Nr. 226. 33. Iahrgaug.
ifilüflf des.AmSrls" Sttlintt Jolblilatt
Freitag, 18. AuguS 1916.
Chronik des Weltkrieges. 18. Auquft I»»4. Siegreiches Gefecht bei Siallupöneri. Mehr als 3000 Gefangene und 8 Maschinengewehre werden erbeutet. Der südöstlich von Soldau liegende russische Grenzort Mawa wird von deutschen Truppen besetzt. Der Bezirkspräsident im Oberelsaß hat eine Bekanntmachung er- lassen, in der es heißt: „Wenn Einwohner einer Gemeinde sich am Kampf gegen unsere Truppen beteiligen, so werden nicht nur sie, sondern auch die Bürgermeister der betreffenden Orte erschossen, die Ortschaft demoliert." Das deutsche U-Boot U 15 ist nach einer englischen Meldung vernichtet worden. Aus Peking wird gemeldet, daß Japan im Begriff stehe, ein Ultimatum au Deutschland wegen ßlaulschou zu stellen. 18. August 1915. In den Vogesen Stellungskämpfe. Im Osten weiteres Vordringen. Kowno ist mit allen Forts mit stürmender Hand genommen. Mehr als 400 Geschütze fallen in die Hand der deutschen Truppen. Bei Bowo-Georgiewsk werden zwei weitere Forts erstürmt, 800 Gefangene und 20 Geschütze erbeutet. Die Heeresgruppe des Generals v. Mackensen wirst den Gegner über den Bug in die Vorstellungen der Festung Brest-Litowsk zurück. Fünf deutsche Torpedoboote greifen überlegene englische See- streitkräfte bei Horns Riff-Feuerschiff an und versenken einen englischen kleinen Kreuzer und einen Torpedobootszerstörer. Deutsche Marinelustschifse belegen die City von London und Fabrikanlagen und Hochosenwerke bei Woodbridge und Zpswich mit Bomben. Die sozialdemokratische Reichstagsfraktiou hat beschloffen, den geforderten neuen Kriegskrediten zuzustimmen.
Mus Groß-öerlin. die neuen Lebensmittelkarten. Tie Speisefettkarte. Aus Anlaß der Neuausgabe der Lebensmittelkarten für die Zeit vom LI. August ab hat auch die bisherige Butterkarte einige äußere Veränderungen erfahren. Seitdem mit gewissen Zwischenräumen in einzelnen Wochen die Wochen Portion Fett zum Teil in Butter und zum kleineren Teil in Margarine gegeben wird, war die Butterkarte bereits sachlich zu einer Fettkarte geworden, weil auf sie auch die Abgabe von Margarine erfolgte. Dieser schon seit einiger Zeit bestehenden Bestimmung der Karte ist nunmehr dadurch im Aufdruck Rechnung getragen, daß sie als Speisefettkarte be- zeichnet wird. Irgend eine Aenderung in der Verteilung ist damit nicht eingetreten. Insbesondere sind die Gerüchte, als würde nunmehr überhaupt Butter nicht mehr zur Verteilung kommen, falsch! im Gegenteil wird wie bisher immer zwischen der Ausgabe der Wochen-Kopsportionen nur in Butter und der Teilung der Portion in Butter und Margarine abgewechselt werden. Voraussichtlich wird schon in der Woche vom 28. Augu st wiederum nur Butter zur Verteilung gelangen. Weg- gefallen ist dagegen der Unterschied der Karten in blaue und rote, also die Beschränkung der Gültigkeit der Karte für be- stimmte Wochentage. Da sich der Verkehr infolge des An- meldungssystemS und der Kundenliste glatt abwickelt, so er- schien es nicht mehr erforderlich, diese Beschränkung aufrecht zu erhalten. Nicht zutreffend ist daher, von einem„Ende der Groß-Berliner Butterkarte" zu sprechen. Hervorzuheben ist noch, daß neue Anmeldung und npue Eintragung in das Kundenverzeichnis im Gegensatz zu einzelnen Zeitungsnachrichten nicht e r f o r d e r- I i ch i st. Auch wer v e r r e i st, aber früher in einem Ge- schüft angemeldet war, braucht sich nicht von neuem an- zumcldcn. Nur wer neu zugezogen und bisher noch über- Haupt nicht in die Kundenliste eines Geschäfts eingetragen ist, muß sich an die Brotkommission wegen seiner neuen An- Meldung wenden. * Von der nächsten Woche ab wird der Verbrauch von Butter und Speisefetten in den Gast-, S ch a n k- und Spcisewirtschaften, Vereins- und Erfrischungsräumen, Hotels und Fremdenpensionen einer Einschränkung unter- worsen. Diese Betriebe dürfen vom 21. August ab Speise- fette nur noch z u r Z u b e r e i t u n g von Speisen verwenden, dagegen nicht mehr mit Fett gestrichene Brote oder sonstige Nahrungsmittel, oder Fett zum Zwecke des Aufstrichs abgeben. Nur an fleischfreien Tagen dürfen Speisefette als Ausstrich verabfolgt werden. Durch diese Ver- ordnung soll vorgebeugt werden, daß eine Bevorzugung des in Restaurants und Hotels verkehrenden Publikums hinsichtlich des Butterverbrauches gegenüber den privaten Haus- Haltungen stattfindet._ Die neue Meischkarte. Der Berliner Magistrat bat für die neue mit dem 21. d. M. beginnende und bis zum 1. Okiober d. I. einschließlich laufende Fleischkartenperiode eine Umschreibung bezw. Neuanlegung von Kundenverzeichnissen nicht in Aussicht genommen. Die neue Fleisch- karrenperiode umsatzl nur sechs Wochen; Anfang Oktober tritt die reichsgesetzliche Regelung ein. ES erschien daher nicht zweckmäßig, für den kurzen Zeitraum eine in die Abwicklung des Fleischverkaufs immerhin recht einschneidende Maßnahme anzu- ordnen, zumal die Kundenverzeichnisse erst im letzten Drittel des Monais Mai d. I. aufgestellt worden sind und bereits Ende Juni dieses Jahres Gelegenheit zur Umschreibung geboten war. Grundsätzlich steht der Magistrat aber auf dem Standpunkt, daß dem Publikum von Zeit zu Zeit die Möglichkeit gegeben werden soll, den Fleischlieferanten zu wechseln, und er wird dementsprechend Verfahren. Für die Milchvcrsorgung von Grosi-Berlin wird eine Verschlechterung befürchtet. Nicht allein, daß die zur Ver- sügung stehende Menge knapper zu werden droht, sondern auch die Beschaffenheit der Milch soll dadurch eine wesentliche Aenderung er- fahren, daß alle Milch nur abgerahmt als Magermilch verkauft werden darf, die Butter aber aufgespeichert wird, um sie im
Winter zur Linderung der Fettnot zur Verteilung zu bringen. Magermilch enthält zwar noch das in der Vollmilch vorhandene Ei- weiß und ist daher für die Ernährung sehr wichtig und nützlich, aber das Fehlen des Fettgehalts ist selbstverständlich nicht ohne große Be- deutung, zumal ja ohnehin schon eine nur schwer erträgliche und auf die Dauer unerträgliche Knappheit an Fett herrscht! Welche Folgen es besonders für die Kind er Welt haben würde, wenn nur noch Magermilch zum Verkauf käme, darauf hat der Direktor des Säuglingsheims in Charlotten- bürg, Professor Lang st ein, wie wir gestern mitteilten, im „Lok.-Anz.* eingehend hingewiesen. Er forderte Vollmilch, nicht Magermilch, obwohl diese einen ausreichenden Eiwcißgehalt hat, weil ihr nicht allein jedes Fett fehle, sondern auch weil sie so viel Keime enthält,„daß sie nicht unter allen Umständen als ein für Kinder ungefähr- liches Nahrungsmittel angesprochen werden kann." Pro- feffor Langstein befürchtet mit Recht, daß die beim Verbuttern der Milch in diese gelangenden Spaltpilze, die ja auch das Ansäuern der Milch hervorrufen, Magen- und Darmstörungen veranlaffen könnten. Er erklärt die Magermilch infolge ihres KeimgehalteS für Kinder als ein Nahrungsmittel zweiten Ranges. Besonders beanstandet er, daß künftig nur die kleinen Händler für Liefern von Vollmilch herangezogen werden sollen, während die Großbetriebe nur Magermilch liefern dürfen und meint, daß dann gerade die musterhaften Be" rriebe, welche eine gesunde Vollmilch liefern können, von deren Verkauf ausgeschlossen sind, während die kleinen Betriebe, die eine unsauberer gehaltene Vollmilch in den Verkehr bringen, die alleinigen Lieferanten für Vollmilch bleiben würden. Die Bedenken LangsteinS sind vollends berechtigt, und wenn wirklich nur noch Magermilch in den Handel kommt, so ist dies für Kinder, aber auch für Erwachsene eine weitere schwer schädigende Einschränkung der Ernährung! In einer Reihe von Städten haben die Kommunalverwaltungen bereits den Zwischenhandel mit Milch ausgeschaltet und die direkte Versorgung der Bevölkerung in städtische Regie übernommen; die guten Erfahrungen, die sie damit machten, sollte Berlin an- spornen, ebenfalls an eine Verstadtlichung der Milch- v er sorgung heranzugehen und technisch und hygienisch gute Einrichtungen für den Vertrieb zu schaffen. Für die mehr als 200 000 Kinder bis zum sechsten Lebensjahre, die in der Stadt Berlin leben, ist dies von größter Wichtigkeit und entscheidet bei Zehn- taufenden über Leben und Tod!
Verkauf von Schlachthühnern. Vom Magistrat Berlin find weitere 2500 ausgewachsene junge Hühner angekauft worden, die in den Markthallen an den durch Plakate kenntlich gemachten Ständen Freitag und Sonnabend an Berliner Einwohner zum Verkauf gelangen._ Mehr Platz für Heimstättcnbedürftige. Die sozialdemokratische Fraktion hat folgenden Antrag bei der Stadtverordnetenversammlung eingebracht: Die Versammlung wolle beschließen, den Magistrat zu ersuchen, schleunigst Vorkehrungen zu treffen, daß in den städtischen Heim- stätten mehr Platz für die Aufnahme insbesondere tuberkulös er- Irankter Frauen getroffen wird. Die gesteigerten Schuhtvarenpreise. Große Aufregung herrscht augenblicklich in einer Reihe von hiesigen Schuhwarengeschäften. Eine Art.Stiefelappell" von beson- derer Bedeutung rief sie hervor. Beim Kriegswucher-Dezernat des Polizeipräsidiums gingen wiederholt Klagen ein, daß im Schuh - Warenhandel nicht alles in Ordnung sei. ES seien Machenschaften im Gange, die Geschäftslage mit ungebührlich hohem Gewinn aus- zunutzen. Waren alter Bestände, bei deren PreiSbUdung die neuen Verhältnisse noch gar nicht in Betracht kämen, würden mit einem Preisaufschlage verkauft, als ob sie schon unter den neuen Verhältnissen der Rohstoffpreise, Arbeitslöhne usw. hergestellt worden seien. Dem- entsprechend erhielten die Waren neue Preisaufzeichnungen, während die alten beseitigt oder durch neue Deckblätter verborgen wurden. So schaffe man ganz willkürliche PreiSauf- schlüge, z. B. von 12 auf 18, von 10 auf 2t und 25 M. usw. Um diesen Dingen auf den Grund zu gehen, veranstaltet jetzt das Kriegs- wucher-Dezeruat überraschend und in großem Umfange die erforder- lichen Feststellungen, durch viele Beamte überall zu gleicher Zeit. Mittwoch abend kurz vor Geschästsschluß wurde mit diesen Auf- nahmen begonnen und gestern wurden sie fortgesetzt. Die Er- mittlungen sind jetzt in vollem Gange. Ueber das Ergebnis kann nichts mitgeteilt werden, bevor sie nicht zu einem gewissen Abschluß gekommen sind. Ob und in welchem Umfange die Klagen berechtigt sind, läßt sich also noch nicht sagen. Dort, wo die behaupteten wucherischen Machenschaften festgestellt werden, wird man die leiten- den Personen zur Verantwortung ziehen.
Umtausch verdorbener Gemeinde-Eier. Wiederholt haben wir dargelegt, daß Händler, die aus Ge- mcindemitteln beschaffte Eier an gewiffen Tagen und zu bestimmten Preisen verkaufen, verpflichtet sind, abgegebene schlechte Eier umzu- tauschen. Hierzu macht jetzt der Gemeindevorstand von Berlin- Treptow öffentlich bekannt:„Verdorbene Eier werden von den Händlern umgetauscht, jedoch nur an dem Tage, an dem der Ankauf erfolgt ist." Das ist wohl auch nicht der richtige Weg und hat be- reitS in Treptow zu erheblichen Unannehmlichkeiten geführt. Zu- nächst wird auf den Lebensmittelkarten überhaupt nicht das Tages- datum, nur die Wochenzeit abgestempelt. Erlaubte handschriftliche Tagesvermerke zu machen, erfordert für die Händler zu viel Zeit. Weiter ist auch nicht jedem Käufer zuzumuten, daß er die gekauften wenigen Eier, mit denen doch eine ganze Woche lang hausgehalten werden soll, noch am Kauf- tage öffnet und benutzt. Sie aber zu öffnen und den Inhalt mehrere Tage unverbraucht stehen zu lassen, ist bei der Gering- Wertigkeit der meisten Gemeinde-Eier auch nicht gut möglich. Die Frist zum Umtausch sollte daher auf mindestens drei Tage ver- längert werden. Während der letzten Tage wurden in Treptow so viele verdorbene Eier von Käufern zurückgegeben, daß auch keine Prüfung der Gemeinde-Eier vor dem Verkauf durch die Händler er- folgt sein kann. Vielfach kamen noch Nachrichten, daß Eierhändler schlechte Eier nicht umtauschen. Kürzlich wurde uns ein Fall vorgetragen, daß eine Frau in der Eierhandlung von Breslauer in der Badstraße in Berlin fünf schlechte Eier erhallen hatte. Der Umtausch wurde verweigert, weil derselbe nicht sofort verlangt worden sei. Dabei wurde festgestellt, daß das Geschäft mehrere Tage lang geschloffen war, weil Eier nicht vorhanden waren. Die Arbeiterfrau war 1,10 M. IoS, ohne dafür etwas zu haben. Andererseits machen uns kleinere Händler darauf aufmerksam, daß sie in einer sehr mißlichen Lage sind. Wenn sie für ihre Kunden
kleinere Quanten erwerben, so wird von ihnen ein Preis von 12,70 M. für 60 Stück gefordert. Sie hatten vor kurzem bei dem Preise von 22 Pf. pro Stück einen Erlös von 13,20 M., also nur 50 Pf. Verdienst. Dieser gestattet ihnen Umtausch nicht, und es sei unrichtig, wenn öffentlich behauptet werde, ihnen würden die Preise so gestellt, daß sie ohne weiteres schlechte Eier gegen gute umtauschen könnten. Hier müsse eine bessere Regelung erfolgen. Tatsächlich liegt die Eierverteilung für Groß-Berlin sehr im argen. So wie jetzt kann es auf die Dauer nicht weiter gehen. Der jetzige Zustand ist unhaltbar._ Die Formulare für Bezugsscheine für den Einkauf von Web-, Wirk- und Strickwaren durch das Publikum sollen nach einer der Handelskammer zu Berlin zugegangenen Mitteilung des Magistrats der Stadt Berlin nicht mehr unentgeltlich ge- liefert werden. Die Formulare sind vielmehr nur noch käuflich zu erhalten und zwar in der Hofbuchdruckerei I. S. Preuß, Dresdener Straße 43. Eike reiche Arme. In ärmlichsten Verhältnissen ist vor einigen Tagen in dem Hause Puttkamerstr. 20 die 78jährige Witwe Friederike Pfaffe geb. Schmidt gestorben. Die Beerdigung mußte auf Kosten der Stadt Berlin erfolgen. Frau Pf. wohnte seit etwa fünf Jahren in dem genannten Hause, sie hatte von einem Invaliden von dessen im Par- lerre des Seitenflügels gelegenen kleinen Wohnung ein Zimmer abgemietet. Die alte Frau war ein Sonderling; sie ging ständig in der denkbar schäbigsten, abgerissensten Kleidung umher. Täglich durchwühlte sie die Müllkästen und verwandte alle Abfälle zu ihrer Nahrung. Als vor etwa zwei Jahren die Eheleute Lklawe, bei denen sie wohnte, starben, hauste sie allein in der Wohnung und bezahlte die Miete stets pünktlich, obwohl sie weder von der Stadt noch von anderer Seite jemals eine Unterstützung be- zog. Aus diesem Umstände schloß man darauf, daß die Greisin trotz ihrer mehr als dürftigen Lebensweise über Geldmittel ver- fügxn müsse. Als deshalb nach ihrem Tode die Wohnung gründlich untersucht wurde, fand man zum allgemeinen Erstaunen in einem Marktnetz unter dem allen verschlissenen Sofa Wertpapiere in Höhe von fast 30 000 M. und schließlich entdeckte man auch unter einem Haufen alter Lumpen ein Sparkassenbuch der Stadt Berlin über einen ansehnlichen Betrag. Die Verstorbene hat früher in sehr guten Vermögensverhältnissen gelebt. Ihr Mann ist vor langen Jahren in einem Irrenhaus« gestorben. Am Sterbetage ihres Mannes mit ihrem Kinde in den Tod ge- gangen ist die Witwe Noack aus der Weserstr. 130 in Neukölln . Frau N. hatte vor einem Jahre plötzlich ihren Mann verloren und diesen Verlust vermochte sie nicht zu überwinden. Sie wurde schwer- mütig und äußerte wiederholt, daß sie ihrem Manne sofort in den Tod gefolgt wäre, wenn sie nicht das dreijährige Kind zurückhielte. Mittwoch nahmen nun Hausbewohner starken Gasgeruch wahr, der aus der N.'schen Wohnung drang. Der verständigte Hauswirt ließ die Korridortür öffnen und nun fand man in dem völlig mit Gas gefüllten Schlafzimmer Mutter und Kind leblos im Bette liegend auf. Sofort mir Sauerstoffapparaten angestellte Wiederbelcbungs- versuche waren leider erfolglos. Die beiden Leichen wurden be- schlagnahmt, die Wohnung geschlossen. Gestern jährte sich der Todes- tag des Gatten und diese Erinnerung scheint die schwermütige Frau zu der Tat veranlaßt zu haben. Ins Leben zurückgerufen hat die Feuerwehr die Fontanestr. 22 in Neukölln wohnende Frau Richter, die gestern früh an GaSver- giftung bewußtlos aufgefunden wurde. Frau Richter wurde nach dem Buckower Krankenhause gebracht. Zu der Familientragidie in der Ebcrtystraße, über die wir am Sonntag berichteten, ersucht uns Herr Fiebig, der Ehemann der mit ihrer elfjährigen Tochter in den Tod gegangenen Frau Fiebig, mit- zuteilen, daß die Angabe, er habe hinter dem Rücken feiner Ehe- frau ein Liebesverhältnis unterhalten, unrichtig sei. Seine Frau sei infolge geistiger Umnachtung zu dem BerzweiflungSschritr gekommen. Großfeuer kam in der letzten Nacht gegen 11 Uhr in der Oranienstr. 22 aus noch unbekannter Ursache zum Ausbruch. Als die zweite Kompagnie an der Brandstelle ankam, stand die Möbelfabrik von I. Bukowski auf dem letzten Hofe des großen Grundstückes total in Flammen. Sie müssen schon längere Zeit unbemerkt im vierten Geschoß gewütet haben. An den Vorräten, Hölzern und der Einrichtung der" Fabrik fand das Feuer reiche Nahrung. Die Flammen ergriffen die Dachkonstruktion und erlangten schnell eine solche Ausdehnung, daß Brandinspekior Teubner die erste Kompagnie nachkommen ließ. Mit fünf Schlauchleitungen wurde kräftig an- gegriffen und bis gegen Morgen unausgesetzt Wasser gegeben. Um 2 Uhr nachts wurden die ersten Löschzüge und um 6 Uhr die zweiten abgelöst. Gestern vormittag war der vierte Löschzug aus der Fischcrstraße noch mit der Ablöschung und Auf- räumung der Brandstelle beschäftigt. Der Schaden ist natürlich sehr beträchtlich. Die Fabrik im vierten Stock ist mir dem Dachstuhl des ausgedehnten Ouergebäudes abgebrannt.— Bei einem größeren Wohnungsbrand in der Beuffelftraße 3 schtvebten mehrere Personen in Gefahr. Ein Mann, der von den Flammen und dem Qualm ab- geschnitten war und den Rückweg versperrt fand, konnte von der Feuerwehr in Sicherheit gebracht werden. Die Wohnung brannte fast aus. Die Entstehung wird auf Fahrlässigkeit zurückgeführt,
Mus öen Gemeinöen. Zur Milchvcrsorgung in Neukölln . Von einem erkrankten Kassenmitgliede wird uns dazu geschrieben: Ich wurde am 31. Juli vom Kassenarzt für krank befunden und sollte auf ärztliches Rezept zur Wiederherstellung der Gesund- heit täglich einen Liter Milch trinken. Mit dem Rezept versehen, ging ich zum Milchhändler, um mich für die Entnahme von Milch anzumelden. Ich wurde hier abgewiesen mit dem Bemerken, daß Milch jetzt sehr knapp sei und ich keine erhalten könnte. Auch der Brotkommission trug ich mein Anliegen vor, jedoch ohne Erfolg. Nun ging ich wieder zum Arzt, klagte mein bisheriges Ergebnis und erhielt die Weisung, daß ich einen Versuch zur Erlangung der Milch in einem Berliner Milchgeschäft wagen sollte. Hier ange- kommen, erhielt ich die Mitteilung, daß ich mich des Morgens früh 6 Uhr anzustellen und warten müßte, bis ich an die Reihe wäre, ob ich aber Milch bekommen werde, fei eine andere Frage. Ich bemühte mich nun nach dem zuständigen Polizeirevier Neukölln und trug meine bis jetzt gemachten Erfahrungen vor mit der Bitte um Nachweisung eines für die Erhaltung der Milch geeigneten Geschäfts. Hier wurde mir bedeutet, ich möchte mich nach dem Rathaus bemühen. Dort angelangt, sagte ich mein Sprüchlein wieder her und erhielt die Auskunft, ein Attest(dieses Formular wurde mir sofort kostenlos ausgehändigt) vom Arzt ausfüllen zu lassen und wieder einzureichen, denn die Notwendigkeit der Ver- ordnung müsse erst nachgeprüft werden und würde mir dann der Bescheid in einigen Tagen zugchen. Jetzt ging die Reise vom Rat- haus, mit dem Formular ausgerüstet, zum Arzt, nebenbei bemerkt, derselbe wohnt in Treptow in der Graetzstraße. Die Ausfüllung war in wenigen Minuten erledigt und kostete„nur" 3 M. Froh, einen Schritt vorwärts gekommen zu sein, legte ich mein ausge- fülltes Formular auf den Tisch des hierfür eingerichteten Bureaus