Stadtv. Schönfließ: Mit dem Abwarten kommen wirnicht weiter; es könnte das sich leicht so lange hinziehen, daß wirnichts mehr außer Hebung zu setzen haben. Die neue Fraktionder Linken wird den Antrag einstimmig annehmen.Stadtv. S p i n o l a: Nach der heutigen Erklärung desKämmerers kann ich für den Antrag zur Zeit nicht stimmen. Eskönnte eventuell für das dritte und vierte Quartal ein nochgeringerer Satz als 100 pCt. erhoben werden.Kämmerer M a a ß: Es ist effektiv ausgeschlofsen, dreiQuartale zu erlassen, denn der Etat muß balanziren, und wirkönnen aus die 153 000 M. nicht verzichten, uns auf dieAnwartschaft auf erhöhte Einnahmen nicht vertrösten lassen;viel eher haben Sie mit einer Erhöhung der Ausgaben zurechnen.(Zustimmung.) Die Einnahmen aus der Einkommensteuerhaben pro 1393/34 ihr Soll nicht erreicht; es fehle» 320 000 M.Es sollte überhaupt in Zukunft nicht mehr so knappsmäßiggehandelt werden.(Heiterkeit.) Die früheren Ueberschüsse sinddoch auch der Versammlung sehr angenehm gewesen. Auch dieEinnahmen aus der lex Huene fallen fort. Das alles muß be-rückstchtigt werden.Stadtv. Friedemann: Eine solche prinzipielle Recht-fertigung der Plusmacherei haben wir wohl alle nicht erwartet.Die Ausführungen des Kämmerers widerstreiten völlig demGrundsatz, daß die Bevölkerung nicht unnütz mit Steuern be-lastet werde. Die Ueberschüsse der früheren Jahre sind doch auchnur aus dem entstanden, was die Steuerzahler in den Vorjahrenzu viel gezahlt haben. Der Etat balanzirt eben nicht mehr; erwirft an Einnahme zu viel aus und verletzt damit direkt dieVorschriften der Städte-Ordnung.Stadtv. S p i n o l a beantragt, die Außerhebungsetzung aufzwei Quartale zu beschränken.Kämmerer M a a ß: Es-kommt darauf nicht an, ob derEtat jetzt noch balanzirt. sondern darauf, ob er bei seiner Auf-stellung balanzirt hat, und das ist der Fall gewesen. Für Plus-macherei sind wir nie eingetreten.Stadtv. Singer: Wenn dem Kämmerer der AusdruckPlusmacherei unangenehm ist, so wird er doch nicht bestreiten,daß wir mit seiner Auffassung auf eine Ueberschußwirthschafthinauskommen. Der Hinweis auf die Ueberschüsse ist zwei-schiieidig; man könnte dann auch fragen: Wieviel überflüssigeAusgaben wären vermieden worden, wenn wir die Ueber-schüfse nicht gehabt hätten!(Zustimmung.) Der Antrag Casselhat mich einigermaßen befremdet. Ich vermuthete, der Kämmererwürde ihn sachlich bekämpfen, er würde nachweisen, daß die be-willigten Summen doch in ganzem-Umfange ihre Verwendungfür städtische Aufgaben finden werden. Wäre das geschehen, sohätte ich wahrscheinlich der Ansicht zugeneigt, die Entwickelungzunächst noch abzuwarten. Da er aber gar keinen anderen Ein-wand gemacht hat, als den, daß die Meinung der Regierungwegen der Lehrergehälter abgewartet werden müsse, so ist dochsehr wahrscheinlich, daß diese 670 000 M. sich als überflüssigerweisen werden, da wir absolut keinen Anlaß haben, Steuernauf Vorrath zu bewilligen, so werden wir nunmehr für den An-trag stimmen.Kämmerer M a a ß: Die Ueberschußwirthschaft ist im Etatrnaugnrirt durch Gemeindebeschluß. Aus dem Ueberschuß des Vor-jahres werden 800 000 M. zum Ankauf von Pflastersteinen be-schafft, die sind etatisirt. Sachliche Gründe jetzt schon mitzu-theilen, muß ich Abstand nehmen; wir können jetzt noch nichtMittheilungen unter unserer Verantwortung machen von dem,was wir außeramtlich hören, weder von dem Ueberschüsse desVorjahres noch von den eventuellen Mehrausgaben, wie z. B.in betreff der Gewerbe-Ausftellung.Stadtv. Friede mann bleibt dabei, daß schon die ersteAufstellung des Etats ungesetzlich war. ,/Ter Antrag Cassel wird in namentlicher Abstrm-mnng mit 76 gegen 6 Stimmen angenommen. Dagegen stimmendie Stadtvv. Heutig, Kyllmann, Diersch, Löwel, Meyer II,Cpincla.Ueber den durch den Magistrat mit dem halb erbliudelenehemaligen Zögling der städtischen Blindenanstalt, einem Bürsten-waarenhändler, abgeschlossenen Vertrag, wonach diesem der kom-missionsweise Vertrieb von Blindenarbeiten übertragen und dieErlaubniß ertheilt werden soll, das Geschäftslokal als«Verkaufs-stell« der städtischen Blindenanstalt" zu bezeichnen, erhebt sicheine längere Debatte.Stadtv. Hütt bemängelt, daß hier dem Gewerbebetriebeeine Konkurrenz gemacht wird, die mit städtischen Mitteln be-günstiat werde, und verlangt wenigstens die Zurückziehung derErlaubniß zur genannten Bezeichnung des Verkaufslokals.Von mehreren Seiten, auch vom Bürgermeister Kirschner,wird dem Stadtv. Hütt entgegengetreten; die Anträge Hüttwerden abgelehnt.Zur weiteren Ausschmückung des Rathhausesschlägt der Magistrat die Bewilligung von 74 000 M. vor. Essollen dafür die Bogenfelder in der Vorhalle vor dem Stadt-vecordneten-Sitzungssaal mit Gemälden, die Nische im Korridorvor dem Magistrals-Sitzungssaal mit einer Statue der Spreaausgeschmückt werden. Die Gemälde sollen die 7 Werke derBarmherzigkeit darstellen und von Professor Hertel ausgeführtwerden. Die Kosten sind aus 33 000 M. veranschlagt. Die«Sprea" soll eine Idealfigur in Verbindung mit kleinen Neben-figuren in weißem Mamor auf einem Postament in hellfarbigemMarmor oder Granit sein, deren Kosten inkl. der Ausgaben füreine zu veranstaltende öffentliche Konkurrenz sich auf 35 000 M.belaufen werden.Der Magistratsantrag wird unter Ablehnung eines AntragsSachs. II, der die Bewilligung auf die Gemälde beschränken will,mit schwacher Mehrheit angenommen.Schluß gegen 3 Uhr.IZoUaleo;Berliner Gewerbe-AnSstellung 1896. Ter geschäftsführende Ausschuß der Berliner Gewerbe-Ausstellung 1396 hatin einer am Dienstag abgehaltenen Sitzung, der zum ersten Maleauch die von dem Aellestenkollegium der Kaufmannschaft vonBerlin delegirten Mitglieder beiwohnten, den Bericht der Terrain-kommission entgegengenommen. Diese Kommission hatte mit 7gegen 2 Stimmen beschlossen, das Terrain um den Lietzenseeals Platz für die Ausstellung zu empfehlen. Ter geschäfts-führende Ausschuß, dem drei Mitglieder der Terrainkommissionangehören, beschloß nach vielstündiger Berathung gleichfalls, dengenannten Platz dem Gesamnitvorstande für die Ausstellung vor-zuschlagen. Natürlich war ob dieser Entschlüsse unbändige Freudein den Hallen der selbstlosen Charlottenburger Grundstücks-spekulanten.Der Wassersturz im Biktoriapark ist am Dienstag inBetrieb gesetzt worden. Die Parkdeputation hat bestimmt, daßwährend des Monats Mai der Wassersturz täglich des Vormittagsvon 3—12 Uhr und des Nachmittags von 3—3 Uhr und imMonat Juni Vormittags von 3—12 und Nachmittags von 3>/sbis 8'/e Uhr in Thäiigkeit gesetzt werden soll. Der Gartendireklorsoll indeffen ermächtigt werden, die Thätigkeit an regnerischenTagen einstellen zu lassen. Es ist anerkennenswerth, daß amI. Mai wenigstens im Viktoriapark die achtstündige Arbeitszeiteingeführt worden ist. Da wir keine grundsätzliche Pessimistensind, so hoffen wir, daß sich die städtischen Behörden übers Jahrauch in anderen Verwallungszweigen von der Vortrefflichkeit undpraktischen Durchführbarkeit des Achtstundentages überzeugt habenwerde».Schiit, der Priigelpädagoge». In dem ihm eigenthüm-lichen KnuderwSlsch bringt das«Berliner Tageblatt" eine Mit-theilung, wonach«die Ausschreitungen, welch« in den Volks-schulen gegen deren Zucht und Ordnung häufiger als sonst seitensder Angehörigen der Schüler, besonders aber auch seitens ganzunbetheiligter, gewöhnlich angeheiterter dritter Personen mehrund mehr vorkommen, die Schuldeputation veranlaßt haben, beidem Magistrat um Erlaß eiiier bezüglichen Polizei- Ver-ordnung zuin Schutz der Gemeindeschulen vorstellig zuwerden." Es soll mit Geldbuße bis 30 M. oder ent-sprechender Haft bestraft werden, Zwer ein öffentliches Schullokalohne Befugniß betritt oder sich auf Aufforderung nicht entfernt,ferner wer ohne Betreten des Schullokals die Schulordnung stört.Sind mit diesen Zuwiderhandlungen noch andere strafbareThaten verbunden, so werden letztere besonders geahndet. DerMagistrat hat dem Antrage der Schuldeputation Folge zu gebenbeschlossen und wird sich dementsprechend mit dem Polizei-Präsidium in Verbindung fetzen.Augenscheinlich richtet sich diese Bekanntmachung gegen dieungehaltenen Eltern solcher Schüler, welchen die den deutschenVolksschulen eigenlhllmliche Auszeichnung der Prügelstrafezu theil geworden ist. Es soll nun nicht bestrittenwerden, daß die ob derartiger Bestrafungen empörten Elternsich zuweilen in ungehöriger Weise benehmen, wenn siedem Lehrer mit dem Ersuchen gegenüber treten, sich über dieMißhandlung, welche er etwa an dem Kinde verübt hat, auszu«lassen. Man möge aber nicht vergeffe», daß die Lehrer in solche»Fällen oft durch ihr kalt herausforderndes Wesen, das vielfachden Zug der Beamten- und Unteroffiziers- Schneidigkeit in sichträgt, den weniger gebildeten Eltern Veranlassung geben, dasden Lehrer in Fraktur zu fragen, was ein Mann mit mehrSchliff vielleicht in feinerer, aber kaum weniger ver-letzenden Worten vorbringen würde. Gegen derartigeAusschreitungen, wenn man sie so nennen will, schütztaber heute schon unser Strafgesetz in mehr als genügender Weiseund wir weinen daher, daß durchaus kein Grund vorliegt, gs-wissen Prügelpädagogen ein Recht einzuräumen, das den Elterngemibhandelter Kinder unter Umständen überhaupt die Mög-lichkeit nimmt, mündlich Beschwerden vorzubringen. Die besteAbhilfe solcher Widerwärtigkeiten besteht darin, daß man dieLehrer veranlaßt, in Volksschulen nicht mehr zu prügeln, als inhöheren Schulen. Jeder ernsthafte Pädagoge schämt sich heuteder Ansicht, daß in der Volksschule der Bakel daß Regimentführen muß.Die hiesigen Anarchisten hielten am Vormittag desI. Mai in der Ressource, Kommandantenstraße, eine von etwa600— 700 Personen besuchte Versammlung ab, in welcher derMechaniker Spohr über die Bedeutung des Tages sprach. Inder Diskussion gab zunächst Schneider Jdler einige Reminiszenzenzum besten; darauf bestieg ein junger Mann, Namens Döring,das Podium und redete allerhand von Thron und Säbeln undRevolver. Als der überwachende Beamte verartige Worte ver-nommen hatte, schritt er zur Auflösung der Versammlung. DieTheilnehmer, welche sich in Ruhe auf die Straße begaben, hattendort einen Ausblick aus zahlreiche Polizeibeamte, die sich vorabpassiv verhielten. Es wird aber berichtet, daß sich einige Ver-sammlungsbesucher in kleinen Gruppen»ach dem Dönhoffsplatzhingewendet hatten und dort von Schutzleuten auseinander-getrieben wurden. In dem Gedränge sollen, wie man uns mit-theilt, auch einige Frauen von der ortsüblichen Polizeihöflichkeiteinige Proben zu kosten bekommen haben.Ein häßliches Vorkommnist, so schreibt uns ein Leser,war am Dienstag Abend bei der Maifeier im Feenpalast zu be-obachten. Während der Ausführung der lebenden Bilder hattefich eine Anzahl Personen derartig in der Mitte deS Saalesplazirt, daß den hinter ihnen sitzenden Festtheiluehmern jeglicheAussicht auf die Bühne versperrt wurde. Wenn nun noch dieAntwort, die einer dieser Herren auf eine Intervention hin gab,nämlich, daß„wir auch unser Geld bezahlt haben", vollkommenzutrifft, so ist damit doch noch nicht das Recht erkaust, anderenLeuten die Festfreude zu verkümmern, Hoffentlich genügen dieseeile», so meint unser Gewährsmann, zum Schluß, um verartigeorsälle ein für allemal zu verhindern. Wer so spät zu einemFest kommt, daß er keinen ihm zusagenden Platz mehr findet,hat auf keinen Fall das Recht, anderen Leuten die Freude zustören.Vom städtische»„ErleuchtungSweseu". Eine ganzeigene Ironie scheint manchmal die Hand im Spiele zu haben,so schreibt uns ein Leser. Geh ich da neulich in der Abendstundein Moabit durch eine Straße, in welcher mich die Beleuchtungeinigermaßen vorsintfluthlich anmuthet. In einem Abstände vonfast einer Seemeile— man verzeihe mir die kleine Uebertreibung— blinzelten die altväterischen Petroleumlampen verschlafen durchdie dichte Finsteruiß. Das ist allerdings nichts wunderbares;aber lachen mußte ich über die faustdicke Ironie, als ich an dernächsten Ecke las: Siemcnsftraße. Man denke: die der Erinnerungan unseren größten Elektriker gewidmete Straße hat Petroleum-beleuchlung! Ein köstlicher Witz! Das hat die Stadt wieder malsehr gut gemacht! jZu der Neberführnna der Geleise der Großen BerlinerPferdebahn über die Straße Unter den Linden soll der Kaiserdie Erlaubniß ertheilt haben.Zum Krach d«S Viktoria Theaters schreibt eine Lokal-korrespondenz:Gegen den früheren Direktor des Viktoria-Theaters, HerrnDr. Litaschi, welcher aus„Gesundheitsrücksichten" Berlin ver-lassen, soll nun gerichtsseitig auf grund der Konkursordnung vor-gegangen werden. Die Passiven dürften die Höhe einer viertelMillion Mark erreichen, Aktiva sind so gut wie gar nicht vor-handew Zu den Geschädigten gehört auch der bisherige Direktordes Viktoria-Theaters, Herr Bnrckhoff, dem Dr. L. eine be-deutende Summe schulden soll. Sehr zweckmäßig wäre es, wennbei dieser Gelegenheit das königl. Polizeipräsidium darüber ein-mal Erwägungen anstellen wollte, ob L.. der notorisch die be-deutenden Einnahmen, welche er während der 8 monatigenDirektionssührung gehabt— es sollen etwa 120 000 M. gewesensein— für sich verausgabt hat, ohne die gerechten Ansprüchefeines Personals zu befriedigen, die Thealer-Koiizession bei-behalten darf. Im Fall Lipschütz ist man höheren Orts dochweit peinlicher gewesen!Veziiglich der Sonntagsruhe am HimmelfahrtStageund am Pfingstfeste sind folgende Bestimmungen zu beachte»:Am Hiimuelfahrts- und zweiten Pstngsttage gellen dieselben Vor-schriften wie am Sonntage, während am ersten Feiertag jederGewerbebetrieb verboten ist. Ausgenommen davon und gestattetist der Handel niit Milch, mit Back-, Konditorwaaren und Kon«fituren von 5 bis 10 Uhr Vormittags und von 12 bis 2 UhrNachmittags, der Handel mit Kolonialwaaren, mit Vorkost-waaren, mit Brennmaterialien, mit Wein, Bier, Tabak undZigarren von 3 bis 10 Uhr Vormittags, der Handel mit Blume»von 7 bis 10 Vormittags und von 12 bis 2 Uhr Nachmittagsund die Zeitungsspedilion von 4 bis 9 Uhr Vormittags.WaS der sich einbildet! Zum Schutze des AbgeordnetenPastors Schall waren— wie der„Volks-Zeilung" aus Spandauberichtet wird— am l. Mai sechzehn(??) Gendarmen nachdem Dorfe Bladow(Osthavelland), seinem Wohnort, kommandirt.Es wurden— man höre— sozialdemokratische Demon-strationen gegen den Verfechter des militärpreußischen Christen-thums befürchtet. Leider wird nicht gemeldet, ob diese Be-fürchtungen allein dem Gehirn des Gollesmannes entsprungensind, oder ob sie an anderer Stelle ihren komischen Ursprunghatten.Die Charlottenburger Gutgcfiunteu wurden am Morgendes 1. Mai heftig durch eine rothe Fahne erschüttert, diegar lustig über den Häusern der Tauenzienstraße in der Näheder Nürnbergerstraße rm Winde flatterte. Die Polizei hatte ihreliebe Roth, durch Entfernung der Fahne die hettige Ordnung inunserer Nachbarstadt vor arger Bedrängniß zu retten.Der Borflheude de» Berliner Arbeitervereins, HerrBuchdrucker Max Roß, beehrt uns anläßlich unserer Notiz inder Dienstagsnummer mit einer Zuschrift, in welcher dargelegtist, daß Herr von Egidy feine beifällig aufgenomme-nen Aeußerungen nicht als Referent, sondern als Tis-kussionsredner gethan hat. An diese wesentliche Berichtigungwerden eine Reihe Betheuerungen und Erörterungen über dendemokratischen Charakter des Vereins geknüpft, die weiter nichtsbesagen, als daß die Herren Demokraten vom„Arbeiterverein" trotzalledem waschechte und prinzipienfeste Leutchen sein— möchten.Wir haben Empfindung für das Unbehagliche ihrer Lage, aberwir geben ihnen zu bedenken, daß das Sprichwort:„Wer zwischenzwei Mühlsteinen sitzt, wird zerrieben", in heutiger Zeit grau-sanier denn je zur Geltung kommt. Daran ändert auch dasschönste demokratische Bewußtsein nichts.Die Große Berliner Kunst-AuSstelluna, welche amheutigen Tage eröffnet wird, ist nach der offiziellen Feier von2 Uhr ab für das Publikum geöffnet. Der Eintrittspreis be«trägt nicht 1 M. sondern nur 50 Pf.In der Urania wiederholt Herr Dr. Müllenhof am Sonn«abend seinen Vortrag über den Flug des Menschen.Von der städtischen Fachschule für Gärtner wird unZmitgetheilt, daß der Unterricht im Feldmeffen, der am 6. Maibeginnt, Sonntags von 8—10 Uhr vom städtischen ObergärtnerHeinpel in der Baumschule vor dem Schlesischen Thor ertheiltivird. Das Honorar beträgt 3 M. Anmeldungen nimmt HerrRektor Drachmann, Hinter der Garnisonkirche 2, täglich um 7 UhrAbends entgegen.Durch Schwefelsäure hat am Mittwoch Morgen derausdiener H. Nürnberger in einer Drogenhandlung in derrunnenstraße schwere äußerliche Verletzungen erlitten. BeimHerabnehmen einer Flasche vom Revositorium stieß er mit der-selben gegen einen anderen Glasbehälter, die Flasche zerbrachund die ätzende Flüssigkeit ergoß sich über Gesicht, Hals undArme des Unglücklichen. Ein hinzugezogener Arzt wendete sofortdie nöthigen Linderungsmittel an und ließ den Schwerverletztennach dem Krankenhause übersühren. Der Aermste hat den Ver-lust eines Auges zu beklagen.Zum Handel mit Mcusche»fleisch. Schon wieder ist einegewissenlose Gesindevermietherin in der Person der verwittweten,in der Jnvalidenstraße wohnhaften Hertha P., welche außerStellung befindliche Dienstboten an sich zog, um sie später derProstitution zuzuführen, verhaftet worden. Die Jnhaftirungerfolgte vorgestern Vormittag in einem Schanklokal der Nowalis-straße auf grund des§ 180 des Strafgesetzbuches und zwar aufdirekten Befehl des Untersuchungsrichters beim Landgericht IBerlin. Die Beschuldigte war polizeilicherseits zum Betriebeeines Gesindevermiethungs-Geschäftes nicht konzefsionirt und hatihre Opfer zumeist vor den bekannten GesmvevermiethungS-Bureaus in der Friedrichstadt aufgesucht.Ein Verbrechen auS Roth. In der Nacht zum I. Maiwurde an einer Dame an der Ecke der Kurfürstenstraße und derSchillstraße ein Raubanfall verübt. ES war zwischen elf undzwölf Uhr, und die Dame befand sich auf dem Heimweg, als ander bezeichneten Stelle plötzlich ein Mann auf sie zutrat, sie beider Schulter faßte und ihr die Worte:„Geld her oder ich schneideIhnen den Hals ab" zurief. Die Dame versicherte, daß sie keinGeld bei sich habe, doch ließ sich der Mann dadurch nichtbeirren. Mit den Worten:„Sie haben doch Geld bei sich", ver-suchte er einen Griff in eine Tasche der Dame. In diesemAugenblick näherte sich der Dame ein Herr, dessen Beistand sieanrief. Der Altentäter entfloh und sprang in der Maatzenstraßeüber den Zaun eines Vorgartens. Dort wurde er verhastet. Esist der bisher unbestrafte Tapezirer Karl Kloses Zu feiner Ent-schuldigung führt er an, daß er nach seiner vor einiger Zeit in-folge eines Streites erfolgten Entlassung, als Post-Hilss»b e a m t e r in große Roth gerathen und dadurch veranlaßtworden sei, den Ueberfall zu verüben.Neber ei« blutiges Ehedrama wird uns aus dem HauseStromstr. 42 das Nachstehende berichtet: Im Quergebäude desGrundstücks, eine Treppe hoch, wohnte seil dem I. v. M. derArbeiter Karl Hallmann, am 4. Dezember 1343 zu Debben ge-boren, mit seiner am 23. März 1357 zu Falkenberg, KreisDramburg, geborenen Ehefrau Elise, geborenen Coßburg, und der5jährigen Tochter Elise, der sjährigen Helene und dem drei-jährigen Sohn Willi. Das Eheltben gestaltete sich durchausunglücklich, und zwar scheint die Frau den Unwillen des Mannesdurch den Bruch der ehelichen Treue herausgefordert zu habrn.Während sie sich, wie festgestellt ist. mit einem Schlaf-burschen in der Wohnung anshielt, ließ sie den Mann vor derverriegelten Thür warten. Hallmann ist kränklich und war erstvor kurzer Zeit aus einem Krankenhause in die Wohnung zurück-gekehrt. Seitdem fanden nach wie vor Schlägereien zwischen denGatten statt, und ein solcher Auftritt hat fich auch am Mittwochzugetragen. Di« einzige Zeugin des Herganges war die fünf-jährige Tochter Elise, die um Wt Uhr Nachmittags aus dieStraße eilte und mit den Worten:„Papa hat Mama in dentals gestochen", einen Schutzmann um Beistand anrief. Derchutzinann Schwarz begab sich zugleich mit der GastwirthsfrauHelnrich in daS Haus, und die letztere will gehört haben, wie beider Annäherung die Thür von Hallmann verriegelt wurde. Alsman gewaltsam eindrang, fand man den Ehemann in der Küchein einer großen Blutlache liegend vor. Er hatte, wie der Heil-gehilfe Brunnert feststellte, eine sehr tiefe Verletzung am Halse.In der Stube auf dem Sopha lag die Ehefrau, die aus einerHalsverletzung und zwei Kopfwunden blutete. Beide Personengaben noch Lebenszeichen von sich. Hinter einem Kohlenkastenwurden zwei scharfe blutige Messer hervorgeholt.� DieserUmstand läßt die Annahme zu, daß beide Ehegattenmit Messern bewaffnet auf einander losgestochen haben.Dem entgegen steht aber die Thatsache, daß die Thür bei derAnnäherung des Beamten verriegelt wurde, sodaß wahrscheinlichHallmann zuerst seine Frau verletzt und dann sich selbst dieWunden beigebracht hat. Darauf deutet auch die Aussage desKindes hin, das mit seinen Geschwistern bei einer Frau Dragein demselben Hause Unterkommen gefunden hat, während dieEltern nach dem Moabiter Krankenhause gebracht wurden. DerZustand des Mannes wird als fast hoffnungslos bezeichnet.Polizeibericht. Am 1. d. M. Nachmittags siel ein Ar-bester im Hause Tieckstr. 4 von der Treppe und erlitt eine schwereVerletzung am Köpfe.— Im Laufe des Tages fanden zwei kleineBrände statt.WrtternngSübersicht vom 2. Mai.