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Nr. 297. 33. Jahrg.

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Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berlin  ".

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands  .

Redaktion: Sw. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Am: Morisvlas, Nr. 151 90-151 97.

Ernst v. Körber

österreichischer Ministerpräsident

Wien  , 27. Oktober.

Wie die Abendblätter vernehmen, hat der gemeinsame Finanzminister v. Körber die Bildung des Minifteriums übernommen.

Das Amt, das der frühere Ministerpräsident und bisherige gemeinsame Finanzminister Desterreich- Ungarns  , Herr Ernst b. Körber, als Nachfolger des Grafen Stuergfh übernommen hat, ist recht leicht oder unendlich schwer je nach dem, wie sein Träger es auffaßt. Wie die Dinge heute in Desterreich liegen, fehlt es nicht an gefälligen Leuten, die bereit sind, einem Ministerpräsidenten seine Lage zu erleichtern und für ihn soviel zu tun, daß ihm selbst zu tun fast nichts mehr übrig bleibt.

Die auswärtige Politik ist die Domäne des ge­meinsamen Ministers Baron   v. Burian, der ein Ungar und Ver­trauensmann des ungarischen Ministerpräsidenten Grafen Tisza ist. Sie ist fast ausschließlich vom ungarischen Parlament her be­einflußt worden. Die Militärverwaltung greift tief, tiefer noch als in Deutschland  , in alle Angelegenheiten des inneren öffent­lichen Lebens ein. Die Presse steht unter scharfer Zensur, das Parlament ist ausgeschaltet und seine Zustimmung wird durch den allezeit gefälligen§ 14 ersetzt. Schließlich geht es eine Zeitlang auch so, und jeder, der in der Kriegszeit Desterreich zu besuchen Gelegenheit hatte, muß das glatte Funktionieren des mechanischen Apparats anerkennen, der für die breiten Massen ein Eristenzminimum sichert und der Armee die materiellen Grundlagen liefert für ihre schwere Arbeit. Für einen Ministerpräsidenten, der sich bornimmt, in bewährten Bahnen" zu wandeln und alles Weitere der Zeit zu überlassen, bietet sich also ein recht enges und bequem zu übersehendes Arbeitsfeld.

Ganz anders muß sich aber die Aufgabe für einen Mann stellen, der sich dessen bewußt ist, daß die Entwicklung des österreichischen Staatsproblems durch den Krieg nur scheinbar und äußerlich zum Stillstand gelangt ist, und daß brennende Fragen ihrer Lösung harven. Da ist zunächst das Verhältnis zu Ungarn  , das wieder ins Gleichgewicht gebracht werden muß, nachdem der maßgebende Einfluß unter dem Regime Stuergth so gut wie ganz auf die andere Reichshälfte übergegangen var. Als Vorarbeit für die fünftige Regelung des Verhältnisses zum Deutschen Reich ist eine Erneuerung des Ausgleichs unerläßlich. Wie soll aber diese notwen­dige Arbeit geleistet werden ohne die Wiedereinberufung des Parlaments? Wäre das Parlament nur einem Ber­fassungskonflikt erlegen, als Opfer absolutistischer Gelüste, so wäre die Lösung noch verhältnismäßig einfach. Aber das Parlament ist nicht von äußerer Gewalt unterdrückt worden, es ist durch seine innere Krankheit, die Obstruktion, in einen todesähnlichen Schlaf verfallen, und seine Wiederbelebung ist nur möglich durch die Lösung der Nationalitäten­frage. So greift eins ins andere. Wer sich nicht auf die Taaffesche Resignation des Fortwurstelns und Durchhaltens zurückziehen will, der muß ein Riese sein an Kraft und an optimistischem Zukunftsglauben, denn an der Arbeit, die vor ihm liegt, find noch alle österreichischen Ministerpräsidenten gescheitert: auch Ernst v. Körber!

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Sonnabend, den 28. Oktober 1916.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morigplas, Nr. 151 90-151 97.

Weitere Fortschritte in der Dobrudscha  .

Deutsche Torpedoboote im englischen Kanal.

Meldung des Großen Hauptquartiers.

Amtlich. Großes Hauptquartier, 27. Of­tober 1916.( W. Z. B.):

Westlicher Kriegsschauplatz. Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht. Bei starker Feuertätigkeit der Artillerie ist es nördlich der Somme nur zu Gefechten von Erkundungsabteilungen gekommen.

Auf dem Süduser ist durch unser auf die feindlichen Gräben gelegtes Wirkungsfeuer ein sich vorbereitender An­griff der Franzosen   im Abschnitt Fresnes- Mazancourt­Chaulnes niedergehalten worden.

Heeresgruppe   Kronprinz.

Der Artilleriekampf war tagsüber auf dem östlichen Maasufer zwischen Pfefferrücken und Woevre sehr heftig. Mittags griffen die Franzosen unsere Stellungen östlich von Fort Douanmont an; sie wurden verlustreich ab­gewiesen.

Deftlicher Kriegsschauplatz. Front des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern.

An der Schtschara wiederholten die Russen noch zwei­mal vergeblich ihre Angriffe; die stürmenden Kompagnien wurden von der Grabenbesaßung durch Feuer zurüd­getrieben.

Weiter südlich an der Wedsma- Mündung nahmen schlesische Landwehrleute eine russische Vorstellung und brachten einen Offizier, 88 Mann gefangen ein.

An der Lucker Front dauerte im Abschnitt von Kisielin starkes Artilleriefeuer der Russen an; um Mitternacht er­folgte ein Angriff, der vor unseren Hindernissen im Fener zusammenbrach.

Front des Generals der Kavallerie Erzherzog Carl

Jm Südteil der Waldkarpathen sind ernente russisch­rumänische Angriffe gescheitert.

Vorstöße des Feindes an der Oftgrenze von Sieben­ bürgen   find zurückgeschlagen worden.

Südlich von Predeal   und in Richtung Campolung haben unsere Angriffe Fortschritte gemacht.

Balkan  - Kriegsschauplah. Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls

von Mackensen.

Die Verfolgung der geschlagenen Dobrudscha  - Armee wird fortgesetzt. Die Gegend von Harsova ist von den verbündeten Truppen erreicht.

Mazedonische Front

Reine wesentlichen Ereignisse.

Der Erste Generalquartiermeister.

Ludendorff.

Vorstoß deutscher   Torpedoboote nach der englischen   Küste.

Amtlich.

Berlin  , 27. Oktober.  ( W. T.. B.)

In der Nacht vom 26. zum 27. Oktober stießen Teile unserer Torpedobootsstreitkräfte aus der deutschen Bucht durch die Straße Dover- Calais   bis zur Linie Folkestone -Boulogne in den englischen Kanal vor. Nach bisheriger Meldung des Führers der Torpedoboote, Kommodore Michelsen, wurden zum Teil unmittelbar vor den feind­lichen Häfen versenkt mindestens elf Vorposten­dampfer und zwei bis drei Zerstörer oder Torpedoboote; einzelne Leute der Besatzungen konnten gerettet und als Gefangene eingebracht werden. Mehrere andere Wachtfahrzeuge und mindestens zwei Zerstörer wurden durch Torpedotreffer   und Artilleriefeuer schwer beschädigt.

Ferner wurden der englische   Postdampfer Queen" südlich Folkestone   versenkt, nachdem der Be­sagung Zeit zum Aussteigen gegeben war.

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Im Kanal bei Varne- Feuerschiff herrschte ein auf­fallend reger Verkehr von Lazarettschiffen.

Unsere Torpedoboote sind wohlbehalten und ohne jeden Verlust in die deutschen Gewässer zurückgekehrt. Der Chef des Admiralstabes der Marinc.

Der österreichische Generalstabsbericht.

Wien  , 27. Oktober 1916.( W. T. B.) Amtlich wird verlautbart:

Deftlicher Kriegsschauplah. Heeresfront des Generals der Kavallerie Erzherzog Carl  

Unsere Angriffe nördlich von Campolung und südlich von Predeal   machten Fortschritte. An der ungarisch  - rumänischen Ost­grenze wurden feindliche Gegenstöße abgeschlagen.

Bei Sara Dornei nahmen unsere Truppen einen russischen Höhenstützpunkt, Gegenangriffe der Russen scheiterten. Seeresfront des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern.

Im Bereiche der österreichisch- ungarischen Streitkräfte nichts von Belang.

Italienischer Kriegsschauplatz.

Die feindliche Artillerie- und Minenwerfertätigkeit gegen die Stellungen auf der Karsthochfläche und die dahinter liegenden Räume steigerte sich zeitweilig zu großer Heftigkeit. Südöstlicher Kriegsschauplak.

In Albanien   nichts Neues.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.

im Einzelfalle teiner Neuerung auf wirtschaftlichem und geistigem Gebiete verschließen, die er für durchführbar hält. Er durchschaut das parlamentarische Getriebe und die persönlichen Interessen­streitigkeiten der bürgerlichen Parteien, die er nicht höher ein­schätzt, als sie es verdienen. Er rechnet mit ihnen und weiß sie auszunüßen; man hat ihm die vielen kleinen und großen Gefälligkeiten, mit denen er parlamentarischen Einfluß ausgeübt hat, gar sehr verübelt, und insbesondere geschah das von seiten der

Auf das lange Ministerium Taaffe  ( 1879-1893) folgte die deutsch  - liberal- flerifal- polnische Koalitionsregierung des Fürsten Windischgraez( bis 1895), das Kabinett Badeni  ( bis 1897), Gautsch( bis 1898), Than( bis 1899). Dasselbe Jahr sieht noch die beiden kurzlebigen Ministerien Clary und Witteb, und am 18. Januar 1900 bildete der im Jahre 1850 geborene Ernst v. Körber sein erstes Stabinett, dem die für nehmertum und Arbeiterschaft gestalten wird. Und diese voll österreichische Verhältnisse überaus lange Lebenszeit von fast fommene Ungewißheit mit ihren Hoffnungen und Befürch­fünf Jahren beschieden sein sollte. Am 30. Dezember 1904 tungen schafft auch während des Krieges einen Zustand der fand auch diese Regierung durch innere Wirren ihr Ende. Unruhe, der unter der Decke des Ausnahmezustandes nur not­Während im Reichsratsplenum die tschechische Obstruktion dürftig verborgen ist. herrschte, stimmte die Budgetkommission eine Streditforderung Die Bewegung für die Einberufung des Parlaments Körbers nieder, der den Reichsrat daraufhin vertagte. Schließ- zeigt, daß die Neuorientierung" in Desterreich nicht bis nach lich führte ein scharfer Konflikt zwischen der Los- von- Rom  - dem Kriege verschoben werden kann. Ist sich aber der neue Bewegung" und den klerikalen Strömungen, die von einfluß- Ministerpräsident dieser Tatsache bewußt, dann steht er vor alten Bureaukratie und derjenigen, welche an den Gefälligkeiten reichen Kreisen unterstützt wurden, zur Demission. einer unabsehbar großen Aufgabe. Man wird in der ganzen feinen Teil hatten. Er selbst hat schwerlich das Bedenkliche an Die Zeit nach Körber hat dann Desterreich unter dem Welt seinen ersten Taten mit großer Spannung entgegen- diesem System übersehen, es aber mit Rücksicht auf seine größeren Ministerium Beck den großen Fortschritt des allgemeinen sehen, denn bald muß sich zeigen, ob Graf Stuergkh   in ihm 3wede und in Erkenntnis der speziellen Eigentümlichkeiten des Wahlrechts gebracht, aber die Pessimisten behielten recht, die eben nur einen Nachfolger gefunden hat, der einen leer ge- österreichischen Staats, als dessen bewußter Vertreter er auftritt, in auch in dieser großen Reform nur den Anfang zur Beseiti- wordenen Platz einnimmt, oder ein Mann in die politische den Kauf genommen. Er ist so nicht der Mann der großen Mittel gung der inneren Schwierigkeiten erblickten. So trat schon Arena tritt, der sich dazu berufen fühlt, Schöpfer eines neuen geworden; er wagte es nicht, die Wahlreform in die Hand zu der verblichene Ministerpräsident, Graf Stuergth, eine ziem- Oesterreich zu werden. nehmen und überließ sie seinen Nachfolgern, sowohl er mit ihr ein­lich hoffnungslose Erbschaft an bis der Krieg kam und alle verstanden gewesen sein mag. Die Verwaltungsreform, die für auseinanderstrebenden Elemente in dem eisernen Ring des Ein Wiener   Mitarbeiter schreibt uns: Desterreich so wichtig ist, hat er in großen Umrissen skizziert, fam notwendig gewordenen Existenzkampfes zusammenfaßte. Dr. Ernst v. Körber ist im öffentlichen Leben Oesterreichs   eine aber nicht dazu, sie durchzuführen; nun wird er vor die Notwendig­Aber die inneren Gegensäße im Lande waren damit nur scharf umrissene Persönlichkeit. Er stammt nach Tradition und feit gestellt werden, seine Ideen auf seinem eigensten Gebiete zu von der Oberfläche verschwunden. Das ist kein Wunder in Wesen von jenen Beamten ab, die man in Oesterreich   als Jo- verwirklichen. Als Gegner der Autonomie der Nationen und der einem Staat, der in nationaler wie in sozialer Beziehung sephiner bezeichnet; er ist vor allem ein Verwalter, und zwar einer, Kreiseinteilung kann er nicht gelten, er wird vielmehr die einzelnen differenziert ist, wie kaum ein anderes Land der Welt. Selbst der die Maschine gründlich kennt. Er war Handelsminister, Minister Maßregeln vom Standpunkt des praktischen Verwaltungsbeamten die Einheit der Arbeiterbewegung litt unter der allgemeinen des Innern, Leiter des Justizministeriums, hat in all diesen Refforts erwägen. Er wird aber ferner auch in diesen Ausnahmezuständen Zerrissenheit. Niemand vermag sich noch das Desterreich nach manche bureaukratischen Schranken zerrissen und hat mit dem Tele- sich als der Anhänger der verfassungsmäßigen Freiheiten zu be­dem Kriege vorzustellen, niemand weiß, wie sich dann das phon und mit dem Telegraphen regiert. Kurz, er legt Wert dar- währen haben, als der er sich in seiner ersten Ministerpräsidentschaft Verhältnis zwischen Deutschen  , Tschechen, Südslawen  , Polen   auf, als ein moderner" Mensch und Staatsmann zu erscheinen; gezeigt hat nicht durch Einführung neuer Gesetze, sondern durch usw. zwischen Klerikalismus und fortschrittlichen Richtungen, natürlich ist er weit davon entfernt, sozialdemokrataye Anschau  - liberale Auslegung der bestehenden. Es ist sein Ruhm gewesen, zwischen Stadtbevölkerung und Agrariern, zwischen Unter- ungen zu begen; aber aus Prinzip und aus Klugheit wird er sich daß unter seinem Regime die Preß- und Versammlungsfreiheit zur

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