Beilage zum„Vorwärts" Berliner Volksblati. Zlr. 97. Freitag, den 27. April 1894. 11. Jahrg. Mommunnles. Stadtverordneten-Brrsammlung. OefftNtliche Sitzung v o m D o n n er st a g. den 26. April, Nachmittags 5 Uhr. Oberbürgermeister Z e l l e hat auf 6 Wochen Urlaub ge- nommen. Von den Stadtvv. Friedemann und Genossen ist vor drei Wochen der Antrag eingereicht worden:„Die Versammlung wolle den Magistrat ersuchen, mit ihr in gemischter Deputation darüber zu berathen, wie in Zukunft eine früher.« Vor- legung des Etats möglich ist." Der Antrag hat schon vor 14 Tagen zur Berathung gestanden, war aber wegen Erkrankung des Kämmerers nicht verhandelt worden. Ein Antrag Rast und Genossen will dies« Deputation auch mit der Erörterung der Frage der Ausführung des Kommunalabgaben-Gesetzes, welches am 1. April l8SS in Kraft tritt, betrauen. Antragsteller Friedemann: Der eingebrachte Unter- antrag Rast ist uns durchaus sympathisch; wir haben ihn nicht selbst gestellt, um die Hauptsache, die rechtzeitige Vorlegung des Etats, nicht im Hintergrunde verschwinden zu lassen. Unser Antrag fordert die Erörterung von Mitteln und Wegen, den Etat rechtzeitig vor uns zu bringen, um seine gründliche Erörterung zu ermöglichen, wie es die Bürgerschaft verlangt und die Städte-Ordnung uns vor- schreibt. Das ist in den letzten Jahren nicht der Fall gewesen. Die übergroße Hast der letzten Etatsberathung hat verschuldet, daß Beschlüsse gefaßt worden sind, die den Kommunal- steuersatz höher bemessen haben, als sich nachher als nothwendig erwiesen hat. Nach der Slädte-Ordnung soll der Etat im Januar aufgestellt werden; zugegangen ist er der Versammlung innerhalb der letzten 10 Jahre vielfach erst Mitte oder Ende Februar In diesem Jahre hat die erste Berathung des Etats sogar e.jt im März stattfinde» können. S>adlv. Rast motivirt seinen Zusatzantrag. Man müsse sich.nit der Kommunalsteuer-Reform schon jetzt beschäftigen, da die Versammlung doch bald in die Ferien gehe und nachher die F it bis zum 1. April nicht ausreichen möchte, eine so schwierige '.rage gründlich durchzuarbeiten. Kämmerer M a a ß bestreitet, daß die Vorlegung des Etats jemals zu spät erfolgt sei. Die Versammlung habe ihm vielmehr jedesmal und auch diesmal den Etat viel zu gründlich geprüft.(Heiterkeit.) Vor dem 16. Februar sei es überhaupt lanm möglich, den Erat an die Versammlung gelange» zu lassen. Wolle man Organisations- und andere derartige Fragen aus dem Spiele lassen, so könne man dazu gelangen, bis zum 1. Februar den Etat vorzulegen(Beisall), und in diesem Sinne werde er sich in Zukunft bemühen. Die verspätete Vor- legung des letzten Etats sei hauptsächlich ans die Dienstaltersstufen- frage zurückzusühren, die den Abschluß der Berathung des Etats im Magistrat verzögerte. Früher hat der Magistrat stückweise den Etat vorgelegt; das geschehe seit 1869 verständiger Weise nicht mehr. Stadtv. Meyer II beklagt, daß der Magistrat in letzterem Punkte noch nicht weiter gekommen ist. Eine große Kommune wie Berlin brauche eine Ministerialinstruktion zur Ausführung eines Gesetzes nicht. Um die Neuordnung des Kommunalsteuer- Gesetzes werde sich ein heftiger Kamps entspinnen, heftiger als alle bisherigen; für dessen Aussechtung müsse genügend Zeit ge- geben sein. Der Magistrat solle daher auch ohne die Kenntniß der Ausführungsbestimmungen eine Vorlage machen, damit der Versammlung das Recht der Kritik gbwahrt bleibe. Die letzte Etatsberathung sei mit unerwünschter Hast erfolgt; noch unerwünschter aber sei die Ueberhastung ber Vorarbeiten in den Verwaltungsdeputationcn, die schon im November damit begönnen und deren Thätigkeit ebenso bedeutsam sei, wie die des Plenums. Ter Weg der theilweisen Vorlegung des Etats sei ganz zweckmäßig und die Aenderung von 1389 eine solche von zwcifelhastem Werthe gewesen. Eventuell könnten j a niehr Plenarsitzungen im März abgehalten werden. � Die Versammlung sei nicht blos eine parlamentarische Körperschaft, sondern zugleich die Verwaltungsbehörde, die fortdauernd tage und fortlaufend die Verwaltung kontrollire, also das ganze Jahr hindurch und nicht nur bei der Etatberathung dazu Gelegenheit habe. Nach der Erklärung des Kämmerers könne man beide An- gelegenheiten einstweilen aus sich beruhen lassen. Stadtv. Singer: Ich bedaure lebhaft, daß ein so einflußreiches Mitglied wie Herr Meyer II eine solche Ausfassung von der Etatsberathung kundgiebt. Wenn er meint, die Etats- berathung sei nicht dazu da, die gesammte Organisation der städtischen Verwaltung einer Prüfung zu unterziehen, so legt er doch einen sehr niedrigen Maßstab an. Verwunderlich ist, daß er den Vorberathungen in den Deputationen und Kuratorien so großen Werth beilegt. Diese Körperschaften verhandeln geheim, ebenso wie der Magistrat in seinen Sitzungen. Diese Be- ralhungen, welche über das Wohl und Wehe von Hundert- taufenden entscheiden, würden anders lauten und die Be- schlüsse vielfach anders ausfallen, wenn sie öffentlich wären. Wir haben also gar keinen Grund. den Schwerpunkt der Bcrathunaen noch mehr in die Ausschüsse und Kuratorien zu verlegen. Die Etatsberathung wird doch für die Bürgerschaft geführt; je intensiver die Berathungen stattfinden, desto besser für die Interessen der städtischen Bevölkerung. Unser Kämmerer behandelt ja die wichtigsten Dinge als äußerst konzilianter Herr mit einer gewissen Gemüthlichkeit; aber der Etat ist eben kein so harmloses Stück Arbeit. Wir bekommen von dem Kämmerer ganz lichtvolle Etats, das muß anerkannt werden. Ich bin auch mit ihm der Meinung, daß es vorzuziehen ist, den Etat als Ganzes vorgelegt zu erhalten und daß die Rückkehr zu dem allen Versahren ein Rückschritt sein würde. Die Versammlung muß aber gerade so wie der Magistrat die gesammte finanzielle Lage ins Auge fassen und danach ihre Beschlüsse fassen können. Das wenigstens muß doch möglich sein, daß die Versammlung 8 Wochen für die Etatsberathung aufwenden könne. Es scheint. als ob die Herren am Magistratstische durch den Antrag etwas aigrirt sind; ich sehe nicht die geringste Veranlassung dazu und verstehe nicht, wie die Herren sich dagegen sträuben können. Die Berathung der Kommaunalsteuer-Reform in einer gemischten Deputation erklärt der Kämmerer für verfrüht, er will der ge- mischten Deputation die Sache erst durch«ine Subkommission des Magistrats mundgerecht machen lassen. Das ist es gerade, was ich nicht wünschte; wir müssen von Anfang an gemeinsam und nebeneinander diese schwierige Frage durcharbetten. Hat der Magistrat erst vorläufige Beschlüsse gefaßt, dann ist das Feld für die gemeinsame Arbeit nicht mehr in voller Rein- heit vorhanden. Was der Kämmerer vorschlägt, halte ich für eine Gejahr für die Stadt; es möchte nachher die Zeit fehlen, um all den Schutt aufzuräumen und wegzufahren, den der Magistrat möglicherweise inzwischen angesahren haben kann. Di- Vorlage, die Herr Meyer verlangt, entspricht nicht unseren Vorstellungen von der Selbstverwallung. Nicht aus die Kritik der Magistratsvorschläge kommt es an, sondern auf die gemein- same Berathung der Kommunalsteuerresorm durch beide städtischen Körperschasten. Deshalb werden wir für beide Antrage �" Stadtv. V o rt m a n n sieht darin, daß die Versammlung die Etatsberathung nicht früher abschließen kann, keinen Grund gegen die frühere Vorlegung.) Stadtv. Meyer II: Die Auffassung Einger's von der Selbstverwaltung entspreche nicht der Städteordnung. Nach dieser falle die erste Ausarbeitung der Entwürfe dem Magistrat zu; nur dann bleibe das Recht der Versammlung gewahrt, die Magistratsvorschläge unbefangen zu prüfe». Bürgermeister K i r s ch n e r: Etwas mehr als das Ver- sprechen des Kämmerers würde auch eine Deputationsberathung nicht zu Tage fördern können. Bis zu einem bestimmten Stich- tage den Etat vorzulegen, das zu übernehmen ist der Magistrat außer stände. In der zweiten Frage sind schwerwiegende Meiuungsdifferenzen vorhanden, die nach der Städte- Ordnung entschleden werden müssen. Danach hat der Magistrat die Vorbereitung der Beschlüsse der Versammlung zu besorgen. Das ist im Werke; der Magistrat hat schon im September eine Kommission niedergesetzt. Wir hoffen, uns noch vor den Ferien auf die maßgebenden Grundsätze zu einigen und es wird dann nach den Ferien Zeil sein, auch der Versamm- hing eine Vorlage zu machen. Stadtv. S i u g e r: Es ist doch ein Widerspruch, wenn der Bürgermeister zuerst von sachlichen Differenzen spricht und sich nach- her auf rein geschäftliche Gründe zurückzieht. Mit der Verweisung aus die Städte-Ordnung ist die Sache nicht erledigt; sie wider- spricht nicht dem Wunsche, daß beide Körperschaften gegebenen- falls von Anfang an gemeinsam berathen sollen. Bei der Vor- läge bezüglich der Siemens'schen elektrischen Hochbahn hat der Magistrat selbst diesen Weg eingeschlagen; weshalb soll derselbe also bei einem noch viel bedeutungsvolleren Gegenstande nicht gangbar sein? Diese Ausführungen des Bürgermeisters haben die Gründe für die Anträge nicht erschüttert. Nach dem Schlußwort des Antragstellers Friedemann wird der Antrag mit dem Amendement Rast angenommen. Die Magistratsvorlage betr. die Belegung der städtischen Heimstätte in B l a n k e n f e l d e mit tuberkulös er- krankten Männern ist im Ausschüsse unverändert an- genommen worden. Danach soll die Versammlung sich damit einverstanden erklären, daß a) die Verpflegung brustkranker Frauen in Blankenfelde jetzt und so lange, bis sich ein Bedürfniß hierfür geltend machen sollte, eingestellt und diese Anstalt mit tuberkulös erkrankten Männern belegt wird, b) diese Heimstätte mit den für die Männervcrpflegung er- forderlichen Wäsche- und Kleidungsstücken ausgestattet und hierzu im Ganzen der Betrag von 610V M. bewilligt wird. o) das Kuratorium der Heimstätten für Genesende ermächtigt wird, Veränderungen in der Belegung der einzelnen Heimstätten dem wechselnden Bedürfnisse entsprechend künftig innerhalb der Grenzen des bewilligten Etats selbständig vorzunehmen. Die Versammlung stimmt ohne Debatte der Vorlage zu. Das Schloß G ü t e r g o tz soll zum Zwecke der Errichtung eines Sanatoriums an die Jnvaliditäts- und Alters- versichernngs-Anstalt Berlin verpachtet werden. Die Pachtsumme soll jährlich 10 000 M. betragen und der Vertrag ans 2 Jahre geschlossen werden. Für 300 000 M. soll die Anstalt das An- ka�ssrecht haben und bis spätestens I. November 1897 ausüben. Stadtv. Sachs II will der Stadt für 15 Jahre das Ver- kaussrecht vorbehalten, um dieses s. Z. so ungemein theuer er- kaufte Objekt event. günstiger zu veräußern. Nach kurzer Debatte, an welcher sich Stadtv. Pincussohn und Stadtrath S t r u v e betheiligen, wird die Vorlage nach den Ausschußvorschlägen angenommen. Der Magistrat hat die Entwürfe und Kostenanschläge für die Ausführung der Bauten des dritten Viertels der Müggelsee- Lichtenberg- Anlagen der städtischen Wasserwerke übersandt. Die Kostenanschläge schließen mit 9 550 ovo M. ab, wovon bereits im Juni v. I. 800 ovo M. zum Ankauf von Baumaterialien, Schiebern und Röhren bewilligt sind. Die noch erforderlichen N/s Millionen Mark sollen aus Anleihemitteln zur Verfügung gestellt werden. Die Vorlage wird angenommen. Bei der Vorlage betreffend die Skizze zu den Nebenbaulich- keiten auf dem Schulgrundstück Wilhelms havenerstr. I— 5 bemängelt Stadt. V o g t h e rr die Anlage der Schuldiener-Wohnung und unterstützt den Antrag Gericke auf Niedersetzung eines Aus- schnsse?.' Stadtbaurath Blanken st ein entgegnet, daß die Wohnung aus 3 Stuben bestehe und daß auch diejenige von 32 gm, die der Vorredner für unpraktisch halte, dem Schuldiener sehr werth- voll sein dürfte. Die Vorlage wird ohneAusschußberathung sofort angenommen. In betreff der 1396 zu veranstaltenden Berliner Ge- werbe- Aus st ellung beantragt der Magistrat folgende Be- schlußsassung! Die Versammlung erklärt sich damit einverstanden, daß dem Arbeitsausschuß für die Gewerbe-Ausstellung 1896 das für diese Ausstellung erforderliche Terrain imTreptowerPark, event. unter Hinzunahme eines Theils des anstoßenden Steinstätteplatzes und der vor der Verbindungsbahn gelegenen, der Stadt gehörigen Flächen, gegen die Verpflichtung überlassen werde, das zur Ausstellung verwendete Terrain des Parkes nach Beendigung der Ausstellung auf Kosten des Ausstellungs-Unternehmers wiederum als Park herzustellen und daß dem genannten Ausschuß zur Verwendung für die Aus- ftellung die Summe von 300 000 M. gewährt, den städtischen Behörden aber das Recht vorbehalten wird, falls das Aus- stellungs-Unternehmen Ueberschüsse ergiebt, über diese Ueberschüsse bis zur Höhe der gewährten Summe zu gemeinnützigen Zwecken zu verfügen. Von den Stadtvv. Gerstenberg und Gen. wird beantragt, daß die Bewilligung des städtischen Zuschusses von 300 000 M. nur unter der Bedingung gewährt werde, daß die Ausstellung in dem durch die Gemeindebehörden unentgeltlich zur Verfügung zu stellenden Treptower Parke veranstaltet wird. Ein Antrag Kalisch u. Gen. geht dahin, 300 000 M. nur in dem Falle zu be- willigen, daß der Treptower Park für die Ausstellung benutzt wird, daß aber, falls ein anderer Platz gewählt wird, die Versammlung sich die Beschluß- sassung über den zu leistenden Beitrag vor- behält. Stadtv. Singer: Daß die Versammlung bei dieser Be- rathung definitiv von einem Plane Abschied nehmen muß, dessen Ausführung der Stadt zur Ehre gereicht hätte, ist sehr zu be- dauern. Welchen widrigen Umständen das Scheitern des Welt- ausstellungsplanes zu verdanken ist, läßt sich hier nicht unter- suchen. Einen eigenthümlichen Eindruck hat es ja gemacht, daß Reichskanzler und Oberbürgermeister gewissermaßen die Rollen vertauscht hatten, da der Reichskanzler sich für eine Berliner Aus- stellung aussprach, während er an seiner Stelle gerade für eine Weltansstellung sich hätte erwärmen niüssen, um der Welt zu zeigen, was die deutsche und die Berliner Industrie zu leisten im stände sei.(Beifall.) Dieser Ausgang giebt der ganzen An- gelegenheit eine trübselige Beimischung. Der Gedanke einer Wellausstellung mußte aufgegeben werden, da ja selbstverständlich davon nicht die Rede sein konnte, daß unter dem Widerspruch der Regierung eine solche in Berlin zu inszeniren war. Die städtischen Behörden dürfen es sich zum Ruhm anrechnen, daß sie entgegen der reichskanzlerischen Strömung es waren, die frisch diesem Gedanken zur Ausführung verhelfen wollten, indem sie einen Garantiefonds von 10 Millionen zur Verfügung stellten. Berlin wird kein Vorwurf treffen, wenn es der Welt nicht be- wiesen worden ist, daß Deutschland in die Reihe der Kultur- staaten eingetreten ist. Die Unmöglichkeit, diesen Plan auszuführen. ist aber von Denjenigen mit verschuldet, welche seine Durchführung mit größerem Nachdruck hätten verfolgen können. Auch wenn es nur auf eine dentsch-nationale Ausstellung angekommen wäre, hätte das Komitre für die Ausstellung ganz anders Vorgehen müssen. Das Komitee hat immer nur von einer Berliner Aus- stellung gesprochen und geträumt; es wollte allerdings aller- gnädigst gestatten, daß deutsche Aussteller, die nicht in Berlin wohnen, aber in Berlin verkaufen, sich an der Ausstellung be- theiligten. Die deutsche Industrie läßt sich aber nicht von drei Berliner Herren in's Schlepptau nehmen. Wollten die Herren eine deutsche Ausstellung in Berlin , dann mußten sie sich an die berufenen Organe der Industrie und des Handels in Deutsch - land wenden(Sehr richtig!), dann wäre Berlin der richtige Platz in der Organisation angewiesen worden, aber von einem Allein- herrscherthum Berlins oder gar eines bestimmten Vereins in Berlin wäre dann nicht mehr die Rede gewesen(Sehr richtig!) Jetzt hat sich der Plan verdichtet, die Berge haben gekreist und wieder einmal ist«in Mäuslein geboren worden. Von dem großen Plane der Weltausstellung sind wir zu einer Berliner Lokalausstellung gekommen. Meine Freunde haben sehr ernsthaft erwogen, ob wir überhaupt dem Gedanken der Unterstützung dieser Ausstellung näher treten sollen. Die„Vossische Zeitung" hat heute Morgen der Aus- stellung, ehe sie geboren, das Grablied gesungen; sie verwahrt sich nämlich sehr energisch dagegen, daß Hofsnungen auf diese Ausstellung gesetzt werden; Berlin könne nicht alles thun. Den Herren beginnt jetzt wohl zu dämmern, daß es nicht klug war, alles auf eine Berliner Ausstellung zu konzentriren. Zum Zwecke, eine Berliner Ausstellung zu besichtigen, wird das Ausland seine Schaaren doch nicht herschicken(Sehr richtig!) Wie weit Deutschland das thun wird, bleibt dahingestellt; die Berliner selbst brauchen doch wirklich keine lokale Ausstellung. I Wir bekommen also eine Art Jahrmarkt von Plundersweilem (Heiterkeit), eine Erholungsstätte für viele Berliner nach gethaner Arbeit; aber daß diese Ausstellung den Werth hat, den sie haben soll, daran ist nicht zu denken.(Sehr richtig.) Wir sollen nun 300 000 M. und den Treptower Park hergeben. Wir werden dafür stimmen, weil dieser Antrag der Stadt die würdigste Stelle eingeräumt, die sie hierbei einnehmen kann.(Sehr richtig!) Berlin hat keine Veranlassung, sich in die Details mehr, als un- bedingt nöthig, einzulassen. Würde das Unternehmen von der Stadt inszenirt, es würde ein ganz anderes Gesicht gewinnen. Immerhin bietet das Unternehmen der Stadt einen Vortheil und rein ablehnend kann sie sich dagegen nicht verhalten. Weiter aber möchte ich Berlin nicht verpflichten und in den widerlichen Streit um das Terraiu auch nur moralisch einzugreifen, davor möchte ich die städtische Verwaltung dringend warnen.(Sehr gut!) Von den Terrains kann ernsthast nur der Treptower Park in Frage kommen. Wenn aber das Maß von Vernunft nicht bei denen ist, die die Ausstellung inszeniren, wir haben keine Veranlassung, ihnen einen Platz aufzudrängen. Ich möchte nicht, daß nachher irgend ein Kreis von Interessenten im stände ist, zu sagen, die Stadt Berlin habe schuld an dem Mißerfolg, weil sie einen ungeeigneten Platz vorgeschlagen habe.(Sehr gut!) Das Komitee hat die Aussteller über die Platzsrage konsnltiit; ich habe die Hoffnung und das Vertrauen zu dem Gros der Aus- steller, daß sie sich nicht in deii Dienst wüster Terrainspekulation stellen werden. Wir dürfen Bedingungen an unser Anerbieten nicht knüpfen, das wäre der Stadr snicht angemessen.(Beifall.) Stadtv. Gerstenberg bedauert, daß der Vorredner die Ausstellungsfrage heute etwas verächtlich behandelt hat. Mir welchem Rechte würde die Ausstellung noch Berliner Ausstcllung heißen, wenn sie z. B. in Charlottenburg stattfände?(Unruhe.) Auch mit der bedingungslosen Gewährung der 300 000 M. lade man eine erhebliche Verantwortung aus sich, zumal ja Char- lottenburg auch 50 000 M. bewilligt habe und es nicht bekannt sei, daß diese Summe auch gezahlt wird, wenn der Treptower Park gewählt wird(Heiterkeit). Sein Antraglasse dem Komitee den weitesten Spielraum; er verlange nur, daß ein Berliner Terrain ge- wählt werde. Stadtv. Kalisch: Wir wollen, wenn möglich, den Trep- tower Park genommen wissen, aber keine Einwirkung auf das Komitee staltfinden lassen. die Verantwortung für die Auswahl völlig demselben überlasse». Die gemischte Deputation hat nur Mangels eines Bessern sich zu ihrem Vorschlage entschlossen. Immerhin wird die Ausstellmig doch etwas mehr bieten, als das Jahrmarktsfest zu Plundersweilern. Das Terrain am Lietzensce würde allerdings für Berlin nicht passen. Stadtv. Sachs II: Der erste Theil der Ausführungen des Stadtv. Singer war heute nicht am Platze. Daß eine Berliner Lokalausstellung doch nicht werthlos ist, ergiebt sich aus der großen Zahl der Betheiligten und der Höhe der gezeichneten Garantiefonds. Der Mitverantwortung entgeht die Versammlung in keinem Falle. Der Treptower Park ist der schönste und praktischste Platz für die Ausstellung; man kann dock keinen bessern Theil wählen, als den Osten und Südosten von Berlin , wo Gewerbe und Industrie ihren Sitz hat. Stadtv. Lüben kann nicht billigen, daß 300 000 M. zur Urbarmachung des Lietzensees aus dem Berliner Steuersäckel her- gegeben werden; die Ausstellung gehöre auf Berliner Terrain. Im Lietzensee könne man doch auch die geplante Fischerei-Aus- stellung nicht unterbringen. Stadt. Schulz I nimmt an, daß auch der Magistrat nur unter der Bedingung, daß Treptow gewählt wird, 300 000 M. bewilligen will. Weshalb solle Berlin denn nicht auch eine Verantwortung für die Ausstellung übernehmen? In Charlottenburg seien die schlimmsten Terrainspekulationen im Schwange, die nachher mit der Berliner Subvention bezahlt werden müßten. Witzleben sei 3. Treptow nur 4 Kilometer vom Dönhoffplatz entfernt. Im Westen wohne nicht das arbeitende, sondern das von der Lebensarbeit bereits ausruhende Volk(Heiterkeit und Zustimmung.) Die Bewilligung der Summe müsse auf jeden Fall an die Wahl eines Terrains im Weichbilde von Berlin geknüpft werden. Stadtv. F r i e d e m a n n: Es ist doch nicht ganz logisch, zu sagen, es sei keine Berliner Ausstellung, wenn sie auf Char- lottenburger Terrain stattfindet. Kann man den Hippodrom bekommen, so ist das event. doch nicht von der Hand zu weisen. Der Antrag Kalisch läßt auch für diese Möglichkeit Raum. Stadtv. Bort mann: Wenn man die 300 000 M. an den Treptower Park knüpft, setzt man einfach eine Prämie auf die Verwüstung des Treptower Parks(Lebhafter Widerspruch). Redner empfiehlt den Antrag Kalisch. Bürgermeister Kirschner widerspricht der letzteren Be- hauptung. Es würde kein Baum des Parks der Ausstellung zum Opfer falle». Die Zufuhrwege, Freiarchen- und Schlesische Brücke würden bis 1396 fertig sein(Hört, hört!). Daß der Magistrat von der Auffassung ausgehe/ der Park werde auch gewählt werden, sei unrichtig. Berlin übernehme mit den 300 000 M. keine Verantwortung für das Gelingen der Aus- stellung, denn sie sei gesichert gewesen, bevor der Magistrat der Frage überhaupt näher getreten sei. Bei der Abstimmung wird der Antrag G e r st e n b e r g
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