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3. Beilage zumVorwärts" Berliner Volksblatt. Zlr. 103. Sonntag, den H. Mai 1894. 11. Jahrg. Die Junker in Ungarn  . Selbst nationalliberale Blätter geben zu. daß die wirth- schafllichen Zustände in Alsöld, dem großen ungarischen Tief- land. erbärmlich sind, daß die Lage des Landvolkes unerträglich ist. Die Vorgänge in Hodmezö-Vasarhely haben die betrübenden Verhältnisse desreichen" Ungarlandes, dessen Bodenschätze schier unerschöpflich sind, aller Welt enthüllt. In Ungarn   hat sich der Großgrundbesitz, der znm großen Theil auch großkapitalistisch wirthschaftet und alle Mittel einer vorgeschrittenen Kulturtechnik anwendet, mit englischen Maschinen auch die Einrichtung der kapitalistischen   Pachtung geholt. Alle Uebel, die dem mit Hungerlöhnen produzirenden Großbetriebe anhaften, steigern sich in dieser modernen Erscheinung der Großfarmer, die als Zwischenunternehmer aus ihrer Pachtung den möglichsthohen Unternehmergewinn zu der dem Eigenthümer abzugebenden Grundrente herauspressen wollen. Der Hochadel, mag er nun zu den Absentees gehören, d. h. in Pest, Wien   oder Paris   leben und die Güter durch Mittelspersonen, Pächter, Administratoren verwalten lassen, oder mag er selbstivirthschastend auftreten, zerstört die Bauernschaft und züchtet sich bedürfnißlose Land- arbeiter, Ruthenen, Numänen. Slovenen, die Hungerlöhne erhalten .Und ein Hundedasein fristen. Die Junker nnd ihre Gewerbs- genossen, die Pächter, die zum großen Theil aus der Judenschaft rekrutiren, sind durch eine Gesetzgebung geschützt, die planmäßig in Handel und Wandel, in Großgewerbe und Landwirthschast eine Treibhauskultur treibt und den Kapitalismus mit allen möglichen Vorrechten, Geschenken, Prämien aufpäppelt, ihm allen Arbeiterschutz vom Leibe hält und durch Obergespan, Hajduk und Pandur die große Masse in willenloser Botmäßigkeit zu halten sucht. Ein Land, durch so viele natürliche Vorzüge ausgezeichnet, für Ackerbau und Baumzucht, Weidewirthschaft und Weinbau glänzend ausgestattet, nach einem System regiert, das der herrschenden Klasse alle Machtmittel in die Hand giebt, ein solches Land bildete einen natürlichen Anziehungspunkt für die feudale Betriebsamkeit und das anlagelüsterne Großkapital. In einem osfiziösen Pamphlet, das der geschäftige Herr Max Wirth  nach amtlichen Quellen" schrieb, um die Aufmerksamkeit des inter  - nationalen Geldmarktes und wagelnstiger Unternehmer aus die unvergleichliche Gelegenheil zur Ausbeutung zu lenkenl), heißt es denn auch, daß dre Hindernisse des Nationalersparnistes" aus dem Wege geräumt würden, daß allenthalbenein ernsterer wirthschaftlicher Geist Platz greife", daßnamentlich die Deutschen  , zu denen man sprachlich auch die Juden rechnen muß", in Ungarn  mit gutem Beispiel" voran- gingen. Die Nachtheile des landwirthschaftlichen Betriebes in Ungarn  , erklärt der Krisen-Wirth, sind seit langer Zeit erkannt. Zuerst war es der deutsche hohe Adel, der Großgrundbesitz er- warb und sich mit dem ungarischen Adel verschwägerte. Sind doch viele österreichische Adslsgeschlechter sogar berechtigt, Sitz und Stimme im ungarischen Oberhaus, der Magnaten- tafel, zu führen. Ja unter den vornehmsten ungarischen Familien selbst befinden sich solche, die aus Steiermark  stammen oder sogar noch da ihren Stammsitz haben. wie die Grafen Wenkheim, Degenfeld  , Stubenberg  ." Ungarn   ist eine internationale Junkerhecke, wo brüderlich der Verdienstgetheilt" wird. Da sind die Erzherzöge Albrecht und Josef, da die Grafen Alexander Mor, Andrassy, Karolyi und wie sie alle heißen, die als Großgrundbesitzer ihre angemessene Rente ziehen. Hand in Hand mit ihnen geht die Geistlichkeit, die ungeheueren Besitz ihr Eigen nennt, nicht blos die Ungarns  , fondern auch diejenige des Auslandes. Der reichste Kirchenfürst der Welt ist ja der Erzbischof von Gran, Ungarns   �ürstprimas, hinter dem freilich sofort der Breslauer Fürstbischof Kopp kommt. Aber auch französische Jesuiten   haben in der Gegend von Großwardein   eine Herrschaft erworben, die Herr Wirth entzückt alsMusterwirthschast" preist. Ueber die Vertheilung des Grundbesitzes giebt die amtliche Statistik Auskunft. Die Zahl der kleinen Bauerngüter von S bis 30 Joch(1 Joch= 0,5674 Hektar) beträgt in Ungarn   und Siebenbürgen   2 346 107 oder 94,47 pCt. aller Betriebe, die von ihnen besessene Grundfläche aber nur etwa 15 Millionen Joch oder SS.it pCt. der Gesammlfläche. Dagegen treffen auf 4695 Herrschaftsgüler von 1000 bis 10 000 Joch nicht weniger als 14 240 000 Joch, das heißt 30,6 pCt. des gesammten Grund- besitzes. Auch die 231 Latifundiengüter von über 10 000 Joch enthalten 3 930 000 Joch, d. h. 8,5 pCt. des gesammten Grund- besitzes. Will sagen, daß die Güter über 1000 Joch, also >) Ungarn   und seine Bodenschätze. Statistisches Handbuch ungarischer Landeskunde nach amtlichen Quellen. Frankfurt am Main  . 1885. Ziterarifches. Caliguka. Eine Studie über römischen Cäsarenwahnsinn von L. Q u i d d e. Leipzig  . Verlag von Wilhelm Friedrich. --- Die allgemeinen. Erscheinungsformen des Cäsarenwahnsinns hat schon vor dreißig Jahren Gustav Freylag vortrefflich be- schrieben. Einen Sondersall, der auch heute die Aufnierksamkeit nicht blos der Geschichtsforscher, fondern aller politisch Denkenden verdient, hat Quidde   knapp, scharf zugespitzt und geistreich ent- wickelt. Gajus Cäsar, mit dem Beinamen Caligula  , ist, und dies macht d,e Quiddesche Untersuchung besonders lehrreich, des- halb gerade als Gegenstand des Unterrichts so lehrreich, weil er alle bedeutsamen Merkmale der fortschreitenden Zerrüttung in sich vereinigt. In der That, er ist ein Typus. Hätte Quidde   die wirthschaftlichen und gesellschaftlichen Zusammenhänge, in die Caligula   naturnothwendig mit seines Wesens Wesenheit ver- knüpft ist. noch kräftiger hervorgehoben, so wäre das Berständniß für diese Gestalt erleichtert worden, von der Sueton  , Leben des Caligula  . 22, da er die Zeit seiner Herrschaft zu erzählen anhebt, zu sagen weiß, bis hierher habe er gleichsam von einem Fürsten  , jetzt nur noch von einem Ungeheuer zu berichten. Im kaiser- lichen Rom waren die Bedingungen für die Caligulas gegeben. Die herrschende Klasse, durch Sittenverderbniß aufs äußerste entartet, in Prunk und Ueppigkeit dahinlebend, während die Masse darbte, der Hof- und Bankadel ein feiles Werkzeug des Herrsckers, der Grundbesitz in den Händen einer kleinen Gruppe Latifundienbesitzer, die Provinzen gebrandschatzt und erschöpft, die freie Bauernschaft zu Grunde gerichtet, die plebejischen Schichten Cchuldknechte der Patrizier, dem öffent- lichen Wesen in die Fütterung gegeben, die eigentlich produktiven Elemente rechtlose Sklaven: war hier nicht ein fruchtbarer Nährboden für Willkür, Uebermulh und Wahnwitz des Selbst­herrschers? Man lese bei Quidde   nach, wie der junge Kaiser, der Sohn des von Tiberius adoptirlen GermanicuS, nach des harten, grau- samen Großoheims Tode aus den Thron gelangte, wie er dann un- retibar seinem Verhängniß verfällt. Zuerst freudig begrüßt vom Volk, eröffnet er seine Lausbahn mit Resormpläneu und wohlthuenden Maßregeln, um aber dann. von sreffendem Ehrgeiz getrieben. zudem durch die Borfahren erblich belastet, Epileptiker und von Schlaf- longkeit geplagt, die Rolle des großen Mannes, der aus die Nachwelt 0,19 pCt der Betriebe, 39,1 pCt. der gesammten Fläche besitzen. Fügt man hierzu noch die sogenannten Mittelgüter von 200 bis 1000 Joch, deren Zahl etwa 13 000 beträgt, mit einer Grund- fläche von über 7 Millionen Joch, so entfällt auf die kleine Gruppe der Großgrundbesitzer, es ist noch nicht ein Prozent der Besitzer, der Löwenantheil von 33,3 pCt. der Betriebs­fläche der ungarischen Landwirthschast. Es befindet sich der Gesammtbesitz Ungarn  -Siebenbürgens   in den Händen: Ungarn   Siebenbürgen  pCt. pCt. Der Krone und des Fiskus 6,1 4,7 Oeffentlichen Stiftungen.. 1,0 0,1 Städte und Gemeinden.. 10,3 26,9 Kirche........ 2,9 2,0 Fideikommiß...... 1,2 0,2 Private........ 78,5 66,1 Seil den achtziger Jahren, aus dem diese Zahlen herrühren, hat die Aufsaugung des Kleinbetriebs durch den Großbetrieb noch weitere Fortschritte gemacht, das Junkerthum, ein herrischer Feudaladel, verkoppelt mit kapitalistischen Pächtern, ist der Haupt- eigner des Grund und Bodens in Ungarn.  Bemerkenswerth ist es." so kann man in der Wirthschen Lobschrift lesen,daß in Ungarn   viel mehr Juden als in irgend einem anderen Lande sich mit vielem Erfolg der Landwirthschast widmen, so daß die meisten Pachtleger der Großgrundbesitzer von Juden okkupirt sind, die dieselben vollkommen rationell und mit Aufwendung der neueren Maschinen. Geräthschaften und Methoden bewirthschaften. Viele derselben haben so geschickt operirt, daß sie selbst bereits in ziemlicher Anzahl Großgrundbesitz erivorben haben." Freundnachbarlich vervettert sich zu gemeinsamer Auspowerung des Landvolkes die ahnenstolze Magnatensippe und das mit allen Hunden gehetzte Geldjuden- thum, dessen bis zum höcksten entfaltete Ausbeutuugstechnit wir erinnern nur an die Machenschaften der Rothschild- Bande in den Kohlengruben auch diesseits der Leitha   den wohl- bezahlten Jubel der Wiener   Börsenpresse hervorruft. Ungarn   ist, so eifrig sich die Äaroß und Genossen für die Blüthe" auch des Großgewerbes bemühe», in erster Reihe ein Ackerbau treibendes Land. Von der Gesammtbevölkerung waren anfangs der achtziger Jahre 4 520 671 Personen, d. h. 28,90 Pro- zent der Gesammtbevölkerung, mit Feldbau beschäftigt. Doch ist diese Zahl zu niedrig, da ein großer Theil der Taglöhner in anderen Berufsgruppen aufgeführt ist. Jahresdiener wurden damals 554 453, Arbeiter 771396 gezählt. Auf den großen Gütern, die intensiv wirthschaften, wird die menschliche Arbeitskraft mehr und mehr durch Maschinerie ersetzt, die Situation der Laudarbeiter wird immer kläglicher. Der Kleinbauer, der altfränkisch produzirl und an der Dreifelderwirthschaft festhält, sinkt tiefer und tiefer. Sein eigener Besitz ernährt ihn nicht, er muß nicht blos sein Slnwesen bewirthschaften, fondern bei den großen Gutsherren in Tagelohn arbeiten. An den meisten Hauptplätzen der Komitate bestehen Arbeitsmärkte, wo sich die nuen Hörigen schaarenweise am Sonntag oder Montag verdingen. Wie steht es mit den Löhnen dieser Landarbeiter? 'Auf dem Arbeitsmarkt zu Hodmezö-Vasarhely, wo sich die Z letzten Unruhen abgespielt haben, betrug nach den Angaben des ungarischen statistischen Bureaus der Lohn im Jahre 1331 im Monat, in Kreuzern: Februar Mär, April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Männer mit ohne Kost 0.50 0,80 0.60 0,30 0,30 I. 0,80 1,20 1,50 2,00 1,10 1,60 Frauen mit ohne Kost 0,30 0.50 1,00 0,50 0,40 0,40 1,60 0.80 0,60 0,60 0,50 0,40 0,70 0,80 0.80 0,40 0,25 0,25 0,70 0.55 0,70 0,80 1,00 1,30 1,30 0.60 0,30 0,30 Kinder mit ohne Kost 0,15 0.30 0,40 0,30 0.30 0,40 0,40 0.30 0,20 0,15 0,60 0,40 0,50 0,60 0,45 0,50 0,50 0,40 0,25 0,20 Aus der Natur der Betriebsweise ergiebt sich ein Aufstieg der Löhne von Januar bis Mai, wo als im Erntemonat der Höchstbetrag erreicht ist. Von Juli bis Januar sinkt der Loh» stetig. Aber auch in der besten Zeit, in der Erntezeit, sind die Löhne von erschreckender Niedrigkeit. Heute, dreizehn Jahre nach dieser aintliche» Ausstellung, beträgt der durchschnittliche Lohn der auf dem Markt von Hodmezö-Vasarhely gezahlt wird, nach den An- gaben ungarischer bürgerlicher Blätter zur Erntezeit nur noch 50 bis 60 Kreuzer, d. h. 1 Mark bis l Mark 20 Pf. täglich. Der Verdienst ist also auf den dritten Theil des 1831er Lohnes herabgesunken.Aber wie lange," fragt ein Pefter kommen will, nur noch zu posiren. Nervöse Hast, sprunghaftes, widerspruchsreiches Wesen, eine höchst gefährliche Sucht, alles selbst auszuführen, sind ihm eigen. Da finden wir eine un- gemeffene Prunk- und Verschwendungssucht, die des biS zum Geiz knickerigen Adoptiv-Großvaters hinterlafsene Er fparnisse von 270 Millionen Sesterzien, also über 50Mill. Mark, im Fluge, noch nicht in einem Jahre, vergeudet(Sueton 37) und ihn dann in der Geldklemme zu den bedenklichsten Machenschaften drängt. In riesenhaften Bauten und Bauplänen, das ist ein Zug, den wir bei vielen überspannten Herrschern wir erinnern nur an Ludwig ll. von Bayern   finden, bethätigt sich der ins Ungemessene jagende Schaffensdrang. So baute er. was Quidde noch hätte hinzufügen können, zwei von Tiberius   halb fertiggestellte Werke, den Tempel des Angustus und das Theater des Pompejus   aus(Sueton 21). Er hatte ferner eine Vorliebe für die Wiederherstellung von Ruinen und verfallenen Schlössern. So wollte er den Palast des Polykrates zu Samos  , so die eingestürzten Mauern und Gotteshäuser von Syrakus   wieder aufrichten (Sueton 21). Berge ließ er ebnen, Thäler in Höhen verwandeln (Sueton 37). Dazu kam die Lust an der der Soldatenspielelerei, die sich zu einem Heißhunger nach militärischen Triumphen steigerte. Quidde   härte hier vielleicht anmerken können, daß der Kaiser seinen Beinamen Caligula   einem Lagerscherze ver- dankt, weil er als junges Prinzchen in Uniform unter Soldaten aufwuchs.(Sueton 9). Dem: Caligula   heißt Kommißitiefelchen. Zstich nahm er, da ihn der Größenwahn wehr und mehr erfüllte. noch verschiedene Beinamen an, wie der Fromme, der Sohn der Kaserne, der Vater der Armee, der edelste und größte Kaiser. (Sueton 22  .) Spielerische Manöver und theatralischer Schein lockten ihn. Dazu kam der theatralische Gedanke einer Be- zwingung des Weltmeeres, die Lust an prächtigen Schiffen, die er mit buntfarbigen Segeln, mit kostbarem Schmuck, mit warmen Bädern, schwellenden Polstern und prangenden Gärten ausstattete.(Sueton 37). Der koniödian tische Zug beschränkte sich nicht auf Kriegsspiele. Caligula   hatte auch eine zügellose Leidenschaft für Zirkus und Theater, und die grobsinnliche», rohen Auffiihrungen, die die Nerven kitzelten und die Grausamkeit aufstachelten. den Kampf der Gladiatoren u. s. w. liebte er am meisten. Auch gefiel er sich darin, in-allerlei Vermummungen selber Bourgeoisblatt,währt diese Zeit des höchsten(!)*) Verdienstes! In Mnter müssen die Leute, die vom Sommer her nichts er« übrigen können, geradezu darben. Vor zwei Jahren hat diese Bevölkerungsklaffe sich in Pest Gehör zu verschaffen gesucht, aber vergeblich." So kommt es, daß die Leuteverhetzt" sind, und daß sie sogar jedem magyarischen Bourgeois überläuft es gewiß eiskalt während des Kossuth- lärms in Pest   sagten:Was geht uns der ganze Rummel an, was hat uns 1843 genützt? Wir haben kein Vaterland, wir sind keine Magyaren, sondern international wie unfer l e n d", ein Ausspruch. dessen unübertreffliche Schärfe und Richtigkeit die ganze Lage tageshell beleuchtet. Feudalherren und Pächter saugen hier das Mark aus den Knochen, für ein Joch Land, ein Ackerstück von etwas über ein halbes Hektar, müssen sie 16 Gulden Pacht entrichten. Wie der Panegyriker der ungarischen Regierung, Herr Max Wirth, erklärt, ist die 1381er Lohnstatistikeher zu hoch gegriffen". Er theilt, um die Herrlichkeit des land- wirthschaftlichen Betriebes zu zeigen, Zahlen aus einigen großer Herrschasten mit. In der Herrschaft Bajna- Bia des Grasen Moritz Sändor im Graner und Komorner Komitat beträgt der Jahreslohn der Dienstleute in Baar   und in Naturalien für 19 Feldhüter je 214. für 13 Ackerknechtaufseher je 214, für 166 Kutscher und Wagen- knechte je 200, für 119 sonstige Ackerknechte je 152 Gulden (1 Gulden-- 1,60 Mark). Das Schneiden und Ernten der Halm- und Oelgewächse ist nun im größten Theil des Landes an kontraktlich aufgenommene Schnitter vergeben, die für den zehnten Antheil arbeiteten. Doch die Schneide- und Mäh- Maschine machte den Schnittern einen bedrohlichen Weit- bewerb. Früher kostete die Ernte per Joch 7,47 Gulden. mit Erntemaschinen mit Anstellung von Tagelöhnern 5,95, von Maschinen geschnitten im fünfzehnten Antheil nur 5,11 Gulden. Die alten Schnitter wurden bei der Futtermahd durch wohlfeilere oberungarische Arbeiter aus den slowakischen Komitaten ersetzt. Auf der Herrschaft Kis-Jenö im Araber Komitat, die dem Erzherzog Joseph   gehört, erhalten die Kutscher und Knechte baar und in Naturalien einen Jahrcslohn von ganzen 153 Gulden. Die Entlohnung der Dienstleute, die im Jahre 1853 noch 1317,64 Gulden betrug, war 1361 auf 1099,87 Gulden gefallen. Die Herrschaft beschäftigt und das ist das Merkmal des ungarischen Großbetriebes außer ihren 66 Wagen- knechten und den ständigen 106 Knechten KV 000 Tage­löhner, hält außerdem noch Monatsknechte und Schichtmäher. Die landwirthschaftliche Arbeit wird zum weitaus größten Theile von einer ländlichen Tagelöhnerschaft, die auf den Gütern zeit- weise schafft, verrichtet. Das Landvolk verdingt sich zur Saison- arbeit und fluktuirt in größtem Maße, eine ländliche Wander- bevölkerung, die den proletarischen Stempel deutlich zur Schau trägt. Auf dem Elend dieser unter den ungünstigsten Bedingungen dahinsiechenden Volksmasse beruht der Glanz des ungarischen Feudalismus, der bei Selbstbcwirthschaftung 3, bei Ver- Pachtung 6 pCt. Reinertrag aus seinen Gütern zieht. Graf Moritz Sandor   hatte anfangs der achtziger Jahre aus seiner terrschafl Bajna-Bia durchschnittlich 70 000 Gulden, Erzherzog oseph aus der Grafschaft Kis-Janö durchschnittlich 107 541 Gulden jährlichen Reinertrag. So erklärt sich folgerichtig die Schärfe der sozialen Gegen- sähe, die tiefgehend- Erbitterung des Landvolks und seine Empfänglichkeit für den Sozialismus. Gewerbegericht. Einen sonderbaren Begriff machte sich der Schlächtermerster Trippschuh vonseinem Recht" den Gesellen gegenüber. Der Schlächter K. wollte, als er eine Woche lang bei ihm beschäftigt war. einen Maskenballmitmachen". Das glaubte:hm Tripp- schuh   verbieten zu können, weil am anderen Morgen geschlachtet werden sollte. Der Geselle war aber durchaus nicht geneigt, die patriarchalischeZucht" des Meisters anzuerkennen. Er ging seinen Neigungen nach; der Weiterarbeil bei Tr. überdrüssig. fand er sich bei ihm erst Montags Mittag ein. Dieser ver- weigerte dem Ungehorsamen 13 Bt. des verdienten Lohnes. Des- halb von K. verklagt, der die 13 M. ausgezahlt verlangte, suchte er den Gerichtshof zu belehren, daß Schlachtergesellen nur am Sonntag Mitlag Lohn zu verlangen hätten und nicht Montags. ") Das Organ des satten deutschen Unternehmerthums, die National-Zeitung" ist es, die dieses Ausrusungszetchen hinter das Worthöchsten" gesetzt hat. aufzutreten und sich als Kämpfer im Zirkus, als Musiker und Fechter zu zeigen(Sueton 54). Er besaß eine gewisse natürliche Beredsamkeit, die ihr verlockte, viel öffentlich zu reden. Seine Ansprachen zeichneten sich durch Schärfa und durch die drastische Anwendung klassischer Zitate aus. Seine Gäste herrschte er einst mit dem Homerisch�-: Einer sei Herrscher, Einer nur König! an, und das Wort seines verstorbenen Großvaters: Mögen sie mich hassen, wenn sie nur zustimmen(Sueton  , Leben des Tiberius   59) spitzle er ,u dem berühmten geflügelten Worte zu: Mögen sie mich hassen, wet.n sie nur fürchten. Die Freude an rücksichtsloser Gewaltthätigkeit beherrschte ihn, er hielt sich für den A u s e r w ä h l t e n der Gottheit und beanspruchte schließlich für sich g ö t t l i ch e V e r e h r n n g. Immer mehr nahm seine Bosheit, sein Vergnügen am Quälen zu, er spielte mit Menschenleben und freute sich an Folterungen und Hinrichtungen, er zerrüttete sich durch A u?- sch Weisungen. Schon als Jüngling besuchte er verkleidet die Bordelle, ein Trinker und Wüstling. Sem Adoptiv-Großvater Tiberius  , der ein sehr guter Menschen, kenner war, hat wie vermissen diese Stelle bei Quidde oon dem Enkel mehr als einmal gesagt, zu seine:.: und Aller Ver- derben lebe dieser Gajus, und er erziehe für das Volk eine Natter, einen Phasthon für den Erdkreis(Sueton II). Phaöthou war jener Göttersohn der Sage, der Apollos Sonnenwagen z?: lenken sich erkühnte und Himmel und Erde in Flammen fegte. Daß solch ein Wellbrand sich nicht entzündete, dafür sorgte nicht eine Volkserhebung, zu der die entarteten Nachfahren des Brutus unfähig waren, sondern der meuchelnde Hinterhalt ein:? Palastverschwörung malkontenter Junker. Das Schrifchen Quiddes ist recht lesenswerth. Was wir, abgesehen von dem bereits Gesagten noch daran auszustellen haben, ist die allerdings in Quiddes politischer und geschichtlicher Weltanschauung begründete Ueberschätzung der Persönlichkeit des von Caligula   bald, nach seinem Regierungsantritt kaltgestellten Macros. Der weiland leitende Staatsmann und unter Tiberius   allmächtige Hausmeier ist zwar, das und nicht mehr erweisen die Quellen. von dem an seiner Macht interessirten Klüngel sicher sehr vermißt worden. Durch die Entlassung Macros   aber ist die Volksthümlichkeit Caligulas   nicht erhebltch geschädigt worden.