England, Belgien , Spanien , Italien . Und wer will noch bezweifeln, daß die Polizei international organisirt sei?— Der Streik von Trignac vor der französischen Kammer. Aus Paris wird uns unter'm LS. April geschrieben: Wessen sich die Arbeiter und Sozialiften von der gegenwärtigen Regierung und deren Bedientenschaar zu versehen haben, das zeigte die gestrige Kammerfltzung. Da hatte Herr Raynal , Minister des Innern, nach vorheriger Verabredung mit einem Kumpan der Eisenwerksdirektion von Trignac von diesem die Frage an sich richten lassen, was er von dem Streik von Trignac halte und wie er sich dagegen zu stellen gedenke, um gleich darauf die Tribüne zu besteigen und, die Schuld des Streiks den Sozia- listen zuschiebend, ein Plaidoyer für die Eisenwerks- Gesellschaft zu hallen, wie sie nur ein Advokat wagen kann, welcher im vor- hinein der Richter sicher ist. Ist es auch sonst nur Heuchelei, wenn irgend«in Minister erklärt, daß sich der Staat nicht in den Streit zwischen Kapital und Arbeit zu mischen habe, während gleich- zeitig unter dem Vorwande, die Ordnung ausrecht zu erhalten, den Unternehmern bei jedem größeren Streik Gendarmerie, Kavallerie, Polizei und Magistratur gegen die Arbeiter zur Vsr- fügung gestellt werden, so zeigt dies doch wenigstens noch von einem Rest von Scham. Herr Raynal hat aber jede Scham ver- loten. Er stellte sich ganz offen auf Seite der Eisenwerks-Gesell- schaft und trat in einer Weise für sie ein, als wäre er deren gut honorirter Advokat. Und welch' abgefeimter Kniffe er sich dabei bediente, davon ein Beispiel. Die gegenwärtige Aktien- gesellschaft hat das Eisen- und Stahlwerk von Trignac um 2>/s Millionen angekauft. Um nun zu zeigen, mit welchem Recht diese Gesellschaft gegenwärtig Hungerlöhne ein- führen will, rechnete er der Kammer vor. wie viel Millionen die vorige Gesellschaft, von der die jetzige das Werk über- nommen, bei diesem Unternehmen verloren. Schlimmer noch; er addirte die LVs Millionen, welche die jetzige Gesellschaft für das Werk verausgabte, zu den von der vorigen Gesellschaft veraus- gabten Millionen, um sich dann zu dem Ausspruch zu versteigen, daß in dem jetzigen Unternehmen„ein Kapital von 32 Millionen 343 000 Franks engagirt" sei! Ja, noch viel ärger. Die erste Aktiengesellschaft hat nach Raynal's Ausführungen nahezu 15 Millionen für Arbeitslöhne ausgegeben, die jetzige über 6 Millionen, also zusammen rund LI Millionen. Nach Raynal sind nun diese Löhne„den von den Aktionären eingezahlten Summen entnommen worden". Wie es der jetzigen Gesellschaft möglich war, ihrem Aktienkapital im Betrage von 2Vs Millionen 6 Millionen Löhne zu entnehmen und dabei noch immer zu bc- stehen, dieses Wunder aufzuklären, hat Herr Raynal allerdings vergessen. Wer übrigens»ach diesen Auseinandersetzungen noch iuimer kein Mitleid für die armen Aktionäre fühlte und sich nicht über die horrende Begehrlichkeit der Streikenden entsetzte, den wies Herr Raynal darauf hin, daß die in Trignac gezahlten Löhne noch höher seien als in— Belgien ! Aber selbst da vergaß er ein solches Eisenwerk anzuführen. Hätte er es aber auch ver- mocht, dann hätte dies, bei den viel niedrigeren Preisen der bel- gischen Lebensmittel, nichts gegen die französischen Arbeiter bewiesen. Kurz, wenn die Eisenarbeiter von Trignac sich nicht mit einem Stundenlohn von 28 Centimes begnügen wollten und der Streik noch immer nicht beendet ist, so sei dies einzig und allein der„Ein- Mischung fremder Elemente", dem Sekretär des Metallarbeiter- Verbandes und hauptsächlich dem sozialistischen Abgeordneten zuzuschreiben, die denn auch die Verantwortung hierfür zu tragen halten. Einer solchen Schurkerei mußte gleich entgegengetreten werden. Da aber bei einer Frage nur der Fragesteller und die Regierung das Wort haben, verlangte Jaurös im Namen der sozialistischen Fraktion die Frage in eine Interpellation zu ver- wandeln. Da brüllte aber die Majorität:„In einem Monat!" in welchem Sinne denn auch die Kammer mit 253 gegen 231 Stimmen entschied.„Das ist e i n S kan d a l!" rief da Jaures in die Kammer hinein und wurde dafür zur Ordnung gerufen. Nun, wir finden diesen Ausdruck noch viel zu parla- inentarisch, ein solches Vorgehen ist ganz einfach infam! AuS Holland wird uns geschrleben: Gegen alle Erwartung kann man das Tak'schs Ministerium, und mit ihm den neuen Wahlrechts-Gesetzentwurf, als gestürzt be- trachten.— Obgleich in diesem Augenblick noch nicht das Resultat aller Wahlen vorliegt und noch mehrere Nachwahlen stattfinden müssen, ist es doch schon klar, daß die Gegner des Tak'schen Entwurfes die Majorität behalten werden. Augenblicklich sind SS Gegner und 42 Befürworter des Entwurfs gewählt worden. — Die Enttäuschung unserer Genossen und aller Demokraten ist eine große. Man kann jetzt den Rücktritt des Ministeriums er- warten, das seinen Platz einem konservativen Ministerium wird einräumen müssen. Bor der Hand ist damit die Ausdehnung des Wahlrechts wieder auf längere Zeit verschoben. Die jetzige Kammer ist aus ein Jahr gewühlt und, wenn sie auch eine kleine Aus- dehnung des Wahlrechts beabsichtigt, so wird sie doch erst am Ende der Session diese Frage in die Hand nehmen. Wir hoffen aber, daß bei den dann kommenden Wahlen die Anhänger des allgemeinen Wahlrechts die Majorität gewinnen werden und so kann dann vielleicht nach anderthalb Jahren das Volk endlich das ihm so lange vorenthaltene Wahlrecht erhalten. Ein wichtiges Ereigniß in der Partei ist das Ausscheiden des altbewährten Parteigenossen van Helsdinaen aus der Siedaktion der„Vryheid". Er erklärt, daß er die Verleumdungen „Recht voor Allen's" gegen die Parlamentarier, zu denen er sich rechnet, nicht länger erträgt. Das Parteileben ist ihm zuwider, seit das offizielle Organ so tief gesunken ist. Auch der einfluß- reiche Genosse S ch a p e r aus Groningen erklärt in einem längeren Artikel des„Sozialdemokrat", daß er es sich als eine Ehre anrechnet, etwas von dem Koth, womit die Parlamentarier seitens der Richtung Domela Nieuweuhuis geworfen wird, auf- zufangen. Dies sind wirkliche Fortschritte, die wir aufzuweisen haben. Die unerklärliche Macht Nieuweuhuis' scheint also nicht unüber- windlich zu sein. Das Gesammtresnltat der holländischen Kammer- Wahlen ist, wie telcgraphisch gemeldet wird, 44 Anhänger, 56 Gegner der Tak'schen Wahlreformvorschläge.— England. Lord Rosebery ist natürlich nicht sehr erbaut davon, daß seine Regierung auf dem Alugsand einer unbestimmten und stets wechselnden Majorität sich aufbaut, und er möchte sich gern eine festere Machtgrundlage schaffen. Aber wie? das ist die Frage. Die Opposition hat bisher eine iveit größere Geschlossenheit bewiesen, als die Regierungs- Partei, die in verschiedene einander ebenso oft bekämpfende als unterstützende Gruppen zerfällt, und die, obgleich das Alter des Kabinets noch kaum nach Monaten zählt, die Re- giernng schon mehrmals im Stich gelassen haben, so daß sie vor wenigen Tagen nur durch die Gnade der Opposition gerettet werden konnte. Wir deuteten schon gleich nach dem Rücktritt Gladstone's an, sein Nachfolger werde voraus- sichtlich mit den liberalen„Unionisten", die sich wegen der Homerulcsrage mit Gladstone überwarfen hatten und zur Opposition gegangen sind, eine Aussöhnung anzubahnen suchen. Bei der Abwesenheit jedes prinzipiellen Gegensatzes zwischen den„Unionisten" und den übrigen Liberalen lag dieser Gedanke sehr nahe, dessen Verwirk- lichung ja thatsächlich auch nur eine Frage der Zeit ist. Lord Rosebery machte auch gleich in den ersten Tagen seiner Ministersckiaft allerhand Tastversuche in dieser Richtung. Jedoch mußte er bald merken, daß er dadurch nur das Mißtrauen der Jrländer und Radikalen erregte;— und er stellte die Versuche für einige Zeil ein. Unter der Hand wurde aber fortwährend„gefühlt", sondirt und sicher auch verhandelt. Vor einigen Tagen nun, am Dienstag, be- nutzte Lord Rosebery eine Festlichkeit im„Liberalen Klub", um das heikle Thema wieder hervor zu holen und den liberalen„Unionisten" nicht mißzuverstehende Kußhändchen zuzuwerfen. Man sei im Grunde ganz einig. Nur die irische Frage habe die Spaltung bewirkt— diese leidige Frage brenne jedoch nicht; sie habe gute Weile und in- zwischen könne man ja sich vertragen. Ob die unionistischen Tauben dem Herrn Rosebery vom Dache herab in die ausgestreckte Hand fliegen werden, ist sehr unsicher: ganz sicher ist dagegen, daß die irischen und radikalen Sperlinge, die er in der Hand hatte, ihm theils fortgeflogen sind, theils Miene machen fortzufliegen. Und der Ruf der Rosebery'schen Staatsklngheit hat nicht gerade zugenommen.— Italien .' Auch in der Kammer ist Herr C r i s p i noch nicht über alle Berge. Seinen parlamentarischen Sieg vom Montag konnte er nur dadurch erringen, daß er weitere Ersparnisse auch im Militärbudget ver- sprach. Er sah sich also genöthigt, in dem Hauptpunkt nachzugeben— wengistens in Worten. Damit den Worten die That folge, hat der Abgeordnete Cadolini die Verminderung der Armee um 2 Armeekorps— 10 Armeekorps statt der jetzigen 12— beantragt. Die eigentliche Kraftprobe steht also noch bevor.— Z?«rkeinnrsrvickike»r. Schluß der Parteigefchäfte am I. Mai. Von ver- schiedenen Orten kommen Mittheilungen, wonach sich die Ge- Nossen mit der Frage beschäftigen, ob die Parteigeschäfte am 1. Mai zu schließen sind, resp. ob an diesem Tage die Partei- Zeitungen hergestellt werden sollen, oder nicht. Diese Frage hat auch schon den Parteitag in Köln beschäftigt und zwar war dort ein bezüglicher Antrag durch die Genossen des ersten Berliner Wahlkreises gestellt, welcher lautete:„Sämmtliche Parteigeschäfte sind am 1. Mai zu schließen und Partei-Zeitungen werden andiesemTage nichtfcrtigge stellt." Dieser Antrag wurde abgelehnt. Ein allgemein bindender Parteibeschluß, Parteigeschäfte zu schließen und Parteizeitungen am 1. Mai nicht herzustellen, existirt also nicht. Es wäre aber falsch, diesen Parteibeschluß in dem Sinne zu deuten, daß es der Parteitag als nicht wünschens- werth erachtet hätte, daß die Parteigeschäfte rc. am 1. Mai ruhen. Man wollte nur nicht eine Verpflichtung aussprechen, weil Fälle denkbar sind, wo die Erfüllung derselben einfach aus- geschloffen ist. Andererseits herrschte darüber in Köln volle Einmüthigkcit, daß dort, wo die Möglichkeit dazu vorliege, am 1. Mai in den Parteigeschäften Arbeitsruhe eintreten müsse. Die beiden Redner, welche gelegentlich der Debatte über die Maifeier diesen Gegen- stand überhaupt berührten, sprachen sich in diesem Sinne aus. So meinte der eine:„auch sollten die Partei- geschäfte jedenfalls mit der Arbeitsruhe vorangehen"; und der zweite Redner erklärte:„Zur Durchführung der Arbeitsruhe seien in er st er Linie die Parteigeschäfte berufen". Eine gegentheilige Ansicht wurde von keiner Seite laut. Wir glauben deshalb ganz im Sinne der Parteigenossen und im Geiste der Parteibeschlüsse zu handeln, wenn wir aussprechen, daß dort, wo es irgend möglich ist, die Parteigeschäfte am 1. Mai zu ruhen haben. Seitens des Parteivorstandes ist deshalb auch veranlaßt worden, daß am 1. Mai das Personal des„Vorwärts" feiert, die Nummer am 2. Mai also ausfällt; ebenso werden die Expeditionen des„Vorwärts" und des„Sozialdemokrat" wie auch die Buchhandlung des„Vorwärts" am Arbeiter-Weltseiertag geschlossen sein. Wir dürfen wohl die Hoffnung aussprechen, daß die Ge- noffen an den einzelnen Orten, wo es die Verhältnisse irgendwie erlauben, in gleicher Weise vorgehen werden. »» « Die Zahl der Versammlunge» am 1. Mai, für die von Berlin aus Redner gefordert werden, ist so groß, daß es der Agitationskommission für Brandenburg unmöglich war, sämmt- liche Gesuche zu befriedigen. Redegewandte Parteigenossen wer- den deshalb im Partei- Interesse gebeten, sich der Agltations- kommission für den 1. Mai zur Verfügung zu stellen. Briefe sind zu richten an Tischler August Völkel. 30. Reichen- bergerstraße 72a. «* Parteipreffe. Als ein erjreuliches Zeichen reger Agitation unserer schlesischen Genossen ist die Verbreitung der dortigen Parteipreffe zu bezeichnen. So erscheint vom I. Mai die Wochenausaabe der„Volksmacht" zwei Mal, um einem längst gefühlten Bedürfnisse abzuhelfen und weitere Leserkreise für das Blatt heranzuziehen. Für den Waldenburger Kreis wird in demselben Verlage ein eigenes Blatt herausgegeben, welches den Titel:„Wahrheit, Organ für den Wahlkreis Waldenburg" führt und dazu beitragen soll, die Interessen der bergmännischen Bevölkerung, sowie aller dort vertretenen Branchen und Industriezweige zu ivahren. Auch die„Wahrheit" erscheint vom 1. Mai ab wöchentlich zwei Mal unter Leitung des Redakteurs der„Volkswacht", Genoffen Rein hold Schebs. Wir wünschen den neuen Unternehmen Glück und hoffen, daß die beiden Blätter dazu beitragen mögen, in jenen dunkle» schlesischen Gegenden etwas Licht zu verbreite». Gewalt geht vor Recht.' Die königliche Regierung von Sch'vaben hat die Beschwerde des sozialdemokratischen Agitations- Vereins Augsburg über die Anordnung des Magistrats, daß der Märzfeier keine Frauen, Kinder und Nicht-Reichsangehörige» an- wohnen dürsten, abgewiesen. Rechtskundige Beamten sollen in Zukunft in Nürnberg als Wächter der Ordnung in den sozialdemokratischen Bersamm- lungen fungiren. Unsere Nürnberger Parteigenossen, denen diese neueste Anordnung ziemlich wurschtig bleiben kann, werden es dennoch begrüße», daß sie nnn mit rechtskundigen Leuten zu thun haben sollen. ES wird diese Maßregel mit den bekannten Vorgängen am 18. März in Verbindung gebracht, wo Genosse Grillen berger wiederholt Gelegenheit nehmen mußte, den Beamten in seine Schranken zurückzuweisen. Schwer im Magen liegt'den Grubenbaronen der internationale Bergarbeiter-Kongren. Der wachsende Einfluß der Sozialdemokrarie auf.die Bergleiite, der trotz der brütalen Maß- reglungen immer mehr um sich greist, versetzt die Kapitaliften- blätter in Wuth gegen die„Wächter und Hetzer." So hat die „Rhein . Wests. Zeitung", das Organ der Kohlenjunker, sich jetzt eine eigene Schimpfrubrik über den Kongreß zugelegt. Unser Dortmunder Parteiorgan schreibt hierzu:„Sie(die Rhein . Wests. Ztg.) hat zugleich ein warmeS Herz für die Bergleute entdeckt und grämt sich arg, daß diese armen verführten Leute für die„Vergnügungsreisen" nach Berlin soviel schönes Geld verpulvern. Ueberhaupt ist es jammerschade, daß die Berg- leute die Herren Führer von ihren mageren Löhnen mästen. „Wir denken, die Bergleute könnten ihre Groschen besser an- wenden, als sie für Vergnügungsreisen den rothen Brüdern zu opfern, zumal die Löhne ja kaum fiir den Unterhalt aus- reichen sollen, wie dieses in allen Versammlungen betont wird. So lange die Bergleute noch„Marken" für solche Extravaganzen ausgeben, können die Löhne gar so schlecht nicht sein", ruft das Organ der Kohlenbarone bewegt aus. Woher nur diese Plötz- liche Sorge um das Wohlergehen der Bergleute? Ja, wenn den Herren Kohlenbaronen die Organisation der Bergleute nicht zentnerschwer im Magen läge, wenn sie nicht fürchteten, daß die Bergleute im gemeinsamen Kampfe sich ein bischen mehr Lohn erringen könnten, und daß der internationale Kongreß dieses Ziel näher bringen würde, so würde sie die Verwendung des Geldes der Bergleute sehr kalt lassen, und wenn diese auf ihre Kosten die Delegirten ein dutzend Mal um die Erde reisen ließen, so würden die Herren Grubenjunker aus diesem Anlaß höchstens — die Löhne kurzen. »» » Tie Zentralleitnug fiir Uuterfranken, deren Sitz W ü r z- b» r g, ersucht uns zu unserer Notiz in Nr. OS ergänzend mit- zutheilen, daß genannte Zentrallcitung die sämmtlichen uiiter« fränkischen Wahlkreise(Kitzingen , Lohr , Neustadt a. S., Schwein- surt, Würzburg ) mit Ausnahme des Aschaffenburger Kreises, der von Frankfurt aus geleitet wird, umfaßt. Der oberfränkische Bamberger Wahlkreis ist nur insofern interessirt, als das dortige Parteiblatt„Bamberger Volks-Zeltllna" im Verlage des unter- fränkischen Parteiorgans erschernt. Eine zahlreiche Beschickung des bevorstehenden unterfränkischen Parteitags ist diesmal um so erwünschter, als bezüglich der Parteipreffe wichtige Beschlüsse zu fassen sind. »» « Maifeier. DieKölnerParteigenossen feiern den 1. Mai durch Ausflug, ständiges Konzert im Garten des„Karl der Große " und eine Volksversammlung des Abends, in welcher G r i m p e- Elberfeld spricht.— In Barmen wird in gleicher Weise gefeiert werden. Dort findet Nachmittags ein Ausflug und des Abends drei Versammlungen statt.— Der Polizeidirektor von Rom untersagte alle öffentlichen Versammlungen und Umzüge zur Feier des 1. Mai.— Den Genoffen von Hannover ist ebenfalls, wie den Dresdenern, in letzter Stunde das Lokal der„Palmengarten" abgesagt worden. Die Feier wird nun im „Odeon" stattfinden. Außerdem finden mehrere Versammlungen in Linden und Hannover statt.— Die Genossen von Wittenberge beabsichtigen, am Abend des 1. Mai eine Volksversammlung ab- zuhalten, in der Genosse K o o p m a n n, der Kandidat deS Kreises, über die Bedeutung des Tages sprechen wird; hieran schließt sich ein Kommers. Am Morgen findet eine Partie nach aus- wärts statt. In Oesterreich muthet die Regierung sich die Sysiphus- arbeit zu, die M a i d e in o n st r a t i o n hintertreiben zu wollen. Ein weiteres Telegramm meldet hierüber: In einer anläßlich des bevorstehenden 1. Mai erlassenen Bekanntmachung des Statthalters wird darauf hingewiesen, daß Arbeitseinstellungen ohne Zustimmung der Arbeitgeber gesetzlich unstatthaft seien und daß der Vertragsbruch event. Entlassung nach sich ziehe. Die Arbeiterschaft wird in der Bekanntmachung wohlmeinend und dringend vor eigenmächtigen Arbeitseinstellungen und namentlich vor Ausschreitungen, denen aus das Strengste be- gegnet werden würde, gewarnt. Oeffentliche Aufzüge sind in diesem Jahre wegen des versammelten Reichsrathes weder in Wien und Umgebung, noch, anderer Verhältnisse halber, ander» wärts gestattet. Alle Maßnahmen sind getroffen, um etwaigen Ordnungsstörungen auf das Wirksamste entgegenzutreten.— Die österreichischen Arbeiter werden trotzdem den Weltfeiertag der Arbeit glänzend wie immer feiern. In Holland verhindert die traurige politische Lage und die Verhältnisse in der eigenen Partei nicht, daß auch das holländische Proletariat das Fe st der Arbeit, die Maifeier, voll Hoffnung für die Zukunft begehen wird. In mehreren Städten und auf dem platten Lande werden Vorbereitungen zu Volks- Versammlungen und Demonstrationen getroffen. In Amsterdam wird ein großartiges Kinderfest arrangirt. Im allgemeinen wird das Fest am ersten Mai begangen, nur hier und da am Sonntag vorher oder am dritten Mai. In Frankreich haben die albernen, unnützen Polizei- maßregeln nicht vermocht, die Parteigenossen abzuhalten, die Vorbereitungen zur Feier des 1. Mai ruhig fortzusetzen. Der Pariser Gemeinderath hat einen Beschluß an- genommen, nach dem alle städtischen Verwaltungen der Weltstadt gezwungen sind, am 1. Mai ihren Angestellten und Arbeitern ohne Lohnabzug frei zu geben. Wie wenig wird wohl dieses Pariser Beispiel von edler Menschenfreundlichkeit bei den kom- munalen Verwaltungen heutzutage Nachahmung finden. Paris ist anderen„zivilisirten" Städten um ein halbes Jahrhundert in dem Fortschritt voraus.— Die sozialistische Gruppe der französischen Kammer hat beschloffen, sich am 1. Mai von 2 b!S. 3 Uhr im Palais Bourbon (Sitz der Kammer) bereit zu halten, um bis verschiedenen Arbeiterdelegationen zu empfangen, und hierauf an dem großen Meeting in dem ehemaligen /Theater des Ehäteau d'Eau theilzunehmen.— In R o u b a i x wird der Bürgermeister Vormittags die Arheiter-Delegationen im Hotel de Ville empfangen und ihnen einen Ehremvein kredenzen, am Abend wird das Stadthaus„a giotno" beleuchtet werden.— < Polizeiliches, Gerichtliches re. — GehauSfucht lvurde in M a a d e b n r g bei weiteren 10-12 Parteigenossen nach Maibons und Parteimarken. Einige Personen wurden bereits polizeilich verhört. Vevmisickiles. Tic Cholera. Hamburg , 27. April. Infolge der in Lissabon herrschenden Cholera werden die nach Brasilien fahren- den Dampfer der Hamburgisch> Südamerikanischen Dampfschiff- fahrts-Gesellschast von Mai ab bis auf weiteres Lissabon nicht mehr anlaufen. Warnung vor Auswanderung. Aus New- Jork ist an die deutsche Behörde die Mittheilung gelangt, daß Privat-Unter- nehmer eine Anzahl Agenten nach Europa geschickt haben, welche Landarbeiter behufs Kolonisation nach unbebauten Länderstrecken anwerben sollen. Es handelt sich um Läudereieu längs des Misstsippi, die in gesundheitlicher Beziehung alles zu wünschen übrig lasse». Das gelbe Fieber räumt unter den Kolonisten in schrecklicher Weise auf. Die Unternehmer der großen „Misstsippi- Kolonisations- Gesellschaft" finden in ganz Amerika keinen �Arbeiter, deshalb haben sie Europa und in erster Linie Deutschland auss Korn genommen. Die Agenten versprechen freie Ueberfahrt, unentgeltliche Uebergabe von Land, Anschaffung der nothwendigen Geräthschaften. Sie verschweigen aber, daß ein mehrmvnatlicher Aufenthalt in den sumpfigen Niederungen un- fehlbar den Tod bringt. Eine Warnung vor der Ans- Wanderung nach den Misstsippi- Sümpsen ist deshalb durchaus am Platze.
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