möglichst niedrig angesezt worden. Der Vorwurf des Abg. Erzberger, daß nicht genügend die Beschlagnahme der Pflaumen vor= bereitet worden sei, treffe nicht zu. Die Reichsstelle habe sich vorher mit den beteiligten Fabriken verständigt. Diese Fabriken haben sich ausdrücklich verpflichtet, alle Vorbereitungen so zu treffen, daß sofort die Früchte abgenommen und verwendet werden konnten. Leider sei durch diese Zusicherung die Reichsstelle getäuscht worden; die Fabriken seien nicht in der Lage ge= wesen, ihr Versprechen zu erfüllen.
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Abg. Held( natl.) weist nach, wie verfehlt das Verfahren war bei der Beschlagnahme der Pflaumen. Abg. Kein ath ( matl.) brachte Beschwerden über den Kriegsausschuß für Kaffee vor. Die Geschäftsführung sei ungleich, je nachdem es sich um die cine oder andere Firma handelte. Verlangt werden müßte, daß der Kriegsausschuß allen Geschäftsleuten in gleicher Weise entgegenkomme und keinen bevorzuge. Hopf( Freis. Vp.) mics darauf hin, daß der Ernährungsbeirat sich beizeiten für eine zweckmäßige Regelung des Absatzes und der Preise für Gemüse und Obst erklärt und die nötigen Vorschläge gemacht habe. Leider sei die Ansicht des Beirats von dem Kriegsausschuß nicht beachtet worden. Abg. v. Meding( Dt. Partei) forderte dringend angemessene Zuckerhöchstpreise auch für den Kleinhandel. Abg. Gothein bezeugte, daß auch ihm Beschwerden über den Kriegsausschuß für Kaffee zugegangen seien. Abg. Mazinger( 3.) forderte eine Bevorzugung der Imter bei dem Bezug von Zucker. Abg. Soch( Soz.) wies darauf hin, daß mit dem Honig ebenfalls ein arger Wucher getrieben werde. Er fragt an, wie der Kriegsausschuß für Kaffee sich zu den Ersatzmitteln stelle. Ob es richtig sei, daß ein sehr zweifelhaftes Erjakmittel ausdrücklich vom Kriegsausschuß den Gemeinden empfohlen worden sei. Ferner ſtellte er feit, daß noch immer keine Auskunft gegeben sei, worauf der hohe Breis von 1,60 M. für Malzkaffee zurückgeführt werden fönne. Ebenso müsse geklärt werden, daß Pflaumenmus jekt mit dem unglaublichen Preise von 1,60 m. abgegeben werde. Die Zudermenge, die für Wein abgegeben werde, erscheine doch sehr hoch; es sei dringend nötig, von neuem zu untersuchen, ob nicht der Zucker, wenn er schon nicht ganz versagt werden kann, doch wenigstens in erheblich geringerer Menge zur Verfügung gestellt werden könne. Die Rechtfertigung, die Ministerialdirektor Braun in bezug auf das Vorgehen bei Gemüse und Obst vorgebracht habe, genüge durchaus nicht. Die Regelung gue unter allen Umständen früher einsehen müssen. Was ist geschehen, um in Zukunft zu verhindern, daß die Reichsstelle nicht wieder von neuem durch die Fabriken getäuscht werde. Die Festsetzung von Höchstpreifen für den Kleinhandel müsse durchaus von der Zentrale aus geschehen. Ebenso müßten Lieferscheine für den Gemüsehandel und Abgabe des Gemüses nach Gewicht vorgeschrieben werden. Diese Maßnahmen könnten einzig und allein durch die Reichsleitung erfolgen; die einzelnen Gemeinden seien dazu nicht in der Lage; sie hätten es versucht, wären aber immer dadurch geschädigt worden, daß die Nachbargemeinden anders vorgegangen sind. Auch ihm seien sehr schwere Klagen über den Kriegsausschuß für Kaffee zugetragen worden. Während man einerseits dem deutschen Handel als Höchstpreis für ein halbes Pfund Kaffee und ein halbes Pfund Ersatzmittel 2,20 M. vorschrieb, hat es andererseits der Kriegsausschuß für richtig befunden, einem Hauptbeteiligten des Kriegsausschusses, nämlich dem Herrn Roselius in Bremen , für seine Kaffeegesellschaft Haag einen Preis von 2,75 M. zuzubilligen, während im Frieden die Differenz zwischen Kaffee Haag und natürlichem Bohnenkaffee mur höchstens 20 Pf. das Pfund betrug. Außerdem hat es der Kriegsausschuß für richtig gehalten, für Kornfrand" einen Preis von 50 Pf. festzusehen, während die übrigen Kornkaffeefabrikanten nur 45 Pf. für das Pfund nehmen konnten. Ferner darf Kathreiner für seinen Malzkaffee 58 Bf. für das Pfund nehmen, während andere Malzkaffeehändler, die gleichwertige lose Ware von einem Malzkaffeefabrikanten beziehen und fertig verpacken, mur 53 Pf. für das Pfund nehmen dürfen. Diese Begünstigung einzelner Firmen fällt um so mehr unangenehm auf, da diese Firmen zu der Geschäftstätigkeit des Kriegsausschusses Gelder zur Verfügung gestellt haben. Es mache also den Eindruck, als ob diese Firmen durch ihre Geldzahlung einen größeren Einfluß auf die Geschäftsleitung gewonnen hätten. 30 Auf- cine Anfrage des Abg. Spahn erklärte der Präsident des Kriegsernährungsamts v. Batocki, daß viele Gefäße, in denen Pflaumenmus aufgehoben werde, nicht den Anforderungen entsprechen, die an eine richtige Aufbewahrung gestellt werden müssen. Es sei zu befürchten, daß viele Hausfrauen zu ihrem Schrecken später feststellen müßten, das, was sie mit Mühe eingemacht haben, sei verdorben. Die großen Schwierigkeiten, die ein Vorgehen bei Obst und Gemüse habe, werden offenbar weit unterschätzt. Alle diese Klagen und Beschwerden sollen geprüft werden. Aber das müsse gesagt werden, daß die Reichsstelle auch vorher sich die Sache schr sorgfältig überlegt habe. In der Bewilligung von Zucker on die Imker müsse sehr vorsichtig vorgegangen werden. Ein Teil der Imker führte den Bienen große Zuckermengen in durchaus ungehöriger Weise zu und bewirkte so, daß sie den Zucker, den sie mit 50 Mt. einkauften, als sogenannten Honig für 150 Mt. verkauften.
Ein Kommissar des Kriegsausschusses für Kaffee versicherte, daß bei dem Absah von Kaffee in allen Fällen gleichmäßig vorgegangen werde. Die verschiedenen Verhältnisse bedingten selbstverständlich verschiedene Handlungen. Im übrigen sei in allen Fällen für die Fabriken der Preis sehr sorgfältig erwogen und es sei nirgends über das notwendige Maß hinausge
gangen.
Auf eine Anfrage wurde erklärt, daß das Weingeset geändert werden sollte, damit ein größerer Wasserzusatz für zulässig erklärt werden könne.
Fortsetzung: Freitag.
Politische Uebersicht.
Die nervösen ,, Starknervigen".
Der freisinnige Reichstagsabgeordnete Georg Gothein ging in der Montagsnummer des" Berliner Tageblatt" recht energisch mit jenen starknervigen" Herrschaften ins Gericht, deren„ Unentwegtheit" sich in den letzten Monaten mit solcher Heftigkeit Geltung zu verschaffen sucht.
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,, Gerade im Kriege schrieb er Haben die Kreise, die sich einbilden, besonders starfnervig zu sein, vielfach das Gegenteil bewiesen. Als unsere Heere in raschem siegreichen Vordringen waren, ' da riefen diese Kreise: Das Land, das mit dem Blut unserer Soldaten gedüngt ist, darf nicht wieder herausgegeben werden! Ja, die Annegions Iust ging selbst auf Gebiete, die wir nie auch nicht einmal vorübergehend besetzt hatten.. Und als der Krieg lange währte, als die Brussilowsche Offensive die Linien unserer Bundesgenossen und streckentveise auch die unseren zurüddrängte, als die furchtbare endlose Schlacht an der Somme begann und schließlich auch Rumänien die ohnehin übermächtigen Reihen unserer Feinde verstärkte, da ging ein Raunen durch diese Kreise, man müsse mit Rußland zum Frieden kommen, auch wenn ihnen alles besetzte Gebiet zurückgegeben werde, um nur den Krieg gegen England weiterführen zu können."
Im Gegensatz zu diesen Kreisen forderte Herr Gothein, ohne direkt für Annerionen im Osten einzutreten, schon aus strategischen Rücksichten die Gründung eines Staatswesens, das militärisch an Deutschland angeschlossen werden soll. Das Haupthindernis des Friedens jedoch liege im Westen. Die brutalen Pläne der Asquith und Lloyd George fänden im eigenen Lande wachsenden Widerspruch. Die Uferlosigkeit ihrer Kriegsziele sei auch kein Zeichen von Stärke, sondern von Nervosität. Die Kriegslust in England werde tatsächlich wach gehalten durch die Sorge, durch Deutschland von Belgien aus dauernd bedroht zu werden. Diesen Gedanken begründete Herr Gothein in folgenden Ausführungen:
„ Man sagt wohl: nach dem Kriege werde, Belgien entweder deutsch oder englisch sein; ein drittes gebe es nicht. Aber die Belgier werden aus diesem Kriege gelernt haben, daß sie auf das falsche Pferd gesetzt haben. Und wir können Belgien ver= pflichten, die gegen Deutschland errichteten Festungen zu schleifen, statt eines Heeres nur eine Polizeitruppe zu halten. Die naive Auffassung, daß wir mit dem Besiz Belgiens aus der„ ber= siegelten Nordsee ", dem unglücklichen„ nassen Dreieck" herausfämen, widerlegt ein Blick auf die Karte. Dazu kommt, daß sich an der belgischen Küste kein Seehafen für tiefgehende Schiffe schaffen läßt. Die Mündung der Schelde, an der Antwerpen liegt, ist bekanntlich in holländischer Hand. Zweifellos können wir von der belgischen Küste aus Englands Handelsschiffahrt im Kriege recht unbequem werden, aber das ist kein Ziel, das die Fortsetzung des Krieges um Monate lohnen
würde.
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fommen fonnte, weil wir in Fragen der auswärtigen Politik und in den Fragen, die die Grundlagen für die auswärtige Politik sind, in Fragen von Wehrmacht, Flotte und Kolonien nicht immer einig zu gehen vermochten. Wer aber die Entwickelung der deutschen Verhältnisse in diesem halben Jahrhundert angesehen hat, der wird auch keinen Augenblick zu zweifeln vermögen, daß der Weg, den die Nationalliberalen gegangen waren, der richtige war, so wie wir auch glauben, daß die Wege, die wir heute gehen, die für uns gegebenen sind."
Weiter verwahrte sich Herr Stresemann dagegen, daß die Stellungnahme der Nationalliberalen zur auswärtigen Politif als Bekenntnis zu einer brutalen Machtpolitik hingestellt und ihr die Verständigungspolitik gegenübergesetzt wurde, von der man größere Erfolge erwartete. Es sei auch töricht, davon zu sprechen, daß„ Machtpolitik nach außen" und Reaktion im Innern" etwa verwandt sein müßten. Das Beispiel Englands beweise das Gegenteil.
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Leider hat Herr Stresemann es unterlassen, an der Hand der fünfzigjährigen Geschichte der Nationalliberalen Partei nachzuweisen, daß seine Partei nicht nur die Machtpolitik nach außen", sondern auch die Freiheit im Innern gefördert habe. Wenn das erste durchaus richtig ist, so das zweite ganz gewiß nicht. Dafür liefert die, Geschichte der Nationalliberalen Partei die schlagendsten Beweise.
Eine kleine Anfrage.
Die militärische wie die politische Lage sind.... für uns feineswegs ungünstig. Nicht durch eine Desperadopolitif sollen wir sie verschlechtern, sondern unsere Aufgabe müßte es sein, die Friedensströmungen im feindlichen Ausland zu stärken, dort die Ueberzeugung wachzurufen, daß wir weder Belgien , noch französisches Gebiet annektieren wollen, daß diese wie der Reichskanzler es treffend ausgedrückt hat für uns nur ein Faustpfand sind. Ein Faustnfand aber ist bestimmt, gegen Rückgewähr herausgegeben zu werden." Es versteht sich von selbst, daß die Ausführungen des Herrn Gothein den heftigen Widerspruch der rechtsstehenden Presse gefunden haben. Aber während die„ Kreuz- 3eitung" nur von einer„ gefährlichen Jülusionspolitik" spricht, die Herr Gothein Die fortschrittlichen Reichstagsabgeordneten Gothein, Pach betreibe, und die" Deutsche Tageszeitung" ihm unter- nide, Sivkovich und Wendorff haben im Reichstage stellt, daß er die belgische Frage durch die englische Brille" an folgende Kleine Anfrage eingebracht: Jit dem Herrn Reichskanzler sehe, veröffentlicht die" Unabhängige Nationalkorre- bekannt, daß das Versicherungsamt Rostock und das Oberversiche sponden 3" gegen Herrn Gothein einen wütenden Artikel, in rungsamt Schwerin gegen Ehefrauen von Seeleuten, deren in wehrdem sie sich über„ Erregung neuen Zwistes"," überflüssige Schrei- pflichtigem Alter stehende Ehemänner durch die kriegerischen Erbereien"," füffisante Arroganz" beschwert; das„ Berliner Tage- eignisse im neutralen Auslande zurückgehalten werden, oder in blatt" wird zum„ führenden Organ der sozialdemokratischen Ar- Feindesland interniert sind, die Reichswochenhilfe verweigert wird? beitsgemeinschaft"" erhoben; der Abgeordnete Gothein wird ein was gedenkt der Herr Reichskanzler zu tun, um diese unterschiedliche Behandlung der Familien von in Mecklenburg ansässigen SecSchreckbild des Reichstags" genannt usw. Dann heißt es anleuten zu beseitigen?" läßlich der Bemerkungen Gotheins über die Einwirkung der belgischen Frage auf die englische Kriegslust, daß aus ihnen„ leider hervorzugehen scheint, daß in dem Erkenntnisvermögen und Nervensystem des Abgeordneten Gothein selbst nicht alles in der wünschenswerten Ordnung" usw. Von starken Nerven zeugt der eine Antwort des Kriegsministers auf eine an ihn ergangene A- Artikel des alldeutschen Blattes gerade nicht.
Lewald und Bacmeister.
Zu der von uns in Nr. 291 dargelegten Auscinandersetzung zwischen dem Ministerialdirektor Dr. Lewald und dem Abg. Bacmeister teilt die Freis. 8tg." folgende Zuschrift des Abg. Dr. Müller- Meiningen an die Münchener Neuesten Nachrichten" mit:
Ich habe in einer Rede gegen die Handhabung des Belagerungszustandsgesetzes vom Jahre 1851 dessen Unhaltbarkeit nachzuweisen gesucht und auf die Folgen dieses veralteten Rechts= zustandes in dem jezigen inneren Kampfe und insbesondere auf die beweislose Verbreitung unhaltbarer Gerüchte und Vorwürfe unter der Zensur hingewiesen: Zum Beweise dafür habe ich unter anderem aus einer„ Eingabe an den Reichstag betr. Einwirkung der Reichsregierung auf die öffentli e Meinung" ge= zeichnet von dem Abg. Beckh- Ratsberg, Prinz Karl zu Löwen stein- Wertheim usw., auf die dortige Beilage I verwiesen, einen „ Auszug aus einem Vortrage des Abg. Bacmeister am 30. Juli 1916", in dem gegen den anwesenden Ministerialdirektor Dr. Lewald vom Reichsamt des Innern der schwere Vorwurf erhoben wurde, Lewald habe gegenüber den Beiratsmitgliedern des Luftflottenvereins sich geäußert, der Flottenverein hätte diesen Krieg gebracht, der Luftflottenverein wolle uns wohl den nächsten bringen. Auf meine direkte Frage an Ministerialdirektor Dr Lewald, ob er jemals eine solche Aeußerung getan habe, entgegnete dieser nach Verlejung zahlreicher Briefe usw.:„ Herr Bacmeister habe in leichtfertiger Weise durchaus unwahre Angaben gemacht, die, wenn sie wahr wären, geeignet wären, ihn in seiner Ehre und öffentlichen Stellung herabzusehen." Ministerialdirektor Lewald hat wiederholt diese Aeußerung des Abg. Bacmeister als durchaus unwahr bezeichnet. Dies war der Hergang, den aufzuklären ich um so cher in der Lage und moralisch verpflichtet bin, als diese Verhandlung nicht vertraulich war. Herr Universitätsprofessor v. Armira ist also im Irrtum
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Kann ein Diffident Offizier werden? Die Monatsschrift„ Weltliche Schule" veröffentlicht
Nr. 566/15. g. C. L . Großes Hauptquartier, 29. Nov. 1915. Guer Hochwohlgeboren teilt das Kriegsministerium in Beantwortung des gefälligen Schreibens vom 17. 6. 1915 nach Abschluß der Untersuchung in der Beschwerde des Professors Dr. U. folgendes ergebenst mit:
Eine Allerhöchste Kabinettsorder, die die Beförderung von Dissidenten zum Offizier oder Sanitätsoffizier verbietet, besteht nicht.
Sofern die sonstigen Bedingungen erfüllt sind, steht der Beförderung nach sorgfältiger Prüfung des Einzelfalles nichts entgegen, vorausgeseht, daß der zu Befördernde einer Religionsgemeinschaft angehört, der der Staat seine Anerkenntnis nicht berjagt.
Dementsprechend sind auch verschiedentlich von meinen Amtsvorgängern, so in der 228. Sigung am 19. 3. 1909 und in der 32. Sizung am 10. 2. 1910 im Reichstage Erklärungen ab= gegeben, daß die Wahl zum Reservcoffizier, wenn die sonstigen dazu vorgeschriebenen Bedingungen erfüllt sind, unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religionsgemeinschaft zu erfolgen hat und erfolgt.
Aber die Zugehörigkeit zu einer Rcligions. gemeinschaft wird verlangt. Dissidenten, sofern sie konfessionslos sind, werden ausgeschlossen.d
Da die Söhne des Herrn Professor Dr. U. aus der Landestirche ausgetreten und ausdrücklich als fonfessionslos" bezeich net sind, gehören sie einer Religionsgemeinschaft überhaupt nicht an und kommen demnach für die Wahl zum Offizier oder Sanitätsoffizier nicht in Frage.
Das Kriegsministerium muß an diesem Standpunkt festhalten, da gerade die jetzige ernste Zeit bewiesen hat, wie fest im Volke die Religion wurzelt, und wie sich gerade jeẞt manche, deren Verhältnis zu ihrer Religionsgemeinschaft bereits gelockert war, dem Glauben und der Religion wieder zugewandt
haben. ( wohl hervorgerufen
durch den ungenauen Bericht), wenn er meint, daß er diese Aeußerung getan, hat Herr Bewald nicht nur nicht widerlegt, sondern nicht einmal bestritten". Lewald hat sie jedenfalls auf das energischste bestritten. Es kommt mir nicht zu, zu entscheiden, wer tatsächlich recht hat."
Der Abg. Bacmeister hat bekanntlich erklärt, daß er seine Be= er in einer vertraulichen Denkschrift hauptung, die für eine hochstehende Persönlichkeit aufgestellt hat, in vollem Umfange aufrecht erhalte. Eine endgültige Klärung dieser Angelegenheit ist bisher noch nicht erfolgt.
Nationalliberale Politik.
Einem Bericht des„ Deutschen Kuriers" über die Tagung der vfälzischen Nationalliberalen in Neustadt a. H. entnehmen wir folgende bemerkenswerten Ausführungen des Reichstagsabgeordneten Dr. Stresemann über die Grundzüge der nationalliberalen Politik:
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An der Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft festzuhalten ist auch eine Notwendigkeit, weil sie für den erzieherischen Einfluß des Offiziers auf die Mannschaften, ihre Belehrung über den Fahneneid und die in ihm beruhenden Pflichten von nicht zu entbehrender Bedeutung ist. Wollte man hiervon abgehen, so würde das bei der jezigen Erstarkung des religiösen Gefühls in weiten Kreisen des Volkes auf Mangel an Verständnis stoßen.. gez. Wild von Hohenborn. Die nach mehr als einer Richtung hin sehr anfechtbare Auffassung dürfte bestimmt im Reichstag bei gegebener Gelegenheit mit erörtert werden. ( z)
Genosse Stauning über deutsche und französische Sozialisten.
Der Berichterstatter der National- Zeitung", Emmerich Déri, hatte eine Unterredung mit dem dänischen Minister, Genossen Stauning, in deren Verlauf auch auf die Haltung der deutschen und der französischen Sozialisten die Rede kam. Genosse Stauning erklärte, im Augenblick wenig Hoffnung auf Frieden zu haben. Auf den Einwurf des Berichterstatters, daß dabei doch den Sozialisten der neutralen Länder eine große Aufgabe zufalle, er= widerte er: " Ja, das meine ich auch. Wir arbeiten auch ständig daran, eine Annäherung zustande zu bringen. Das ist aber wirklich eine sehr schwierige Aufgabe Wir haben vorläufig wenig Hoffnung. Wir haben einen Kongreß gehabt, an dem die Sozialdemokraten der skandinavischen Staaten teilgenommen haben. Dann haben wir noch einen Kongreß im Haag gehabt, an dem die Sozialdemokraten jämtlicher neutraler Staaten teilnahmen. Die größte Schwierigkeit bildet natürlich der Umstand, daß wir nicht im stande sind, die Sozialdemokraten der Staaten friegführenden zusammenzubrin
gen.
In der Stellungnahme zu den Kriegszielen und den Fragen der auswärtigen Politik hat der deutsche Liberalismus leider keine Geschlossenheit gezeigt. Oft hat uns die politische Konstellation an die Seite der Konservativen geführt, und manchmal standen wir mit ihnen allein gegen die übrigen Barteien. Eine wenig burgfriedliche Demagogie hat es mit großem Geschick verstanden, diese Situation so hinzustellen, als zeige sich darin eine innerpolitische Neuorientierung der nationalliberalen Politik nach der rechten Seite, als liege ein nationalliberal- konservatives Kartell in der Luft. Davon kann keine Rede sein, der Grundsatz der Nationalliberalen Partei war stets und wird stets bleiben: Macht und Größe nach außen, Freiheit nach innen." Wie entwürdigend ist es, wenn man es stets so hinstellt, als müsse die Nationalliberale Partei entweder nach der fortschrittlichen oder nach der konservativen Seite hin Anlehnung suchen, Als Ursache dieser Echwierigkeiten bezeichnete Stauning den als gäbe es es nicht eine eigene nationalliberale blinden Haß, mit dem dieser Krieg geführt werde, und auf den Politik, die sich selber die Richtlinien nach außen und innen bildet. Wir lassen uns unsere Stellungnahme zur inneren Politik nicht von Heydebrandt, wir lassen uns aber auch die Stellung zur auswärtigen Politik nicht von der Frankfurter 3ei= tung" vorschreiben. Vor 50 Jahren ist die Nationalliberale Partei gegründet worden, weil Rudolf von Bennigsen Samals erkannte, daß in Fragen der Auslandspolitik die Wege der Fortschrittlichen Partei von den Wegen sich schieden, die die Nationalliberale Partei gehen müsse. In wunderbaren Worten hat er damals zum Ausdruck gebracht, daß diese Verschiedenartigkeit der Auffassungen an der Lage nichts ändern, an dem Bekenntnis der Nationalliberalen Partei zu einer freiheitlichen Politik im Innern. Seitdem ist ein halbes Jahrhundert vergangen, und wieder liegen die Dinge so wie zur Geburtsstunde der Partei. Deshalb sollte man aber auch in dieser Lage nichts Außergewöhnliches erblicken, deshalb braucht man darin feine Rechtsentwickelung zu sehen, sondern es ist nur der Ausdruck dessen, was wir in der Geschichte der Nationalliberalen Partei so oft erlebt haben: daß die große gewaltige Kraft, die in einem geeinten Liberalismus vorhanden war, nicht voll zum Ausdruck
Einwurf des Berichterstatters, daß die deutschen Sozialdemokraten in dieser Hinsicht eine Ausnahme machten, erwiderte er:
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" Das ist wahr. Die französischen Sozialdemokraten haben borläufig gegen den Frieden gestimmt. Aber die Minderheit bei der letzten Abstimmung über diesen Gegenstand war sehr start, und wir dürfen hoffen, daß bei der nächsten Abstimmung diese Minderheit noch stärker wird. Die Deutschen haben aber noch mehr getan: sie waren bereit, mit den Sozialdemokraten der feindlichen Staaten in Verbindung zu treten und über die Friedensmöglichkeiten zu verhandeln. Ueberhaupt meine ich, daß die Deutschen viel nüchterner sind, sie leiden nicht unter der Kriegspsychose, wie die Franzosen."
Genosse Stauning hat recht. In dem Wunsche, mit den Sozia listen der kriegführenden Länder über die Friedensmöglichkeiten zu verhandeln, sind die deutschen Sozialdemokraten aller Richtun gen einig und seit Beginn des Krieges einig gewesen. Die Verhandlungen werden beginnen, sobald auch die französische soziali. stische Partei und die englische Arbeiterpartei bereit sein werden, einer Einladung von neutraler Seite zu folgen.