pasubio vor. Im Brand- Tal ist Langeben( Anghe­beni) von uns besest. Gestern wurden über 3000 3talie= ner, darunter 84 Offiziere, gefangen genommen, 25 Ge= schütze und 8 Maschinengewehre erbeutet.

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Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.

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zu sein? Und diese Indifferenten sollten dauernd von höherem Werte und mit größeren Rechten ausgestattet sein als die denkende Frau, als die Frau, die es ablehnt, nur ,, Weib" im Sinne Leopold von Wieses zu sein?

Und weiter: gibt es nicht zahlreiche Männer, die durch ein reges öffentliches Wirken nicht die geringste Einbuße an ihren Fähigkeiten als Gatten, Familienoberhäupter und Er­zieher erleiden?

Und die Frauen, die in diesem furchtbaren Striege so Un­geheures geleistet, sollten nicht die gleiche Kraft befizen?

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Warum sollte gerade die Frau ihrer Reize als, Weib" entblößt werden, wenn sie dazu übergeht, ant politischen Leben teilzunehmen und sich tatkräftig zu wehren, wo es not tut? Allerdings: nur ,, Weib"-immer im Sinne der ,, Herren  " unt Leopold von Wiese   wird sie nicht sein wollen. In dieser Stellung, die man der Frau da anweist, liegt ja gerade eine Hauptursache und zugleich ein Mittel der gesellschaftlichen und politischen Unterdrückung, in der der Mann sie jahr. hunderte lang gehalten hat. Wir beglückwünschen die Frauen, die das Unwürdige dieser Stellung erkannt haben und sich anschicken, die Fesseln des Unrechts und des Vor­urteils zu brechen. Und das Volt, dessen weiblicher Teil nicht die Kraft besäße, sich die öffentlichen Rechte zu erringen, die ihm gemäß seiner Leistungen im Rahmen des Gesellschafts­ganzen zustehen, würden wir aufs tiefste beklagen. Nicht " Weib oder Bürgerin?" lautet die Frage, sondern Weib und Bürgerin!" ist das Ziel.

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Wilson als Friedensvermittler.

London  , 19. Mai  .( W. T. B.) Morning Post" meldet aus Washington   vom 18. Wai: Obwohl dementiert mird, daß Präsident Wilson irgendeinen Schritt in der Rich­tung auf den Frieden tun wolle, wird doch von einer einge­weihten Persönlichkeit versichert, daß Wilson auf drie­densanregungen eingehen werde und so weit in die Zukunft zu sehen suche, um sich zu vergewissern, ob ein Ange­bot zur Vermittlung oder von guten Diensten, oder wie man es nennen will, sympathisch aufgenommen würde. Der Frie­densbund, dessen Präsident Taft ist, und dessen Ziel es übri gens nicht ist, diesem Kriege ein Ende zu machen, sondern fünftige Kriege zu verhindern, wird bald in Washington   eine Bersammlung abhalten, bei der Präsident Wilson sprechen wird. Wilson wird sich vermutlich auf Allgemeinheiten be­schränken, aber man erwartet, daß die Versammlung und Wilsons Rede die Friedenspropaganda stärken wird, die in Amerika   jezt vielleicht stärker ist als je zuvor. Innerpolitische Fragen spielen hier hinein. Der Präsident wird erbarmungs­los bestürmt, seine wirkliche Neutralität dadurch zu be­weisen, daß er England England gegenüber dieselbe Festigkeit zeigt wie gegen Deutschland  , und daß er den britischen   Ein­griffen in den neutralen Handel alsbald ein Ende macht. Es ist nicht ohne Bedeutung, daß das einflußreichste Blatt in den Neu- Englandstaaten, der Springfield Republican", das bis­her energisch für die Alliierten und ebenso für den Präsidenten eintrat, jezt erklärt, daß nur die Herstellung des Friedens einen blomatischen Konflikt mit England verhindern könne. Nicht nur die Demokraten, sondern auch die Republikaner  würden eine große Erleichterung empfinden, wenn diese unbe­queme Frage noch vor dem Beginn der Kampagne für die Präsidentenwahl aus der Welt geschafft werden könnte, damit der Wahlkampf auf der Basis rein innerpolitischer Fragen ausgefochten werden kann.

Vorbereitungen für ein Welt- Schiedsgericht.

Washington, 20. Mai. Durch Funkspruch vom Vertreter des W. T. B. Der Marineausschuß des Repräsentanten­ha uses hat einstimmig eine Resolution des Abgeordneten Hensley angenommen, den Präsidenten zu ermächtigen, bei Abschluß des europäischen   Krieges die Staaten des Erd­balls zu einer Konferenz einzuladen, um einen Beilegung aller Streitigkeiten unter den Nationen zu bilden und zu diesem Zwed 200 000 Dollar zu bewilligen.

Der französische   Tagesbericht.

Die Beschäftigung mit diesen Fragen wird aber unvermeidlich sein, denn der durch den Krieg angeregte Leopold von Wiese   fürchtet, daß die Frau durch die Ver­politische Instinkt der Masse der Frauen wird sich weiter ent- bürgerlichung" den Reiz des Weibes als Weib" verlieren wickeln und zu flarer Erfenntnis gedeihen, die ihre Forde- und zu einem Baume werden würde, der nicht mehr blühen, rungen mit Sicherheit und Selbstbewußtsein stellt und vertritt. sondern nur noch nüßliche Früchte tragen will". Die Frauen, die der Sozialdemokratie Die Frau soll also das Weibchen sein und bleiben. Schiedsgerichtshof oder eine andere Körperschaft zur schon früher angehörten, werden dann ein So ist es doch viel deutlicher, Herr von Wiese, und warum reiches Feld für ihre Werbearbeit finden. sind Sie nicht selbst so ehrlich und sprechen es offen aus? Die Aber es gibt auch noch andere Leute, die das Erwachen Frau soll lediglich der Verschönerung des Lebens des Mannes des Bürgerbewußtseins" der Frau mit Bedauern wahr- dienen und, falls die Sache ernst wird, legitime Kinder und nehmen. In dem für gewöhnlich liberalen Berliner   Tage- Erben zur Welt bringen dürfen. Sollte es anders kommen, blatt" stimmte Leopold von Wiese   jüngst ein Stlage- dann will der Mitarbeiter des B. T." lieber sein Leben auf lied darüber an. Er richtet seine Pfeile allerdings in erster den Totenfeldern Europas   ausbauchen. Linie gegen eine Rundgebung von 35 Frauenvereinen, Wir möchten ihm indes raten, den Gang der Dinge in die gegen den Kleiderleichtsinn vieler Frauen das Wort Ruhe und ohne Resignation abzuwarten. Wir erhoffen von erhebt. Würde es sich nur darum handeln, dann lohnte es der Zukunft allerdings die Verbürgerlichung" der Frau, nicht, ein Wort zu verlieren. Auch wir haben nichts dagegen, stellen uns diesen Vorgang aber nicht so schauerlich vor wie daß die Frau sic, schön kleidet, aber wir würden auch keinen Wiese. Wir glauben nicht, daß die Frau durch eine ihrer Leitartikel schreiben, wenn eine Gruppe von älteren Damen Stellung im Wirtschaftsleben entsprechende Mitwirkung im im guten Geschmack einen Mangel an vaterländischen Ge- politischen Leben auch nur ein Jota ihres Reizes als Weib, sinnung" sieht. soweit dieser Anspruch auf Echtheit erheben kann, einbüßen Es steckt aber mehr dahinter. Wiese   schreibt selbst: Die würde. Kleiderirage ist nur ein Einzelfall aus dem gegenwärtigen Es ist wohl wahrscheinlich, daß nicht alle Frauen mit Gesamtvorgange der Verbürgerlichung der Weiblichkeit". Und: gleicher Intensität an den politischen Sorgen, die die Volks­Es wäre schauerlich, wenn der eigentlich Besiegte dieses massen bewegen, teilnehmen werden. Aber bringen denn alle Krieges das Weib, die Hauptsiegerin die Bürgerin wäre." Männer den Fragen des gesellschaftlichen und politischen

Baris, 21. Mai  .( W. T. B.) Amtlicher Bericht vom Sonnabend nachmittag.) In Belgien   wurden feindliche Gruppen, die den serkanal zwischen Steenstraete und Hetsas zu überschreiten versuchten, durch unser Infanterie- und Artilleriefeuer angehalten. In der Champagne unternahmen die Deutschen   einen starken Gasangriff auf unsere Front zwischen der Straße von St. Hilaire und St. Souplet und der Straße Souain- Somme Ph Durch unser sofort gegen ihn gerichtetes Sperrfeuer angehalten, konnte der Feind den Angriff nicht vortragen, den er vorbereitete. Westlich der Maas   im Laufe der Nacht heftige Beschießung unserer Stellungen zwischen dem Walde von Avocourt und dem Toten Mann. Infanterieangriffe erfolgten nicht. In den Vogesen   miß­glüdte ein Handstreich gegen einen unserer fleinen Posten am Linge Flugwesen. Am gestrigen Tage schoß Unterleutnant Nas varre sein elftes deutsches Flugzeug ab. Das Flugzeug fiel in