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Montag, den 11. September 1916.
Die Kriegswirtschaft und
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Meldung des Großen Hauptquartiers.wendiger iſt es, daß er nicht nur auf dem Papier mit seinen
Amtlich. Großes Hauptquartier, den
der Ernährungs- Diktator". 10. September 1916.( W. T. B.)
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Die umfangreichen Darlegungen, die der Präsident des Kriegsernährungsamts, Herr v. Batocki, vorgestern der eine KapiPresse übermittelte, sind furz ausgedrückt tulation von dem Deutschen Landwirtschaftsrat. Seitdem es besteht, sucht dieser das K. E. A. unter seine Oberleitung zu bekommen und, genau so wie unter Delbrück , seinen Willen, das heißt den Vorteil der Großgrundbesizer durchzusetzen. Es war kein Zufall, daß gerade bei Einbringung der Ernte, wo die entscheidenden Maßnahmen für das nächste Jahr zu treffen sind, Herr von Oldenburg Janusch au seinen temperamentvollen Briefanden Deutschen Landwirt. schaftsrat schrieb. Wir hatten bereits an unserer Besprechung dieses Briefes vom 3. d. M. darauf hingewiesen, daß sein Grundgedanke lautet: Tue Geld in meinen Beutel!
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Oldenburg will, daß die Produktion durch noch höhere Preise angeregt wird, das aber, so zeigten wir, ist eine Schraube ohne Ende. Die Landwirte freilich jauchzten ob des Januschauers Deutlichkeit vielleicht fehlte ihnen nur der Hinweis auf sein Leitmotiv: Und folgst du nicht willig, so brauch' ich Gewalt und schicke dir den Leutnant mit zehn Mann! Gestern brachte der„ Lokalanzeiger" die Mitteilung, der Deutsche Landwirtschaftsrat bitte ihn im Auftrage des Rammerherrn und Major von Oldenburg- Januschau die nachstehende Notiz zu veröffentlichen: Januschau , 7. September.
Infolge der Veröffentlichung meines an den Deutschen Landwirtschaftsrat gerichteten Briefes sind mir von allen Seiten und aus verschiedenen politischen Richtungen so zahlreiche Zustimmungen zugegangen, daß es mir nicht möglich ist, dem einzelnen zu antworten. Ich habe weiter nichts getan, als ausgesprochen, was viele Tausende im deutschen Volke empfinden. von Oldenburg- Januschau. Also offene Fronde von den Konservativen bis zu den nationalliberalen und Zentrumsagrariern- denn das sind ja die verschiedenen politischen Richtungen, die dem Januschauer zustimmen.
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Dieser Opposition wagt Herr von Batocki nicht in der Weise entgegenzutreten, in der allein es wirksam wäre, nämlich durch Taten, sondern er gibt den Agrariern denselben Trost, wie in Shakespeares Sommernachtstraum Schnock, der Schreiner , dem erschreckten Publikum:
So wisset denn, daß ich, Hans Schnock, der Schreinerg'sell, In eines Leuen Fell nur einen Zeu vorstell';
Denn tät' ich tun im Ernst als Zeu mich herbegeben, So tät' es leid mir tun wohl um mein eigenes Leben."
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Nein sämtliche Verordnungen Delbrücks haben den Agrariern nicht wehe getan und auch Herr von Batocki wird ihnen nicht mehe tun. Die große Gefahr, vor der sie sich fürchten, wird nicht eintreten: nämlich der Produktionszwang.
Die bisherige Methode, nur durch Höchstpreise die Produktion zu regeln, hat sich so jammervoll abgewirtschaftet, daß die Agrarier mit Angst sehen, wie in allen nichtagrarischen Schichten der Unwille, ja der Zorn über die bisherige Mißwirtschaft stetig wächst. Die letzten Tage liefern ja wieder eine Fülle von Beweisen für die Unbrauchbarkeit dieses Systems, das angeblich das Gute will und doch nur Böses schafft.
Die Obst ernte, insbesondere die der Pflaumen, ist in diesem Jahr so überreich wie fast noch nie. Als die Früchte ansetzten und Plantagen zur Verpachtung famen, rührte sich in den Aemtern feine Feder; man sah untätig zu, wie die Bachtpreise bis auf das Zehnfache in die Höhe stiegen. Dann aber, als die Pflaumen geerntet wurden, sette das K. E. A. solche Höchstpreise fest, daß die Pächter trotz der überzahlien Pachtungen noch Riesengewinne von den Bäumen schütteln- die Bevölkerung aber erhält trop des wahren Pflaumeniegene teure, und noch dazu schlechte, unausgereifte Ware, weil das K. E. A. zuläßt, daß die Marmeladenfabriken alles auffaufen fönnen, auch zu höheren Preisen, denn Höchstpreise für Marmeladen gibt es ja für die Heeresverwaltung nicht.
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Herr von Batocfi ist allerdings wegen der Pflaumen vom bösen Gewissen geplagt und dieses zwingt ihn in seiner Erklärung, von ihnen zu reden, aber er redet daneben. Er spricht von der„ ertremen Richtung", die die„ restlose Ausdehnung der Rationierung bis zu Pflaumen" will. Wit solchem Popanz soll von dem wirklichen Sachverhalt abgelenkt werden: rechtzeitig niedrige Höchstpreise wurden gefordert, und, damit die Pflaumen nicht, wie dies jetzt geschieht, vom Markt verschwinden: Beschlagnahme und Enteignung.
Herr von Batocki spricht von seiner schweren Verantwort
Westlicher Kriegsschauplatz.
Die Schlacht an der Somme nimmt nach der vorgestrigen Kampfpause ihren Fortgang. Der englische auf 15 Kilometer breiter Front zwischen Thiepval und Combles erfolgte Stoß brach sich an der Standhaftigkeit der unter dem Befehl der Generale Frhr. Marschall und von Kirchbach stehenden Truppen. Bei Longueval und Ginchy sind die Nahkämpfe noch nicht abgeschlossen. Die Franzosen wurden im Abschnitt Barleur- Bellon von Regimentern des Generals von Quast blutig abgeschlagen. Nordwestlich von Chaulnes machten wir bei Säuberung einzelner Grabenteile Gefangene und erbeuteten sechs Maschinengewehre.
Rechts der Maas spielten sich neue Gefechte südlich des Werkes Thiaumont und östlich von Fleury ab. Eingedrungener Feind ist durch Gegenstoß geworfen.
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Im Luftkampf verloren unsere Gegner in den letzten Tagen vorwiegend an der Somme 9, durch unser Abwehrfeuerenge. Hauptmann Boelcke hat den 3 22. feindlichen Flieger abgeschossen.
Deftlicher Kriegsschauplah.
Abgesehen von wiederholten vergeblichen russischen Angriffen gegen bayerische Truppen bei Stara Czerwiszcze am Stochod ist die Lage vom Meere bis an die Karpathen unverändert.
In den Karpathen sett der Feind seine Angriffe fort. Westlich von Schipoth hat er Gelände gewonnen. Sonst ist er überall abgewiesen.
Südlich von Dorna Watra haben deutsche Trup. pen mit rumänischen Kräften Fühlung ge
wonnen.
Die blutigen Verluste der Rumänen und Russen in den letzten Kämpfen stellen sich als sehr bedeutend heraus. An der mazedonischen Front keine Ereignisse von besonderer Bedeutung. Der Erste Generalquartiermeister Ludendorff.
Der österreichische Generalstabsbericht.
Wien , 10. September 1916.( W. T. B.) Amtlich wird berlautbart:
Deftlicher Kriegsschauplatz. Front gegen Rumänien .
Die Lage ist unverändert.
Heeresfront des Generals der Kavallerie Erzherzog Carl .
Ein feindlicher Angriff gegen unsere Stellungen westlich des Cibo- Tales wurde abgewiesen. In Ostgalizien ist Ruhe cingetreten. Sonst keine Ereignisse.
Heeresfront des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern. Stellenweise etwas lebhaftere Gefechtstätigkeit. Am unteren Stochod scheiterte ein feindlicher Angriffsversuch im Artilleriesperrfeuer.
Italienischer Kriegsschauplas.
An der Küstenländischen Front standen die Karsthochfläche und der Tolmeiner Brückenkopf unter stärkerem feindlichen Artilleriefeuer. Lebhaftere Artilleric- und Patrouillentätigkeit an einzelnen Abschnitten der Tiroler Front hält an. Nördlich des Travignolo- Tales zerstörten unsere Truppen eine vorgeschobene feindliche Deckung und brachten hierbei, ohne selbst auch nur einen Mann zu verlieren, den Italienern beträchtliche Verluste bei.
Südöstlicher Kriegsschauplatz.
Nichts Neues.
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: von Hoefer. Feldmarschalleutnant.
Kein Zweifel sie ist schwer! Aber um so notvielen Erklärungen, sondern durch die Tat den Weg mit rücksichtsloser Energie zu Ende geht". Schon Delbrück hatte einst in einer Minute der Erkenntnis gesagt, daß sich.,. bei halben Maßregeln die größten Schwierigkeiten" ergeben. Batocki wiederholt dies:„ Vorläufig ist Konsequenz die Hauptsache und jede Halbheit schädlich."
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Aber die Taten? Es bleibt beim alten, das ist seine Konsequenz- troß der Mißerfolge dieses Systems der Höchstpreise ohne Enteignung, des Anreizes der Produktion durch Buchergewinne statt des Eingreifens der Staatsgewalt zur Regelung der Produktion! Der Zwang- das wäre die Konsequenz! Sogar in Oesterreich , dem man doch wahrlich nur den Vorwurf allzu großer Gemütlichkeit machen kann -selbst dort ist vor furzem eine faiserliche Verordnung ergangen, die den Produktionszwang als Kriegs. maßregel einführt. Gewiß, wir zweifeln nicht, diese Wiener Verordnung vom 22. August d. J. wird für die Landwirtschaft Desterreichs auf dem Papier stehen bleiben dafür werden die dortigen Agrarier schon sorgen. Aber in der obersten Verwaltung hat man dort doch eingeschen, daß die bisherige Willfür in der landwirtschaftlichen Erzeugung beseitigt werden muß, wenn sie nicht zur Katastrophe führen soll. In Deutschland ist die Regelung der Produktion unter Staatsaufsicht gleich nach Ausbruch des Krieges von unserer Partei gefordert worden, neuerdings erheben sie auch Landwirte anderer politischen Richtungen; man schlug vor, cine besondere Reichsstelle für Produktionserhöhung" zu schaffen, die jedem Landwirt entsprechend der Beschaffenheit seines Bodens den Anbau bestimmter Fruchtsorten vorschreibt. Selbstverständlich wurde gegen diesen im Interesse des Volks. wohles liegenden Vorschlag von deutschen Landwirten mobil gemacht. Der Vorstand der Deutschen Land. wirtschaftsgesellschaft erließ sofort eine geharnischte Erklärung, in der es hieß: 3wangsmaßnahmen beunruhigen und hemmen auf die Dauer die Gütererzeugung zut Schaden der Allgemeinheit." Es gibt bekanntlich nichts, was für gewisse Landwirte so wichtig ist wie das Interesse der Allgemeinheit!
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Nun sie können beruhigt sein. Für Herrn von Batocki ist die Forderung des staatlichen Produktionszwanges der Gipfel der Nervosität", und daß auch Landwirte sie jetzt erheben, findet er kaum begreiflich". Also lieb' Landwirtschaftsrat kannst ruhig sein! Der Präsident des K. E. A. nimmt nicht den Kampf mit den Januschauern auf; es droht fein staatlicher Eingriff in die Produktion, kein Zwang, denn die Befürchtung der Bevölkerung, daß es immer schlimmer werde, sind für ihn„ Unkenrufe". Und die Befürchtungen der Landwirte, daß etwa die Höchstpreise herabgesetzt werden, beschwichtigt er. 3war spricht er am Schlusse seiner Erklärung von„ Preisabschlägen", die bei guter Ernte fommen können, aber er gibt gleichzeitig die Versicherung, daß dem Landwirt Preise belassen werden, die ihm unter den erschwerten jezigen Verhältnissen die erfolgreiche Wirtschaftsführung ermöglichen". Die„ auf Verkennung der Verhältnisse beruhenden über. triebenen Preisermäßigungsforderungen gewisser Konsumentenkreise" müssen, sagt Herr von Batocki, ,, ebenso entschieden zurückgewiesen werden, wie die gegen teiligen Ansprüche der anderen Seite". Das erste haften wir für sicher gegen das zweite aber spricht die Tatsache, daß gerade durch Herrn von Batocfi die Preise für Winterfortoffeln so übertrieben hoch angesezt worden sind wie noch nic zuvor!
Nach solchen Proben sind es nicht die Landwirte, welche die Macht des" Diktators" zu fürchten brauchen, selbst. Dann nicht, wenn sie ihre Drohung wahrmachen, daß sie den Anbau einschränken, wenn sie nicht noch höhere Preise bewilligt er. halten.
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Der Brief des Januschauers trug in Rofalanzeiger" die Ueberschrift: Quosque tandem?"( Wie lange noch?) Ein Recht zu dieser Frage hat nicht er, sondern das dar. bende Volf!
Silistria.
Es ist alter, blutgetränkter Boden, die Gegend von Silistria . Immer wieder ist diese Donaufestung heiß umstritten worden; Russen und Türfen haben 11111 den wichtigen Plaz gerungen, und erst vor drei Jahren hat nach dem Ueberfall Bulgariens durch die Rumänen das bis dahin bu garische Silistria seinen Besizer gewechselt. Die Rumänen, Sie ohne Opfer in den Besitz der Sadt gelangt waren, haben Silistria zur Kreishauptstadt gemacht und vermutlich die alten Festungswerke neu ausgebaut und verstärkt. Die Stadt hat reichlich 12 000 Einwohner, und diese Bewohnerschaft bildet ein buntes Völfergemisch. Zu ihrer Hälfte besteht sie noch aus Türken;