2. Beilage zum„Vorwärts" Berliner Volksblatt.»r. 96.Donnerstag, den 26. April 1894.11. Jastrg.Gerieftls-Heitung.Leo. Sitzung vomGewerbegericht.Kammer VI. Vorsitzender: Assessor20. April.Die Stellenvermittelungen und der Ab-schlug von Arbeitsverträgen. Der Schlächter Sch.batte durch Vermittelung eines Kommissionärs seine Arbeitskraftdem Schlächtermeister Klingenberg verkauft. Der Vermittler ließihm eine Engagementskarte, welche die Bedingungen, zu denener arbeiten sollte, enthielt, in seinem<des Vermittlers) Ge-fchästslokal unterschreiben und schickte ihm mit derselben zu Kl.Derselbe nahm ihm die Karle ab. Unter den daraus ver-zeichneten Bedingungen befand sich die, daß er jeden Sonntag bisNachmittags um 2 Uhr entlassen werden und auch gehen könne.Sch. löste nach einiger Zeit das Arbeitsverhältiuß mit Kl.,trat später bei diesem aber wieder in Arbeit, diesmal ohneVermittelung des Agenten. Irgend eines hier nichtinreressirenden Grundes wegen wurde er entlasien, was eineEnischädigungsklage zur Folge hatte. Gegen dieselbe macht derBeklagte geltend und bewies durch Zeugen, daß Eck), zu denalten Bedingungen, d. h. denen aus dem ersten Arbeitsverhältnisbei ihm zu arbeiten sich verpflichtet hatte. Jetzt srihrte der Ver>treter des Klägers folgendes aus:Durch ein Urtheil der Kammer III sei festgestellt, daß eineeinseitige Willensäußerung gegenüber einem Stellenvermittlernicht genüge, einen Vertrag perfekt zu machen; dazu gehöre einegegenseitige Willcnsübereinkunst. Eine solche habe im vor-liegenden Falle gefehlt; sie hätte erst stattgefunden, wenn derBeklagte die ihm gelegentlich der ersten Einstellung des Klägers über-reichte Engagementskarte ebenfalls unterschrieben hätte. Da er es nichtgethan, wäre der angebliche Vertrag kein Vertrag und die gesetzlicheKündigungsfrist für in Geltung zu erachten gewesen. Was fürdas e r st e Arbeitsverhältniß bei Kl. galt, treffe natürlich auchdann für das zweite zu. wenn Kläger wirklich(nach den beschworen en Aussagen der Zeugen) die Aeußerung gethan habe:„Es kann ja alles beim Alten bleiben".Der Gerichtshof war anderer Meinung, der Kläger wurdeabgewiesen.Gründe: Allerdings gehöre zum Abschluß eines Arbeits-Vertrages eine gegenseitige Willensübereinkunft. Selbstverständlichsei, daß die Willensübereinkunft durch die Abgabe einer Engage-mentskarte an den Arbeitgeber zum Ausdrucke komme. In demMoment, wo die Karte mit den Bedingungen abgegeben undvom Arbeitgeber in Empfang genommen werde, sei der Arbeits-verlrag zustande gekommen. Die Abweisung des Klägers sei nurim Hinblick auf die beim ersten und zweiten Engagement ge�troff enen Abmachungen betreffs der Lösung des Arbeitsverhältnistes, welche vom Beklagten inne gehalten waren, erfolgt, nichtwegen des(oben angedeuteten) Grundes, den Beklagter zuerstgegen die Klage geltend machte.—Ein Barbier, der von seinem Prinzipal„außer Hause"rasiren geschickt wurde, hatte„gepfuscht", d. h. einen Nichtkundendes Meisters rasirt und das Geld dafür in die eigene Taschegesteckt. Die Folge war seine Entlassung und die Ein-beHaltung von t) M. Lohn. Durch letztere Maßregel wollteder Prinzipal sich den gehabten Schaden ersetzen. Der Barbierklagte, seinen Lohn und eine dreitägige Lohuentschädigung wollteer haben. Nachdem festgestellt war, daß der Kläger sich durchkünsmaliges Rasiren eines Kutscher- SO Pf. erobert hatte, kamder Gerichtshof zu folgendem Urtheil:Insofern der Kläger auf Lohnentschädigung klagte, sei erabzuweisen. Das Gericht sei der Ansicht, daß durch des Kutschers?k. Aussage enviesen sei, Kläger habe sich thatsächlich eineUnterschlagung zu schulden kommen lassen; das Prinzipder Pfuschkunden werde das Gericht nie und nimmer anerkennen.Wer angestellter Gehilfe sei, habe nicht nebenher(Jedenfalls istdamit nur die Arbeitszeit gemeint. Der Berichterstatter.)„Pfusch-künden" zu bedienen. Die Entlassung wäre somit zu Liecht er-folgt. Daß Kläger an und für sich noch 9 M. Lohn zu erhaltenTtzvAkev.Im National-Theater erweckt es bei den vielen Novitäten,die sich Woche um Woche mit regelmäßiger Pünkllichkeit ein-stellen, bekanntlich schon Freude, wenn sie sich nicht unheil-schwanger mit sozialpolitischen Problemen tragen. Von demneuesten Geschenk der Ostend-Bühne— Verfasser ist diesmal derHauspoet Peters— kann man zum Glück nicht behaupten, daßes sich besonders mit der sozialen Frage beschäftige; es baut sichauf die erquickende und, soviel wir wissen, gänzlich unpolitischeMelodie„Anna Marie, mein Engel, ich verehr' Dich" auf undführt des leichleren Verständnisses halber auch diesenNamen. Daß dies wunderbare Lied gegenwärtig die Glanz-nummer jedes Leierkastens bildet, ist für das biedere Publikumdes Nationaltheater schon Empfehlung genug und wenn ihm,wie geschehe», noch ein klein wenig Handlung und einige Kasperle-witze angehängt werden, so schwimmen Rang und Parterre inEntzücken. Anna Marie, eine junge Dame, die von ihrem hart-herzigen Hauswirth exmittirt worden ist, geht aus Verzweiflungaufs Theater, wird durch eine gutgemeinte Dummheit ihresBräutigams ausgepfiffen, verliert aber nicht den Muth, strengtsich werter an und tritt schließlich als große Sängerin in dieErscheinung. Neben der Liebe handelt es sich auch um einenSchnaps, den ihr Bräutigam erfindet und dieser Schnaps machtden Bräutigam zmn reichen Mann, so daß er allen andern An-betern zum Trotz seine Anna Marie schließlich heimführen kann.Schluß. Dieser würdig ernste Inhalt erhält einen angenehm heiterenNahmen durch den Komiker Pitscherlich, der bei Herrn Hummelgut ausgehoben war; ein liebe- und trunksüchtiger Lehrling, derebenfalls itt Anna Marie verliebt ist, wurde von Fräulein Samstmit braver Anstrengung gespielt. Recht unzulänglich waren diebeide» Rollen der Liebenden besetzt, namentlich die Anna Mariewar eine gar klägliche Erscheinung. Diese kleinen Mängelkonnten aber der durchschlagenden Wirkung des Stückes keinenAbbruch thun; das kleinbürgerliche Publikum lachte aus Leibes-kräjten und applaudirte, was das Zeug halten wollte. Traurig,aber— leider— nur zu begreiflich!Im Zentraltheater war dem JubiläuniSbenefiz, das demKünnler Robert Guthery anläßlich seines Lbjährigen BerlinerWirkens gewährt wurde, eine der besseren alten Berliner Possen,der„G o l d o n i« l" von Pohl, gewählt worden. Das Stück,das aus kleinbürgerliche Verhältnisse angelegt ist, nimmt sich zwarin gar vielen Einzelheiten recht befremdlich vor einem modernenPublikum aus, aber es galt ja auch einem Mann, derin„alten Zeiten" in Berlin die Bühne beschritten hatte unb dem,was ja selbstverständlich, in relativ bescheidener Stellung keinegoldenen Lorbeeren zu theil geworden waren. Dem von HerrnWorlitzsch vortrefflich dargestellten Goldonkel, der mit be-schcidenen dreitausend Thalern aus dem Eoldlande Kaliforniennach Berlin heimkehrt, und dann an seiner Sippschaft soüble Erfahrungen machen muß, diesem sympathischen Heldender Posse assiftirte Herr Guthery in der bescheidenen Rolle desHandelsjuden Blumenkranz. Diese Figur, welche lebhaft an denMoses in Fritz Reuters Stromtied erinnert, wurde von demBenefizianten mit seinem Humor und vortrefflich poinlirthabe, sei vom Beklagten nicht bestritten worden, er wollte zu-gestandenermaßen nur seinen Schaden durch die Einbehaltungkompensiren. Nachgewiesen sei nur ein solches von 50 Pf., deshalb wäre Beklagter zu verurtheilen, 8,ö0 M. an rückständigenLohn dem Kläger zu zahlen.Kammer VlII. Vorsitzender: Assessor F ü r st. Sitzung vom21. April.Ueber das Irrige der Ansicht belehrt, daß trotz erfolgtenKündigungsausschlusses nur am Löhnungstage Entlassungen er-folgen dürften, nahm der Arbeiter Sch. eine Klage aus dreitägigeLohnentschädigung(er jwar am Mittwoch entlassen ivordenund wollte die übrigen drei Tage der Woche bezahlt haben)zurück.— Möge diese Notiz dazu beitragen, eine irrige Meinungweiterer Arbeiterschichten zu beseitigen.—Frau A. klagt für ihren Sohn gegen die Firma Frankund Posewalk auf Zahlung von 12 Mark. Sie begründete dieKlage folgendermaßen: Ihr Sohn habe bei der Bekiagten dieBuchdruckerei erlernen sollen, hätte dort aber nichts gelernt,weshalb sie ihn eines Montags nicht wieder habe hingehenlaffe». Ihr Mann, der am betreffenden Tage das Arbeitsbuchdes Sohnes von F. u. P. habe holen wollen, sei mit seinem Er-suchen abgewiesen worden. Während der vier Wochen, die das-selbe zurückgehalten wurde, hätte ihr Sohn, wenn im Besitze desBuches. in die Lehre bei tüchtigen Meistern treten können;sie, die Eltern, seien also um das Kostgeld geschädigtworden, das für vier Wochen 12 Mark ausmache.Der Vorsitzende klärte die Frau darüber auf, daß esnicht angängig sei, beim Vorliegen eines Lehrvertrages mir nichtsdir nichts den Jungen zu Hause zu behalten. Nach Kenntniß-nähme der Art des Vetriebes der Beklagten glaube der Gerichts-hos allerdings nicht, daß der Junge etwas bei denselben hättelernen können; jedoch hätte die Klägerin. wollte sie die Jnter-essen des Sohnes wahren, ihn ruhig weiter arbeiten lassenmüffen, um unterdeß auf Aufhebung des Lehrvertrags zu klagen.— Es kam ein Vergleich aus 6 M zu stände.Kammer VUI. Vorsitzender: Assessor Fürst. Sitzung vom23. April.Die Frage, ob das Gewerbegericht kompetent sei, über dieEntschädigungsklage eines Zimmermanns gegen einen Buch-druckereibesitzer zu entscheiden, beschäftigte dasselbe vom 23. April,und zwar wurde die Frage bejaht. Der Sachverhaltwar folgender: Ter Buchdruckereibesitzer Pasch war umgezogenund mußte seine Regale wieder in Ordnung bringenlassen. Er wandte sich nicht an einen„Meister", son-dern engagirte sich dazu direkt Arbeiter, unter anderenauch den Kläger B.; Material hatten dieselben nichtzu liefern. B. wurde vor Fertigstellung der Einrichtungentlassen und klagte auf Lohnentschädigung für vierzehn Tagemit der Behauptung, er hätte bei Weiterbeschäftiguug noch solange daran zu thun gehabt. Nachdem die Kompetenz deS Gerichts festgestellt war, d. h. nachdem die Mehrheit des Gerichts-Hofes sich dafür ausgesprochen hatte, daß B. als gewerb-lich er Arbeitet de? Pasch anzusehen sei, erfolgteauf �rund des sonst klaren Sachverhalts die Verurtheilung desBeklagten zur Zahlung von 54 M.Um seiner ehemaligen Arbeiterin H. zur Abweisung ihrerauf Zahlung ganzer 2 M.— zwei Mark— sich richtendenKlage zu verHelsen, hatte ein Herr Meier, Inhaber einer fAlt-Papierhandlung, vier Zeugen nach dein Gericht zitirt. Sehr nobel.Kammer VI. Vorsitzender: Assessor L e o.Unklare Abmachungen. die er für Kündignngsausschlüssehielt, rächten sich an dem Konfiturenfabrikanten Weiner durchseine Verurtheilung zur Zahlung von Lohnentschädigungen anzwei Glieder seines ehemaligen Personals, den Konditor M.und die Arbeiterin P. Beim Engagement des M. sagteer nach seinen eigenen Angaben zu diesem: Wenn Sie dieArbeilen nicht zur Zufriedenheit ausführe», müsse» Sie sofortaufhören." Der Gerichtshof war der Ansicht, daß bedingte Ver-abredungen, wie die zitirte und wie:„Wenn ich etwas auszusetzenVernickstdargestellt und der Abend hätte eine» animirtenlauf genommen, wenn dein Herrn Helmerdingdas beklagensiverthe Unglück passirt wäre, von dein wergestern bereits berichteten. Nach diesem peinlichen Vorsall wares mit der Possenstimmung vorbei und selbst der Frau Dora, dieam Dienstag Abend in geradezu unvergleichlicher Weise von ihrembeneidenswerthe» Talent Zeugniß ablegte, konnte es nicht gelingen,die einmal gedrückte Stimmung zu beleben. Erst ganz am Schluß, wodem Jubilar mannigfache Ehrengeschenke überreicht ivurden, machteein fast feierlicher Humor den Gedanken an den in Schmerzendanieder liegenden Kollegen auf Augenblicke vergessen. Möge dievom Jubilar scherzhast ausgesprochene Hoffnung, daß die Frage„Wo bleib ich bei ihm auch im vorgerückten Alter günstiggelöst»verde, sich vollauf erfüllen.Literarisches.Kinder und HauSmärche«, gesammelt durch die GebrüderGrimm. Nach ethischen Gesichtspunkten ausgewählt undbearbeitet von Georg und Lily von Gizycki. Berlin 1894.Wir gaben dieses Büchlein einem unserer Freunde zur Be-sprechung. Statt einer solchen sendet uns derselbe folgendes„Märchen".Es war einmal ein guter alter Zauberer. Sein Hausstand nlitten in einem wundervollen Garten. Er aber hatte sichschon lange nicht mehr um dessen Pracht gekümmert; Tag undNacht saß er über seinen alten staubigen Büchern— denn erwollte gern herausbekommen, wie man die Mensche» bessermachen könnte und dazu, dachte er, sollten ihm die Bücher ver-Helsen. Eines schönen Tages erhielt er von seiner Tochter, diein der Stadt verheirathet war, einen Brief; sie werde, so schriebsie, ihre Kinder, welche von der Stadtluft ganz bleich seien, zuihm hinausbringen, damit sie sich in dem herrlichen Garten, indem auch sie selbst ihre glücklichsten Jugendtage verlebt hätte,einmal recht herumtiimmelren und erholten.Der gute, alte Zauberer warf zuerst einen wehmüthige»Blick aus seine gelieble» alten Schmöker, dann aber siegtedie Freude, die Enkelchen wieder zu sehen und nachdemer die Brille von der Stirn wieder auf die Nasenspitze ge-schoben, ging er hinaus in den Garten, um nachzusehen, ob alles»n guter Ordnung sei. Als er nun aber nach so langer Zeilaus dem Halbdunkel der Studirstilbe hinauslrat in den Garten,aus weichein der volle Sonnenschein lag, da fühlte er sich einerOhnmacht nahe. Das satte Leuchten der farbenprächtigen Blumenthat seinen ermüdeten Auge» wehe, das lustige Gezwitscher derVögel schien ihin ein ohrenbetäubender Lärm—- aber er nahmsich zuiammen; es galt ja zu sehen, ob den lieben Enkelkinder»in seinem, wie ihm dunkle, allzu üppigen Garten nicht nochernstere Gefahren drohten. Da erinnerte er sich, einmal gelesenzu haben, daß dem Schläfer unter süßduftendem Strauch derTod genaht sei, da hörte er in dem friedlichen Gesumm derInsekten nur Drohungen mit Stachel und Gift, da erblickte erim murmelnden Quell nur den Verführer zu erkältendem Trunkoder Bad.„Wie gut", rief er aus,„daß ich vor dem Besuch derlieben Enkel den Garten betreten; ja, sie sollen sich hierhabe, müssen Sie gehen u. f. w.", keinen Ausschluß der Kündgung enthalten. Solche bedingte Abmachung würde dem Arbestgeber das Recht geben, den Arbeiter bei der geringsten Kleinigkeitsofort zu entlassen, während dieser an die Kündigungsfrist ge-bunden wäre. Da nach der Gewerbe-Ordnung nur für beideKontrahenten, Arbeitgeber und Arbeiter, gleiche Kündigungs-bedingungen rechtsgiltig seien, trete beim Nichtvorhandenseinderselben die gesetzliche Kündigungssrist in Kraft. Beklagtersei deshalb entschädigungspflichtig. Auch in der mitder Klägerin P. getroffenen Abmachung:„So lange die Arbeitdauere, könne sie bei ihm, Beklagten, arbeilen", vermißte der Ge-richtshof die nothwendige Klarheit. Das sei, wurde in der Be-grundung des Urtheils gesagt, keine Abmachung, welche dieKündigung ausschließe. Etwas anderes wäre es damit, wennein Engagement nur für ein bestimmtes Quantum Ar-beit durch diese Bedingung ausgedrückt werden sollte; mit derArbeit wäre dann das Arbeitsverhältniß beendet. So aber seiBeklagter zu verurtheilen.Z» dem Prozesse Plack und Genossen erhalten wir vondem Landrath a. D. Herrn v. Diest- Daber eine Zuschrift, diesich auf die Aussage des Zeugen Schwabach bezieht, wonach HerrDiest dessen Sozius von Bleichröder des Meineids bezichtigthabe. Herr Schwabach erklärte, daß er diese Beschuldigung,welche damals wie jetzt absurd gewesen sei, mit um so größererEntrüstung zurückweisen müsse, weil sie einem Todten gelte, dersich nicht vertheidigen könne.Zu dieser Aussage wünscht Herr Diest unerfindlicherweiseauf grund des Preßgesetzes„berichtigt":„daß ich sogleich nachdemdie von mir am 10. September 1878 an den Reichstag aus demGefängnisse gerichtete und dort nicht zum Vortrag gelangtePetition demnächst im Buchhandel unter dem Titel„Drei Mo-nate Gefängniß" erschien,— in welcher ich den Zeugen vonBleichröder in 6 Punkten unter Namensnennung als meineidigerklärte.— ihm dieselbe von zwei Seilen in sicherer Weise habebehändigen lassen, und daß er einen Antrag wegen Verleumdunggegen mich nicht gestellt hat."Wir haben Herrn v. Diest hiermit den Gefallen gethan undin dieser Angelegenheit seiner Erklärung Raum gegeben. Wirbetonen aber ausdrücklich, daß diese„Berichtigung" den An-forderungen des Preßgesetzes so wenig entspricht, wie seineHandlungsweise etwa dem Sinn der Börsenjobber entsprochenhaben mag.An einer durch Betrug erlangten Sache kann keineUnterschlagung begangen werden. Diesen vomReichsgerichte schon früher aufgestellten Rechtsgrundsatz hattedas Landgericht II in B e r l i u i» seinem am 5. Februar gegenden Hilfs-Gerichtsdiener Theodor Albrecht in Berlin gefälltenUrtheile nicht beachtet. Albrecht hatte dem ZigarrenfabrikantenP., welcher Tabak zum Abrippen der Gefangenenanstalr über-geben hatte, unter falschen Angabe» 40 Pf. zu zahlenden Arbeits-lohn zuviel entlockt und diese» Betrag dann für sich verbraucht.Als Motiv kam wie so häufig die Noth in Betracht.Das Landgericht nahni nun an, daß Albrecht dasGeld durch Beirug an sich gebracht und dann, dieses Geld,welches dem Fiskus zukam, unterschlagen habe. Es verurtheilteihil deshalb wegen Betruges in idealer Konkurrenz mit Unter-schlagung amtlich empsangener Gelder zu 3 Monaten Gefängniß.außerdem wegen fahrlässigen Entiveichenlassens eines Gefangenenzu 30 M. Geldstrafe. Die letztere Strafe ist bereits rechtskräftiggeworden. Dagegen wurde aus die Revision des Angeklagtenam Dienstag vom Reichsgerichte das Urtheil aufgehoben,soweit es ihn wegen Betruges und Unterschlagung mit Strafebelegt hat. Das Reichsgericht sprach wiederholt aus, daß aneiner Sache, welche durch Betrug erlangt worden ist, hinterhernicht noch eine Unterschlagung begangen werden kann. Auchverniißte das Reichsgericht eine ausreichende Begnindung derFeststellung, daß der Fabrikant P. vom Angeklagten getäuschtworden ist.erholen,schützen."aber vor allen Gefahren soll sie meine KunstUnd er erhob, Zauberworte murmelnd, seinen welkenArm. Da erblaßte die Farbenpracht der Blumen und Blüthen,da verstummte die Musik der Vögel bis auf der nützlichen StaareRuf, da erstarb der Duft der Slräucher, die Bienen und Küfersummten nicht mehr und der Quell iimgab sich mit einer undurchdringlichen Dornenhecke. Am anderen Tage erschien dieTochter aus der Stadt mit den Enkelkindern; wie erstaunte sie,als sie de» Garten ihrer Jugenderinnerung so verändert sah, iviebetrübte es sie, als sie ihre Kinder nüchternen Sinnes, ohne Aus-druck der Lust im Gesichle über die ihrer Reize beraubten Plätzewandeln sah, auf denen sie selbst sich einst von all den prächtigenEittdrücken berauscht, in frohem llebermuth getummelt. Mitsteigender Ungeduld Hörle sie die Erklärungen des guten Alten;endlich unterbrach sie ihn mit der Bitte, sich durch den Besuchnicht stören zu lassen und zu den geliebten Schmökern zurück-zukehren; nicht ungern ließ er sich von ihr mit sanfter Gewaltin das Hans zurückdrängen. Kaum aber hatte sich dieThür hinter ihm geschlossen, so verblaßte auch die Kraft seinesZauberwortes gegenüber ihrem inbrünstigen Sehnen nach all demverschivundene» Schönen aus ihrer Jugendzeit; bald war derGlanz und Duft der Blumen und Sträucher zurückgekehrt, dasmusizirende und schwärmende Leben erwacht, der Quell von derDornenhecke befreit; die Enkel aber sogen mit offenen Augenund Ohr, mit Nase und Mund all die prächtigen Eindrücke insich ein und bald spielten und sprangen sie mit rothen Wangenin jugendlichem Uebermuth, so lustig ein, wie die Mutter es inihrer Jugend gethan.Lieber Herr Redakteur? So oft ich auch die Grimiii'schenMärchen wieder und wieder lesen mag, die„sterilisirten"Märchen habe ich nicht zu bezuüngeu vermocht. Nachdem ichgesehen, daß gleich in Nr. 2 der Schlußsatz fortgelassen ist, weiles nicht ethisch, daß die soeben erst aus dem Rachendes gierigen Wolfs erretteten Geislein über den Tod desselbenerfreut mit dem Rufe:„Der Wolf ist todt! DerWolf ist todt! vor den Brunnen herumtanzen, unddaß in Nr. 3 der getreue Johannes zum Lohn für seineTreue todt und versteinert bleibt, damit nicht der König seineKinder tobten muß. welche im Märchen zum Lohn für seineDankbarkeit sofort wieder ins Leben zurückgerufen werden, daverzichtete ich auf eine gründliche weitere Lektüre. Nebenbei be-merkt sind die acht beigefügten bunten Bilder nach Kompositionund Ausführung das erbärmlichste, was ich seit langem gesehen.Lieber sollen wir unfern Kindern getrost die ganze Samm-lund der HauSmärche» in die Hand geben, wie sie in derReclam-Ausgabe(Heft 1391—1396) und in der Ausgabe aus demVerlag von Otto Herdel in Halle— gut ausgestattet und ge»bunden 1,75 M.— verhältnißmäßig billig— vorliegt. Uebrigenshaben die Gebrüder Grimm, wohl die feinsten Kenner und Be-urtheiler. selbst eine kleinere Ausgabe veranstaltet,„wobei zu-gleich die Bedenklichkeit derer berücksichtigt ist, ivelche nicht jedesStück der größeren Sammlung für Kinder angemessen halten."Diese kleine Sammlung ist in einer Ausgabe mit 13 buntenBildern(Verlag von Bertelsmann in Gütersloh) gebunden für1 M. käuflich. Die Gizycky'sche Auswahl weicht von derGrimin'schen in der Hälfte der Nummern ab. Ar.