1. Beilage zum„Vorwärts" Berliner Volksblatt. »r. 100. Dienstag, de » 1. Mai 18S4. 11. Jahrg. Vsrlkltnenksbcrichke. AbgeordneteuhanS. 60. Sitzung vom 30. April 1334. 11 Uhr. Am Ministertische: v. H e y d e n und Kommissarien. Eingegangen ist ein Gesetzentwurf betreffend die Rechte de? VermietherS an den in die MiethSräume eingebrachten Sachen. Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der zweiten Be- rathung des Gesetzentwurses über die Landwirthschafts- k a m m e r n. Es stehen noch aus die auf das Wahlrecht be- züglichen Bestimmungen, welche in die Kommission zurück- verwiesen waren. Die Kommission ist aber zu einem Beschluß nicht gekommen. Nach Z S der früheren Kommissionsbeschlüsse sollten wähl- berechtigt sein: 1. In selbständigen Gutsbezirken die Guts- eigenthumer(Gutspächter). 2. In Stadt« und Landgemeinden die Eigenthümer beziehungsweise Pächter, deren Grundbesitz oder Pachtung den Umfang einer selbständigen Ackernahrung (nach der Vorlage: Den Umfang einer die Haltung von Zugvieh zur Bewirthschaftung erfordernden Ackernahrung) hat. Weiter werden Bestimmungen über das Wahlrecht der Pächter, der Nutz- nießer und der weiblichen Besitzer getroffen und schließlich be- stimmt, daß die Satzungen die Berechtigung zum Wählen auch an die Eigenthümer. Pächter und Nutznießer kleinerer Besitzungen verleihen können. Ein Antrag des Abg. Herold(Z.) will an stelle der einen Wahlabtheilung, welche die Kommissionsbeschlüsse und'.der zwei Abtheilungen, welche die Vorlage vorschlägt, drei Wahlabtheilungen setzen. In der Abstimmung werden sämmtliche Anträge, die Kom missionsbeschlüffe und die Regierungsvorlage abgelehnt und zwar der Antrag Herold gegen die Stimmen des Zentrums; die Kom- missionsbeschlüffe mit 164 gegen 144 Stimmen; die Minderheit bildeten die Konservativen, die Polen und von dem Zentrum die Abgg. v. Gliszczmski-Costau, v. Strombeck, Rintelen, v. Kehler, v. Los, Gras Hönsbröch und Prinz Arenberg. Zum Z 7 liegt ein Antrag des Abg. v. Hönöbröch vor, wo- nach Sie Staatsbeamten(insbesondere die Landräthe) nur dann wählbar sein sollen, wenn sie nach den Bestimmungen der in der betreffenden Provinz geltenden Kreisordnung dem Verbände der Großgrundbesitzer angehören. Der Antrag des Grasen Hönsbröch wird in der Eventual- abstimmung angenommen gegen die Stimmen der Konservative:'., h 7 mit diesem Antrage aber verworfen. Nach§ 6 sollen in denjenigen Wahlkreisen mindestens zwei Mitglieder gewählt werden, von denen einer dem Verbände der größeren, einer dem Verbände der kleineren Grundbesitzer angehören muß. Die Kommission hat diese letztere Bestimmung gestrichen. Abg Herold beantragt, daß in drei Klassen gewählt werden soll, weil die Interessen aller Grundbesitzer allerdings die gleichen feien, aber die praktischen Bedü-fniffe seien verschiedene und deshalb muß die Wahl von Vertretern der einzelnen Gruppen gesichert werden. Der Antrag Herold wird abgelehnt, der Antrag vom Heede wird in der Eventualabftimmung von den Rationalliberalen und Konservativen angenommen, Z 8 mit diesem Antrage aber gegen die Stimmen der Korservativen verworfen, wobei Abg. v. Buch den Zwischenruf macht: Das ist die Probe aus die Bauern- freundlichkeit! Danach werden sämmtliche Abänderungsanträge zurück- gezogen und die noch ausstehenden Paragraphen ohne Debatte gegen die Stimmen der Konservativen abgelehnt. Schluß 3 Uhr. Nächste Sitzung Dienstag II Uhr. Dritte Lesung der Novelle zur evangelischen Kirchenverfassung; dritte Lesung des Gesetzentwurfs betreffend die durch die Neuorgani- sation der Eisenbahnverwallung überflüssig werdenden Beamten und Antrag Ring wegen Aenderung der Kreisordnung. Maifeier In der Stadt Dresden , sowie in den Amts- bauptmannschaftcn Dresden Alt- und Neustadt sind alle öffent- lichen Aus- und Umzüge am l. und 3. Mai. sowie alle An- und Versammlungen auf Straßen und Plätzen oder sonst im Freien verboten. Den Aus- und Umzügen sind nachBe finden gleich zu achten sogenannteMafsen- spaziergänge, auch wenn sie nur gruppenweise und ohne feste Gliederung sich bewegen. Wir halten letztere Bestimmung, welche sehr stark an «inen Belagerungszustand erinnert, einfach für ungesetzlich.— In Bremerhaven , wo ein Umzug gestattet worden ist, nehmen die Arbeiter und Arbeiterinnen, nach Branchen geordnet, am Abend des 1. Mai Ausstellung. 26 Gewerkschasten haben Maifeier im Walde. Von Ernst Almsloh. »Der erste Mai, der grüne Mai, von rothen Wimpeln fluthet's drein, .Nun bin ich frisch und froh und frei und will mein Lied dem Frühling weih'n.* Henckell . Ich stand in eini»weiten, weglosen Wüste. Um mich herrschte dunkle, beängstigende Nacht. Wohin rch zagend meinen Fuß setzte, strauchelte ich, und rathlos und verzweifelnd sah ich mich nach einer rettenden Hand, nach Hilfe um. Da endlich, ganz in der Ferne, bemerkt- ich ein schwaches Lichtchen, nur eine» kleinen sternartig leuchtenden Punkt. Hoffnunggeschwellt eile ich strauchelnd aber unaufhaltsam dem Lichte zu. und je näher ich komme, um so freudiger, um so stürmischer eile ich ihm entgegen.. � v Und ich erkenne eine mächtige Fackel, dl« lodernd lhren blendenden Schein zum Himmel wirft. Ein großes, stolzes, göttliches Weib hält jdie Fackel in der Rechten. Ein faltenreiches Gewand bedeckte ihre wunderbaren Formen, mit flammendem Auge blickt sie mir entgegen und in überwallender Begeisterung rufe ich aus: .Freiheit! Göttin!"--- Da erlischt alles schemengleich und verwirrt und befangen öffne ich die Augen. Ein-kleiner neckischer Sonnenstrahl, der sich durch das geöffnete Fenster auf mein Bett gestohlen, hat mich in lieblichem Spiel genarrt und mir im Traum die Königin der Freiheit Unter dem Eindrucke des sonderbaren Traumes schließe ich »och einmal die Augen..... Aber der sürwitzige Sonnenstrahl läßt mir keine Ruhe mehr. Immer wieder muß ich mit blinzelnden Augen in sein strahlendes, ihre Theilnahme zugesagt.— Den Genossen in B u r s ch e i d ist es seitens des Bürgermeisters verboten worden, bei der Mai» f e i e r Entree zu erheben. Auf welchen Paragraph der Bur- fcheider Bürgermeister fein„Verbot" stützt, ist uns gänzlich un- erfindlich. Es bleibt dem Verwalter eines öffentlichen Festes (vorbehaltlich der polizeilichen Anmeldung und Hinterlegung der Abgaben) unbenommen, Entree zu erheben und eine Beschwerde höhern Orts würde auch hier wohl Remednr schaffen. Freilich bis zum Entscheide würden Wochen vergehe» und dadurch die Maiseier in Burscheid vereitelt werden.— In Italien wird das gehetzte und geknechtete Volk am I.Mai trotz aller Chikanen seitens der Polizei in großen Massen demonstriren. Die Präfekten berichten an das Ministerium des Innern übereinstimmend. daß überall Kundgebungen organisirt sind.— Die in Warschau verhafteten 250 Demonstranten fallen über den 1. Mai hinaus, sür welchen Tag durch anonyme Aufrufe stark agitirt wird, in Gewahrsam bleiben. Die Budapester Polizeibehörde verbot die Mai- f e i e r der Arbeiter in der Hauptstadt als eine Demonstration des Proletariats gegen die Gesellschaft, welche zu Ordnungs- Widrigkeiten führen könnte.— Das„Hamburger Echo", die Magdeburger „Volksstnnme", die„Münchener Post", wie über- Haupt wohl alle Parteiblätter, werden am ersten Mai nicht«- scheinen. •• » lieber den Verkauf des von dem bergmännischen Rechts schutzverein in Bildstock erbauten„Saalbau's" wird aus St. Johann a. d. S. berichtet: Ter Saalbau, als dessen Eigenthümer das frühere Vorstandsmitglied Berwanger in dem Kaufakt über den Grund und Boden des Gebäudes verzeichnet ist, ging vor einiger Zeit für den Kaufpreis von ca. 30 000 M. in den Besitz des Bierbrauers Friedrich Schmidt zu Neunkirchen über. Hinter diesem stand niemand anders als der kgl. preuß. Bergfiskus selbst. Der Behörde kam es darauf an, ein Seßhaft- werden der Sozialdemokratie im Saarrevier unter allen Um- ständen zu verhüten. Behufs Ungiltigkeitserklärung des von Berwanger mit Schmidt bethätigten Verkaufes des Saalbaues hatten verschiedene der früheren Vorstandsmitglieder und Führer der bergmännischen Bewegung, insbesondere Warken und Schills, die Feststellungsklage bei dem Landgericht Saarbrücken erhoben. Nachdem im Laufe des Rechtsstreites«in Theil der Kläger aus dem Prozeß freiwillig ausgeschieden war, hat das Landgericht gestern die erwähnte Klage kostenfällig abgewiesen und damit das Eigenthum des p. Schmidt anerkannt. Mangels der ersorder- lichen Geldmittel dürfte diese Angelegenheit beendigt und eine Berufung an das Ober-Landesgericht zu Köln ausgeschlossen sein. »* » Das Bochumer Bombenatteutat suchte man seiner Zeit nach allbewährtem Muster bekanntlich den Sozialdemokraten an die Rockschöße zu hängen. Die stattgehabte öffentliche Ver- Handlung hat nun das völlig Grundlose all dieser Behauptungen ergeben. Die„Köln . Volkszeitung", jedenfalls kein sozialisten- freundliches Blatt, schreibt u. a. in ihrem Bericht:„Ter An- geklagte hatte in feinen ersten Verhören geheimnißvolle Andeutung «macht, als habe er im Austrage und im Interesse einer be- immten Partei gehandelt, indeß ergab die Beweisaufnahme nach dieser Richtnng hin nichts Greifbares. Ebenso wenig konnte Pfeif fer's Zugehörigkeit zur sozial- demokratrschen Partei festgestellt werden; feine Lieblingslektüre war ein sogen, farbloses Blatt."— Auch der Staatsanwalt zerstörte durch sein Plan doyer die Legende, daß Pfeiffer ein„enragirter Sozialist" sei und stellte das Verbrechen als ein jeden politischen Beigeschmacks entbehrendes hin. » Wie'S geniacht wird, um die Ausbreitung der fozialisti- scheu Idee möglichst zu hemmen, welch' kleinliche Mittel nament- lich in den Proviuzialstädlen angewandt werden, die erste Regung im Keinze zu ersticken, geht wieder recht deutlich aus einem Schreiben hervor, welches der„Münchener Post" aus I n g o l- st a d t zugeht. Es heißt dort: Ingolstadt ist keineswegs eine von jenen Städten, allwo die Sozialdemokratie ohne Schwert- streich Eingang und Verbreitung findet. Die geistlichen und weltlichen Schnüffler und Rüttler thun ihr Mög- lichcs, um die Entwickelung freien Denkens und selbst- ständigen Handelns hintanzuhalten. Schilderte doch ein Eingesandt ans Ingolstadt erst in letzter Woche das schneidige Vorgehen hiesiger Ordnungssäuleu, wie sie uns ein Lokal, m welchem Genosse Vollmar sprechen sollte, abgetrieben und der Wirth zum Wortbruch verleitet wurde. Die betreffende Nummer der„Münchner Post" gelangte hier in vielen Exemplaren zur Verbreitung, was aber seitens der hohen Obrigkeit nicht un- gerochen bleiben sollte. Am Sonntag kam die„Münchner Post' hier zur Verbreitung, am Montag hatte es die Hoch- wohllöbliche heraus. wer die Schauderthat verübte. Im vollen Eiser, mit wichtigem Gethue und ernster Miene trat dann am Montag ein Polizist in eine Sattlerwerkstätte und klares Antlitz schauen und jedesmal ist mir's, als wollte der zarte Strahl mir etwas mitt heilen,«twas, das ich vielleicht ver- gessen habe. Da ermuntere ich mich denn endlich. Ach! Das ist's! Daran hat mich der liebe, freundliche Sonnenstrahl erinnern wollen: Ter erste Mai! Ter Weihetag der Arbeit! Und dankbar blinzele ich den leuchtenden Maiboten an. Aber er läßt mir noch keine Ruhe! Er will offenbar nicht, daß ich noch länger in weichlicher, dumpfer Bettstatt zubringe, er lockt mich hinaus in die Natur, in den Wald. Und als ich da auch noch draußen lustig eine Amsel schmettern höre, da springe ich ans. Ja, hinaus in den Wald! Das ist der Ort, wo ich am weihe- vollsten den herrlichen Festtag einleiten kann.--- Noch leer sind die Straßen, die ich rasch durcheile. Nur hier und da sehe ich gruppenweise die heute doppelt bemitlcidenS- werthen Frohnsklaven der Arbeit ihrem Tagewerk zueilen. Aber sie blicken heute nicht fo gleichgiltig und stumpf drein wie sonst, sondern freudig, mit leuchtenden Augen begrüßen sie sich; ist doch heute ihr höchster Feiertag!------- Ewig schöne Waldesnatur! Wie viele Dichter haben deine Pracht in begeisterten Worten gepriesen, wie viele Sänger haben mit lautem Munde dein Lob gesungen! Und doch bist du ewig jung, doch ergreifst du der Menschen Herz mit derselben Allgewalt wie schon vor tausend Jahren, doch zeigst du, daß gegen deine uralte, wunderbare Schönheit alle Menschenkunst nur Stück- werk ist! Kühl und schattig umgiebt mich das Laubdach des Waldes, auf den Blättern liegt der Tha» der verwichenen Nacht und in jedem Tröpfchen bricht sich das leuchtende Sonnenlicht in tausend glitzernden Farben.' Ein frischer, herbsüßer Duft quillt aus Baum und Strauch und wunderbar geheimnißvoll rauschen und wispern die Bäume. Ob auch die Natur, ob auch der Wald wohl weiß, daß heute der Mai, die wunderbarste Zeit für alles, was Leben heißt, beginnt? frage ich mich. Fast möchte ich es glauben. Scheint mir's doch, als hätte fragte nach einigen Namen. Als die Betreffenden sich gemeldet hatten, zog er die„Münchener Post" heraus und fragte in- quisitorisch:„Kennen Sie diese Zeitung?" Die Antwort war ein„Ja". Auch gestand der gefragte Arbeiter zu, daß er die Nummer mit verbreitet habe und nur bedaure, daß die Exemplare viel zu wenig waren. Dem Arbeiter wurde dann gesagt, das weitere folge nach. Während der Woche sah man denselben Poli- zisten sich wiederholt mit dem Prinzipal, dem Sattlermeister, unter- halten, wie denn auch herauskam, daß dieser ein Schriftstück des Gouvernements unterschreiben mußte. Was der Mann unter- schrieb, läßt sich wohl denken. Am Sonnabend wurden die beiden Gesellen entlassen, weil es nicht angehe, daß Sozialdemokraten in einem Geschäfte arbeiten, das sür die terren Offiziere und für die Armeeverwaltung arbeite. en Einwurf eines Gesellen, ob sie denn politisch bevormundet seien, lehnte der Meister ab, indem er meinte, ihm persönlich sei es gleich, was seine Arbeiter außer der Arbeit machen, allein Sozialdemokraten könne er nicht befchäftigen, sonst verliere er die Arbeit für das Militär,(sie!) Kurzum, die beiden Männer wurden auf die Landstraße geworfen. Einer derselben arbeitete sieben Monate, der andere über ein Jahr im betreffenden Geschäft. Beiden Gesellen wurde je ein musterhaftes Zeugniß ausgestellt und in demselben gesagt, daß die tüchtigen Arbeiter jedem Arbeitgeber nur bestens empfohlen werden können. Demzufolge scheint der Meister bei der Eni- lassung der beiden Gesellen unter ganz schändlichem Druck ge- handelt zu haben. Gesetzlich war den Arbeitern nicht beizu- kommen. darum wurden sie auf diese Art verdrängt und„un- schädlich" gemacht.— Wir haben obigen Vorfall in etwas auS- führlicherer Weise beschrieben, weil er typisch ist; in ähnlicher Weise wird überall, hauptsächlich in den kleinen Orten, gegen die verhaßten Sozis vorgegangen. Ebenso sicher ist natürlich. daß es absolut nutzlos ist, eine Kulturbewegung durch Polizei- willkür eindämmen zu wollen. »« Mit dem Boykott der Dresdener Arbeiter gegen das Waldschlößchen ist natürlich auch das konservative„Vaterland" nicht einverstanden. Es schreibt: „Der Terrorismus treibt immer bessere Blüthen. Die Dresdener „Genossen" haben nicht nur den Boykott über die Waldschlößchen-Brauerei verhängt, sondern verlangen auch, daß die„organisirten" Brauer, die infolge des Boykotts entlassen wurden, wieder eingestellt werden. Dieser Boykott ist lediglich ein Akt des Uebermuths. eine Kraftprobe. Wir halten es für eine Pflicht aller Gutgesinnten, die Brauerei in ihrem Kampfe so zu unterstützen, daß sie Siegerin bleibt." Die„Sachs. Arb.-Ztg." fertigt die Gutgesinnten deS„Vaterland" ab wie folgt: Wohlan denn, ihr„Gutgesinnten", trinkt das Waldschlößchen-Bier in Strömen, trinkt alles Bier, was die Arbeiter nicht mehr trinken wollen, das ist„Pflicht" für jeden „staatserhaltenden" Mann. Solltet ihr„Gutgesinnten'' auch zahl- lose Affen und Katzenjammer dabei erdulden, sollte euch auch das äoliriura tremens dabei erfassen, schadet alles nicht, geschieht eS doch„zun: Heil der Ordnung und guten Sitte"! ♦» Genosse Hülle, Redakteur der„Thür. Tribüne", hat vor einigen Tagen wieder eine dreimonatliche Gefängnißstrafe an- getreten. »• Polizeiliches, Gerichtliches je. Beschlagnahmt wurden die Geschäftsbücher der„Volks- stimme" in Magdeburg . Die Polizei behauptet: Die Buch- Handlung habe Exemplare des f. Z. verbotenen„Sozialdemo- kratischen Katechismus" bezogen und verbreitet. Das Geschäft muß also vorläufig ohne Bücher arbeiten; wenn es dadurch materiellen Schaden erleidet, was geht's der Polizei an?— Schicksals Tücke. Wegen unerlaubter Sammlung, zu der angeblich die Vorstandschast des Agitationsvereins für Nord- bayern in Nürnberg durch eine Bekanntmachung, in der die Nn- Möglichkeit zur Erlassung von Aufrufen auseinandergesetzt wurde. aufgefordert habe, erhielten die Genossen Oertel. Herrmann und Roßkopf, sowie auch Genosse Segitz(als verantwortlicher Re- dakteur) Strafmandate. Gegen dieselben ist Einspruch erhoben worden und muß nun die gerichtliche Verhandlung abgewartet werden, welche ja ergeben wird, ob man kür eine Handlung, die nicht begangen worden ist, gestraft werden kann. Noltales. Die Berliner Volksküchen haben im Jahre ISSS(nach dem eben ausgegebenen Jahresbericht) wiederum eine Abnahme des Konsums ihrer Speisen erfahren. Diese Abnahme hält.an schon seit längerer Zeit an. 18S0 wurde die bis dahin höchste Zahl von 2 724 419 Portionen ausgegeben. 1833 dagegen nur noch 2 078 307 Portionen, macht in 3 Jahren 645 512 Portionen weniger. Diese Differenz ist um so auffälliger, da sich doch die Bevölkerung Berlins inzwischen ganz bedeutend vermehrt der Wald sogar sein Feiertagsgewand, ja eine FeiertagSstimmung angelegt. Noch nie sah ich den Wald in solch' leuchtender Pracht, noch nie schien mir jedes einzelne Blatt so in zitternder, er- wartungsvoller Freude am Leben zu erbeben, noch nie schwellte mir der würzige, kräftige Waldesduft in solcher Reinheit und berauschender Frische die Brust. Sinnend und versunken in den Anblick der Herrlichkeit ringi um mich herum, gehe ich weiter. Ob's auch der Wald wohl weiß? Und da ist es mir plötzlich, als sähe ich alle Bäume und Sträucher lebende Gestalt annehmen, als sähe ich sie mit den Häuptern mir zunicken; und auch das Rauschen des WaldeS verdichtet sich mir immer mehr zu brausenden, klangvollen Tönen, zu Worten, die mir in jubelnder Freude antworten: „Ja, auch wir wissen, daß der herrliche, liebliche Mai mit seiner Freude am Leben über Nacht zu uns gekommen ist!" Und jedes Blättchen, jede Knospe, jeder Strauch scheint von derselben zauchzenden Freude durchglüht zu sein, eins scheint dem andern vor überquellendem Jubel mittheilen zu wollen, waS doch schon jedes weiß. Aber allmälig wird das Rauschen und Brausen immer leiser und nur eine mächtige klangvolle Stimme glaube ich noch zu hören. Die prächtige, hochstämmige Buche, mit dem schlanken, weder durch Sturm noch Wetter gebeugten Stamm, mit der herrlichen voll entwickelten Blätterkrone ist es, die allein mit begeisterter Stimme spricht und der alles in heiligem Schweigen zuhört. „Wer hätte wohl mehr Grund, sich des heutigen TageS zu freuen, wie wir. Bäume, Sträucher, Büsche, Pflanzen des Waldes! Ein herrliches Siegessest ist es, das wir nach langem, schwerem Kampfe feiern. Der alte, eisige Winter hat uns lange, lange Zeit in eisernen, lebenertödtenden Fesseln gehalten. Mit Frost und Eis. mit Schnee und Kälte hat er uns überzogen; in dumpfem, starrem Banne, kaum wissend, daß eS noch ein freies, fröhliches Leben giebt. so lagen wir in ohnmächtiger Knechtschaft da. Aber ganz im Innern, ganz zu unterst. da begannen sich allmälig zarte Lebenstriebe zu regen. Das kalte weiß, Leichen-
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten