2. Beilage zum„Vorwärts" Berliner Volksblatt.Ur. 103.Sonntag, den 6. Mai 1894.11. Jahrg.Die Maifeier.Maifeier in Deutschlandfolgende NachrichtenUeber de« Verlauf derliegen uns weiter nochvor:KottbuS. Die Maifeier war von 1200 Personen besucht.Referent Genosse Kadelbach; nach der Versammlung Fest-kommers.— Fürstenwalde. Die zum Abend einberuseneVolksversammlung war von über 600 Personen besucht. GenosseM e tz n e r- Berlm sprach über die Bedeutung des Tages, demsich Gesangsvorträge, welche vom Gesaugverein Liedeslust aus-geführt wurden, und Deklamationen anschlössen.— Lands-i> e r g a. 29. Die am Abend bei Rothenburg abgehaltene Versammlung war sehr gut besucht. Der Saal �>ar der Feier desTages eulsprechend dekorirt. Genosse P a e tz e l» Berlin wies in1>/- stündiger Rede aus die Bedeutung des Tages hin. NächstenSonntag findet noch ein Ausflug statt.Stettin. Die Versammlung am Morgen des I.Mai,in welcher Genosse K ä m i n g sprach, war von 200 Personenbesucht.Bremerhaven. Am Nachmittag fand hier eine Ver-sammlung statt, besucht von einigen hundert Personen. Referent:Genosse Schmal selb t. Der für Bremerhaven polizeilicher-laubte Festzug gestaltete fich zu einer gewaltigen Demonstration.Tie Ausstellung aus dem Siegesplatz selbst ging ohne jedeStörung von statten, willig, ohne irgend welche Bemerkungenwurde den Weisungen der Ordner Folge geleistet. Die Polizeiwar außerordentlich stark vertreten, eine Vorficht, die unseres Er«achtens vollständig überflüssig war. Die Beamten zeigten jedochvom Inspektor herab bis zum Hafenpolizisten ohne Ausnahme einEntgegenkommen, welches anerkennend hier hervorzuheben wirnicht unterlassen wollen. Leider läßt ja bei derartigen Anlässendie heilige Hermandad ihre Macht die Arbeiter oft in ebennicht gerade angenehmer Weise fühlen. Das Verhalten derBremerhavener Behörde stach daher um so vortheilhaftcr hiervonab. Der Festzug wurde von den beiden Vorsitzenden des sozial-demokratischen Vereins, den Genossen Schröder und Gehr eröffnet,sodann folgte ein Musikkorps und hierauf die aus den GenossenSchmalfeldt, Haverkamp und Hilker bestehende Deputation derpolitischen Partei. Hinter dieser schritt ein Genosse mit einemgut ausgeführten Transparent, auf der einen Seite des letzterenlas man die Worte„Hoch der Achtstundentag", auf der anderen„Gleichheit, Freiheit. Brüderlichkeit". Gegen 160 Frauen undMädchen hatten sich dem Zuge angeschlossen. Auf die Abtheilungder Frauen und Mädchen folgte im Festzuge der Arbeitersänger-bund und an diesen schlössen sich die übrigen Vereine und Ge-werkschasten mit ihren Fahnen, Emblemen zc. an. In regelmäßigen Zwischenräumen war ein Musikkorps und zwar imganzen sieben oder acht eingestellt. Die Musikkapelle intonirtebeim Abmarsch das allgemein bekannte Kampfes- und Siegesliedder Arbeiter und ruhigen, festen Schrittes durchzogen die Demon-stranten die Straßen der Stadt. Die Zahl der Demonstrirendenbetrug 3S00- 4000. Die Straßen waren dicht gedrängt vollerZuschauer, es schien, als sei ganz Bremerhaven auf den Beineu.In mehreren Straßen waren die Häufer festlich geschmückt durchFahnen, Guirlanden, Transparente. Inschriften:c. Der Umzugdauerte ca. 3/r Stunde. Gegen 9 Uhr war man beim Kolosseumangelangt. Dort fand das Fest durch Konzert, Ball und eineFestrede seinen Abschluß.—Herford. Zirka 400 Theilnehmer fanden sich ei», um dasFest der Arbeit zu begehen.— Stendal. Zur Feier des1. Mai fand Zlbends 8 Uhr eine öffentliche Volksversainmlungstatt, welche von 300 Personen besucht war. Genosse Hinze-Magdeburg sprach über die Bedeutung des achtstündigen Arbeits-rages. Eine entsprechende Resolution wurde angenommen.Goslar. Hier waren 250 Personen, in Zellerfeld200 Personen versammelt, um das Maisest zu begehen.Gießen. Die Volksversammlung war sehr gut besucht;Reserent war Gen. Orbig.Dessau. Hier hielten die Kinder am Abend einen„Acht-stunden-Fackelzug". Einige hundert Kinder waren mit Stock-laternen versehen, deren jede mit einer großen 3 bemalt war.Gerade diese Kinderdemonstration hat bei den bürgerlichenParteien arg verschnupft; es„diskrediiire" die Achlstunden-Bewegung.Löbtau. Früh 7 Uhr Sainmlung in Kämpfe's Restaurant,von da Zug nach dem Trianon. Nachmittags Betheiligungam Festzug. Abends Versammlung im Gambrinus. Verlausglänzend.— Sebnitz. Maifcst in der Greuadierburg, zirka80 Theilnehmer. Festrede, Vorlesung. Gesang vom Sängerklub„Vorwärts".— Steinigtwolmsdorf. Zum ersten Malwurde hier der 1. Mai gefeiert. Durch Gesänge, Ansprachen undDeklamationen gestaltete sich die Feier zu einer erhebenden.—Ottindorf-Okrilla. Versammlung am 29. April von3S0 Personen besucht. Referent Genosse Fräßdorf. Resolutionangenommen.— In N e u n k i r ch c n begann die FestlichkeitNachmittags 4 Uhr. Saal vollstäudig gefüllt.— Gersdorf.Versammlung im Garten des Waldschlößchen, 200 Personen.Reserent Rosenow.— Bautzen. Die Maifeier-Versammlung ver-lies bei zahlreicher Betheiligung äußerst harmonisch und begeisternd.— L ö b a u. Festversammlung 600 Personen. Refereut Schulze-Kossebaude. Resolution einstimmig angenommen. Nach Schlußder Versammlung Kommers. Verlauf glänzend.— Reichenaubei Zittau. Versammlung im„Gasthof zum Roß", Lokal ge-füllt, ca. 230 Personen, darunter zahlreiche Frauen. ReferentH. Krüger-Dresden. Resolution einstimmig angenommen. Nachder Versammlung fand Kommers statt.— Bühlau. Die vonca. 2S0 Personen besuchte Festversammlung nahm die Resolutioneinstimmig an.— Pen ig. Eine am l.Mai im„Schützenhaus"abgehaltene, von etwa 200 Personen besuchte Volksversanimlungnahm einstimmig eine Resolution zu gunsten des Achtstundentagesan. An die Versammlung schloß sich ein Kommers an, zu wel-chem die vorgetragenen Lieder nach der Prüfung des Stadtratheszu Penig„nicht geeignet und nicht bestimmt sind, zum Umsturzder bestehenden Staatsverfassung aufzureizen oder gegen andereGesellschaftsklassen Haß zu erregen". Die so geprüften Liedersind der Sozialistenmarsch, Marseillaise, Arbeitsmänner jc.Chemnitz. Der Verlauf der Maiseier war im ganzenErzgebirge ein der Würde der Arbeiterbewegung entsprechender.Im 16. Wahlkreise(Chemnitz) am 1. Mai Versammlungen, vondenen die Behörde eine Anzahl unter allerlei Vorwänden verbot.Am 3. Mai Festlichkeiten. Große Lokale von feiten der Gegnerabgetrieben; gleichwohl ca. 20 000 Festtheilnehmer aus denBeinen. In allen größeren Orten des Erzgebirges Masten-Versammlungen, in den kleineren Orten Zusammenkünfte bei Ge-sang und Deklamationen. Die Polizeibehörde hat, offenbar aushöhere Anweisung, wo es anging, mit gewohnter Schneidigkeitverboten.— In Chemnitz selbst waren Vormittags in 8(meistkleinen) Sälen 3000 Personen versammelt. Am Orte steht keingrößerer Saal zur Verfügung. In dem einzigen größeren Saalsollte Abends Festrede und Kommers stattfinden, wurde aber amNachmittag verboten.— Große Aufregung herrscht darüber inArbeiterkreisen.Elberfeld. Die Morgenversammlung war sehr stark be-sucht. Nachmittags fand ein Ausflug statt. Die Theilnehmerzahlbelief sich auf 1300.— Barmen. 300 Genoffen unternahmenam Nachmittag«inen Ausflug. Die um ö Uhr Abends anbe-räumten Versammlungen waren von über 1000 Personen besucht.Der Anfang allgemeiner Arbeitsruhe ist gemacht und dürftejedenfalls in den nächsten Jahren größeren Umfang annehmen.Q u a k e n b r ü ck. 1. Mai, Abends 3 Uhr, Versammlung;der allerdings kleine Saal konnte die Theilnehmer nicht allefassen, ein Theil hörte das Referat auf dem Hausflur an. Re-serent: Genosse Schrader-Bramsche. Nach der Versamm-lung blieben die Theilnehmer noch in fröhlicher Stimmungbeisammen.Bramsche bei Osnabrück. Ami. Mai Nachmittagsfand eine von Arbeiterinnen und Arbeitern zahlreich besuchteVersammlung statt. Referent: Genosse Göbel-Hannover.Nachher Festkommers. Betheiligt waren 230—230 Personen.Mülheim a. Rh. Gleich den Arbeitern aller Länder be-absichtigten auch die Arbeiter Mülheims eine Maifeier zu ver-anstalten, und zwar durch eine Festlichkeit am Abende des 1. Mai.Aber im Rathe der Götter war es anders beschlossen. Die Fest-lichkeit wurde verboten mit der Motivirung, daß das Lokal nichtpolizeilich abgenommen sei. Wenn es uns auch nicht vergönnt war,den I. Mai in einer, seiner Bedeutung entsprechenden Weisezu feiern, so haben sich die in einer Anzahl von einigenHunderten erschienenen Genossen und Genossinnen doch bis zumEintritt der Polizeistunde in zwangloser Weise recht vergnügtunterhalten.Worringen. Zur Feier des I.Mai hatten sich diehiesigen Genossen zu einem gemeinsamen Abendessen zusammen-gefunden. Nach Beendigung desselben unterhielten sich die An-wesenden noch mehrere Stunden durch entsprechende Vorträgeund Lieder und trennten sich mit dem Versprechen, mit allenKräften für die Ausbreitung unserer Ideen aus dem plattenLande thätig zu sein.Aus dem zweiten badischen Reichstags-Wahlkreise Furtwangen geht uns ein Schreiben derdortigen Parteigenossen zu, in welchem dieselben bedauern, demBeschluß des Kölner Parteitags nicht nachkommen zu können.Die Arbeiter wohnen dort alle zerstreut im Gebirge(Schwarz-wald) und sind somit naturgemäß noch weit mehr der Willkürder Unternehmerschaft preis gegeben. Um ihre Solidarität zubekunden, haben die Genossen des gedachten Kreises beschlossen,10 pCt. ihres Tagelohns der Parteikasse zuzuführen.Stuttgart. Die Versammlung am Morgen war voneinigen Hunderten besucht. Die Feier des Abends fand imZirkus statt. 23 Gesangvereine hatten sich zur Verschönerungdes Festes zur Verfügung gestellt. Die Festrede hielt GenosseKarl Kloß.Nürnberg. Die zwei Versammlunge», welche anläßlichder Maifeier hier stattfanden und in denen Genosse Grillen-b e r g e r und O e r t e l referirten, erfreuten sich eines massen-hasten Besuchs. In beiden wurden gleichlautende Resolutionenangenommen.Oesterreich.Aus Graz telegraphirt das Wolff'sche Bureau, das dieMaifeier übrigens todtgeschwicgen hat: EinundzwanzigArbeiter, welche an den Ausschreitungen gelegentlich derMaiseier theilgenomme» hatten, wurden theils zu Kerker,theils zu Arreststrafen verurtheilt.Ueber die Vorgänge in Graz liegt uns leider kein un-parteiischer Bericht vor. Wir müssen, natürlich unter allem Vor-behalt, deshalb einen von der österreichischen Regierung inspirirtenBericht hier folgen lassen. Derselbe lautet:Die am I. Mai, Vormittags, stattgehabten Versammlungennahmen einen ruhigen Verlauf, bei den Zuzügen der Arbeiter zuden Festen in den Annensälen, in der Pnntigamer und Steinfelder Bierhalle war jedoch die Wache schon bemüssigt, cinzu-schreiten, weil die Arbeiter der Glasfabrik trotz wiederholterAufforderung der Wache eine w.itgedrachte Standarte nicht weggeben wollten. Als nach 7 Uhr Abends die Arbeiter in Gruppe»abzogen, mußte die Wache wiederholt einschreiten, theils weildie einzelnen Gruppen schreiend und johlend durch die Gaffenzogen, theils weil einzelnen wieder Standarten mit Bändernvorangetragen wurden. In der Volksgartenstraße nahm einWachführer einer Arbeiterin eine solche Standarte ab,wobei er von einer anderen mit dem Regenschirme auf denKopf geschlagen wurde. Als er die Excedcntin für arretirterklärte, wurde er von den Umstehenden umringt, mit den Regen-schirmen bedroht und geschlagen. Die herbeieilenden Wachenwaren genöthigt, die Waffe zu ziehen, um den Wachführcr zubefreien.Z Bald darauf exzedirten aus den Annensälen ausziehendeArbeiter und bewarfen die Wachmänner mit Steinen, wobeiWachsührer Strehly und Wachmann Wanlo schwer verletztwurden. Gegen die Exzedcnten rückte ein Zug Infanterie unterKommando eines Lieutenants ab. Diesem gelang es, die Ex-zedenten zu zerstreuen, wobei der Arbeiter Gruber, welcher einMädchen mit einem Steinwurfe verwundet hatte, arretirt wurde.Unter johlendem Geschrei zog nun die Menge in die Rauber-gaffe, welche aber an ihrenZugängen mit Militär be-setzt war. Als die Massen immer heftiger andrängten, ging daSMilitär mit aufgepflanztem Bajonnet vor unddrängte die Exzedenten zurück. Nach 11Vs Uhr war die Ruhein der ganzen Stadt wieder so weit hergestellt, daß die aus-gerückten Militär-Bereilschaften in ihre Kasernen zurückkehrenkonnten. Außer den bereits genannten zwei Wachmännernwurden bei den Exzessen noch neun andere verletzt. Verhaftungenwurden im ganzen 37 vorgenommen; von den Verhafteten warenzwei durch Säbelhiebe leicht verletzt.Uugar»(Kroatien).Aus Agram wird uns geschrieben:In Agram verlief rie Wtaiseier großartig. Die Vormittag-Versammlung war von über 2000 Personen besucht worden; amNachmittag fand ein Festzug statt, an dem ebenso viel Personentheilnahmen. In der Resolution der Versammlung werden ge-fordert der Achtstundentag, Politische Rechte, Allgemeine Abrüstung. Viele Hundert Bauern waren anwesend. AuchDeputationen von Bauern aus dem Lande waren erschienen. DieBourgeoisie ist verblüfft und schimpft. Im Lande wurde dieMaifeier ferner begangen in Barasdin, Poprenitz, Effeg,Slatina und in Brod an der Save. Polizeilich verbotenwurde die Maifeier, soweit bis jetzt Nachrichten vorliegen, inPetrinja, Fiume, Lissek.Schweiz.Unser regelmäßiger Korrespondent schreibt uns:, Di« diesjährige Maifeier hat in der Schweiz in derHauptsache denselben Verlaus genommen wie in den früherenJahren. In erster Linie steht wieder Zürich, wo am Vor-mittag im Kasino Außersiehl vor 1000 Personen Beck undein Italiener Ansprachen hielten und mehrere Arbeiter-Gesangvereine Lieder vortrugen. An die Versammlungschloffen sich die Fahnenweihen der Spengler und Anstreicher.Am Nachmittag zählte der Festzug 3000 Theilnehmer und neben40 Fahnen und Emblemen wurde auch eine schwarzeFahnemitgeführt, aber von der Polizei konfiszirt und der Fähnrich ver-hastet. Seidel und ein Italiener referirten. In Winter-t h u r fand am Abend eine von 500 Personen besuchte Ver-sammlung statt, in welcher ebenfalls Seidel redete. Die hierwie in Zürich angenommene Resolution lautet:„Die heutigeMaifest-Versammlung fühlt sich«ins mit allen nach Freiheit undGleichheit ringenden arbeitenden Menschen der ganzen Welt.Sie sendet allen Maifeiernden ihre besten Grüße und versprichtmit aller Kraft für den gesetzlichen Achtstundentag und für dendemokratischen Sozialismus im Lande Tells zu wirken."— DerFestzug in St. Gallen zählte etwa 300 Mann. In der Ver-sammlung referirte Anzett über die Entwickelung der Arbeiter-schutz-Gesetzgebung. In Basel zählte der Festzug 1000 Mannund neben anderen Fahnen wurde auch eine schwarze mitgeführt.Im„Platanenhof" sprach L a n g, in der Burgvogtei Greulich.Der B e r n e r Festzug zählte 900 bis 1000 Theilnehmer undführte ebenfalls eine schwarze Fahne mit der In-schrift:„Nieder mit dem Thron, dem Altar und demGeldsack" mit. Die Festrede hielt Redakteur Steigeraus Basel. In Chur sprach vor 330 MannWullschleger aus Basel. In Kreuzlingen sprachWerner aus Winterthur, in Z u g Redakteur Brandt ausSt. Gallen, in Romanshorn Beck aus Zürich. Der Fest-zug in L u z e r n zählte 300 Theilnehmer, die Festrede hieltStaatsanwaltKeßler aus Solothurn. In Grenchen.wo meistens Uhrenarbeiter beschäftigt sind, beiheiligten sich1300 Arbeiter und Arbeiterinnen am Zuge. Aus dem Festeredeten Siegenthaler und Adjunkt Schwitzguebel.Der Lausanner Festzug zählte WA) Theilnehmer. In derMarkthalles sprachen F a u q u e z in französischer und HeinrichSchmidt aus Zürich in deutscher Sprache. Die angenommeneResolution lautet:„Die heutige Festversammlung steht zu denForderungen deS Achtstundentages, der Bekämpfung des Mili-tarismus, der Erweiterung des Fabrikgesetzes, Wahl der Fabrik-inspekloren durch die Arbeiter, Recht auf Arbeit und unentgelt-liche Krankenpflege." In Gens zählte der Festzug 1000 bis1200 Theilnehmer. Der französische Abgeordnete(Chauvin,welcher die Festrede halten sollte, kam verspätet an. An seinerStelle sprachen B o m m e l i aus Lyon und S i g g aus Genf.Von anderer Seite wird noch über die Maiseier in Luzer»das folgende berichtet:Die Maifeier ist glänzend verlaufen. Das Wetter waretwas regnerisch, aber trotzdem waren an dem Zuge mindestens300 Arbeiter betheiligt. An der Spitze die rothe Fahne des Ge-wcrkschaftsbundes nebst 11 Fahnen der verschiedenen Gewerk-schaften und Vereine. Die Musikkapelle des Grüllivereins spieltedem Zuge voran; so zogen wir durch die Hauptstraßen derStadt nach der Löwengartenhalle. Zirka 100 italienische Ar-beiter waren betheiligt, welche mit den hiesigen Maurern undHandlangern einen Verein gebildet haben. Als Referent zu derFeier des Tages war vom Bundeskomitee des SchweizerischenGewerkschastsbundes ein schweizerischer Staats-an w alt, unser Genosse Dr. Keßler aus Solothurn, abgeordnet.welcher in sehr verständlicher Weise die Bedeutung der Maifeierklar legte und dann aber auch nicht unterließ, die Bundesversamm-lung einer gehörigen Kritik zu unterziehen und den anwesendenheimischenArbeitern dringend empfahl, in Zukunft nur auf sich selbstzuhoffen, denn die Herren würden nie etwas für die Arbeiter thun.Am Schlüsse seiner schönen Rede meldete sich ein Italiener zurUcbersetzung, ihr folgte allgemeiner Jubel unter diesen Arbeitern.Eine Depesche aus Grenchen bei Solothurn meldete einen Festzugvon 1000 Arbeitern, was ebenfalls übersetzt wurde, und so wardie Freude groß unter allen Anwesenden. Durch verschiedeneEesangvorträge von Mitgliedern deS Allgemeinen Arbeitervereinswurde das Fest in schönster Weise zu Ende geführt, und um6 Uhr ordnete sich der Zug zum Abmarsch bis aus einen Saminel-punkt in der itteinstadt, wo die Auflösung erfolgte.Belgien.Aus Gent wird dem Bureau Herold telegraphirt: Am3. Mai fand abermals ein sozialistischer Umzug statt, an welchemsich etwa 4000 Arbeiter, Frauen und Kinder betheiligten. Ander Spitze des Zuges wurde eine Tafel getragen, welche mit derInschrift:„Platz den Arbeitern" versehen war. Dann kamensechs Arbeiter zu Pferde mit rothen Fahnen� in der Mitte deSZuges ging ein Trupp junger Mädchen, mit rothen Freiheits-mutzen geschmückt.Italien.Aus Rom wird uns berichtet:Seit vielen Jahren war es hier unmöglich, die Arbeiter ingroßen Versammlungen zu sammeln, ohne daß infolge des provo-katarischen Auftretens der Polizei Unruhen zu vermeiden geweienwären. Diesmal aber gelang es, am 1. Mai eine von 200 Ar-beitern besuchte Versammlung vor dem Thore San Paolo ab-zuhalten. Die Genossen Vittorio Vollini und Andrea Costahielten die Festreden. Zwei Redner traten hierauf auf, einradikaler Bäckermeister, der gegen die Theilnahme der Arbeiterund gegen die Erkämpfung der politischen Macht sprach. Wegendes entschiedenen Widerspruches der Versammlung konnte erseine Rede nicht beendigen. Der zweite Redner, ein Arbeiter,forderte die Arbeiter zur Einigkeit auf und zum Zusammenstehenim Kampfe gegen den Militarismus und die Bourgeoisie.Hieran schloß sich durch mehrere Stunden geselliger Verkehrder Festgcnoffen, woraus die Rückkehr in die Stadt in vollsterOrdnung angetreten wurde. Außerdem wurden in Rom nochsechs andere Versammlungen abgehalten. Die Genossen in derHauptstadt Italiens sind über den Verlauf ihrer Maifeier mitFreude erfüllt und versprechen sich für die nächste Zeit großeFortschritte der sozialistischen Idee am Sitz« des Papstes unddes Königs von Italien.England.In London soll die Haupt-Maifeier erst am Sonntag— 6. Mai— stattfinden, was allerdings nach den Beschlüssendes Züricher Kongresses einigermaßen befremden muß.Man erinnert sich, daß die englischen Delegirtcn entschieden fürden 1. Mai eintraten, nachdem sie sich überzeugt hatten, daß diesder feste, einmüthige Wille der Arbeiter aller Länder des Fest-lands war. Um die Abweichung von dem Beschluß etwas zumildern, soll mit der Achtstunden-Resolution auch eine Resolutionzu gunsten des Allgemeinen Wahlrechts verbunden werden—eine Abweichung bleibt es jedoch unter allen Umständen, undLiebknecht, der zum Hydepark-Meeting eingeladen war, sah sichdeshalb außer stände, die Einladung anzunehmen.Nur die„Sozialdemokratische Federation" hielt am 1. Maifest, wird sich aber auch an der Sonntagsfeier betheiligen. ZurFeier des 1. Mai fanden sich am Themse-Ufer etwa 2000 bis3000 organisirte Arbeiter ein, die mit Fahnen und Musik nachdem Hydepark zogen. Unterwegs schlössen sich von allen Seilenherankommende Abtheilungen an, und im Hydepark war einestattliche Menge versammelt, die sich in zwei große Versamm-lungen theilte und einstimniig unter brausendem Jubel folgendeResolution annahm:Die Versammlung sendet ihre brüderlichen Grüße nach allenLändern und wünschl hiermit, daß der 1. Mai als iuter»nationaler Arbeiter-Ruhetag in Zukunft gefeiert werden möge.Norwegen.Ueber die Maidemonstration in Christiania geht unsnoch der folgende Bericht zu:Hier fand am 1. Mai ein großer Demonstrations-Umzug fürden achtstündigen Arbeitstag statt. Es geschah nun zum fünftenMale, daß ans diese Weise für die Verkürzung der ArbeitszeitPropaganda gemacht wurde. Die Volksmenge, gegen 3000 Per-sonen und ungefähr 30 Korporationen mit Fahnen