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Nr. 220. 88. IahrgaiA.

inlage des Jotmärte" Ktllim loMlatt

Sllvnabenil, 12. August 1916.

Chronik des Weltkrieges. IS. August INI 4. Bei Mülhausen werden S2Z Gefangene gemacht. Die Zahl der bei Lagarde eingebrachten Kriegsgefangenen ist auf über 1000 an­gewachsen. Deutsche Unterseeboote haben in den letzten Tagen an der Ost- käste Englands eine Streiffahrt unternommen, Über deren Ergeb- Nisse einstweilen Mitteilungen nicht gemacht werden. Das österreichische Oberkommando veröffentlicht eine Prokla­mation an das polnische Volk, in der es heißt: Durch den Willen Gottes, der die Schicksale der Völker lenkt, und durch die Macht unseres obersten Kriegsherren Über- schreiten die verbündeten österreichisch-ungarischen und deutschen Armsen die Grenze: hiermit bringen wir auch den Polen die Be­freiung vom moskowilischen Joche. Begrüßt unsere Fahnen mit Vertrauen, sie bringen Euch Gerechtigkeit.... Die Engländer beschießen Dawssalm». 12. August 1915. Im Osten weiterer Vormarsch der deutschen und österreichischen Truppen. Ouckow wird besetzt. Insgesamt werden S600 neue Ge­fangene eingebracht. Eine Anzahl Dampfer wird in der Nordsee torpediert.

Die prej)e über öen /luftuf öes parteivorftanöes. Wahrend ein Teil der Berliner Presse nur mehr oder minder ouZfuhrliche Auszuge aus dem gestern veröffentlichten Aufruf des Parteivorstandes brachte, äußerten sich einige Blätter in recht interessante! Weise. DieK r e u z- Z t g." meint, der Parteivorsteid suche>u begreiflicher Sorge um Einheit und Bestand der Partei... den Stimmungen auf dem linken Flügel Rechnung zu tragen". Zum Aufruf selbst bemerkt das konservative Organ: -.Ein Friede, der uns wirklich wirtschaftliche Eni- Wickelungsfreiheit gewährleistete, müßte sehr viel eut- halten, auch territoriale Eroberungen. Aber im Sinne des sozialdemokratischen Parteivorstandes, der solche Eroberungen ablehnt, muß diese Wendung so lange als eine leere Redens- art bezeichnet werden, wie ihr nicht durch nähere Angaben ein konkreter Inhalt gegeben wird. Es soll also in einer Petition ein Friede gefordert werden, der uns nichts bringt als den Sitstuz quo ante, vermutlich auch nicht einmal eine KriegSent- schädigung, die dieNachbarvölker" ja ernstlich verstimmen -könnte. Mit anderen Worten: die Sozialdemokratie will das deutsche Volk um die Fruchte seiner mit so viel Blut und Leiden erkauften Siege bringen." Selbstverständlich muß auch das schon zu Tode gehetzte Argu- arent derFernwirkung" herhalten, um die Oeffentlichkeit graulich zu machen: Dabei ist ja ganz klar fährt dieKreug-Ztg." fort, daß diese Friedenspetition, je erfolgreicher sie ist, je mehr Unter- ''chriften sie findet, um so schädlicher wirken, den Mut der Feinde und ihre Hoffnung auf unser Schwachwerden um so mehr stärken und damit sehr stark zur Verlängerung des Krieges beitragen muß." Daran anknüpfend, sucht das konservative Organ gegen die Sozialdemokratie scharf zu machen: Unter dem Eindruck der allgemeinen Volksstimmung hat die Sozialdemokratie sich bei Kriegsbeginn zur Bewilligung der Kriegskredite veranlaßt gesehen.... Bei jeder' Neubewilligung ist dann die Zahl derer, die dem deutschen Volke die Mittel zu seiner Verteidigung versagten, gewachsen. Jetzt fällt der sozial- demokratische Parteivorstand dem um seine Zukunft kämpfenden deutschen Volte mit obiger Kundgebung in den Arm. Wir wollen mit unserem Endurteil noch zurückhalten. Aber schon jetzt werden diejenigen, die die Nationalisierung der Sozialdemokratie so überschwenglich begrüßt hatten und die weitestgehenden Schlüsse daraus zu ziehen bereit waren, erkennen, daß sie sich in ihren Hoffnungen ge- täuscht haben." In der Form weniger scharf, aber dem Wesen nach ebenso ablehnend äußern sich die übrigen Organ« der Siechten. Die »Post" schreibt: Der hier im �Auszug wiedergegebene Aufruf zeigt von neuem, daß in den führenden Kreisen der Sozialdemokratie nach wie vor der Glaube allmächtig ist, es könnte nach dem Frieden eine Freundschaft mit den Nachbarvölkern möglich sein. Die Männer, die eine solche Meinung ernsthaft vertreten, scheinen an der Giftflut niedrigster Verleumdung und an den Zeichen eines unbezähmbaren Hasses unserer Gegner mit geschiossenen Augen vorbeizugehen." DieDeutsche Tageszeitung" glaubt, die Annahme des Parteivorstandes, daß die feindlichen Völker zu einem Frie- den bereit seien, der nicht auf einer Niederlage Deutschlands auf- gebaut fei, feivöllig unbegründet". Nur Teile, hauptsächlich sogar nur recht kleine Minder- heilen, der Sozialdemokratie in den Ententeländern wären zu einem Frieden bereit, der nicht gerade eine Vernichtung Deutsch - landS brächte. Bei dieser Sachlage sollte die Sozialdemokratie in Deutschland sich darauf beschränken, den Unterschied in der Haltung der deutschen Regierung und der Regierungen in den feindlichen Ländern hervorzuheben und zu erklären, daß sie unter diesen Umständen zurzeit für den frieden nichts tun könne. Eine solche Haltung wäre doch auch vom be» sonderen sozialdemokratischen Standpunkte aus vollauf be- gründet. Wenn aber die deutsche Sozialdemokratie trotzdem letzt eine große Friedensaktion ins Werk zu setzen sucht, so m u ß dadurch bei unseren Feinden der Eindruck er- weckt werden, daß das deutsche Volk einen baldigen Frieden nötiger habe als seine Gegner. Und von einem solchen Eindruck sind ernstliche Nachteile für uns zu erwarten, er kann zugleich nur kriegsverlängernd wirken. Deshalb müssen wir diese sozialdemokratische Kundgebung bedenklich finden und bedauern." In einem Punkte jedoch ist dieDeutsche Tageszeitung" be- reit, der Kundgebung des Parteivorstandes zuzustimmen, und zwar: daß schon die Billigkeit erfordert, nachdem man dem Eürstlich Wedelschen Nationalausschuß die Erörterung der riegsziele erlaubt hat, die Freigabe der Kriegsziel. erörter�un g nunmehr weiter auszudehnen." Auf denselben Standpunkt stellt sich im wesentlichen, nachdem sie einzelnen Teilen des Aufrufes zugestimmt, auch dieV o s si sche Zeitung": Der sozialdemokratische Parteivorstand stellt eine F o r- d e r u n g an die Regierung, eine Forderung, die ebenfalls in bürgerlichen Kreisen überwiegend Zustimmung finden

muß. So wenig man zuzugeben braucht, daß Aeutzcrungen ein­zelnerchauvinistischer Eroberungspolitiker" die Haltung unserer Feinde nennenswert beeinflussen(?), da sie doch durch cnt- gegengesetzte Aeußerungen aufgewogen werden(?) und im übrigen für die Reichsleitung ganz und gar nicht bindend und maßgebend sind: so sehr ist doch das Verlangen g e r e cht- fertigt, daß die Erörterung der Kriegsziele freia«geben wird... Man ist aller Wahrscheinlichkeit nach im Auslande über die bei uns herrschenden Stimmungen, Strömungen und Gegen- strömungen hinsichtlich der Kriegsziele so gut unterrichtet, daß man bei Freigabe der Erörterung nicht das mindeste mehr er- fahren könnte, als man heute weiß. Wenn aber dort jedem nach Herzenslust KriegSziele aufzustellen freisteht... wes­halb soll jetzt in Deutschland von einer öffentlichen Aussprache unabsehbarer Schaden zu befürchten sein? Im Gegenteil, der Zwang zum Schweigen schafft nur dumpfe Unzufriedenheit und verführt zu einer geschickten Umgehung oder gröblichen Ver- spottung der Verbote, zu den Wühlereien und zu den Geheim- schrtften, von denen man nur zuviel gehört hat. Es ist an der Zeit, das Ventil zu öffnen, damit die Spannung nach- läßt. Die Freiheit gleicht dem Speer des Achill, sie kann Wunden schlagen, aber auch Wunden heilen. Darum verdient die Forderung des sozialdemokratischen Parteivorstandes,die Erörterung der 5kriegSziele allgemein freizugeben", nur Billigung."_ politisihe Ueberstcht. Zedlitz als Vermittler. Herr v. Zedlitz bleibt seinem Beruf treu, bei Differenzen und Konflikten im Lager der bürgerlichen Parteien als»ehrlicher Makler" aufzutreten und die Gegensätze auszugleichen zu suchen. Sein neuester diplomatischer Schachzug ist der Versuch, zwischen dsm Deutschen Nationalausschuß und dem 12 u a b- häng igen A u s s ch u tz Prof. Schäfers ein« Verständi- gung herbeizuführen. Neben dem Deutschen NationalouSschuß schreibt er im rotenTag" verfolgt auch der Unabhängige NationalouSschuß unter Leitung des Professors Dr. Dietrich«chäfer das Ziel der Vorbereitung des Friedens. Arbeiten beide weiter getrennt, so kann es kaum ausbleiben, daß aus dem Nebeneinander bisweilen ein Gegeneinander wird und die Kräfte in Reibungen unnütz verbraucht werden. Vereint könnten beide. Ausschüsse auf die wirksame Vorbereitung des Friedens ungleich mehr leisten. Fragt sich, ob und inwieweit für Zusammengehen die sachlichen Voraus- setzungen vorliegen. Gemeinsam i st beiden neben dem kräftigen Patriotismus das allgemeine große Kriegsziel, si« beide erstreben einen Frieden, der den großen Opfern unseres Volkes an Blut und Gut voll entspricht und die Gewähr der Dauer in sich schließt. Insoweit erscheint daher schon jetzt ein Zusammengehen beider Ausschüsse angängig, also in den Grenzen, in denen sich im Interesse der Erhaltung unserer sieg- verheißenden Eintracht«ine Aktion zur Pflege der Zuversicht im Volke daheim jetzt noch zu halten hat. ES würde daher sachlich nichts entgegenstehen, wenn beide Ausschüsse an einem geeigneten Tage, z. B. am Sedanstage, mit gemein- samen Veranstaltungen in breitester Oeffentlichkeit sich an da» deutsch « Volk wenden und feine Siegeszuversicht und damit zugleich seinen SiegeSwillen stärken wollten. Gin solches Vorgehen würde bei sachgemäßer Vorbereitung einen ungleich stärkeven Widerhall in unserem Volke finden als die Reden vom t. August, und ein« nachhaltige einheitlich« Wirkung im Sinne der Erhaltung und Stärkung der Siegeszuversicht zu üben ge. eignet sein." Herr v. Zedlitz hofft zwar selber nicht, daß eine Vereinigung beider Ausschüsse herbeigeführt werden könnte. Immerhin ist aber fein Versuch bezeichnend, eine Annäherung zwecks gemeinsamer Veranstaltungen herbeizuführen, mit dem nicht ganz unberechtigten Hinweis auf den»kräftigen Patriotismus" und dasallgemeine große KriegSziel" der beiden.Nationalausschüsse".

deutsche Volk. Uebrigens, wenn wir das parlamentarische Regierungssystem hätten, dann wäre Herr v. Bethmann Hollwez längst nicht mehr auf seinem Posten, der Zabern -Sturm hätte ihn seinerzeit weggefegt und Schäfer und seine Herde brauchten sich jetzt nicht grün und blau über den Mann zu ärgern.(t)

Deutsche Weltgeltung. Professor Dietrich Schäfer , emer der Wortführer der kleinen, aber mächtigen Gruppe der Annexionisten, wie sie in dem »Unabhängigen Ausschuß" organisiert find, stellt in der»Täglichen Rundschau" Betrachtungen an über Deutschlands Weltgeltung. Diese Artikel find merkwürdigerweise in der Unterhaltungs- bei lag« des alldeutschen Blatte? erschienen! Unterhaltend sind sie in mancher Richtung ganz gewiß, in Wirklichkeit ist die Arbeit eine etwas konzentrierte Zusammenfassung aller der Schmerzen»nd Wünsche, di« seit Monaten in»Handschriften",»vertraulichen' und streng vertraulichen Mitteilungen" ihren Niederschlag gefunden haben. Das Urteil Schäfers geht dahin, daß die deutschen Regie- rungen seit dem Ausscheiden Bismarcks von allen guten Geistern verlassen gewesen sind. Die in der engsten Verbindung mit der Schwerindustrie stehendenUnabhängigen" des Herrn Schäfer find ganz bestimmt keine Freunde von einer Erweiterung der Rechte des Volkes und seiner Vertretung. Aber wie nach einem bekannten Wort der Teufel in der Not selbst Fliegen ftißt, so wäre die Schäfer-Gruppe bereit, wenn«S ihren Interessen förderlich«r- scheint, dem Gedanken der parlamentarischen Regierungsform ge- wisse Konzessionen zu machen. Herr Schäfer meint nämlich: Bei keiner der großen Nationen, die neben uns stehen, kann die auswärtig« Politik gemacht werden, ohne eine starke, ohne die beherrschende Teilnahme des Volkes. Selbst in Rußland ist das nicht möglich. Unser verfassungsmäßiges Leben kennt parla- mcntarische Regierungsweise nicht. Welchen schweren Bedenken ihre Einführung in deutsche Verhältnisse unterliegt, zeigen die Ausführungen dieser Weltgeschichte deutlich genug. Aber die Erfahrungen der letzten Jahre drängen dem Vaterlandsfteunde die Frage auf, ob nicht doch ein Weg in eine andere Bahn ge- funden werden mutz. Sie haben weiteste und beste Kreise der Nation in Zwiespalt gebracht mit der Regierung, die ihr Ver- trauen in der Leitung der auswärtigen Angelegenheiten, der wichtigsten von allen, nicht mehr besitzt. In England, in Frank- reich, in Italien würden die Männer, die sich verantwortlich machen wollten für solche Politik, dem Unwillen des Volkes weichen müssen. Wie wird man uns draußen einschätzen, wenn man sieht, wie es bei uns offenkundig anders ist? Kämpfen wir nicht so schon umsonst gegen den Spott des Auslandes, daß wir «in unfreies Volk seien, unfähig zur Selbstregierung? Unsere Volksvertreter dürfen darüber keinen Zweifel lassen, daß sie Männer an ihrer Spitze haben wollen, die in Fühlung bleiben mit dem Pulsschlag des Volkes." Diese Sätze kann mit wenig Vorbehalt unterschreiben. Die Sozialdemokratie hat immer gegen das bureäukratische Regie- rungsshstem angekämpft, bislang ohne Unterstützung bei den an- deren Parteien zu finden. Aber Herr Dietrich Schäfer will nicht das, was wir wollen, er hebt ja ausdrücklich die schweren Bedenken hervor, die er gegen die Einführung dieses Systems hat. Wenn er dem Volk einen gewissen Einfluß auf die Zusammensetzung der Regierung verschaffe» will, dann versteht er darunter nur daS Volk der Annexionisten" und nicht etwa das

Vettel-HumanitKt". Wie wir demBerliner Börsen-Courier" entnehmen, hat das Herrenhansmitglied v. Hertzberg- Lottin vor einigen Tagen in derPommerschen Ta g e s p o st"-Stettin einen mit Namen unterzeichneten Artikel veröffentlicht, der alles, was an Ge- h ä s s i g k e i t und Bissigkeit bisher geschrieben worden ist, in den Schatten stellen dürfte. Schon die Ueberschrift des Artikels: Die Vettel-Humanität" zeigt an. welcher Art die dann folgenden Ausführungen sind.Wir versagen es uns schreibt derBörsen-Courier" den Wortlaut der Schreiberei des Herrn v. Hertzberg wiederzugeben, und erwähnen nur, daß er für seine Anwürfe die Form wählt, sich scheinbar auf die Seite derer zu stellen, die für möglichst große Humanität in der Kriegsführung sind, von dieser Basis aus aber den Reichskanzler mit Bosheiten aller Art zu überschütten. Bon den Kriegsgescllschasten wird be. hauptet, daß in ihnen das auSerwählte Volk fast überall an leiten- der Stell« stehe, und es wird angedeutet, i||ß die Angestellten dieser Kriegsgesellschaften dem Heeresdienst entzogen würden. Die Ton­art des gangen Artikels ist derartig, daß sie nur als dema- g o g i s ch bezeichnet werden kann." Schade, daß derBörsen-Courier" nicht ausführlicher auf den erwähnten Artikel eingegangen ist. Sein Wortlaut konnte immer- hin als interessanter Beitrag zur Charakteristik unserer Lords- Kammer dienen und insofern der politischen Aufklärung uns«es Volkes dienstbar gemacht werden-

Vergeltung. Zu der Meldung über den angekündigten Zwangsverkauf des gesamten deutschen Grundeigentums in der englischen Kolonie Nigeria erfährt derBerliner Lokalanzeiger" von unter- richteter Seite, daß die deutsche Regierung der britischen Regierung schon vor einiger Zeit mitgeteilt hat, im Fall der Verwirklichung diese? Raubes an deutschem Gut werde sofort das bekannte Pate; des englischen Handelsagenten Sir Francis Oppenheimer in Frank- furt a. R. öffentlich versteigert werden.

Unterstützung n«S dem Heere Entlassener. Die BerbandSleiiung der deutschen Gewerkvereine ersucht in einer Eingabe für die Unterstützung der aus dem Heeres- dienst Entlassenen und ihren Familienangehörigen das preußische Kriegsministerium, Bestimmungen zu erlassen, durch die 1. den aus dem Heeresdienst Entlassenen die bisherige Soldatenlöbnung, auf die Dauer bis zu einem Monat vom Tage der Entlassung ab ge- rechnet, weiter gewährt wird, wenn sie nachweisen, daß sie inner- halb dieser Zeit keine Arbeit erhalten konnten, 2. den aus dem Heeresdienste Entlassenen, die im ersten Monat nach ihrer Ent­lassung wieder in ein festes Arbeitsverhältnis getreten sind, diese Löhnung bis zum Empfang deS ersten Arbeitsverdienstes gewährt wird, 3. den Familienangehörigen die Unterstützung solange weiter- gezahlt wird. Diese Forderungen find sehr bescheiden, der Entlassene hätte damit für einen Monat Anspruch auf ganze 9,90 M. I Die Fürsorge für die Entlassenen mutz ganz anders gestaltet werden. General von Langermann hat in der Budgetkommission des Reichs­tages erklärt, kein Entlassener solle hilflos bleiben, und eS können deshalb erst einmal die Vorschläge der Heeresverwaltung abgewartet werde»._ Eine notwendige Warnung. Soeben ist der Bericht über die letzte Sitzung der Kriegshilfs- kommission für Ostpreußen erschienen, in der Herr v. B a t o c k i, der frühere Oberpräsident, u. a. folgende überaus bemerkenswerte Aus- führungen gemacht hat: .Wenn Preußen bei erheblicher Mehrbelastung seiner Steuer- zahler die allgemeinen StaatSauSgaben mit größter Sparsamkeit be- messen und jeden Pfennig dreimal umdrehen mutz, so wäre es unverantwortlich, wenn w i r mit den uns vertrauensvoll überwiesenen Mitteln nicht bei oller Entschlossenheit in der Be- willigung dessen, waS wirklich nötig ist, aufs sparsamste Haus- halten und auch unsererseits die Ausgabe jeden Pfennigs, der entbehrt werden kann, vermeiden würden. Wenn gewaltige Summen für ein Werk aufgewendet werden müssen, so ist die Gefahr, datz die Beteiligten den Zahlenmatzstab verlieren und die Sparsamkeit im einzelnen vergessen, eine große. Sie wird ver- mieden, wenn alle beteiligten Stellen sich immer wieder vor Augen führen, daß jeder Pfennig, der für Ostpreußens Wiederaufbau aus- gegeben wird, durch eine Mehrbelastung der Steuerzahler im ganzen Staate aufgebracht werden muß, die von vielen in der jetzigen teueren Zeit hart empfunden wird. Angesichts dieser Tatsache grenzt es an ein Verbrechen, wenn irgendeiner der Geschädigten aus dem großen und dem Unverständigen leicht unermeßlich scheinenden Geld- Vorrat der Wiederaufbaumittel auch nur einen Pfennig mehr zu er- langen sucht, als er vor den bestehenden Bestimmungen und vor seinem eigenen Gewissen verantworten kann. Wo daS absichtlich ge- schieht, ist die schärfste, rücksichtsloseste Verfolgung ohne Ansehen der Person geboten, und ich habe dafür gesorgt und werde dafür sorgen, daß sie nicht unterlassen wird." Verurteilte Lederfabrikanten. vor dem Landgericht Rudolstadt hatten sich im März drei Lederfabrikanten in Pößneck wegen Vergehens gegen die Verfugung betr. Beschlagnahme von Viehhäuten zu verantworten. Sie wurden damals verurteilt, der eine zu 1600 M. Geldstrafe, die beiden anderen zu je 6 Wocben Haft. Auf die eingelegte Revision hob das Reichs- gericht das Urteil auf und verwies die Sache zur nochmaligen Ver- Handlung an das Landgericht zurück. In der jetzigen Sitzung wurden die Angeklagten abermals verurteilt, und zwar zu einer Geldstrafe von insgesamt 10 440 M._ DieLebensmittelversorgungssacheu'. In derKölnischen Zeitung "(Nr. 804) sucht das Landratsamt Olpe i. Wests,für die Dauer des Kriege? eine in der Bearbeitung der L e b e n S m i tt e I v e r s o r g un g S- fachen erfahrene selbständig arbeitende Bureau- kraft. Gehalt 1600 1800 Mark. Wenn man sich dieses Gehalt ansieht, so könnte man zu der Auffassung kommen, datz in den Landratsämiern den doch so wichtigen.Lebensmittelversorgungssachen" recht geringer Wert bei- gemessen wird, denn es werden sich schwerlich einigermaßen brauch­bare Kräfle um diesen Posten reißen. Vielleicht ist das Gehalt für den Olpener Lebensmitteldircktor aber nur deshalb so gering be- messen, damit er an billigen Nahrungsmitteln persönlich intcr- efsiert bleibt.