Nr. 156. 33. Jahrgang.
2. SrilW des Deisels" Kerlim Ncksblsll.
Dannerstag, 8. Jum 1916.
Mus Groß-Serlin. Mängel bei der Fleischverteilung. UnZ wird geschrieben:.Vor einiger Zeit ist in einer Versamm- lung des Deutschen Buchbinderverbandes beschlossen worden, bei den zuständigen Stellen vorstellig zu werden, um den in Arbeit stehenden Frauen und Mädchen den Bezug von Lebensmitteln zu erleichtern. Der Krieg hat eine große Umwälzung auf wirtschrftlichem Gebiet mit sich gebracht. Tausende und aber Tausende von Frauen und Mädchen sind an Stelle der zum Heeresdienst einberufenen Männer ge« zwangen gewesen, Arbeit im Handwerl, in der Industrie, im Handel anzunehmen. Diese gehen früh zur Arbeit, kehren erst spät abends heim. Durch die nicht genügende Versorgung des Lebensmittelmarktes entstanden Ansammlungen vor den Lebensmittelgeschäften. Jeder will der erste sein. War Frau M. morgens um 7 Uhr vor der Tür des Geschäfts, so war Frau S. am nächsten Tage bereits umö'/zUhr dort. Das setzte sich fort, so daß der beklagenswerte Zustand ein- trat, daß bereits mitten in der Nacht die betreffenden Geschäfte be- lagert wurden. Ein Teil der Wartenden erhielt Ware, ein anderer Teil mußte trotz stundenlangem Warten unverrichteter Sache nach Hause gehen. Kommen nun die erwerbstätigen Frauen und allein- stehenden Mädchen nach Arbeitsschluß zum Geschäft, so ist in der Regel alles verkauft. Will eine im Beruf tätige Frau die Mittagspause, vorausgesetzt, daß sie reichlich bemessen ist, benutzen, so wird ihr auch das vereitelt, da seit einiger Zeit die Lebens- mittelgeschäfte über Mitlag geschlossen halten. Derselbe Mißstand stellt sich auch beim Fleischkauf heraus. Eine Regelung bei der Brot- und Buttcrverteilung— diese erst seit letzlerer Zeit— ist eingeführt und hat sich bewährt. Die An« sammlungen wegen der Butter brauchen nicht mehr stattzufinden. Bei der Fleischverteilung dauern leider die Ansammlungen vor den Läden an. Die jetzt getroffene Einrichtung weist Mängel auf. Die Fleischermeister handeln bei der Einteilung nach ihrem eigenen Gutdünken. So teilte ein Scklächtermeister mit: Morgen von 1I37 Uhr an Verkauf für die Nr. 1—370. Hier kommt nun der größte Teil der Nummerinhaberinnen möglichst früh zeilig, jede will die erste sein, die Ansammlung ist fertig. Andere Geschäfte geben den Verkauf erst in später Abendstunde(S Uhr) be kannt. Auch das ist nicht genügend. Wieder andere, und das ist die Mehrzahl der Geschäfte, hat die Einrichtung getroffen: Von 8 bis Va10 Uhr Nr. 1-100, von ValO— 11 Uhr Nr. 101—200, von 11 bis Val Ubr Nr. 201-300 und ähnlich. Auch hierdurch entstehen Ansammlungen. Diejenigen, die im Besitz der Nummern 101—200 sind, kommen möglichst frühzeitig, also vor V,10 Uhr, bevor die erste Nummernreihe abgefertigt ist. Geht eS dann im Geschäft bei der Abfertigung noch etwas langsam zu, so ist wieder stundenlanges Warten der Frauen die Folge. Nach unserer Meinung müßte die Zahl der Abzufertigenden nicht allzu groß genommen werden, vor Ablauf der Zeit niemand mit höherer Nummer das Recht erhalten, sich anzustellen. Die Frauen kämen dann nicht früher, weil sie wissen, daß sie in der für sie bestimmten Zeit bestimmt abgefertigt werden. Da Anspruch auf Fleisch nur derjenige hat, der in der für ihn bestimmten Zeit dasselbe entnimmt, gehen leider wieder Tausende von Frauen, die im Betriebe tätig sind, leer aus. Diese können zur festgesetzten Zeit nicht erscheinen, oder aber sie fehlen auf der Arbeitsstelle einen halben Tag. Ter Unternehmer läßt sich das Fernbleiben wohl ein- oder zweimal gefallen, dann aber geht die Arbeiterin ihrer Arbeitsstelle verlustig. Den in Arbeit st ehenden Frauen muß ihr An- teil für sich und die Familie an Fleisch gewahrt lo erden- ES kann das dadurch geschehen, daß die Frauen auf Grund einer Bescheinigung ihres Arbeitgebers von der Brotkommission eineAus- weiskarte erhalten, worauf sie dann ihren An- spruch bei dem Fleischermeister anmelden und sich daS Fleisch abends abholen können. Obwohl auch dieses nur ein Aushilfsmittel ist, so glauben wir doch, daß durch die Befolgung dcS Vorschlages die gröbsten Härten beseitigt werden können. Einrichtungen müssen getroffen werden, die allen Frauen den Fleischbezug ermöglichen. ES ist daS umso not- wendiger, als ein anderes wichtiges Lebensmittel zur Erhaltung der Kräfte, die Eier, so gut wie nicht zu haben sind. Auch hier müßten Vorkehrungen getroffen werden, um allen Bewohnern den Bezug zu ermöglichen." Unsere Beobachtungen bestätigen die Tatsache, daß der Fleisch verkauf auf eine zu kurze Zeitdauer bemeffen ist. Wenn Fleischer in einer Stunde KO Käufer abfertigen wollen, ohne daß mehrere Verkäufer dabei mitwirken, so müssen zahlreiche Kunden warten, denn in reichlich einer Minute kann bei der umständlichen Rechnerei kein Kunde bedient werden. Da wäre es not- wendig, die Verkaufszeit über den ganzen Tag aus- zudehnen. Dann aber dürfte sich auch die Aufhebung der fieischlosen Tage empfehlen, daniit an diesen Tagen der Fleischverkauf erfolgen kann. Nach Ausgabe der Fleischkarte haben die fleischlosen Tage keine Berechtigung mehr. Ob jemand sein Fleischquantum am Dienstag, Freitag oder am Sonntag ißt, ist herzlich gleichgültig. Geschieht das nicht, werden Fleischermeister, die einen großen Kundenkreis angenommen haben, ihre Kunden nur schwer befriedigen können. Die Verkaufszeit wird zu sehr zusammen gedrängt und es entstehen all die Unbequemlichkeiten, die für Vco iäufer und vor allem für die Käufer eine große Plage sind.
Aus der Berliner Grundstücks- und WohnungSstatistik. Ter Kricg�hat� die Bautätigkeit in Berlin stark gehemmt und fast zum Stillstand gebracht. Das zeigen auch die Er- gcbuisse der Grundstücks- und Wohnungsaufnahme, die von der S t e u e r v e r w a l t u n g alljährlich zum Zweck der Grund- steuerveranlagung ausgeführt wird. Für das Steuerjahr 191-1/15 hat der Magistrat den von der Stcuerdeputation er- statteten Jahresbericht erst jetzt bekannt gegeben. In 191-1/15 Wurden 29 816 Grundstücke gezählt, wovon 28 570 bebaut und l216 unbebaut waren. Gegenüber 1913/1-1 ist eine Mehrung um nur 13 Grundstücke zu verzeichnen, bei den bebauten um 21, bei den unbebauten um 19. Als unbebaut sind auch Grundstücke mitgezählt, auf denen nur Baulichkeiten zu vorübergehender Benutzung(z. B. Schuppen, Kontore usw.) stehen. Bauland, das noch nicht Parzelliert ist, bleibt außer Betracht. Die Geringfügigkeit der Mehrung be- bauter Grundstücke wird in dem Bericht erklärt„aus der Ab- nähme der Bautätigkeit wegen der durch den Krieg gegen früher noch weiter verschlechterten Lage des Geldmarkts". Aus demselben Grrmdc seien auch nur wenig unbebaute Grund- stücke durch Parzellierung zu späterer Bebauung neu gebildet worden. Stark gemehrt Habensich beiden unbebauten Grund-
stücken die unbenutzt gebliebenen. Im letzten Jahre waren es 811, um 118 mehr als im vorletzten. Hiernach stellte sich die Zahl aller benutzten Grund- stücke im letzten Jahr auf 29 605, nämlich 28 570 bebaute und 135 von den unbebauten. Gegenüber dem vorletzten Jahr ergibt sich hier ein Rückgang um 105 benutzte Grundstücke, weil dem Mehr von 21 bebauten und benutzten Grundstücken bei den unbebauten ein Weniger von 129 benutzten gegen- übersteht. Auch die Zahl der Wohnungen(einschließlich Geschäfts-, Arbeits-, Lagerräume sowie Dicnsträume) hat sich etwas vermindert. Gezählt wurden im letzten Jahr 668 329 Wohnungen usw.(samt den unvermieteten), um 21 weniger als im vorletzten Jahr. Seit einer langen Reihe von Jahren ist dies das erste Mal, daß in Berlin die Mehrung der benutzten Grundstücke und der Wohnungen usw. zum Still- stand gekommen ist. Der gesamte Nutzungswert aller benutzten Grund- stücke hat sich gleichfalls verringert. Er wurde für das letzte Jahr auf etwa 522� Millionen Mark be- rechnet, das sind um etwa 2lli Millionen weniger als im vorletzten Jahr. Die Abnahme wird in dem Bericht erklärt teils aus einem infolge des Krieges eingetretenen Mehr an NichtVermietungen, teils aus den Mieteermäßigungen, die in der KriegSzeit vielen Mietern, besonders Kriegerfrauen, ge- währt werden mußten. Es scheint aber, daß es anderer- seits auch an Mietesteigerungen nicht geftchlt hat. D« Durchschnittsertrag pro Wohnung usw. zeigt nämlich keinen Rückgang: er war 781 M. im letzten wie im vorletzten Jähr. Der Durchschnittsertrag pro Grund- stück ist nur um 12 M. auf 18 007 M. im letzten Jahr ge- funken. Da kann man aber auch das aussprechen, daß Wohn- Häuser teilweise oder völlig zu Geschäfts- oder Fabrikzwecken umgewandelt wurden, wobei der Ertrag stieg. Die Verringerung des Nutzungswertcs der Grundstücke infolge Mieteermäßigungen oder NichtVermietungen hat die zu Besteuerungszwecken vorgenommene Abschätzung des ge- meinen Wertes nicht beeinflußt, weil nur dauernder Ertragsrückgang eine Wertverminderung bedingt. Der ge- meine Wert hat nach dem Abschätzungsergebnis sich weiter um reichlich 68 Millionen Mark gesteigert, so daß er im letzten Jahr mit 9511 Millionen Mark nun bereits auf die Abrundung der zehnten Milliarde lossteuerte. Nach einer Verarmung des Berliner Grundbesitzes sieht das nicht aus. Die Fleischkarte in der Gastwirtschast. Für Inhaber von Speisewirtschaften hat die Fleischkarte mancherlei Unbequemlichkeiten gebracht; zumal jede Gemeinde für sich besondere Bestimmungen trifft. Dazu kommt die neue Bundes- ratsbestimmung über die Speisekarte. Eine Anzahl Speisewirte haben deshalb die in Betracht kommenden Bestimmungen an der Speisekarte auf einen roten Zettel befestigt. Folgende Zeilen kann der Gast da lesen: „Laut Magistratsverordnung vom 2S. Mai 1916 erfolgt die Abgabe der Fleischspeisen bis auf weiteres nur gegen Abtrennung eines Abschnittes der Berliner oder Charlottenburger Fleischkarte, eines halben Abschnittes der Schöneberger Fleischkarte und eines BiertelabschnitteS der Wilmersdorfer Fleischkarte. Laut Bundesratsverordnung vom 31. Mai 1916 dürfen in Gast-, Schank- und Speisewirtschaften an den Tagen, an denen die Verab- folgung von Fleisch, Fleischwaren und Fleischspeisen überhaupt zu- lässig ist, zu einer Mahlzeil nicht mehr als zwei Fleischgerichte zur Auswahl gestellt werden. Jedem Gast darf zu einer Mahlzeit nur ein Fleischgericht verabfolgt werden." Um Unklarheiten zu begegnen, die bei Abgabe von Speisen sich ergeben haben, gibt der Magistrat folgende Erläuterung darüber, welche Speisen fleischkartenpflichtig sind: „Es sind in Gastwirtskreisen Zweifel aufgetreten, ob Eingeweide- teile von Kalb , Rind, Schwein, Schaf unter die Fleischkarte fallen. Die Frage ist nach der Verordnung des Magistrats vom 25. Mai 1916 zu bejahen. Die Abgabe eines Fleischkartenabschnittes ist in Restaurationsbetrieben auch dann erforderlich, wenn das Fleisch von den borgenannten vier Viehgattungen in geräuchertem oder gepökeltem Zustande verabreicht wird. Denn die Aussührungs bestimmungen des Magistrats besagen ausdrücklich, daß bei Abgabe in Restaurationsbetrieben als Fleisch im Sinne der Verordnung auch zubereitetes Fleisch zu verstehen ist. Ob diese Zubereitung im Wege des Kochens, PökelnS oder RäuchernS erfolgt, ist gleichgültig. Im übrigen würden diejenigen Befitzer von Epeifebetrieben, welche anders verfahren würden, zu gewärtigen haben, daß sie bei der nächsten Fleischverteilung weniger Fleisch bekommen, weil sie ja weniger Fleischkarten abzuliefern vermögen. Im Zusammenhang damit sei besonder» noch darauf hin- gewiesen, daß die abgetrennten Fleischkartenabschnitte von Speise- wirtschaften u. dergl. sowie auch von Fleischern und Fleisch- Verkäufern sorgsam aufzubewahren und am Schlüsse jeder Woche dem Magistrat(Viehverteilungsstelle, Viehhof) einzuliefern sind; denn hiernach wird die jeweilige wöchentliche Zuteilung der Fleischmenge an die Fleischabgeber oder Verkäufer bemessen. Folgen eines Unfalls. Ein scheinbar geringer Unfall, der in dem Betriebe„Knorr- bremse "(Lichtenberg ) sich Mitte März ereignete, hat für den davon Betroffenen, einen in Neukölln wohnenden siebzehnjährigen Arbeiter. sehr schlimme Folgen gehabt. Ihm fiel während der Arbeit ein Stück Eisenrohr auf den Kopf, weil aber dabei keine blutende Ver- letzung entstand, so beachtete er die Sache nicht groß und arbeitete weiter. Auch den Rat seiner Eltern,«inen Arzt aufzusuchen, befolgte er nicht, da er die nach dem Unfall aufgetretenen Kopfschmerzen für eine Nachwirkung hielt, die nicht von Bedeutung sei- Nachdem dann etwa fünf Wochen hingegangen waren und er inzwischen seine Ar- beitsstelle gewechselr hatte, stellte sich bei ihm ein so heftiges und anhaltendes Kopfweh ein, daß er sich entschloß, nun doch die Hilfe eine« Arztes in Anspruch zu nehmen. Ein Arzt in Neukölln , der für die zuständige Krankenkasse vertretungsweise tätig war, soll dem Leidenden nach vorgenommener Untersuchung erklärt haben, es handele sich um Blutarmut . Als am nächsten Tage der junge Mann in Begleitung seiner Mutter denselben Arzt nochmals aufsuchte, wurde nach erneuter Untersuchung der Bescheid wieder dahin verstanden, der Sohn sei blutarm. Die Mutter versichert auf das bestimmteste, der Arzt sei ausdrücklich auf den Unfall hingewiesen worden, den der Sohn erlitten hatte. Ihn krank zu fchreiben, lehnte der Arzt ab, doch ließ er sich schließlich dazu herbei, ihn zu weiterer Untersuchung einem Nervenarzt zu überweisen. Diesen suchte der Kranke sofort auf, aber er traf ihn nicht an, weil die Sprechzeit schon beendet war. Die Absicht, am nächsten Tage den Besuch bei dem Nervenarzt zu wiederholen, konnte nicht mehr ausgeführt werden. Noch an demselben Tage wurde der Kranke bettlägerig und fem Zustand verschlimmerte sich dann so sehr, daß die Eltern
zwei Privatärzte nach einander herbeiriefen. Einige Tage später erfolgte die Ueberführung in das Neuköllner Krankenhaus zu Buckow , wo der junge Mann nach zwei Wochen starb. Die Annahme der Krankenhausärzte, daß eine Gehirnhautentzündung vorliege, soll durch die Leichenöffnung bestätigt worden sein. Auch wird nach dem Ergebnis als wahrscheinlich angesehen, daß die Erkrankung auf den Unfall zurückzuführen ist. Die Rindfleischpreise. Als Erläuterung zu der Verordnung über Höchstpreise für Rind- fleisch wird mitgeteilt, daß Schabefleisch im Preise, dem schieren .Fleisch von der Keule(2,80 M. für das Pfund), und gehackres Rind- fleisch dem Fleisch vom Vorderviertel(2,30 M. für das Pfund) gleich« zusetzen ist. Zu dem letzteren Preise ist auch Rouladen- und Gulasch- fleisch zu verkaufen, wenn es aus dem Vorderviertel geschnitten wird; wird es vom Hinterviertel verkauft, so kann der gleiche Preis wie für schieres Fleisch(2,80 M. für 1 Pfund) berechnet werden. Als .Suppenfleisch" zum Preise von 1,90 M. für das Pfund sind die Teile Stich, Heffe, Dünnung anzusehen. Arbeiterbildungsschule. Heute Donnerstag, abends 8�2 Uhr, findet int Hörsaale der Schule, Lindenstr, 3, 1. Hof rechts 3 Tr., der zweite wissenschaftliche Einzelvortrag statt. Genosse Ernst D ä u m i g wird das Thema„ Me s o- potamien und die englische Herrschaft in Indien " behandeln. Eintrittspreis 10 Pf. Eine Bande von„Beerdigungseinbrechern" wurde gestern in Neukölln unschädlich gemacht. Eine Frau in der Boddinstr. 7 be- erdigte gestern nachmittag ihren Galten. Nachdem sie sich nach dem Friedhof begeben hatte, stand die Wohnung ohne Aufsicht. Bald darauf hörte ein Postschaffner, der unter ihr wohnt, in ihren Räumen Fußtritte. Der Mann dachte gleich an Einbrecher, weil er wußte, daß niemand zu Hause war. Schnell entschlossen, holte er sich von der Straße zwei Feldgraue, die gerade des Weges kamen. Als die drei Männer eindringen wollten, wurde zunächst die Tür von innen zugehallen. Nach lieberwindung dieser Hindernisse sahen sie sich zwei Einbrechern gegenüber. Einer von diesen stürzte sich sofort auf sie. Ein Feldgrauer zog blank und versetzte dem An- greiser einen so kräftigen Säbelhieb über den Kopf, daß er blutend zusammenbrach und zunächst nach der Unfallstation gebracht werden mußte. Jetzt setzte sich der zweite Einbrecher, ein Herkules von Gestalt, mit allen Kräften zur Wehr. Es gelang ihm auch, sich los- zureißen und die Straße zu erreichen. Das Publifum jedoch ergriff ibn bald. Beide wurden dann nach dem Polizeipräsidium in Neu« kölln gebracht und hier festgestellt als die 30 und 26 Jahre alten Arbeiter Max Sosner aus der Koloniestraße und Otto Grunert aus der Uferstraße 1 zu Berlin . Beides„schwere Jungen", die schon wiederholt mit Zuchthaus bestraft sind. Die Ertappten betrieben zuletzt als Spezialität den Einbruch in Wohnungen, deren In« fassen einen Angehörigen beerdigten. Sie sahen sich die Todes« anzeigen in den Zeitungen an, merkten sich die Beerdigungszeiten und beobachteten dann die Wohnung, die sie für geeigner zu einem Einbruch hielten. Ein Notizbuch, das man bei ihnen fand, enihält noch eine ganze Reihe solcher Aufzeichnungen, die zum Teil schon erledigt waren. Auch die Wohnung der Witwe in der Boddinstraße befand sich darunter. Als Neuköllner Kriminalbeamte die Wohnung des Grunert durchsuchten, kam gerade ein drittes Mitglied der Bande zu Besuch und wurde ebenfalls festgenommen. Totgefahren. Bon einem Straßenbahnwagen der Linie 32 wurde gestern nachmittag nach 6 Uhr in der Reinickendorfer Straße in der Nähe des Virchow-KrankenhauseS ein dreijähriges Kind angefahren, das über die Gleise laufen wollte. Der Wagenführer konnte wegen der kurzen Entfernung den Wagen nicht mehr zum Stehen bringen. DaS Kind wurde tatsächlich zermalmt unter dem emporgehobenen Wagen hervorgeholt und war tot. Als die Feuerwehr erschien, war die Leiche schon geborgen. Ein falscher Arzt, der in der Maske eine» Wohltäters jungen Mädchen nachstellte und verhaftet wurde, versuchte gestern im Polizei- gewahrsam seinem Leben ein Ende zu machen. Vor einigen Tagen stellte sich bei einer Witwe in Rudow ein Mann vor, der erzählte, er komme als Arzt einer Wohlfahrtsgesellschaft, um die Familien- angehörigcn, denen eine Unterstützung zugedacht sei, auf ihren Gesundheitszustand zu untersuchen. Nach Untersuchung der Frau und ihres Sohnes ging er auch mit der Tochter in ein Neben- zimmer. Als das Mädchen bald um Hilfe rief, fand die Mutler die Tür verriegelt. Auf ihr entschiedenes Verlangen öffnete der„Arzt" aber bald und empfahl sich jetzt mit der Versicherung, daß die Unter- slützung bald bewilligt sein werde. Nach kurzer Zeit bestellte denn auch der Arzt das Mädchen zum Abholen deS Geldes. Die Kriminalpolizei, der die Mutter den Vorfall anzeigte, begab sich statt dcS Mädchens nach der angegebenen Stelle und nahm den Arzt fest. Er entpuppte sich als ein 10 Jahre alter Schriftsetzer Georg Plötzer aus der Friedenstraße. Gestern versuchte der Verhaftete, sich im Polizei« gewahrsam mit einem Schnürsenkel am Beltpfosten zu erhängen. Der Aufseher entdeckte sein Beginnen noch zur rechten Zeit und schnitt ihn ab. Plötzner wurde jetzt vorläufig als Polizeigefangener »ach der Charitö gebracht. Die Leiche eineS neugeborenen Knaben wurde gestern auf dem Laubengelände an der Slahlheimerstraße aufgefunden. Sie war in Papier eingewickelt und verschnürt und wurde der Polizei übergeben. Die Nachforschungen nach der Mutter wurden sofort eingeleitet.
Mus öen Gemeinden. Fletschspeisekarten im Kreise Teltow . Der Landrat des Kreises macht bekannt, daß den Gastwirtschaften und Speiseanstalten Fleisch nur noch gegen Vorlegung von Fleisch- speisekarten abgegeben werden darf. Die Speisekarlen sind auf Antrag bei den Gemeinde- oder Gutsbehörden den Personen zu ge- währen, die eine Fleischkarte beanspruchen können. Für die Orte, die bisher noch keine Fleischkarten eingeführt haben, erfolgen noch besondere Bestimmungen. Bei der Abgabe von Fleischgerichten, die etwa 100 oder mehr Gramm rohen Fleisches enlhaltcn, sind von der Berliner , Charlottenburger , Neuköllner. Lichtcnberger, Nieder« barnimer und Teltower Karte ein ganzer Abschni'it, von der Schöneberger die Hälfte und von der Wilmersdorfer ein Viertel Abschnitt abzutrennen. Bei der Abgabe von Fleisch bis zu 60 Gramm darf nur die Hälfte von dem oben erwähnten eingefordert werden. Auch in gemeinnützigen Speiseanstalten dürfen Fleischgerichte nur gegen Vorlage der Karte verabreicht werdep. Gemeinde-Sparkasse und-Leihamt in Weitzensee. Das Kalenderjahr 1915 hat der Sparkasse einen erheblichen Zu« wachs an Spareinlagen gebracht. Es wurden an Spareinlagen 2 760 680 M. vereinnahmt und 2 810 365,50 M. verausgabt. In den Ausgaben sind die von den Sparern auf die 2. und 3. Kriegsanleihe gezeichneten Beträge enthalten. Es verblieb trotzdem noch eine Mchreinnahme von 110 211,51 M. Den Sparern sind am Jahres- schlusje 150 953,01 M. an Zinsen gutgeschrieben worden, so daß sich unter Berücksichtigung dieser Summe seit Bestehen der Kasse am