Die Schlacht vor veröun. i Erster Abschnittt. «aä dem Gr ohen Hauptquartier wird unZ geschrieben: 1. Die Vorgeschichte der Schlacht von Verdun ist in großen Zügen die folgende: Um die Wende vom August zum Sep« lemöer 1914 wurde die mittlere Heeresgruppe der Franzosen , bestehend aus etwa zehn ArmeelorpS, zwischen NeimS und Verdun zurückgeworfen. Am 19. September nabm die Armee des Krön- Prinzen die befestigte Feldstellung südwestlich Verdun und eröffnete die Beschießung der Forts mit schwerer Artillerie. Am 21. Sep- tember überschritt der Angriff gegen die Sperrfortsline südlich Verdun siegreich den Westrand des vorgeschobenen Höhenzuges der Este Lorraine . Ausfälle wurden zurückgewiesen. Am 23. Sep- tember wurde die Einschließung VerdunS auf der Nord- und Nordost- fronr durch die Armee des Kronprinzen vollendet. Am 2b. September wurde das Sperriort Camp des Romains genommen, dadurch ein Einschnitt in die Maaslinie bewerkstelligt und so die Verbindung zwischen Verdun und Toul ein für allemal zerrissen. Diese schwere Schädigung der strategiichen Gesamtlage wieder auszubessern und die Verbindung zwischen den beiden festen Plätzen wiedcrberzustellen. war das Ziel einer Reihe sehr schwerer, heftiger Vorstöße, welche die Franzosen noch während der letzten Monate des Jahres 1914 und während der ersten Hälfte des Jahres 1915 an verschiedenen Stellen unternahmen. Diese Wiederherstellungsversuche richteten sich vor allen Dingen gegen den rechten Winkel des stumpfen Dreiecks, mit welchem unsere Stellung in der Wosvre-Ebene tief in die französische Forllinie hineinstößt. Die hier angesetzten Angriffe sind als die Combres-Kämpfe allgemein bekannt. Ihren Gipfelpunkt erreichten sie in den Monaten März und April und in den Monaten Juni und Juli 1915. Aber auch gegen die stumpfe Spitze des Dreicks sind bei St. Mihiel und bei Apremont mehrfach scharfe und langdauernde Angriffe ge- richtet worden. Auch im Norden und Nordwesten von Verdun ist die Tätigkeit der Franzosen stellenweise sehr rege gewesen. Seit der Mitte des Jahres 1915 indessen sind ihre Angriffe bei Verdun im wesentlichen zum Stillstand gekommen. Die immer wieder mit stärkstem Kräfteeinsay wiederholten Vorstöße der Franzosen aus den Jahren 1914 und 1915 haben also weder ihr lokales taktisches noch ihr großes strategisches Ziel erreicht. Sie haben weder unsere Front an irgend einer Stelle zu erschüttern vermocht, noch ist es ihnen gelungen, Kräfte von unserer Ostfront abzuziehen, wie unser Durchbruch von Galizien und die anschließende siegreiche Offensive bewies. 2. Die Bedeutung und die Eigenart der Kämpfe um Verdun ist unmittelbar bedingt durch die strategische L a g e der Festung. Das großangelegte Systein von befestigten Stützpunkten, welches Frankreich zur Sicherung seiner Ost- und Nordostfront vor seine Hauptstadt gelagert hat, zieht sich von Bel'ort über Epinal und Toul nach Verdun , mit der Fronr nach Nordosten. Bei Verdun biegt es nach Westen um und zieht sich über die Hanptstützpunkte Reims und Laon bis zu den Sicherungen des Oiie-TaleS bei la Före. Die letzteren beiden Stützpunkte sind in unseren Händen, im übrigen ziehen sich unsere Schützengräben im flachen Bogen um diese Sperr- linie herum, die sie nur bei St. Mihiel durchbrochen haben. Verdun bildet den nordöstlichen Eckpfeiler dieses ganzen Ver- teidigungssystems. Aber in dieser wichtigen Bedeutung VerdunS für die Ver- teid igung Frankreichs liegt nicht die alleinige, ja nicht ein- mal die hauptsächlichste Bedeutung deS Platzes. Zu einer noch wesentlich wichtigeren Rolle mußte Verdun in dem Augenblick be- rufen sein, wo unsere Feinde eS unternahmen, von der Verteidigung zum Angriff überzugehen. Denn in diesem Augenblick wurde verdun daS eigentliche AuSfalltor Frankreichs gegen Deutschland . Der Vorstoß, welchen die Franzosen immer wieder vergeblich versucht hatten, um den zurückgebogenen Teil unserer Westfront zu durchstoßen und damit in den Rücken unserer in Belgien und Nordfranlreich kämpfenden Truppen zu gelangen, sollte von Verdun auS erneuert werden. Von dieser Stelle aus hätte er neben der strategischen Bedrohung des nördlichen und des Mittelstücks unserer Westfront zugleich die wirt- schaftlich höchst bedeutungsvolle Nebenwirkung gehabt, daß er schon in seinem Beginne die Aussicht bot, die wertvollen Kohlen« und Erzgebiete von Briey zurückzuerobern, deren Verlust für die Fran- zosen seinerzeit ebenso peinlich gewesen war. wie ihre Wieder- gewinnung im höchsten Grade erwünscht sein mußte. Im weiteren Verlauf hätte dann der Vorstoß von Verdun aus die Festung Metz getroffen, deren Ucberrennung zugleich die Möglichkeit bot, die durch sie gedeckten deutsch -Iothringischen Stahlindustriegebiete und damit vitale Teile unserer deutschen Kriegsindustrie zu entreißen. Für die Erreichung dieses strategisch wie kriegswirtschaftlich gleich bedeutungsvollen Ziele» bot die Festung Verdun eine ganz einzigartig günstige Operationsbasis. Zunächst sicherte Verdun mit seinem breiten Fortgürtel, der noch dazu durch einen weit vorgeschobenen Kranz von vorzüglich gelegenen und auS- gebauten Feldbefestigungen erweitert worden war, die Ueber- gänge der wichtigsten von Paris nach Metz führenden Straßen und Eisenbahnen und diente also als Brückenkopf für die Maaslinie. Für die östlich der MaaS zum Vorstoß nach Nordosten bereitzustellenden Truppenmaffen bot der Befestigungsring von Verdun in der Ausdehnung, wie er bis zum Februar 1913 be- stand, ein vortreffliches Aufmarschgelände mit einem vorzüg- lich ausgestalteten Straßen- und Eisenbahnnetz, einer Meng« ge- räumiger Kasernen, LebenSmittellager. kurz mit allen denjenigen An- lagen, welche zu einer OperalionsbasiS größten StilS gehören. Mit einem Wort: Verdun war das LuSfallStor Frank- reich» gegen Mitteldeutschland . Dieses Ausfallstor zu schließen, war unS bi« zum Frühjahr 1913 unmöglich gewesen. Der Zweifrontenkrieg hatte wesentliche Teile unserer Streitkräfte auf dem russischen und auf dem Balkan - kriegsswauplatz gefesselt gehalten. Erst al« diese Kräfte durch den zeitweiligen Abschluß des russischen und des BalkanfeldzugeS frei- geworden waren, konnte an die Niederkämpfung VerdunS heran- gegangen werden mit dem strategischen Ziele: die Ausfalls- Pf orre Frankreichs zunächst einmal von deutscher Seite aus zu verrammeln und im weitern Ver- laufe der K r i e g S h a n d l u n g e n sie nach Frankreich zu einzustoßen.(W. T. B.)
vom v,Soot-Krieg. London , 23 Ottober.(W.T.B.) Lloyds meldet: Die dänische Goelette»Friß Emil", die norwegischen Dampfer »Rabbi * und, R i so y* und der dänische Segler » L e k n a* wurden versenkt. Der griechische Dampfer »Georgias M. Empirikos* wurde am Sonnabend versenkt. Zwölf Mann der Besatzung werden vermißt. London , 24. Oktober. (23. T. B.) Lloyds meldet: Der nor- lvegische Dampfer»Drason* ist versenkt worden. Der norwegische Dampfer»Drasn* ist versenkt worden. Llopd» meldet, daß der dänische Dampfer»Hebe* versenkt wurde und der englische Dampfer»Cabatia* gesunken sein soll. Amsterdam , 23. Oktober. (W. T. B.) Nach einer Meldung des Reuterichen Bureaus aus London ist der niederländische Dampfer»Fortuna * gesunken. Zehn Mann der Besatzung wurden letzte Nacht von einem Palrouillenfahrzeug gelandet. Man furchtet, daß der Kapitän und fünfzehn Mann ertrunken sind. Die Direktion der Niederländisäien Dampsschiffahrtsgesellschaft, der das Schiff gehört, hat den Bericht erhalten, daß der Dampfer in
der Nähe von Newhaven durch eiue Miue zum Sinken gebracht worden ist. Kopenhagen , 24. Ottober.(W. T. 25.) Die Stavangerer Bark„Athenien* mit Grubenholz nach Hartlepool unterwegs, traf heute in Egersund ein. Als die Bark sich gestern nachmittag um 5 Uhr 140 Seemeilen vor Rhvingen befand, sah man. daß eines der vier anderen Schiffe, in deren Gesellschaft die Bark fubr. brannte. Gleichzeitig wurde ein l7-Boot in der Nähe de» betreffenden Schiffes gesichlet.»Athenien* steuerte mit allen Segeln nordnordost am Winde. 30 Minuten später brannte das zweite Schiff. Nach aber- mals einer halben Stunde brannte das dritte, vier Stunden später das vierte Schiff. DaS letzte Schiff, wahrscheinlich. G u n n*, ver- suchte am Wind den gleichen KurS wie die»Athenien* zu halten, segelte aber schlecht. Unter den anderen Schiffen war, soweit bekannt, der »Cervera*.»Athenien* löschte die Lichter und erreichte Eger- sund, wo sie vorläufig liegen bleibt, da sie die Ausfahrt nicht wagt. »Gunn* war eine Bark aus Kristiania von 433 Tonnen,»Cevera* ein Porsgrunder Schoonsr von 439 Tonnen. Bardö, 23. Oktober. (W. T. B.) Bon sechs Fracht- dampfern, die gestern von hier nach Archangelsk ausgefahren waren, sind heute vier hierher zurückgekehrt, weil sie von Ü-Booten gesichtet worden sind. Die Besatzungen teilen mit, daß sie gesehen hätten, daß ein Fischdampfer versenkt worden sei. Man fürchtet, daß die beiden nicht zurückgekehrten Dampfer versenkt worden sind- Bergen, 23. Oktober. (W. T. B.) Meldung deS Ritzauschen Bureaus. Die Besatzung deS englischen Dampfers»gola* ist gestern hier eingetroffen. Sie teilte mit, ein deutsche» Untersee- boot habe am Donnerstag nördlich von Vardö die»yola*, die von Cardiff nach Archangelsk mit Kohlen unterwegs gewesen fei, ver- senkt. Di« Mannschaft habe reichlich Zeit erhalten, in die Boote zu gehen. Wegen deS Sturmes habe das I7'Boot die Rettungsboote ins Schlepptau genommen und sie in die Nähe der Küste gebracht. Als das Schlepptau gerissen sei, hätten die Deutschen die Engländer an Bord genommen und sie später einem norwegischen Wachtschiff abgeliefert, das sie nach Vardö gebracht habe. Kristiania , 23. Oktober. (Meldung deS Ritzauschen Bureaus.) Einem Telegramm zufolge ist der norwegische Dampfer , R a f f s u n d', von Narwick nach England mit Erz unterwegs, gestern 130 Seemeilen südwestlich von Marstenon versentt worden. Die Besatzung ist in Haugesund eingebracht worden. Der Dampfer, Secunda*<1512 Bruttoregistertonnen) von Haugesund ist versenkt, der Dampfer. E d a m* auS Kristiania ist nach Emden aufgebracht worden. Ebenso wurde der Dampfer ,F j e l a! i* aus Bergen nach einem deutschen Hasen gebracht. Der Dampfer»Grönhaug*(607 Bruttoregistertonnen) ist 100 Meilen von der englischen Küste versenkt worden. Da« Schiff war von Göteborg nach Hull mit einer Ladung Eisen unterwegs. Es wurde bei Tagesanbruch von einem U-Boot angehalten. Die Mannschaft erhielt zwei Minuten Zeit zum Verlassen de« Schisses. Später wurde sie von dem norwegischen Dampfer»LoSna* aufgenommen. Kristiania , 24. Ottover.(SB. T. B.) Im Drontheimer See« verhör anläßlich der Versenkung des rumänischen Dampfers »Bhstritza* berichtete dessen Kapitän, ein U-Boot-Kommandant habe erklärt, es befänden sich zehn deutsche U-Boote im Eis- meere. Kristiania , 24. Ottober.(W. T. v.) Die Morgenblätter meiden au« Bardo«, daß gestern früh der Dampfer»RenSfjell* (781 Tonneu) 15 Meilen vor Vardoe versenkt worden ist. Die Be- satzung ist gerettet.»RenSfjell* war mit 680 000 Kronen ttiegS- versichert und in Kristiansund beheimatet. Kopenhagen , 24. Oktober. (W. T. B.)»Rationaltidende* er« fährt auS K r i st i a n i a:»Verden « gang* hat von mehreren Seiten Meldungen erhalten, daß deutsche Unterseeboote außerhalb des Kristianiafjords gesehen worden sind. Da» VerteidigungS- Ministerium hat auf Anfrage diese Meldungen mit dem Hinzufügen, daß eine Verletzung de« norwegischen Seegebiet» nicht erfolgt ist, bestätigt. Rotterdam , 24. Oktober. (W. T. 55.) Der»Nieuwe Couraut" berichtet, daß der niederländische Dampfer»Fortuna *, der auf dem Wege von Rotterdam nach Cardiff auf eine Mine gelaufen oder durch einen Torpedo zum Sinken gebracht wurde, in Ballast fuhr und in England Kohlen laden wollte. DaS Schiff war 1250 Tonnen groß. Sieben norwegisthe Dampfer versenkt. Kristiania , 24. Oktober. (W. T. B.) Die heutigen Abendblätter bringen an erster Stelle unter großen U e b e r s ch r i f t e n die heute eingelaufenen zahlv'�en Telegramme über die neue Versenkung von gleich- zeitig 7 norwegischen Schiffen, 6 Dampfern und 2 Segelschiffen, sowie über die Aufbringung zweier weiterer Schiffe durch deutsche Seestreitkräfte, wodurch die norwegische Kriegsverstcherung einen Gesamtverlnst von 3 753 000 Kronen auf einmal erleidet. Dies hat natürlich gerade bei der gegenwärtigen Lage nicht verfehlt, n i ch t n u r in den zunächst beteiligten Reederkreisen, sondern auch in allen Schichten der Bevölke- rung besonders Aufsehen zu erregen. Die norwegischen Verlufte im Kreuzerkrieg. Kristiania , 23. Ottober.(SB. T. 83.)»Astenposten* erfährt auf Anfrage bei den Kriegsversicherungsgesellschaften, daß die Versenkungen von Schiffen zweisello« eine Erhöhung der Prämien zur Folge haben werden. Eine Bestimmung hierüber sei jedoch noch nicht getroffen. Während des Oktobers betrug der Gesamtverlust an Dampfern bisher 18 mit insgesamt 22 375 Bruttoregistertonnen und einer Versicherungssumme von 15 035 000 Kronen. Die öeutsch-norwegijchen Verhandlungen. Kopenhagen , 24. Oktober. (W. T. B.)„Politiken* be- richtet aus Kristiania : Wie mitgeteilt wird, wird die deutsche Note nicht veröffentlicht werden, es sei denn, daß die deutsche Regierung eine Veröffentlichung wünscht. Die Ant- wort der norwegischen Regierung wird in einigen Tagen erwartet. Der§lugzeugangriff auf Alargat. London , 23. Oktober. (W. T. B.)(Meldung des Reuterschen Bureaus.) Amtlich. Ein feindliches Fluazeug suchte am 23. Ol- tober um 10 Uhr morgens Margat heim und tvarf drei Bomben ab. Ein Hotel im Cliftonvillbezirk wurde leicht beschädigt, ein Mann und eine Frau wurden wicht verwundet. Britische Flug- zeuge verfolgten den Feind in südöstlicher Richtung. Kleine Kriegsnachrichten. A m t l i öb. Berlin , 24. Oktober. (W. T. B.) Der A u» t a u s'ch des Sanitätspersonals mit Frankreich ist zur Ansamm- luug weiterer Transporte vorläufig eingestellt. Er wird in einigen Wochen wieder aufgenommen. Wien , 24. Oktober. (W. T. B.) Das Ministerium des Aeußern hat heute ein R o t b u ch, enthaltend den dritten Teil der Sarnin- lung der Nachmeise für die Verletzung des Völkerrechts durch die mit Oesterreich-Ungaru kriegführenden Staaten, veröffentlicht.
Die Tragööie von Wien . Stimmen der ZentrumLpresse. Die deutschen Zentrumsblätter äußern sich erst in ihren Aus- gaben vom Montag und Dienstag kritisch zu der Erschießung Stuergkhs. Die Beurteilung ist nicht einheitlich. Die„A u g s° bürget Postzeitung" betrachtet„die tvahnsinnige Tat* schon Montag früh als völlig aufgeklärt, wogegen die Berliner „Germania " noch am Dienstag das Gegenteil schreibt. Der »Bayerische Kurier" meintz das Ausland werde sich die Hände reiben und sagen: Es ist so weit; noch ein wenig aushalten, dann kommt's ärger! Die Wiener »R eich s p oft" aber sagt, daß sich die Wünsche des feindlichen Lluslands zerschlagen, die sich an die»isolierte Tat eine» einzelnen" in dem ersten Augenblick knüpften.(Die bis jetzt vorliegenden Pressestimmen des Auslands bewegen sich nicht in der von dem„Bayerischen Kurier" angekündigten Richtung.) Weiter bezeichnet die„Reichspost" Friedrich Wler als einen neurasthemschen Intellektuellen, dem der Krieg das Kartenhaus seiner Theorien über den Haufen blies. Den Versuch, die Tat gegen die Sozialdemokratie auszubeuten, finden wir nur in den beiden bayerischen Haupt- organen des Zentrums. Die»Augsburg er Postzeitung* schreibt in Nr. 488: »Wenn es uns natürlich auch fern liegt, die Schuld für das Attentat der österreichischen sozialdemokratischen Partei als solcher in die Schuhe zu schieben, in der der Mörder wohl kaum Mitwisser gehabt hat und die sicherlich die nutzlose Wahnsinnstat ebenfalls verwirft, so�mutz doch offen und deutlich gesagt werden, daß wir es nicht für angängig finden, die Tat einfach als ein Der- brechen einer einzelnen wahnsinnigen Persönlichkeit hinzustellen und die politische Richtung dieses Fanatikers völlig weißzuwaschen." Und der„Bayer. Kurier* sagt in Nr. 298: „Zwar hat Adler als einzelner, nicht als Beauftragter einer Körperschaft daS Verbrechen begangen, der Entschluß aber ist her- vorgegangen aus einer Geistesrichtung, die er mit anderen gemeinsam hat. Aufgewachsen in einer Gedankenwelt, die ihre Existenzberechtigung in der Kritik an allem und jedem sucht, die mit dem �gewaltsamen Umsturz de? Bestehenden kokettierte, ist er, wie der�«ohn des deutschen csozialistenführers Liebknecht , in eine Geistesrichtung geraten, in der Theorie und Praxis, die Propaganda der Idee und Tat parallel marschieren.... Zweifellos hat Adler Gesinnungsverwandte, Ivenn er auch als einzelner, nicht als Beauf- tragter einer Partei gehandelt hat. Seine Zeitschrist vertrat die radi- kale Richtung innerhalb der österreichischen Sozialdemokratie, und sie gin>z Hand in Hand und Arm in Arm mit den publizistischen Er- schemungen gleicher Art in Deutschland . Ein Fingerzeig, daß man Bewegungen, auch wenn sie noch so kleine Kreise umfassen, beachten muß und nicht gering schätzen darf." Anders die„Germania "(Nr. 495 vom 24. Oktober): »Aber man hat zu solcher mildernden Annahme(daß Adler im Irrsinn handelte) ebensowenig ein Recht, wie dazu, die Tat der Sozialdemokratie als solcher anzuhängen, die auch in Oesterreich in ihrer großen Mehrheit in dieser schweren Zeit dem Vaterlande nicht entgegengearbeitet hat. Ein sicheres Urteil wird man wohl erst fällen können, ivenn die Gerichtsverhandlung volle Klarheit in die Hand- lungsweife des Mörders gebracht haben wird.* Aehnlich die„Köln . VolkSzeitung*: »Aber wenn es keine rasche Aufwallung der Erregung war, welche das Attentat herbeiführte, sondern der Entschluß ruhiger Erwägung, so wird die Ursache damit eigentlich noch rätselhafter. Man rann unmöglich daran denken, der gesamten sozio- demokratischen Partei dieses Attentat anzurechnen oder sie auch nur zum Mitschuldigen machen zu wollen. Wahrscheinlich handelt eS sich um die Tat eines einzelnen überspannten Geistes, welcher, wie so viele Attentäter vor ihm, fernab von aller nüchter- neu politischen Erwägung krankhaften Menschenbcglückerideen nachging und durch.Tyrannenmord" die Welt retten zu können glaubte. Andere Blätter, wie»Schief, volksztg.*. Dortmunder »Tre- monia" usw. drücken sich weniger bestimmt ans. Daß sie gern« »möchten", ist kaum zu verkennen; aber auf die Stufe der beiden bayerischen Blätter steigen sie doch nicht hinunter. Bei ihnen ist wohl die Erinnerung an ihren Parteigenossen, den christlichsozialen Kunschak, der wegen der Ermordung des Wiener sozialdemokrati- schen ReichSratsabgeordneten Schumeier zum Tode durch den Strang verurteilt worden ist, noch zu frisch.
Vittor fiöler bei feinem Sohn. Wien , 24. Oktober. (T. 11.) Gestern nachmittag kam der Vater des Attentäters, Viktor Adler , in das Polizeigebäude. Es wurde ihm eine Unterredung mtt seinem Sohne gestattet. Der Kampf um öas Parlament in Gefterreich. Wien , 23. Oktober. (23. T. 23.) Bei der heutigen B e- s p r c ch u n.g, welche die Vertreter der Parteien des Abgeordnetenhauses unter Vorsitz des Präsi- denten Sylvester abhielten und an der Vertreter der drei Gruppen des Herrenhauses teilnahmen, vertrat das Herrenhausmitglied G r a s C l a m- M a r t i n i tz den in der Resolution der drei Gruppen des Herrenhauses zum Ausdruck gebrachten Standpunkt hinsichtlich der Einberufung der Delegationen und der Voraussetzungen für die Ein- berufung des Reichsrats. Die Redner aus dem Llbgeordnetenhause sprachen sich sämtlich für die Ein- berufung des Reich srats aus. Von einzelnen Rednern wurden auch die Voraussetzungen und Bedingungen für eine ersprießliche Tagung des Reichsrats erörtert. Zum Schlüsse erklärte Präsident Sylvester, daß er die Aeußerungen der Vertreter der Parteien der Regierung zur Kenntnis bringen werde. « Die Blätter enthalten Berichte über die gestrige Besprechung von Mitgliedern des Parlaments, aus welchen hervor« geht, daß sich sämtliche Mitglieder des Abgeordnetenhauses für die Einberufung des Parlaments ausgesprochen haben. Allerdings die meisten unter der Voraussetzung, daß eine Geschäftsordnungsreform einen ruhigen und ersprießlichen Verlauf der Verhandlungen de» Abgeordnetenhauses sickere. Auch die Notwendigkeit der Zurückstellung nationaler Streitsragen und Enthaltsamkeit bezüglich aller Versassungs- und selbst Jmmunitätsfragen wurden von einzelnen Rednern als Vorbedingung einer Parlamentstagung verlangt. Während mehrere Abgeordnete auch für die Einberufung der Dele« gationen eintraten, sprachen sich andere Abgeordnete ent« schieden dagegen aus. Vertreter des Herrenhauses, welch« der Versammlung der Abgeordnetenvertreler beiwohnten, kennzeichneten den Standpunkt des Herrenhauses, welches bekanntlich nur für eine Einberufung der Delegationen eingetreten war. Graf Clam Martinic stellte mit Bedauern fest, daß da§ Abgeordnetenhaus gerade den entgegengesetzten Standpunkt des Herrenhauses eingenommen habe, welches die Ueberzeugung gewonnen hätte, daß eine Tagung des Reichsrates derzeit unmöglich sei und darum die Einberufung der Delegationen als Surrogat beantragt hätte. Man trage eine riesige Verantwortung, wenn man sich gegen die Eventualität einer Dele- gationStagung ausspreche, falls eine ReichSratStagung nicht möglich fei. Präsident Sylvester, welcher schließlich meinte, daß er Ge» legenheit haben werde, die Resultate dieser Besprechung an ent- sprechender Stelle zu vertreten, schloß die Konferenz mit den Worte«: »Auf baldiges Wiedersehen*.