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vom 24 d. MtS. das Tegenteil von dem steht, was der preußische Landwirtschaftsminister sagte! In dem Aufruf des Herrn von Batocki heißt eS wörtlich: .Mir klingt es wie eine Beschimpfung der Land- leute, wenn man hier und da sagt, nur durch den An« reiz gesteigerter Preise ist etwas von ihnen herauszu- holend Hier und da dazu gehört also nach den Berichten des Buda- pester Blattes auch der preußische Landwirtschaflsminister! Zwar hatte bisher Herr von Batocki in seiner Amtstätigkeit noch nicht merken lassen, daß er dieser erfreulichen Anschauung huldigt, Anreiz zur Produktion durch Preissteigerung sei eine Beschimpfung der Landwirte! Tue Erhöhung der Preise für Winterkartoffeln gegen- über dem Vorjahre ist doch durch eine wirkliche Erhöhung der Pro« duktionskosten in diesem Umfange nicht begründet! Bisher hat ja noch niemand, auch nicht das Kriegsernährungsamt, den Versuch gemacht, ziffernmäßig nachzuweisen, wie diese Preissteigerung durch etwaige Steigerung der Ausgaben des Landwirtes hervorgerufen sei. Vielmehr wurde immer nur von dem.be- rechtigten Anreiz zur Produktion" gesprochen! Aber wenn der Präsident des Kriegsernährungsamtes jetzt diesen Standpunkt, den wir ja immer für falsch erklärt haben, aufgeben will, wird es die Bevölkerung gewiß mit Freude begrüßen. Rur erwartet fie auch nicht allein Worte, sondern Taten und das ist zunächst: die Herabsetzung der hohen Kartoffelhöchstpreise.

Wer verteuert das Obst? Die Ergebnisse der Verpachtungen der Obstnutzungen auf der Landstraße weisen meist eine beträchtliche Steigerung gegen das Vorjahr auf. Ganz besonders scheinen die Pflaumen von den Pächtern bevorzugt zu sew, die sich zu märchenhaften Angeboten entschlossen. Während sonst die Feldmark A I t d o r f im Ver- Pachtungstermin 100 M. brachte, erreichte sie diesmal über 1000 M. Die Feldmark Pati tz erzielte sogar ein Gebot vnn 2700 M. und für die Alleen der Stadt Niemegk , die sonst 400 500 M. ein­brachten, wurden über 2000 M. gezahlt. Im Gegensatz hierzu steht das Vorgehen der Polizeiverwaltung in K r o s s e n a. O., die einen Preis von 30 Pf. für das Pfund Pflaumen als Wucherpreis ansieht und unnachsichtlich solche Forderungen zur Anzeige bringt. Was nützt es aber, wenn einzelne lokale Behörden gegen den Wucher vorgehen, das Kriegsernährungsamt sich aber nicht rührt.

Starke Heriugsschwärme und teure Heringe. Wie die Stettin «.Neuesten Nachrichten" melden, sind zwischen der Küste Pommerns und Schwedens starke Heringsichwärme auf- getaucht..Seit Menschengedenken wurden an der Küste Schweden » nicht so große Mengen Heringe wie im August dieses Jahres ge- fangen. Die Fische sind fein und fett und erzielen hohe Preise." Der Gegensatz der letzten Meldung zu der vorhergehenden ist wenig erfreulich. Also trotz der überreichen Fänge keine niedrigen, son- dern hohe Preise! Und der Zwischenhandel wird noch das seinige dazu tun, um die Preise noch zu steigern, denn es existieren ja noch immer keine Höchstpreise, weder für den Groß» noch für den Kleinhandel.

Die Fleischration des Gesindes. Auf ein recht eigenartiges Mittel, die Flvischbersorgung zu regeln, ist der Landrat des holsteinischen Kreises Steinburg ver- fallen. Er hat unterm 24 August folgende Verordnung erlassen: .Die Versorgung der Bevölkerung mit der erforderlichen Fleisch- menge erfordert ein haushälterisches Umgehen mit den vorhandenen Vorräten an Frischfleisch und Dauerware. Einem solchen Haus- hallen widerspricht die auf dem Lande allgemein übliche Sitte. daß das Gesinde bei Fleischmahlzeiten sich seine Fleischration selbst abschneidet, anstatt daß das Fleisch für das Gesinde vorgeschnitten wird. Ich ordne daher an, daß in ländlichen Betrieben bei Fleisch- Mahlzeiten in Zukunft dem Gesinde seine Fleischration zuge« schnitten wird. Sollte diese Anordnung bei dem Gefinde auf Widerspruch stoßen, so sind mir die Namen der Unzufriedenen mit- zuteilen." Diese Verordnung hätte sicher mehr Verständnis gefunden, wenn darin auch der Herrschaft und ihren Sprößlingen eine bestimmte Fleischration vorgeschrieben worden wäre. Daß der Land- rat aber nur dem schwer arbeitenden Gesinde die Fleischration vor» geschrieben haben will, muß dem Gesinde eine nicht gerade gute Meinung von der landrätlichen Fürsorge beibringen. Dem Dienst- botenmangel, über den die Bauern in Schleswig-Holstein beständig klagen, wird der Landrat durch seine Verordnung aber nicht gerade mildern._ Ter Kampf der schweizerischen Arbeiter gegen die Teuerung. Die fortschreitend zunehmende Teuerung all« Lebensmittel und vedarfsarukel wird für die schweizerisÄe Arbeiterschafr mit sedem Tage mehr zur Kalamität. Fast jeder Tag bringt weitere Preis- erhöhungen und Verteuerung, so daß die Kaufkraft des Geldes immer geringer wird, das überdies der Arbeiterschaft nur in be- schetdencm und unzulänglichem Maße zur Verfügung steht. Die b-, 10-, 15- und auch 20prozentige Lohnerhöhung oder Teuerungs­zulagen, die die organisierle Arbeiterschaft bei den Unlernchmern crreichle, bedeuten nicht viel gegenüber der heute 50 prozentigen Verteuerung der Lebenshaltung gegenüber deren Kosten im Sommer 1914 vor Kriegsansbruch. Die Arbeilslosen, deren es ebenfalls immer gibt, haben übrigens auch von den Lohnerhöhungen und Teuerungszulagen nichts, da sie überhaupt kein Lohneinkonnnen haben und Unterstützungen noch geringer als dieses sind. Die von allen Seiten gemeldeten und immer häufiger werdenden Diebstähle, namentlich auch von Garten- und Feldfrüchten reden eine deutliche Sprache. Demgegenüber rührt sich die organisierte Arbeiterschaft auf der ganzen Linie. Eine in Zürich stattgefundene Konserenz von Ver« tretern der gewerkschaftlichen und politischen Organisationen stellte ein ganzes Programm von Forderungen an den Bundesrat, die Kantonsregierungen und die Gemeindebehörden auf, das Vorschläge für Maßnahmen aller Art zur Abhilfe gegen die Teuerung und die Not des Volkes sordert. An den Bundesrat, die Regierungen in Basel und Zürich sowie an den Stadlrat Zürich sind bereits bezüg- liche Eingaben gemacht worden, in denen besonders Bestands- aufnähme, Höchstpreise, eventuell weitere Monopole, Zurückdrängung oder gänzliche Ausschaltung des verteuernden und wucherischen Zwischenhandels, Unterstützung der Notleidenden und Arbeilslosen, Massenjpeisung usw. gefordert werden. Die Regierung des Kantons Zürich hat ans ihren Mitgliedern eine dreigliederige Norstands- kommission gebildet, der auch unser Genosie Ernst angehört, die die Organisation einer umfassenden Lebensmitrel- Versorgung für den Kanton Zürich schaffen und durch- führen soll. Vom Kantonsrat will die Regierung zu diesem Zweck einen Kredit von 500 000 Fr. verlangen. In der Stadt Zürich fand am 25. August eine Maffenversamm- lung von 15 000 Arbeitern und Arbeiterinnen mit Demonstrations- zug durch die Stadt gegen die Teuerung und den Wucher sowie für Abhilfe durch die Behörden statt. Auch in anderen Kantonen und Städten rührt sich die Arbeiter« schaft für die Schaffung von gründlicher Abhilfe. Nebenbei fahren die Gewerlschasten mit Forderungen nach Lohnerhöhungen und Teuerungszulagen in Gewerbe, Industrie und Handel, in privaten wie genossenschaftlichen, kommunalen und staatlichen Be- trieben fort. Tie schweizerischen Arbeiter wollen nicht elend zugrunde gehen, während ein gewissenloses Spekulantentum sich maßlos auf Kosten des Volles um Milliarden bereichert.

Die Beilegung öes Konfliktes in Teltow -Deestow. Genosse R a d t k e- Neukölln ersucht uns um Aufnahme folgender Zuschrift: Nachdem sich die V«hältnisse im Kreise Teltow -BeeSkow soweit zugespitzt haben, ist es die allerhöchste Zeit, daß etwas geschieht, ja geschehen muß, wenn man verhindern will, daß der ganze Partei- körper zerrüttet und die Organisation dauernden Schaden«leidet. Als ein«, der mitten im Getriebe steht, möchte ich den Anfang zu ein« fruchtbaren Diskussion und wenn irgend möglich, zur güt- lichen Erledigung der Streitfrage beitragen. Heute liegen die Dinge nach meiner Auffassung so, daß keiner den Ansang machen will, weil es unmöglich erscheint, die Verhältnisse wieder inS Gleise zu bringen. Trotzdem ist es gerade jetzt Pflicht aller Beteiligten, insbesondere der zur Leitung der Partei eingesetzten Instanzen, sofort einzugreifen. Dabei darf man sich freilich nicht einseitig aus den Standpunkt einer Richtung stellen und die andere glatt ab- schütteln. Wenn schon aus Zirlularen und Preffeäußerungen des früheren Kreisvorstandes hervorging, daß er sich auf den Parteivorstand stützte, daß der Parteivorstand mit seinem Vorgehen. seinem Handeln einverstanden wäre, weil er sich, trotzdem er von diesen Aeußerungen Kenntnis hatte, nicht dagegen wehrte, so ist jeder Zweifel geschwunden, nachdem ein Schreiben des Partei- Vorstandes vom 15. August 191S im»Berliner Tageblatt" am Sonn« tag veröffentlicht wurde. Bei der ungeheuren Verantwortlichkeit, die der Parteivorstand bei jeder seiner Entschließungen hat und haben muß, will es doch recht fraglich erscheinen, ob sich der Parteivorstand nach gründ- licher Prüfung der Sachlage auf den Standpunkt stellen konnte, daß nur der alte Parteivorstand zu Recht besteht. Er bestehe deshalb zu Recht, weil der neue Kreis- vorstand nicht von einer statutengemäßen Generalver- sammlung gewählt sei! Also der geheiligte Wortlaut des Statuts, das garnicht alle vorkommenden Fälle berücksichtigt und auch nicht be- rücksichtigen kann, weil immer neue Momente eintreten können, an die sicher kein« bei Beratung desselben denken konnte, soll maß- gebend sein. Untersuchen wir die Frage ein wenig. Wo steht im Statut, daß der Parteiausschuß alle die Funktionen ausüben soll, die er in Wirk- lichkeit in den letzten Jahren ausgeübt hat? Und doch wurden sie für notwendig«achtet, weil die Zeitverhältniffe keine andere Regelung zuließen. Wo steht im Statut, daß der Vorstand eines Kreises in örtliche Angelegenheiten anders, als gemeinsam mit den Revi- soren als Schiedsgericht einzugreifen hat, und doch ist es in Neukölln geschehen und mußte von der Mehrzahl der Partei« genoffen begrüßt werden, weil es einem guten Zwecke dienen sollte. Wo steht im Statut, daß der engere Kreisvorstand, der bis- h e r alle schwerwiegenden Fragen nur in G em e i n s ch a ft mit den Kreisfunktionären«ledigte, diefe mit einemmale voll­ständig ausschalten darf; das tat er ab«, trotzdem er alle für die Kreisgeneralversannnlung am 18. Juni notwendigen Schritte mit diesen vorher beraten hatte. Nur zu den wichtigsten, semen schon vorh« ausgearbeiteten Erklärungen, die nachher eine so unheilvolle Wirkung hatten, zog er sie nicht mehr hinzu, ebenso wenig nach der durch sein Verhalten entstandenen Situation nach der Kreisgencralversammlung. Wo steht im Statut, daß wenn dem Kreisvorstand die Erledigung einer Frage nicht richtig erscheint, er berechtigt ist, eine KreiSgen«al- Versammlung einfach zu schließen, um die gewählten Delegierten, die zur Entscheidung oll« schwebenden Fragen berufen und seit früher Morgenstunde aus den verschiedenen Teilen des Kreises ge« kommen sind, einfach wie Schulbuben sieben läßt? Dieses und vieles andere steht nicht im Statut. Also in manchen Fällen soll das, was nicht im Statut steht und doch ge« macht wird, gut sein und dem Wohle der Partei dienen; in anderen Fällen ist es grundverkehrt und zieht die schwersten Konsequenzen nach sich. Sonderbare Logik. Oder kommt es dabei nur auf die Auslegungskünste an? Hat der recht, der darin der größte Meist« ist? Nach gründlicher Prüfung der Sachlage ist der Parteivorstand zu seinem Entschluß gekommen. Ich will es ihm glauben, daß er nach seiner Meinung alles getan hat, um sich Aufklärung zu verschaffen. Eine andere Auffassung aber hat die Mehrzahl der Partei- genossen und muß fie haben, wenn sie auf ihre Fragen erfährt, daß der Parteivorstand auch nicht einen der früheren Kreisiunklionäre, die von dem früheren Kreisvorstand ausgeschaltet wurden und der trotzdem immer noch zu Recht bestand, auch nicht einen vom neuen Kreisvorstand, dem ohne weiteres sein Daseinsrecht abgesprochen wird, zur Information geladen hat. Wäre das nicht auch notwendig ge« wesen, hätte das nicht die einfache Pflicht geboten? Trotz jahrelangen Zusammeuarbeitens in schwittigen Partei- fragen wurden diese Vertreter auch vom Parteivorstand ausge- schallet und damit das Vorgehen des früheren Kreisvorstandes gegen sie guigeheißen. Wieweil soll es noch in der Parteiorganisation kommen? Sollen erst noch mehr Taten geschehen? Die Regelung wird immer schwieriger je länger man tatenlos zusieht. Heute haben wir zwei Kreisvorstände, heute haben wir in den meisten Orten des Kreises zwei Organisationen, die sich nicht etwa ergänzen, sondern sich gegenseitig belämpsen. Heute werden die Mitglieder von zwei Richtungen um Beiträge angegangen, jede ver- ficht dabei ihre Ansicht und versucht die andere in das richtige Licht zu stellen um nicht deutlicher zu werden. Wohin soll das führen? Wie lange ist der Zustand für unsere Partei noch zu ertragen? Wo soll da das Vertrauen der Massen erhalten bleiben, wenn es so weilergeht. Wer kann da noch länger untätig zusehen? Heute sind von dem früheren Kreisvorstand schon 20 örtliche Kassierer in Anklagezuftand Verse tzl worden, weil sie Beschlüffen ihr« Organisationen und ihrer Meinung nach zu Rechr bestehenden Beschlüssen von Kreisgeneralversammlungen Folge leisteten und die Beiträge an den neuen Kreisvorstand ablieferten. Die bürgerlichen Gerichte werden von Parteiorganisationen zur Entscheidung in Fragen angerufen, die sie selbst spielend lösen könnten. An Gerichtsstelle will man sich über alle Vorgänge in der Partei unterhalten. Kann man der Oeffentlichkeit noch ein besseres Schau- spiel bieten? Wenn ich nicht allzu sehr irre, will man in der Partei sogar die schwierigsten Fragen der auswärtigen Politik durch Schieds- g e r i ch t e erledigen, und bei uns selbst gibt es keinen, gibt es keine Instanz, die solchen Vorkommnissen ein Ende bereitet? Was hat es für einen Parieivorftand für einen Sinn, sich hinter Gruppen zu stellen, die nach Ansichr der weitesten Parteifteise zu Un- recht bestehen. Was hat es für einen Sinn, das Gros der Partei- genossen immer mehr gegen sich aufzubringen. Was soll mit all den Parteimitgliedern werden, die sich dem n i ch t st a t u t e n- gemäß gewählten Kreisvorstand anschließen. Wie lange wird bei weiterer Untätigkeit dies« Zustand auf Teltow -Beeskow beschränkt bleiben, wie schnell kann er auf Groß-Berlin und das Reich über- springen. Solche und noch andere Fragen drängen �sich einem ganz ein­fachen Parteifunktionär auf, wie viel mehr müßten sie eine leitende Parteilörperschaft beschäftigen. Der Vorschlag des Genoffen Hirsch, ein Schiedsgericht zu be- rufen, ist sicher diskutierbar. Jede Richtung hat das Recht, die Hälfte der Beisitzer zu stellen, der Rahmen brauchte gar nicht allzueng gesteckt werden, damit volle Garantie gegeben ist, seine Gründe vorzutragen. Sollte man im ganzen Deutschen Reiche nicht einen einzigen Parteigenossen austreiben können, der unparteiisch ist und zu dem beide Teile Zutrauen haben können? Dabei ist es durchaus nicht notwendig, daß sich die Parteien dem Schiedsspruch von vornherein unterwerfen, weil dem unmer etwas

�Anstößiges anhaftet. Sehr oft habe ich das in mein« früheren gewerkschaftlichen Tätigkeit bei Lohndifferenzen abgelehnt und sehr gute Erfahrungen damit gemacht; denn ist der Spruch einigermaßen den Erwartungen entsprechend, wird er von beiden Teilen an- genommen und weite Teile haben ein Recht bei der Entscheidung gehabt und sind somit nüillerantwortlich. Entspricht er nicht den Er­wartungen, so nützt ein solcher Zwang gar nichts, er würde dann dpch nicht gehalten und hätte so seinen Zweck verfehlt. Es fehlt nur an einer Stelle, die die Angelegenheit' in die Hand nimmt. Wer ist hier zuständiger, wer beruseuer als der Partei- vorstand I Nicht entscheiden soll er, sondern nur vermitteln. Zuerst eine Sitzung mit den beiden nun doch bestehenden Kreisvorständen: gelingt hier keine Verständigung, dann getrennte Kreisgeneral- Versammlungen beider Richtungen; wenn auch hier noch nicht, dann eine gemeinsame Kreisgeneralveriammlung beider Richtungen. Natürlich immer unter Leitung und voller Beteiligung des Partei« Vorstandes und Mitwirkung des Bezirksvorstandes. Das find natürlich nur Vorschläge, die aber nach meiner Er- fahrung zu einem praktischen Ergebnis führen müssen. Hier heißt es handeln, schnell zugreifen, will man nicht, daß noch Schlimmeres eintritt, was ich nach Lage der Verhältnisse be- fürchten muß, bier aber nicht anführen möchte. Hier Hilst keine spitzfindige Auslegung der Statuten, keine Den- tung der Ausführungen einzelner Parteimitglieder oder Beschlüsse von Korporationen, kein ins Anrecht setzen des anderen Teiles. Die Dinge haben sich entwickelt, sind da und zu einem un- ermeßlichen Schaden für die Gesamtpartei geworden und müssen be- seitigt werden. Ein seder, der bei der Beseitigung dies« Mißstände mitwirkt, erwirbt sich ein Verdienst um die Arbeiterbewegung. Die Erhaltung der Einheitlichkeit unserer so großen herrlichen Bewegung muß manche andere Rücksichten zurückstellen. Die deutsche Partei hat es sich angelegen sein lasien, eine Einigung unter der Sozialdemo- kratie anderer Länder herbeizuführen, sorge sie auch für die eigene Einheit und Geschlossenheit. Hermann R.o d t k e. Parteisekretär in Neukölln.

' �lus Groß-öerlin. Das Genesungsheim. So manches Gebäude in Groß-Berlin hat seinen einstigen Charakter geändert nnd dient heute Zwecken, an die der Be- sitzer noch vor zwei Jahren kaum gedacht hätte. Größere Lokalitäten jeglicher Art sind zur Unterbringung von ver- mundeten oder erholungsbedürftigen Kriegern hergerichtet, und so mancher geräumige Saal, in dem ehemals mit glühendem Eifer das Tanzbein geschwungen oder gewaltige Redeschlachten geschlagen wurden, ist jetzt mit Betten ausgestattet, die in langen Reihen sich hinziehen und aus denen hoffnungsfrohe Augen der kommenden Gesundung entgegensehen. Wo aber ein Garten sich anschließt und das ist wohl in der Regel der Fall da wandeln jene, die das Bett schon ver- lassen können, einzeln oder in Gruppen umher und plaudern und lachen in steigender Lebens- freude. Wenn das Wetter günstig ist, sitzen sie auf Bänken oder liegen in Klappstühlen und lesen oder halten ein kleines Schläfchen, bis ein nicktsnutziger Kamerad herangeschlichen kommt und mit seinen Neckereien die Ruhe stört. So manches Genesungsheim hat auch ein Klavier auf- zuweisen. Meist findet sich dann auch der eine oder andere, der spielen kann, und bald klingt ein schmeichelnder Walzer, ein forscher Marsch oder das Lied von denVöglein im Walde", die sowunderschön" sangen, durch die Räunie und bis ins Freie. Einzelne haben sich auch in irgend einen Winkelverkrümelt" und schreiben, schreiben an die Eltern, an die Braut daheim, an Freunde und Bekannte! Hier schlendert ein noch junger Soldat am Arme einer Schwester mit etwas tastenden, unsicheren Schritten den Kies- weg entlang. Ihm hat der Krieg das Augenlicht geraubt. Nimmermehr wird er das Blühen des Frühlings, das bunte Leuchten des Herbstes schauen, dunkel wird die Welt um ihn sein. Aber merkwürdig gefaßt trägt er sein Los. Munter unterhält er sich mit seiner freundlichen Begleiterin und ent- wickelt seine Zukunftspläne, und es zeigt sich auch hier wieder, wie ungemein groß die Spannkrast der menschlichen Seele ist, besonders in der Jugend, daß sie selbst mit dem Furchtbarsten sich abfinden kann. Der Trieb, weiterzuleben und dem Dasein möglichst viel Angenehmes abzutrotzen, ist jeder höher gearteten Kreatur stark genug eingepflanzt, um auch katastrophale Ereignisse in den meisten Fällen zu überwinden. So sind denn auch die Genesenden, sofern sie nicht mehr zu verwenden sind im Heeresdienst, durchweg mit der Neugestaltung.ihres ferneren Lebens eifrig beschäftigt, und die Frage der wirtschaftlichen Existenz spielt bei vieleu eine wesentliche Nolle. Zuweilen erhält einer der Kameraden Besuch. Die Frau oder die Braut oder sonst wer. Dann geht er mit den An-' gekommenen abseits, und nun werden Familien- und sonstige persönlich interessierende Angelegenheiten erörtert, bis die Stunde zum Aufbruch mahnt. An schönen Tagen wird auch mal ein Ausflug unternommen, soweit es der Gesundheits­zustand der einzelnen erlaubt. Ein ganzer Schwärm, in der Mitte als Schutzgeist die fürsorgliche Schwester, zieht hinaus zum Wannsce oder sonst einem schönen Fleckchen in der Um« gebung Berlins . Da wird denn Kaffee getrunken, gespielt, einzelne baden auch, andere ziehen es vor, sich in der Sonne zuaalen", und so hat jeder seine Freude. Rechtzeftig wird dann aufgebrochen, um den Heimweg anzutreten. So ver- gehen die Tage. Wer genesen ist. scheidet aus, andere kom- men, und so geht es weiter, bis die Kriegsfurie sich ausgetobt hat und der Friede sich weich und liebevoll über die blut- stampfende Erde senkt!(z)

Wurstmotropol? Unter obigem Titel wird uns geschrieben:Durch behördlich« B«ordnungen verschiedener Art ist die Wurstsabrikarinn so ziemlich eingestellt worden. In den Tarisbetrieben, die früher an vierhundert Gesellen beschäftigten, werden jetzt kaum dreißig beschäftigt. ES fehlt an inländischem Rohmaterial; die Berarbeilung von auslän- dischem ist nicht erlaubt. Seit einiger Zeit wird in einem Betriebe, d« zur Wirrst- fabrikation eingerichtet ist wohl im Auftrage der Zentral-Ein- kaufs-Gesellschaft Wurst(sogenannte ausländis-be) hergestellt. Preis pro Pfund 2,30 M. Wir bezweifeln, daß es zulässig ist, diese» Preis zu nehmen. Die vom Magistrat festgesetzten Höchstpreise für Wurst sind doch noch nicht aufgehoben. Für Wurstwaren, die hier in Berlin hergestellt werden, gelten unseres Erachtens die für Berlin festgesetzten Höchstpreise. Tie Fabrikate an sich rechtfertigen diesen hohen Preis keineswegs. Es ist.Kriegswurst" und das besagt für den Fachmann alles. Unseres Erachtens wäre es angebracht, dieses vom Ausland be- zogene Material mehreren Wurstfabriken zur Verarbeitung zu über- geben. Dadurch wäre es wohl möglich, ein etwas befferes Fabrikat zu bekommen. Jeder Betrieb würde versuchen die Ware möglichst