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Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berlin ".

Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Am: Morisplas, Nr. 151 90-151 97.

Weltpolitische Schriftstellerei.

Aus Amsterdam schreibt man uns:

Freitag, den 6. Oktober 1916.

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Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morisplas, Nr. 151 90-151 97.

mutungen werden Ursache gewesen sein, daß das vom Kriegs- öffentlichten Erinnerungen an die frühere Amtstätigkeit des Herrn gericht ausgesprochene Urteil so streng war: 3 wei Jahre v. Tirpik in seiner Gefolgschaft ein drückendes Unbehagen" hervor­und 90 Tage. Nun hatte man Gelegenheit, ihn aus gerufen haben. Das Blatt fährt dann fort: Indien verschwinden zu lassen, und in unserem Land, wir Die Frankfurter Zeitung " hat am 26. September einen glauben im Strafgefängnis zu Leeuwarden , saß Roloff seine Artikel des Herrn, Dr. Mar Roloff" in Breslau über Strafe ab. Hierzulande wollte er erst für einen Franzosen die Unruhen in Niederländisch- Indien veröffentlicht, der in der gehalten werden, was durch seine außerordentliche Sprach­niederländischen Presse, namentlich auch in Organen, die nicht fenntnis erleichtert wurde, aber er wurde entlarvt." als deutschfeindlich bezeichnet werden können, entrüstete Pro- Aus diesem Lebenslauf des gestrengen Kritikers geht teste hervorgerufen hat. Nach dem Artikel dieses Herrn, der wohl hervor, daß er in den Zuständen Holländisch - Indiens als besonders guter Kenner der niederländischen Kolonien und besser Bescheid wissen dürfte, als der Nieuwe Rotter­früherer einflußreicher Funktionär ihrer Verwaltung auftritt, damsche Courant" in seinem zornentbrannten ersten Artikel wäre der jetzige Aufstand in Djambi keine vereinzelte lokale gelten lassen wollte, aber auch daß ihm die Eigenschaften Erscheinung, sondern eine Episode einer sich allerorten zeigen- fehlen, die ihn zu einem glaubwürdigen Zeugen und gar zu den Bewegung der eingeborenen Bevölkerung und seine Ur- cinem unparteiischen Anfläger machen würden. sachen wären in einer ungewöhnlichen Mißverwaltung, Aus­beutung, Vernachlässigung und Vergewaltigung der Kolonie zu suchen.

Vom inneren Kriegsschauplatz.

Die paar gleichsam nebenbei hingeworfenen Worte über den Eindruck der Regierungsmitteilungen sollen von vorn. herein eine Stimmung schaffen, die jeder abweichenden fachlichen Meinung in den zur Sprache gelommenen Fragen ihre spätere Vertretung soweit als möglich erschwert und sie sogar mit dem Mafel der Unlauterfeit behaftet."

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Heimtückischer kann man einen Mann nicht bekämpfen als durch solche geheimnisvolle Andeutungen, hinter denen man das Allerschlimmste vermuten kann, hinter denen aber auch unter Umständen nichts steckt. Gerade die vage Unbestimmtheit im Verein mit der Andeutung, daß für Herrn v. Tirpitz und seine Freunde alle Veranlassung vorliege, Unbehagen zu verspüren, ist so abgefeimt. Das deutsche Volk, das Gut und Blut in einem Daseinstampfe einsett, kann es nicht länger mehr geduldig mit ansehen, daß seine militärischen und seemännischen Autoritäten, zu denen es nach wie vor mit dem festen Ver­trauen emporsieht, das sie sich während ihrer Amtstätigkeit er­worben haben, ungehindert beschmukt und besudelt werden können, nur weil sich gewisse Leute der Befürchtung hin­geben, sie könnten als Anwärter auf den Kanzler­posten in Frage kommen. Wenn die Freis. 3tg.", die noch über Valentin hinausgeht, indem sie Verdächtigungen gegen den Großadmiral v. Tirpitz ausstreut, von angeblich schlimmen Din­gen weiß, die sie jest mit infam verdächtigenden Wendungen an die große Glocke bringen zu sollen meint, dann heraus damit! Sind es Ungeheuerlichkeiten, Eiterbeulen, Panamas , die jetzt mitten im schwersten Kriege, den das deutsche Volk je geführt hat, unbedingt Sühne finden müssen, warum tein mannhaft offenes Wort anstatt dieser nichtswürdigen Verdächti­gungen, bei denen kein Mensch erkennen tann, was und ob überhaupt etwas wirklich Schwerwiegendes dahinter steckt?

Der Reichskanzler hat im Reichstage in der heftigsten Weise den Stab gebrochen über namenlose Angriffe gegen seine Politif, in denen aber wenigstens klar und deutlich gesagt war, was die Angreifer gegen ihn einwenden zu müssen glaubten. Er hat sogar die Schrift eines Mannes, der mit seinem Namen offen für seine Ueberzeugung eintrat, ohne weiteres in eine Linie mit anonymen Angriffen gestellt. Wir glauben, der Reichskanzler wird noch sehr viel dringenderes Interesse haben, deutlich seiner Entrüstung über diese nichtswürdigen Treibereien Ausdruck zu geben, die sich den Anschein geben, als führten sie seine Sache, was unterstützt wird durch die unbeanstandet losgeschossenen Bartherpfeile gegen Männer wie Großadmiral v. Tir­pit und unlängst gegen General v. Falkenhayn."

Nun ist schwerlich zu verkennen, daß die Unruhe unter Im Mittelpunkte der Preßerörterungen stehen zurzeit zwei den Eingeborenen an zu viel Drten hervortritt, als daß man lediglich an zufällige Ursachen glauben könnte. Die Formen Dinge: die Mitteilungen über die vertraulichen Be­ihrer Aeußerung sind sehr verschieden und gehen von reli- ratungen in der Budget! ommission, die wir gestern giöser, politisch- autonomistischer und separatistischer Agitation nach der Freis. 8tg." wiedergaben, und im Anschluß daran bis zu jenen, nicht sehr bedeutenden und in ihrer Isolierung Tirpis. Die rechtsstehende Presse ist höchst entrüstet über die zur Niederlage verurteilten gewaltsamen Versuchen. Veröffentlichung von Mitteilungen über vertrauliche Beratungen und Rauch ist, ist auch Feuer, und es ist vollkommen glaubhaft, ſpart nicht mit giftigen und bissigen Bemerkungen. Die Post" daß die letzte Ursache aller der Bewegungen das kapitalistische will in diesen Mitteilungen den Beginn einer Stimmungs. Ausbeutungssystem ist, das die Seele auch des holländischen mache sehen: Kolonialismus ist. In diesem Sinne sind die moralinsaueren Redensarten, worin sich die großkapitalistischen Organe des Mutterlandes über die Zustände in den Kolonien äußern, weniger überzeugend als die ungeschminkt brutale Sprache, die man oft in der kolonialen Presse findet. Die Methoden der politischen Verwaltung mögen zwischen dem strammen Ebenso ungehalten ist die Deutsche Tagesztg.", die be­und dem ethischen" System wechseln, der Prozeß der kapi- fonders die Angabe bestreitet, die Rede helfferichs habe in der talistischen Entwicklung geht seinen Gang, und was er kommission einen großen und tiefen Eindruck gemacht. Jhrerseits an althergebrachten, besonders anstößigen Ausbeutungs- ftellt sie fest, daß der Eindruck der Helfferichschen Ausführungen im formen beseitigt, ersetzt er er reichlich durch moderne, Ausschuß ein außerordentlich verschiedener" gewesen sei, und fährt Die Lamentationen über die unbeanstandet losgeschossenen den Interessen des entwickelten Kapitalismus besser dann fort: Partherpfeile" gegen Herrn v. Tirpik klingen zwar sehr rührselig, angepaẞte. Mit alledem darf man aussprechen, daß," Wir möchten unsererseits daran die Bemerkung knüpfen, daß überzeugend sind sie aber nicht. Gerade die Gefolgschaft des Herrn wenn der holländische Kolonialismus seine Rücksichtslosigkeit, es, fachlich betrachtet, nicht ganz verständlich erscheint, gerade den v. Tirpik hat am allerwenigsten Ursache, sich über" Partherpfeile" feine Greuel und seine Heucheleien hat wie jeder andere Staatssekretär Dr. Helfferich als eine unfehlbare und uns aufzuregen. Ueber eine ihrer jüngsten Streiche, deren Kennzeich Rolonialismus auch, er zumindest in den letzten Jahrzehnten anfechtbare Autorität in den Fragen anzusehen, die er eben auch nicht schlimmer ist als die anderen. Die Blüte", den Andeutungen freifinniger Blätter zufolge, in seiner eindrucks- nung man sich füglich sparen kann, berichtet die" Liberale vollen Rede behandelt haben soll. Eine ganze Reihe von Korrespondenz". Danach ist eine angebliche Denkschrift die sich im Ansteigen von Import und Export, des Einnahmen­Helfferichichen Voraussagen auf dem Gebiete des Admiralstabes in vielen Exemplaren verbreitet worden, und Ausgabenbudgets der Stolonie ausspricht, ebensowenig der einschlägigen Fragen während dieses Krieges sind nicht die beweisen soll, daß Herr v. Tirpitz recht und Herr v. Bethmann wie die durch die jüngsten Bewegungen in der indischen Be- eingetroffen, sondern vom Gange der Dinge in gegen Hollweg unrecht hat. Es stellt sich aber heraus, daß es sich hierbei völkerung und die weltpolitischen Komplikationen angeregte teiliger Weise beantwortet worden. Die freifinnige Bresse gar nicht um eine Denkschrift des Admiralstabes, sondern lediglich Entschließung, Holländisch- Indien ein Scheinparlament unter erregt sich über das dem Großadmiral b. Tirpis angetragene um das wirtschaftliche Gutachten eines Hilfs­dem Namen eines kolonialen Rats zu verleihen, können als fonservative Reichstagsmandat, und wir können das, in den obigen arbeiters handelt, und daß der Arbeit ein autoritativer Cha­Beweise einer auf Philanthropie angelegten Ausnutzung des Zusammenhängen betrachtet, wohl begreifen. Der Großadmiral rakter nicht innewohnt. Gleichwohl find Abzüge in großer Zahl Solonialbesiges gelten. Das, was darüber zu sagen erforderlich hat abgelehnt, und damit ist die Frage bis auf weiteres erledigt. hergestellt und versandt worden, die den damit Begnadeten als Hätte Großadmiral v. Tirviz jezt als Reichs­war, ist an der richtigen Stelle und von den befugten Leuten Ermittelungen nach den Verbreitern. flar genug gesagt worden. Man braucht nur das Verhandlungs­tagsabgeordneter in dem Ausschuß gesessen, so Propagandamittel dienen. würde felbst die freisinnige Preise nicht in der scheinen bisher zu einem sicheren Ergebnis nicht geführt zu haben. protokoll der holländischen Zweiten Rammer nachzulesen, besonders Lage sein, von einem tiefen Eindruck der helffe= die Reden der Mitglieder der Arbeiterpartei, die, wie Genosse richschen Rede zu sprechen, vielleicht würde der Mendels, den Kolonialfragen ein besonderes Studium Staatssekretär sie dann auch anders gehalten gewidmet haben. Eine andere Frage ist, ob es gerade die Aufgabe und das Recht deutscher großkapitalistischer und Es entspricht durchaus den Parteigruppierungen im Reichstage, der Kolonialpolitik wohlwollend gegenüberstehender Organe daß sich auch der nationalliberale Deutsche Kurier" im ist, den Kolonialismus der Nachbarn einer sittenstrengen ähnlichen Sinne äußert, wie die konservative und freikonservative Kritik zu unterwerfen- ganz abgesehen vom politischen Presse: Taft, der bei einer Behandlung dieses Gegenstandes, zumal schreibt das Blatt, daß die Frei angesichts der gesteigerten nationalen Empfindlichkeiten über­finnige Zeitung" zu rasch mit Berallgemeinerungen bei der Hand ist. Bum mindesten von der Rede des Staatssekretärs Dr. Helfferich aus notwendig erscheint. Jedermann weiß, daß es just die tönnen wir nicht behaupten, daß sie den von der Freifinnigen an der Kolonialpolitik interessierten Streise sind, die in der Beitung" behaupteten Eindrud auf die von der Bedeutung des holländischen Bourgeoisie am meisten geneigt sind, der Neu­U- Bootkrieges überzeugten Parteten gemacht hat." tralität eine Färbung zu geben, die ihrer Angst vor dem Andererseits wird im Berliner Tageblatt" aus englischen und japanischen Imperialismus entspricht. Und unterrichteten parlamentarischen Kreisen die gestrige Mitteilung daß nun gerade die" Frankfurter Zeitung " das ihre dazutut, der Freis. 3tg." durchaus bestätigt. Auch wird in dieser Zuschrift um diese Streise zu erbosen und andere mit allerhand Ver- festgestellt, daß auch in der U- Bootfrage zwischen der Reichs­mutungen über die tieferen Absichten solcher Enthüllungen" leitung und der Obersten Heeresleitung bolle Uebereinstim­zu erfüllen, ist wieder einmal ein Beispiel von der großartigen mung" herrsche. Scharfsinnigkeit und Geistesgegenwart der deutschen Imperia­Listen jeglicher Schattierung.

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Aber die Geschichte dieses moralischen Anfalls, die kolonial­politische Lebenslüge- des anderen zu entlarven, hat noch eine andere interessante und lehrreiche Seite.

haben."

Wir stellen... fest

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W

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Wenn danach die Kanzlerfronde, an deren Eristenz ja nicht gezweifelt werden darf, trotzdem sich für weitschauender hält als Kanzler und Generalstab und dem gegenwärtigen Reich 3- tanzler die seidene Schnur zu drehen versucht, so geht schon daraus hervor, daß die wahren Gründe all dieser fortgesetten Treibereien, hinter den Kulissen sowohl wie auf der Bühne des Parlaments, in anderer Richtung gesucht werden müssen."

Der Haager, Nieuwe Courant" gibt jetzt über den Lebenslauf des Dr. Mar Hermann Roloff folgendes bekannt: Roloff ist am 25. November 1869 in Liegnig geboren. Er In welcher Richtung die Gründe dieser Treibereien im diente 1891 bis 1893 bei der zweiten Wiatrosendivision in wesentlichen zu suchen sind, stellt die Frankf. 3tg." aufs neue Wilhelmshaven, danach 2 Jahre bei der Fremdenlegion in nachdrücklich fest. Nach der nicht uninteressanten Bemerkung: Schade, Algier. Das Jahr 1895 findet ihn im Dienst der holländischen daß es keine Statistik geben wird, aus der zu ersehen wäre, Kolonialarmee, wo er Unteroffizier wird. 1903 unterzieht er wie weit sich die Vaterlandsretter an der Kriegs= sich einer Beamtenprüfung in den indischen Sprachen. Von anleihe beteiligen", sagt das Blatt: der Korintji- Expedition war er mit Untersuchungen in Korintji und in Djambi betraut, wozu ihn wozu ihn seine Kenntnis des Arabischen besonders geeignet machte. 1905 tam er vor das Kriegsgericht, wegen Fälschung der Unter- Denselben Eindruck gewinnt man, wenn man sich die Lei­schrift eines der damaligen Direktoren der stungen der rechtsstehenden Presse in den letzten Wochen vergegen­Escompol- Matschappij, Herrn Zeilings. Bei der wärtigt. Typisch für die Betrachtungsweise dieser Presse in der Untersuchung dieser Sache oder schon früher bekam man die Tirpik- Frage ist ein Artikel" Ränke und Bartherpfeile" gegründete Vermutung, daß Roloff auf Sumatra in der gestrigen Abendnummer des konservativen Reich 3- für englische Rechnung spionierte und Hadschis gegen die boteu". Das Blatt zitiert die gestern hier wiedergegebenen Aus­holländische Regierung aufheizte. Als er, ergriffen wurde, lassungen der Freis. 3tg.", daß die in der sozialdemokratischen stand er im Begriff, nach Singapore zu gehen. Diese Ver- Presse gemeint ist die Parteipreffe in der Provinz-ver­

" Das deutliche Ziel des größten Teiles dieser Agitation geht darauf hin, den Großadmiral v. Tirpik ans Ruder zu bringen."

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Dasselbe liberale Organ beschäftigt sich auch in recht inter­effanter Weise mit der Aufstellung des Herrn v. Tirpik als konservativer Reichstagskandidat in Oschaz - Grimma ( wo bekanntlich unser Genosse Lipinski kandidiert). Herr v. Tirpik hat bekanntlich die angetragene Kandidatur abgelehnt und die Kreuzzeitung" schrieb darüber, man habe mit großem Bedauern die Nachricht aufgenommen, daß Großadmiral v. Tirpik eine Kandidatur, nachdem er Für und Wider ernstlich bedacht, abge­lehnt habe und zu dem Ergebnis gekommen sei, im Interesse der großen Sache im jeßigen Augenblid nicht parlamentarisch aufzutreten".

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Miquel

" Das mag sein bemerkt hierzu die Liberale Korrespon denz". Aber konnte denn Herr v. Tirpitz überhaupt daran denken, auf den Plätzen der Konservativen ein parlamen­tarisches Mandat ausüben zu wollen? Die Väter des Gedan­kens, Herrn v. Tirpitz als Stutschpferd vor den Wagen der kon= servativen Partei zu spannen, müssen entweder recht jung sein oder ein sehr kurzes Gedächtnis haben. Gerade Herr v. Tirpit ist vor allen anderen Ministern und Staatssekretären und selbst Dernburg nicht ausgeschlossen zu den Zeiten der beiden Kanzler Hohenlohe und Fürst Bülow den Konser= vativen stets politisch hoch verdächtig erschienen: man hielt ihn immer für einen bertappten Freisin nigen und sprach das auch offen aus. Unklar blieb nur, ob der Verdacht sich gründete auf seine verwandtschaftlichen Bezie­hungen als Schwiegersohn des früheren freisinnigen Reichstags­abgeordneten Rechtsanwalt Lipke in Berlin, der von 1880 bis zit den Septennatswahlen das Fürstentum Schwarzburg- Sonders­hausen im Reichstag vertreten hat, oder ob er in der Erkennt­nis, daß ein Staatssekretär des Reichsmarineamts niemals einer Weltanschauung im Sinne unserer preußischen Konservativen huldigen kann, sich stützte auf seine eifrige Propaganda für den Ausbau der Flotte. Die Konservativen befürchteten hier­durch nicht nur eine Vernachlässigung des Landheeres, sondern auch eine erhebliche Störung ihrer Wirtschafts­politik. Ein Bild, das Ewigkeitswert für die Kulturgeschichie gehabt hätte, wäre es jedenfalls gewesen, Herrn v. Tirpitz im Reichstag als Fraktionskollegen eines Dr. Röside vom Bund der Landwirte zu sehen. Wer vor dem Kriege auf den Gedanken gekommen wäre, den Roon der Marine" anzusprechen als einen Gesinnungsgenossen von Dr. Diederich Hahn, dem Vater des Wortes von der gräßlichen Flotte", er wäre unfehl­bar ausgelacht worden von Herrn v. Tirpik selber und nicht weniger von den Konservativen."

Diese geschichtlichen Betrachtungen des liberalen Organs sind im gegenwärtigen Augenblick besonders interessant. Zeigen sie doch,