Nr. 219. 83. Iahrgavs.
f eiliiie des ArMs" vglksdlM.
Frettag, 11, AugnS 1916.
Chronik des Weltkrieges. 11, August 1914. Eine vorgeschobene gemischte Brigade des französischen tS. Armeekorps wird bei Lagarde in Lothringen vernichtet. Die deutsche Beute besteht in 2 Batterien, 4 Maschinengewehren und 700 Gefangenen. An her österreichisch-russischen und österreichisch-serbischen Grenze kleinere Zusammenstöße. Die deutsche Flotte ist an drei Stellen in Aktion getreten. Mehrere kleine Kreuzer beschossen den Sriegshasen von Libau . In der Bordsee wurden mehrfach Vorstöße unternommen, ohne auf einen Gegner zu stoßen. Endlich beschossen deutsche Schiffe die Küste von Algier . Die.Kreuz-Zeitung " veröffentlicht eine Zuschrift über die Teil- nähme der Gewerkschaften an den Erntearbeiten, in der es heißt: „Die freien Gewerkschaften sammeln nicht— wie das Blatt fgemeint ist ein Montagsblatt) weiszumachen sucht— feurige Kohlen auf die Häupter der Agrarier, sondern sie bitten damit jetzt bei den verhaßten Gegnern um Brot, nachdem sie sahnen- flüchtig vom Lande zur Industrie desertiert waren und nun bei der Industrie kein Brot mehr finden. Durch das Mäntelchen, welches das Blatt dieser nicht von Reue diktierten Notrückkehr umzuhängen sucht, läßt sich kein selbständig Denkender täuschen." Aus Krakau wird gemeldet, daß die Russen aus Warschau abgezogen(!) seien. Aus England melden bürgerliche Blätter, daß die abreisenden Deutschen bei der Einschiffung„mit Begeisterung die„Wacht am Rhein" und„Deutschland , Deutschland über alles" anstimmten". In dem Bericht heißt es dann weiter:„Die Engländer am Kai konnten sich der Würde der Stunde nicht verschließen: sie zogen die Mützen und winkten." 1 1. August 1915. Deutsche Ostseestreitkräfte greifen erfolgreich russische Panzer- schiffe an und zwingen sie zum Rückzug. Das deutsche Hilfsschlff„Meteor " legt an der englischen Küste Minen aus und vernichtet den britischen Hilfskreuzer„The Ramsay". Bon vier englischen Kreuzern gestellt, versenkt der deutsche Komman- dant sein Schiff. Die gesamte Besatzung erreicht einen deutschen Hafen. An der Ostfront energisches weiteres Vordringen der deutschen und österreichischen Truppen. Mehr als ZOOO Gefangene werden ' eingebracht. Die polnische Fraktion im österreichischen Reichsrat, der söge- nannte Polenklub, verlangt die Schaffung eines ungeteilten König- re'.chs polen mit Galizien im Verbände der habsbnrgischen Man- archie.
politische Uebersicht. Nr. S. Dem Chor der„T ä glichen Rundschau" und der „K r e u z z e i t u n g", die, anknüpfend an die innerpolitischen Verschiebungen in Rußland , für„mildernde Umstände" dem Zarismus gegenüber plädierten, schließt sich nun auch Graf E. Reventlow in der„DeutschenTageszeitung" an. In einem Artikel„Die„P o t s d a m i t e n" und
S s a s o n o w" zitiert er die Aeußerung eines der Führer der „echtrussischen" Leute, Bulazel, der anläßlich der Verab- schiedung Ssasonows im„Graschdanin" schrieb, Ssasonow sei ein K o m m i S Englands gewesen und:„hätte Ssasonow sich den wilden Deutschenfressern nicht in die Arme geworfen, dann wäre es überhaupt zu keinem Kriege ge- k o m m e n. Anstatt das Auswärtige Amt zu einem russischen Ministerinm für auswärtige Angelegenheiten zu machen, ge- währte Ssasonow den Ausländern in so hohem Maße Einfluß auf unsere politischen Angelegenheiten, daß selbst die ruhigsten unter den russischen Patrioten für die Zukunft Ruß- lands in höchstem Maße besorgt sein müssen". � Diesen Ausspruch BulazelS, dem in erster Linie inner- politische Gegensätze zugrunde liegen, benutzt nun Graf Re- vcntlow, um die Echtrussen als Kronzeugen seines Stand- Punktes in der äußeren Politik aufmarschieren zu lassen: „In diesen Sätzen," bemerkt er triumphierend,„liegt ein nicht uninteressanter Beweis und eine Bestätigung unse- rer viel angefochtenen Behauptung, daß Ruß- l a n d für den großen Koalitionskrieg gegen die Mittelmächte nicht die treibendeKraft, sondern das Werkzeug Englands gewesen se i. Einen weiteren Beweis für die Richtigkeit seiner An- schauungen erblickt Reventlow in einem Artikel des Peters- burger Korrespondenten der Londoner „T i m e s", über- schrieben„Die russische Potsdamparte i", in dem über einen Vortrag des früheren Vizekonsuls in Schanghai , A. N. W o s n e s s e il s k i, über die politische Arbeit der russi- scheu„Potsdampartei" und ihren„Kampf gegen die öffent- liche Meinung in Rußland " berichtet wird. Die Potsdam - Partei, heißt es dort, sei stets gegen die russisch -englische und die russisch -japanischc Annäherung gewesen, und die russischen Teutschfreunöe betrachteten auch heute noch das russische Bündnis mit Großbritannien , Frankreich , Japan und Italien als ein nur zeitweiliges und bedauerliches Mißverständnis, welches um jeden Preis beseitigt werden müsse. Die„Potsda- miten" hätten sogar in den Ministerien Sitz und Einfluß und den Ministern Jswolski und Ssasonow ihre amtliche Tätigkeit aufs äußerste erschwert. Der Krieg habe die Pots- dampartei zuerst außer Tätigkeit gesetzt, aber schon im zweiten Jahre hätten die„Potsdamiten" versucht, Mißtrauen zwischen den Verbündeten zu säen und deutschfeindliche Beamte zu bc- seitigen. Sie arbeiteten mit allen Mitteln der Bestechung und durch Beeinflussung der russischen Presse. Herr Wosnessenski erklärte in seinem Vortag als die„schrecklichste Erscheinung in dem Wesen der Potsdampartci", daß unter den Verfechtern einer Annäherung an Deutschland sehr oft auch Personen mit rein slawischen Namen sich befänden, zumal auch frühere Kollegen des früheren Botschafters zu Berlin , Graf Osten-Sacken.— Zu diesem Bericht des ,.Times"-Korrespondenten, der unter dem Einfluß der Besorgnis um die Erhaltung der eng- lisch-russischen Freundschaft die Bedeutung der echtrussischen „Potsdamiten" in offensichtlich übertriebener Weise darstellt, bemerkt Graf Reventlow: „Vor dem Kriege sind die sogenannten„Potsdamiten", in der Duma dargestellt durch die äußerste Rechte, von politi- schem Einflüsse nicht gewesen(?). Ob jetzt eine Aenderung hierin eingetreten ist oder- eintritt, entzieht sich der Kenntnis, und ebenso wenig ist festzustellen, ob und inwieweit am Hofe und in den Aemtcrn. potsdamitische Anwandlungen sich ver- mehrt hätten. Wir erwähnen dieses Stimmungsbild des „Times"-Korrespondenten hauptsächlich als Ergänzung zu an-
deren Nachrichten und Gerüchten, die bisher über russische Stim- mungcn in die Oeffentlichkeit gelangt sind." Vorsichtig fügt er dann hinzu: „Vom deutschen Standpunkte kann es kühl lassen, waS die „Potsdamiten" in Petersburg inachen und wollen." Indessen geht aus seinem ganzen Artikel, der, mit dem Echtrussen Bulazel, die These verficht, Rußland sei von Eng- land in den Krieg getrieben worden, deutlich hervor, daß die in den letzten Worten enthaltene Reserve lediglich bestimmt ist, die tiefe Zuneigung zum zaristischen Rußland zu maskieren. Gassermanns Gebot der Stunde. Der nationalliberale Parteiführer Ernst Vasscrmmm sckreibt in der„ M a g d e b u r g i s ch e n Ztg." über das„Gebot der Stunde". Eins tue not, daß wir uns freimachten von jeder Illusion und den Dingen klar ins Auge sähen. Der Krieg sei jetzt überall ein Nationalkrreg geworden.„Einerlei, ob wir nach Rußland , Frankreich , England oder Italien schauen, überall hat sich die Er- kenntnis, daß es heute um die Zukunflsgeschicke der Völker geht, Raum verschafft. Der Glaube, daß innere Schwierigkeiten die Gegner zur FriedenSbereitschafl zwingen würde», sei zunichte ge- worden: „Klar dieser Entwicklung ins Auge zu sehen, ist ein Gebot der Stunde, denn nur dann werden wir die feindlichen Kräfte überwinden, wenn auch wir bereit sind, den letzten Mann herzugeben und in unserer Energie und unserem SiegeSwillen nicht zu erlahmen." Und ein zweites erfordere volle Klarheit:„Möge man sich nicht fal s ch e n H o f fn u n g en hingeben, daß unsere Feinde auSern« anderfallen." Unter unseren Gegnern habe England die unbe- strittene Führerschaft und halte die Allianz zäh und rücksichtslos zusammen. Hieraus konstruiert Bassermann sein Gebot der Stunde, in erster Linie E n g l a n d zu bekämpfen, und zwar„unter voller AnSnutzung unserer Kriegsmittel zur rechten Zeit und mit grötzlcr Energie." Mit dieser Formel stellt sich der nationalliberale Führer erneut an die Seite derjenigen Konservativen und natioualliberalen Politiker, deren innerpolitische Bestrebungen seit Monaten darauf hinauslaufen, die Reichsregierung unter den Willen der„Unentwegten" zu beugen.
Ein echter PeterS. Der sattsam bekannte alldeutsche Kolcmialpolitiker und Reichs- kommissar a. D. Dr. Carl Peters schreibt in der„Neuen Ges. Correspondenz": „Wie zu erwarten war, läßt daS Auftreten des neu- gegründeten Nationalausschusses in den deutschen Zeitungen die Erörterungen über die sogenannten Kriegsziele wieder lebhafter werden. Ich beabsichtige nicht, mich auf dieses Gebiet zu begeben. Nur die eine Bemerkung möchte ich dazu machen, daß die Leute, welche meinen und behaupten, je milder wir unsere Todfeinde bei etwaigen Friedensverhandlungen behcmdelten, um so dauernder würde der zu erreichende Friede sein, völlig im Irrtum sind. Gerade das Umgekehrte ist der Fall. Einen Frieden bc- kommen wir überhaupt nicht, wenn wir unsere Gegner— beson- ders England— nicht vollständig zu Boden schlagen können. Dazu werden wir, meiner Ansicht nach, nur imstande sein, wenn wir daS britische Reich am Suezkanal und Aegypten — welche der Türkei gehören.—, möglicherweise in Indien , schla- gen. Je deutlicher wir ihnen hernach zu fühlen geben: vae victis kW ehe den Besiegten!), einen um so dauernderen Frieden werden wir erzwingen. Jede Schonung wird uns auf der ganzen Erde
Völker und Zührer Europas ! Die Stockholmer VermittlungSkonferenz ersucht den bekannten Dichter und Schriftsteller Dr. OttoBorngräber zur Uebermittlung dieser Worte: Genug des Tötensl. Ihr tötet Millionen— nein, ihr mordet aber Millionen. Denn mit dem Schrei eines Sterbenden schreien auf: Mütter und Väter— um den Lebensabend betrogen! Gattin- nen und Bräute— und die«S es hätten werden können— betrogen um ihr Lebensglück! Und um den LebenSmoraen betrogene arme, hungernde Kinder. Mit einem brechenden Blick erlöschen tausenb Keime von Leben und Lebensglückl Ihr, die ihr widereinander rast: in dem brechenden Blick— seht ihr das nicht? AuS dem Schrei eines Sterbenden schreit die Menschheit auf— hört ihr es nicht? Und ihr, die ihr die Macht hattet— nicht den Mut—, dies Gemetzel zu veranstalten! Ihr, die ihr die Macht habt— warum nicht endlich den Mut?!—, dies Gemetzel zu beenden: hört ihr es nicht, wie aus dem Schrei eines Sterbenden die Menschheit flucht? Die Qual eines einzigen aus all euren Feldern der Ehre wiegt mehr als all eure eitlen Phantome, all eure Interessen, all eure veralteten Ideale— entgottete Idole, mit denen ihr die Blinden äfft. Und wenn ihr ihn nicht endlich hört, diesen mensch- lichen Hilfeschrei:„Genug de» Tötens!" dann wird dieser furchtbare Schrei, aus Millionen Lippen millionenfach zusammengeballt zu einer Riesengsstalt, aussteigen aus all euren bluttriefenden Feldern der Schande, als eine Riesengestalt, riesenhafter oenn ihr,«ine dämonische Gewalt, gewaltiger denn ihr, und wird euch und eure Kinder erwürgen I � Darum noch einmal: Genug des Töten?! Erinnert euch endlich, daß der Sinn des Lebens Leben heißt! Genug des Jammers! Fühlt endlich, daß der Wert des Lebens Freude heißt! Genug des Zerstörens! Begreift endlich, daß der Wert alles Wirken« Auf- bauen heißt! Genug des Entstellen« und LügenS! Erkennt endlich. daß der Sieg in allem Weltgeschehen Wahrheit heißt! Genug des HetzenS! Genug des HassenS l Fühlt endlich, daß euer Göttliches— Liebe heißt. Ein Geist der Liebe brachte euch euren Gott und sprach: Liebet eure Feinde! Euer Geist deS Luges entstellte diesen Gott. Der, den ihr stündlich auf euren Lippen mißbraucht, mitten in eurem mörderischen Handwerk: ist das der Gott der Liebe? Ein Götze deS Greuels! Ein Baal des Bluts! Liebe gesellt den Menschen zum Menschen, Liebe zeugt den Menschen, erzieht den Menschen— ja. hättet ihr ihn nur zur Liebe erzogen! Hättet ihr nur euren Kindern in euren Schulen nicht von Anbeginn das tötende Gift ins Blut geimpft! Hättet ihr sie nur nicht überall und überall nur immer da« eine gelehrt mit altem Pathos:„La. gloirel" Oder: Denke, daß du ein Deutscher bist, «in zum Herrschen geborener Brite bist, ein Italiener bist, ein Russe bist— und wie die vorübergehenden Erscheinungen der Menschengeschichte sonst noch heißen. Hättet ihr sie dafür lieber ein Ewiges gelehrt:„Siehe, du bist ein Mensch."„Und jener ist dein Bruder." Darum verachte nicht seine Andersart, seine Eigenart— suche sie zu verstehen mit Liebe! Brüste dich nicht mit deinen nationalen Vorzügen— hast du solche, vermittle sie den anderen— doch in Güte und Liebe. Und m u ß es sein, ihr Handelsgewaltigen, daß ihr durchaus alle den Weltmarkt erobert: so erobert ihr die Welt viel leichter— in Entgegenkommen und Liebe. Und ihr Kanonengewaltigen, und ihr Chauvinisten, muß es sein, daß ihr durchaus erst euren„Erbfeind" aus der Welt schaffen wollt:
den Erbfeind schafft ihr an? der Welt nur,„wenn ihr den Erbfeind euch zum Bruder macht".*) Ja, hättet ihr in diesem Geist der Liebe und Völkerverbrüde- rung eure Kinder und euch selbst erzogen— und hättet ihr Führer der Völker euch in den Menschen nicht Knechte eurer Interessen erzogen, sondern vor allem Menschen— Brüder: dann wäre der große Tag vom Haag, dessen wir gedenken, ein gewclltiger Freudentag: an dem Großes yesät war— und Größtes wäre erblüht. So aber gedenken wir seiner in Gram, denn Großes wurde verschüttet. Hinweg mit dem Schutt, der aus euch selber stieg: aus dem mittealterlichen Wust überkommener Anschauung, verkehrter Er- Ziehung, veralteter Ideale, verfehlter Einrichtungen— und aus euren liebeleercn, haßüberwucherten Herzen. Hinweg mit dem Schutt, und auf gleichem Grunde, der dort im Haag gelegt ward, keime die neue Saat— erblühe die neue Welt. Ja, die schöne Saat war gelegt— zum erstenmal fruchwer- heißend. Alles Vorherige war erst da» Lockern des harten Bodens, ein halb Jahrhundert lang: Geister wie Tolstoi , Victor Hugo , Bertha von SuttnerS Seele— die Weltfriedenskongresse zu Paris , London , Rom , Bern , Chicago , Antwerpen , Budapest , Hamburg , Turin —, sie alle waren zunächst privater Natur, von einzelnen vorgeschrittenen Geistern getragen. Aber am 18. Mai 1899— gleichsam als ob das sterbende Jahrhundert alten, erstorbenen Götzen den Abschied geben wollte, als ob das neue Jahrhundert uns eine neue Acra des Völkergedeihens erschließen sollte— da geschah es, daß ein„Offizieller", ein Gewaltiger, ein Kaiser von Nußland zu einer Friedenskonferenz entbot, und sechsundzwanzig Staaten leisteten Folge. Was ihr damals gelobt, ihr Staaten und Gewaltigen, und was ihr in der zweiten Haager Konferenz feierlichst erhärtet: Die Schlichtung eurer Streitfälle durch Richter eurer Wahl auf der Basis der Achtung vor dem Recht, die Verpflichtung, sich in Treu und Glauben dem Schiedsspruch zu unterwerfen: daS, ihr Staaten und Gewaltigen, in Zukunft zu halten, das ver- langen eure Völker von euch. Und wenn eure Führer und Staaten euch das in Zukunft nicht halten, wenn sie wiederum setzen Gewalt vor Recht, türmen Rüstung auf Rüstung und damit Weltkrieg auf Weltkrieg: dann euer Recht, euren Frieden, eure Freiheit euch s e l b st aus den Sternen herunterzrholcn, das, ihr Völker, verlangt die Geschichte von euch. Nur auf dem Grunde des Rechts ruht die Zukunft Europas . Oder Europa hat eine Zukunft nicht. Genug des Tötens! Auf dem Grunde des verschütteten Haager Erlösungswerks baut die Zukunft der WeltI Schiedsgericht und Gerechtigkeit statt Krieg, das heißt„kriegen"— was dir meist nicht gehört. Weg mit dem ins Uferlose aufschießenden Rüsten für neues Kriegen. Weg mit dem feigen Mißtrauen zwischen Volk und Volk! Man sät das Mißtrauen, damit ihr zum Rüsten ja sagt. Habt den Mut und sagt npin. Der Staat nehme allen Wucherern ihr Handwerk. Sie verlängern den Krieg, sie säen neuen Krieg. Sie füllen den Säckel, das Volk bezahlt. � Erst mit seinem Schweiß, dann mit seinem Blut. Genug des Tötensl Des Rüstens und Kriegens genug! Wem nützt das Kriegen? Dem einzelnen? Nein! Der Gesamtheit? Nein! Dem Vaterland? O nein! Ein paar Groß- Händler sind's, die möchten noch mehr Warenabsatz finden. Im Vaterland? O nein! Es ist ihnen ja gerade zu arm! Da kommt
ihnen irgendwo in der weiten, weiten Welt der Konkurrent der anderen Nation in die Quere— und schon lärmen Interessenten von„Vaterlandsgefahr"! Genug des Tötens! RüstenS! Feilschens! Fort mit den Trusts der Privatinteressen. Neuer Staat: Recht nicht nur für Privilegierte— gleiches Recht fürs ganze Volk. Weg mit den Schranken! Weg mit den Zöllen! Freiheit der Lande— Freiheit der Meere! Meidet Annexionen— sie bergen neuen Krieg! Neues Europa : Recht nicht nur für auSerwählte Völker— Recht für alle Völker der Welt. Recht allen Nationen, Sprachen, Rassen! Recht auch den Kolonien— erkennt dort Menschen, nicht bloß Aus- beutungSobjekt! Recht auch für die Frauen— sie zählen zu den Besten des Volkes. Und das Volk, daS Volk soll bestimmen, ob Friede, ob Krieg. Weg mit den Geheimverträgen— die Wahrheit zeigt ihr Gesicht. Fort mit den diplomatischen Zöpfen— Talleyrand ist tot. Fort mit den ungeheuerlichen Militarismen— Julius Cäsar ist noch länger tot. Fort mit den Chauvinismen — waS lächelst Du, alter Chauvin? Es gab einst Preußen und Bayern und Schwaben und Sachsen — dann ging'S im einigen Reich. Oesterreich schlug sich mit Preußen— dann schlössen sie den Nibelungenbund. Jetzt gebt uns ein einiges Europa unter dem Zepter deS Rechts! Nein, gebt uns eine einige Erde, den Menschen ein Reich der Menschen, unter dem Banner der Liebe und Menschlichkeit.— Eine„Bergpredigt zur Befreiung der Völker" schrieb ich— ihr habt sie nicht gehört—, die Stimme eines Prediger? in der Wüste. Und doch sagt sie viel schlichter unser Ziel. Ein Weiser steigt da von seinem Berge und trifft unter anderen den Chauvin. Chauvin sieht nichts als Feinde— der Weise sieht keinen Feind. Und Chauvin, der Fahnenjunker, schmäht den Weisen„färben- blind". Doch dieser lächelt still und sagt ihm dieS: „Komm auf meinen Berg! Siehe das Licht! Farben nur siehst du, mein Freund. Durch ein wohlgeschliffenes gläsernes Prisma brichst du das reine Licht in— einzelne Farben. Also zerfällt nach hüben und drüben in Nur-Patrioten: der unermeßliche Mensch. Farben nur stehst du, mein Freund, und nur die— deiner Fahne." „Sind nicht auch drüben Berge und Bäume, Blüten und Früchte — heilige Erde? Blickt nicht auch drüben au» ewigem Himmel eurer heiligen Sonne Vatcr-Auge? Sind nicht auch drüben Brüder und Menschen?— Auf denn, Brüder, fort mit den Pfählen! Weg mit den Grenzen! Schreitet hinüber! Freut euch der anderen Art! Kommet herüber!— empfanget von anderer Art! Züchtet miteinander höhere Art! Wirket und schaffet alle am Einen, am Guten, am Großen! Schreitet und wandelt über Grenzen und Weiten! Seid ihr die Menschen, die Herren der Erde: nun, so er- greifet die harrende Erde, die weite, die grenzenlose Welt! Ergreift sie, das Vaterland der Menschen. Und ihr werdet sie lieben.— Und werdet lieben alle ihre Söhne. Und in wundersamen Schauern werdet ihr begreifen das größere Land: das über alles erhabene, heilige Vaterland des Mensche n."—