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Nr. 173.

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Telegramm Adresse: ,, Sozialdemokrat Berlin".

Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morinplat, Nr. 151 90-151 97.

Wirtschaftliche

Selbstgenügsamkeit.

Die Beschlüsse der Pariser Wirtschaftsfonfe­enz, die auf eine Abschnürung des Handels der Zentral­mächte durch den Vierverband hinauslaufen, sind von einem holländischen Blatt als wirtschaftliche Wahnsinnstat bezeichnet worden. Englische Preß­fommentare haben darauf hingewiesen, daß die Pläne der Pariser Konferenz sehr unbestimmt seien und daß es fraglich bleibe, ob sie überhaupt durchgeführt werden könnten. Ein liberales englisches Blatt fügte weiter mit Recht hinzu, daß derartige Maßregeln mindestens auch einige Länder der Entente schwer treffen würden.

Nun werden derartige Pläne, den Handel des gegneri­schen Auslandes vom eigenen Lande vollkommen fernzuhalten, ja feineswegs allein in den Ententeländern erörtert. Auch bei uns gibt es einflußreiche Freunde derartiger Maßnahmen nach dem Kriege. Was ihre Durchführung für Deutschland bedeuten würde, haben wir ja heute Gelegenheit genug, in allen seinen Wirkungen zu beobachten. Heute leben wir gezwungener­maßen in dem geschlossenen Handelsstaat", den man uns als Ideal der wirtschaftlichen Zukunft Deutschlands zu emp fehlen beliebt.

Erst vor wenigen Tagen hat der bekannte Münchener Ge­lehrte Professor Qujo Brentano im ,, Berliner Tageblatt" ein paar Schlaglichter auf die Ursachen und die Wirkungen dieses dealzustandes" geworfen. Professor Brentano er­innert daran, daß bald nach Ausbruch des Krieges alle Freunde der bisherigen Wirtschaftspolitik Deutschlands triumphierend darauf hinwiesen, daß Deutschland infolge seiner Schutzzoll­politik in der Kriegszeit in der Lage sei, seine Bevölkerung mit allen notwendigen Nahrungsmitteln zu versorgen: Die Zollpolitik hätte die deutsche Landwirtschaft begünstigt, und Sieje liefere jetzt Getreide und Kartoffeln, die man bei einer anderen Wirtschaftspolitik, dem Freihandel, aus dem gegne­rischen Ausland hätte beziehen müssen! Diese Beweisführung, die so einfach und bestechend erschien, ist durch die Entwicklung der letzten anderthalb Jahre auch für den volkswirtschaftlichen Laien ad absurdum geführt worden. Professor Brentano weist zunächst ganz allgemein auf die Bedeutung unserer Handelspolitik für unsere gesamten auswärtigen Beziehungen hin: Dabei blieb freilich unerörtert, inwieweit die ganze aggressive Wirtschaftspolitik, welche Deutsch­ land seit Jahrzehnten das Gepräge gegeben hat, ein wesent­licher Faftvor in der Hervorrufung der Einkreisungspolitik gewesen ist."

Hat aber unsere Handelspolitik gerade in der Richtung bewirkt, daß wir am besten mit den Rohstoffen versehen waren, die wir im eigenen Rande produzieren können? Brentano antwortet darauf: Angenommen, es wäre auch ohne sie( die deutsche aggressive Wirtschaftspolitik) zum Kriege ge­tommen, so ist doch berichtet worden, daß unsere Truppen, als fie nach Rußland vordrangen, dort deutschen Roggen erbeutet haben, der mit Hilfe unseres sogenannten Einfuhrschein­systems noch eben vor Ausbruch des Krieges dorthin aus­geführt worden war. Während unsere Handelspolitik also da­zu geführt hat, daß unser Getreidevorrat bei Ausbruch des Krieges äußerst knapp war, gab es umgekehrt große Vorräte an ausländischen Nahrungsstoffen." Diese Vorräte bestanden nicht nur in Kaffee, Tee und Tabak und vielen industriellen Rohstoffen, deren Lager so groß waren, daß wir noch heute nach fast zwei Kriegsjahren davon zehren; auch unser Vieh­bestand, die einzige Nahrungsmittelreserve großen Stils, fonnte nur deshalb so groß sein, weil er jahrelang vor Aus­bruch des Krieges durch die Einfuhr ausländischen Futters herangezüchtet worden war.

Das Vertrauen auf die Selbstgenügsamkeit des deutschen Wirtschaftslebens und die ausreichende Versorgung durch die heimische Produktion ging bekanntlich bei Ausbruch des Krieges so weit, daß alle Ermahnungen, hauszuhalten, zu beschlagnahmen und Höchstpreise einzuführen, von der Regie­rung in den Wind geschlagen wurden. Damals hieß es auf Wunsch der Behörden fortgesezt in der Presse: niemand solle ich einschränken, sondern so weiter leben, wie er es in Frie­denszeiten gewohnt gewesen war. Gewisse Lebensmittel und Burusstoffe zu verbrauchen, galt in ienen Tagen geradezu als patriotische Pflicht. Heute sind die Wirkungen der Knappheit Für die Volksernährung und das ganze Wirtschaftsleben nur noch durch die größte Einschränkung und Sparsamkeit zu mildern. Für eine große Reihe von wichtigen Eristenzmit­teln haben wir die Verbrauchsfarte, deren Einfüh­rung selbst von einigen Sozialdemokraten als eine sozia­fistische" Maßnahme gepriesen worden ist. Auch Brentano vendet diese Bezeichnung für die gegenwärtigen Verbrauchs­regelungen an. Immerhin macht er einige Einschränkungen: Wir sind dem sozialistischen Zukunfts staat in einem Maße näher gerüdt, wie man es vor dem Kriege nicht für möglich gehalten hätte: aber wir sind ihm doch nur näher jerüdt; wir sind auf halbem Wege stehen ge­blieben... So genießen wir jegt alle Unannehm lichkeiten der Beschränkung der persönlichen Freiheit, die der Zukunftsstaat bringen würde, in reichstem Maße; do

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Montag, den 26. Juni 1916.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moritplag, Nr. 151 90-151 97.

Meldung des Großen Hauptquartiers. Borteile und Laſten allen gleichmäßig zukommen, i ft

Gute aber..., daß für alle wenigstens gesorgt ist und daß

Amtlich. Großes Hauptquartier, den 25. Juni 1916.( W. T. B.)

Westlicher Kriegsschauplah.

Der Feind entwickelte im Abschnitt südlich des Kanals von La Bassé e bis über die Somme hinaus auch nachts anhaltende rege Tätigkeit, belegte Lens und Vororte mit schwerem Feuer und ließ in Gegend von Beaumont­Hamel( nördlich von Albert) ohne Erfolg Gas über unsere Linien streichen.

Links der Maas erreichte das feindliche Feuer gegen Abend besonders am Toten Mann" große Stärke. Nachts fanden hier kleinere für uns erfolgreiche Infan­terieunternehmungen statt.

An unseren östlich der Ma as gewonnenen neuen Stellungen entspannen sich unter beiderseits dauernd starker Artillerieentfaltung mehrfach heftige Infanterie­fämpfe. Alle Versuche der Franzosen , das verlorene Ge­lände durch Gegenangriffe wiederzugewinnen, scheiterten unter schwersten blutigen Verlusten für sie; außerdem büßten sie dabei noch über 200 Gefangene ein.

Deftlich von St. Dié wurden bei einem Patrouillen­vorstoß 15 Franzosen gefangen eingebracht.

Deftlicher Kriegsschauplah.

Auf dem nördlichen Teile der Front kam es an meh­reren Stellen zu Gefechten von Erkundungsabteilungen, wobei Gefangene und Beute in unsere Hand fielen. Heeresgruppe des Generals v. infingen.

Unserem fortschreitenden Angriff gegenüber blieben auch gestern starke russische Gegenstöße, befonders beider­scits von Zaturce völlig ergebnislos. Südlich des Pla­szewka- Abschnitts( südöstlich von Beresteczko ) wurden mit nennenswerten Kräften geführte feindliche Angriffe rest­los abgeschlagen.

Bei der

Armee des Generals Grafen v. Both mer keine besonderen Ereignisse.

Balkan - Kriegsschauplah.

Die Lage ist unverändert.

Oberste Heeresleitung.

Der österreichische Generalstabsbericht.

Wien , 25. Juni. ( W. T. B.) Amtlich wird verlautbart: Russischer Kriegsschauplas.

In der Bukowina bezogen unsere Truppen zwischen Kimpolung und Jakobeny neue Stellungen. Die Höhen füdlich von Berhometh und Wißnis wurden von uns ohne feindliche Ein­wirkung geräumt. An der galizischen Front gewohnte Artillerietätigkeit nordwestlich von Tarnopol , auch Minenwerfer­

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und Handgranatenkämpfe.

Südöstlich von Beresteczko wiesen wir mehrere feindliche An­griffe ab. Bei Holatyn wurden die Höhen nördlich der Lipa erstürmt. Der Feind hatte hier schwere Verluste an Toten. West­lich von Zorezhn brangen unsere Truppen in die feindliche Stel­lung ein und wiesen heftige Gegenangriffe ab. Am Styr, ab= wärts Sokul, ist die Lage unverändert.

Italienischer Kriegsschauplas.

An der Küstenländischen Front standen unsere Stel­lungen zwischen dem Meere und dem Monte Sabotino zeitweise unter lebhaftem Artilleriefeuer. Destlich von Bolazzo kam es zu Handgranatenkämpfen. Nachts versuchten drei Torpedoboote und ein Motorboot einen Handstreich gegen Pirano. Als unsere Strandbatterien das Feuer eröffneten, ergriffen die feindlichen Schiffe die Flucht.

An der Kärntner Front beschränkte sich die Gefechts­tätigkeit nach den von unseren Truppen abgeschlagenen Angrif­fen im Blöckenabschnitt auf Geschüßfeuer.

In den Dolomiten brach ein Angriff der Italiener auf unsere Rufreddo- Stellung im Sperrfeuer zusammen. Zwischen Brenta und Etsch war die Kampftätigkeit gering; vereinzelte Vor­stöße des Gegners wurden abgewiesen. Im Ortlergebict scheiterte ein Angriff einer feindlichen Abteilung vor dem kleinen Fiskögele.

Ruhe.

Südöstlicher Kriegsschauplak.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalfabes von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

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Ereignisse zur See.

Am 23. vormittags hat eines unserer Unterseeboote in der Otranto- Straße einen von einem Zerstörer Typ Fourche" begleiteten Hilfskreuzer Typ Principe Umberto" versenkt. Der Zerstörer verfolgte das U- Boot mit Bomben­würfen, kehrte zur Sinkstelle zurück und wurde dann dort vom U- Boot ebenfalls versenkt.

fotten kommando.

ausgeblieben." Professor Brentano faßt in seinen weiteren Ausführungen das wirtschaftliche Ziel des Sozialis­mus etwas zu eng. Aber darin hat er gewiß recht, daß die Sozialisierung unseres Wirtschaftslebens" mehr dem Schein nach als in Wirklichkeit besteht. Das Entscheidende sozialistischer Maßnahmen" besteht gerade darin, daß die Unterschiede des Besizes ausgeglichen werden. In Wirklich­feit ist, so schreibt Brentano wörtlich: unser Sozialismus ein Sozialismus, statt zugunsten der Armen, zugunsten ge­wisser Klassen der Besitzenden; er führt, statt zum Vorteil der Gesamtheit, zur weiteren Bereicherung einzelner Mono­polisten, besonders der ländlichen Grundeigentümer, auf Kosten der Gesamtheit."

Gerade die Erfahrungen der gegenwärtigen Zeit lehren, daß sozialistische" Maßnahmen, die bei dem Konsum und der Verbrauchsregelung" anfangen, ein Unding sind. Des­halb legt ja gerade unser Programm den Hauptnachdruck auf die Verwandlung des kapitalistischen Privateigentums an Produktionsmitteln in Gemeineigentum und damit die Be­seitigung der Profitwirtschaft überhaupt. Auch Professor Brentano kann sich nicht der Tatsache verschließen, daß alle Maßnahmen zugunsten der Volksernährung dadurch durch­freuzt werden, daß heute ein jeder das produziert, wovon er erhofft, den größten Vorteil zu ziehen, ohne Rücksicht zu nehmen, ob gerade das für die Allgemeinheit am notwendig­sten ist. Es kommt weiter hinzu, daß viele Produzenten direkt für sich selbst sorgen unter Vernachlässigung der Allge­meinheit. Selbst die Höchstpreise vermögen die Produzenten und Händler durch Zurückhaltung ihrer Vorräte außer Kraft zu sezen, bis die Behörden ihrem Druck nachgeben. Professor Brentano wiederholt daher die seit Kriegsbeginn von den ver­schiedensten Seiten erhobene Forderung: alle Produkte nach ihrer Fertigstellung sofort für die Allgemeinheit zu be schlagnahmen.

Professor Brentano betont zum Schluß, daß selbst diese weitgehende Maßnahme noch keineswegs die Aufhebung des Eigentums bedeuten würde und daß daher das Geschrei inter­essierter Kreise vor der Einführung des Kommunismus voll­kommen unberechtigt sei. Professor Brentano hat darin voll­kommen recht. Aber wer die Widerstände kennt, die sich schon den bisherigen unzulänglichen Maßnahmen entgegengestemmt haben, wird leicht beurteilen können, mit welcher Energie jene Kreise sich der Durchführung der weitergehenden For­derung Brentanos in den Weg werfen werden. Das wird uns natürlich nicht hindern, die Forderung immer von neuem zu erheben, weil ihre unumgängliche Notwendigkeit anoofichts der wachsenden Schwierigkeiten in der Lebensmittelversor­gung von Tag zu Tag deutlicher wird.

Eine Erklärung der französischen Minder­heit in der Kammer.

Paris , 25. Juni. ( W. T. B.)( Meldung der Agence Havas.). Die französische Kammer hat mit 512 Stimmen gegen 3 die Zwölftel des vorläufigen Haus­halts für Juli, August und September insgesamt ange­nommen. Präsident Deschanel erflärte in einer An­sprache: Weder Frankreich noch irgend ein Franzose könnte einen sofortigen Waffenstillstand oder einen Frieden zulassen, die einen Rückzug vor der wiederholten Verlegung geltender Rechte darstellen würden. Die Sozialisten erklärten, alle Aredite annehmen zu wollen, um den Sieg des Vater­landes sicherzustellen.

Brizon verlas in feinem Namen und im Namen von Raffin- Dugens und Blanc, die mit ihm an der Be­ratung in Zimmerwald teilgenommen hatten, eine Er­klärung, in der die Gründe auseinandergesetzt werden, aus denen sie gegen die Kriegskredite und für einen Frieden ohne Gebietserweiterung sowie für einen Waffen­stillstand stimmen.

Der Druck auf Griechenland .

Paris , 25. Juni. ( W. T. B.)( Meldung der Agence Havas.) Der Kammerausschuß für auswärtige Angelegen­heiten hat nach Prüfung der politischen Lage in Griechenland , des von den Alliierten überreichten Ulti­matums und der durch die neuerlichen Verlegungen des griechischen Grenzgebiets von seiten der Bulgaren gefchaffe­nen militärischen Rage erklärt, da er auf den früheren Be­schlüssen beharre; er ist zu dem Schluß gekommen, daß die von Frankreich , Rußland und England getroffenen Maß­regeln fräftig angewendet und daß in kurzer Frist auch militärische Maßregeln bei Saloniki getroffen werden sollen.

Der französische Tagesbericht.

Paris , 25. Juni. ( W. T. B.) Amtlicher Bericht vom Sonnabend nachmittag: Auf dem linken Ufer der Maas dauerte die sehr lebhafte Tätigkeit der Artillerie während der ganzen Nacht im Walde von Avocourt, an der Höhe 304 und am Toten Mann an. Ein deutscher Handgranatenangriff an der Höhe 304 wurde abgewiesen. Auf dem rechten Ufer dauerte die erbitterte