Nr. 298.
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Ericheint täglia.
33. Jahrgang.
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Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3.
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Sonntag, den 29. Oftober 1916.
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Fortschritte bei Dorna Watra .
Kriegszustand und Bürgerfreiheit Meldung des Großen Hauptquartiers.
Der Reichstag hatte am Sonnabend ganz unerwarteterweise die edelste und vornehmste Pflicht zu erfüllen, die für ihn als die eigentliche Vertretung des deutschen Volkes überhaupt in Betracht kommen fann: er hatte einer Ueberzeugung und einer Stimmung des deutschen Volfes unmittelbar und ungeschminkt Ausdruck zu geben. Es gereicht dem Reichstag zur Ehre, daß er in der wichtigen Stunde die richtigen Worte gefunden hat. Es ehrt ihn nicht minder, daß er in der bedeutungsvollen Frage, die er zu beantworten hatte, einig war. Jedenfalls ist aus der Mitte des Hauses heraus ein Widerspruch nicht laut geworden, und selbst die Regierung sah sich genötigt, unter dem starken Sturm, der vom Hause aus zu ihr emporstieß, wenigstens in der Form nachzugeben, wenn man ihr auch leider anmerkte, daß ihr diese Nachgiebigfeit nicht leicht fiel und nicht von Herzen fam.
Amtlich. Großes Hauptquartier, 28. Ot tober 1916.( W. Z. B.):
Weftlicher Kriegsschauplak. Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht.
Auf dem Nordufer der Somme haben gestern die Infanteriekämpfe wieder eingesett. Starfe Artillerievorbereitung ging den Angriffen voran, zu denen die Engländer über die Linie Guendecourt- Lesboeufs, die Franzosen anschließend aus der Gegend von Morval in den Abendstunden vorbrachen. Unsere Truppen haben die verbündeten Gegner durch Artillerie- and Maschinengewehrfener, nordöstlich von Morval auch mit der blanken Waffe, blutig zurückgewiesen. Die Stellungen find restlos be hanptet.
Auch östlich der Maas spielten sich ernent schwere, für uns erfolgreiche Rämpfe ab. Nach heftigem Artilleriefener ftürmten aus dem Thiaumont- Walde, beiderseits Fort Donanmont und im Fumin- Walde starke französische Kräfte zu Angriffen vor, die sämtlich vor unseren Stellungen für den Gegner verluftreich zusammenbrachen.
Deftlicher Kriegsschanplay. Front bes Generalfeldmarschalls Bring Leopold von Bayern .
Rach zweitägigem Wirkungsfener gegen den Abschnitt westlich von Lack griff der Russe gestern bei Zaturcy an. Der Angriff scheiterte vollkommen und unter schweren Verluften für den Feind.
Front des Generals ber Ravallerie Erzherzog Carl
Balkan- Kriegsschauplah.
Heeresgruppe des Generalfeldmarshalls bon Madenfen.
In der nördlichen Dobrudsch a fanden unsere ver folgenden Abteilungen bisher wenig Widerstand. Alle Anzeichen deuten auf haftigen Rückzug des Gegners.
500 Versprengte wurden gefangen, einige Munitionskolonnen und Bagagen erbentet.
Mazedonische Front.
Serbische Angriffe gegen die deutsch - bulgarischen Stellungen im Cerna- Bogen scheiterten ebenso wie Teilvorstöße des Gegners an den Osthängen der Moglena und südwestlich des Dojran- Sees. An der Struma Patrouillengeplänkel, bei Orfano lebhafteres Artilleriefeuer.
Der Erste Generalquartiermeister. Ludendorff.
Der österreichische Generalstabsbericht.
28ien, 28. Oktober 1916.( W. Z. B.) Amtlich wird verlautbart: Deftlicher Kriegsschauplab. Beeresfront des Generals ber Ravallerie Erzherzog Carl .
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Die Kämpfe füdlich des Szurdut und des Böres Torany ( Roter- Turm- Paß) dauern an. Südöstlich von Bredeal warfen österreichisch- ungarische und deutsche Truppen den Feind aus startverschanzter Höhenstellung in das Paraszuga- Tal hinab. An der ungarischen Ostgrenze wurden rumänische Gegenstöße abgeschlagen. Deftlich von Dorna Watra brachen wir auf vier Kilometer Frontbreite in die russischen Stellungen ein. Der Feind ließ 8 Offiziere, 514 Mann und 2 Maschinengewehre in unserer Hand. Seine Versuche, die ihm entrissenen Höhen zurückzugewinnen, blieben ohne Erfolg.
Qeeresfront bes Generalfelbmarfells Brinz Leopold von Bayern .
Bel der Armee des Generalobersten v. Terszthansty starter Geschüttampf. Ein vereinzelter russischer Vorstoß südlich Zaturcy wurde unter großen Feindverlusten abgeschlagen.
Italienischer Kriegsschauplab.
Der bedeutungsvolle Vorgang entwidelte fich bei der Beratung des von der Budgetkommission vorgelegten Gesezent wurfs über die Schubhaft während des Kriegszustandes. Die liberalen Redner Waldstein und Nießer hatten beide unter scharfer Kritik des gegenwärtigen Zustandes die dringende Notwendigkeit einer Reform dargelegt; besonders der erst vor furzem gewählte nationalliberale Präsident des Hansabundes, der zu der entschiedenen Richtung seiner Fraktion gehört, ließ es hierbei nicht an herben Worten fehlen. Aber tieferen Eindrud machten diese Reden noch nicht auf das Haus. Sie waren zu theoretisch und standen nicht unter dem Eindruck der unmittelbaren Erlebnisse. Das wurde anders, als Genosse Dittmann von der Sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft das Wort ergriff und aus der Fülle der Erfahrungen schöpfte, die die Arbeiter, besonders die oppositionellen, während dieser Kriegsjahre bis in die neueste Zeit hinein gemacht haben. Nachdem Dittmann mit einigen scharfen Strichen das grundfäßlich Unzulässige und Ungesetzliche der angeblich aus militärischen Gründen notwendigen Schuzhaft gekennzeichnet hatte, ging er zur Darlegung einzelner besonders frasser Fälle über. Dittmann trug die Tatsachen ruhig vor. Aber so aufreizend, so aufpeitschend waren diese Tatsachen, daß sich des Hauses in wachsendem Maße eine starke Unruhe bemächtigte, die sich zeitweise zu lebhafter Entrüstung, ja zu offener Empörung steigerte. Dittmann schilderte die Fälle Mehring und Luxemburg , die besonders dadurch so erbitternd wirken müssen, daß in beiden Fällen hochbegabte Geistesarbeiter lediglich ihrer unbequemen politischen Ueberzeugung wegen nach dem Willen der militärischen Behörden ihrer öffentlichen Tätigkeit entzogen werden. Ganz anders, aber darum nicht minder empörend, liegt die Sache bei den zwei jungen Mädchen, die wegen Verteilung von Betteln monatelang in Haft genommen und dabei mit Prostituierten zufammen eingesperrt worden sind. Den tiefsten Eindrud aber machte der Fall Klühs. Als der Nedner zu der Feststellung kam, daß man diesem um nichtiger Dinge wegen in Schußhaft etwaigen Zwiespalt der Ehegatten ehrt es alle beide, wenn fie wortlich, daß die Dinge soweit gedeihen konnten. Wäre der genommenen Mann eine vorübergehende Entlassung ver- sich vor dem Tode noch einmal zu sehen und sich ein herzliches Belagerungszustand nicht, wären auch nicht die Vollmachten weigert hatte, obwohl ihn ein Telegramm an das Sterbebett Wort zu sagen wünschen! der Militärbehörden. Wäre die Zensur nicht, so hätte die feiner Frau rief, ja, daß man ihm ein erneutes Urlaubsgesuch Der Staatssekretär erhielt sofort die gebührende Ant- öffentliche Kritik seit langem dafür gesorgt, daß den milizur Beerdigung der inzwischen verstorbenen Frau erst tage- wort aus dem Hause. Und daß es bürgerliche Redner waren, tärischen Diktatoren ihr Handwerk gelegt worden wäre. Gelang hinterher mit der Begründung abgelehnt hatte, die Frau die deutliche und ernste Worte fanden, noch dazu geachtete wiß ist es fein Ruhmestitel für Deutschland , daß solche Dinge sei schon vor einigen Tagen begraben, loderte der leidenschaft- Persönlichkeiten der beiden einflußreichsten bürgerlichen Par- vor der offenen Parlamentstribüne vorgetragen werden liche Zorn nicht nur von den Bänken der Sozialdemokraten teien, machte die Lage für die Regierung nicht leichter. Der müssen. Aber das Verschweigen wäre noch schlimmer für auf, auch bei den bürgerlichen Parteien, besonders bei den Vizepräsident Paasche von der nationalliberalen Partei Deutschland . Und dann: wer hat die Schuld? Warum ist liberalen Parteien und beim Zentrum, sprangen die Abgeord- gab seiner Entrüstung über die von Dittmann mitgeteilten auf die wiederholten und immer wiederholten Klagen und neten erregt von den Sizen, Empörung und Scham über solche Tatsachen lebhaften Ausdruck und hielt nicht mit der Be- Beschwerden in den Ausschußberatungen keine durchgreifende Vorkommnisse riß sie empor. Dittmann schloß unter dem merkung zurück, daß der Vertreter der Regierung leider nicht Besserung erfolgt? Die Regierung ist oft genug gewarnt stürmischen Beifall der Sozialdemokraten seine wirkungsvolle den richtigen Ton gefunden habe, der solchen unerhörten Tat- worden, ihr ist oft genug angekündigt worden, daß sich das Anklage gegen die militärische Schutzhaft, diese besondere sachen gegenüber am Blaze sei. In ähnlicher Weise sprach Ventil der öffentlichen Verhandlung schließlich einmal geBlüte des Belagerungszustandes. fich der Abgeordnete Fehrenbach vom Zentrum aus, der waltsam Luft verschaffen werde.
Belderseits von Dorna Watra drangen österreichischungarische Truppen in die russischen Stellungen ein und nahmen mehrere Höhen im Sturm. 8 Offiziere und über 500 Mann wurden gefangen eingebracht. An der siebenbürgischen Oftfront danern die Kämpfe in den Grenztälern an. Südlich von Kronstadt ( Brasso ) wurde von unseren verbündeten Truppen eine rumänische Höhenstellung in überraschendem Vorstoß genommen und der Erfolg in scharfem Nachdrängen bis ins Tal des Partzuga erweitert. Im übrigen hat sich die Lage nicht wesentlich geändert.
Am Südflügel der füstenländischen Front dauern die Artillerieund Minenwerferkämpfe fort. Feindliche Infanterie, die entlang der Straße von Oppacchiasella verging, wurde durch unser Feuer rasch zur Umkehr gezwungen. In Tirol nimmt das feindliche Geschütfeuer stellenweise an Heftigkeit zu.
Südöstlicher Kriegsschauplah.
Bei unseren Truppen nichts Neues.
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. v. oefer, Feldmarschalleutnant.
Der Staatssekretär des Innern Dr. Helfferich, der wie in seiner bekannten aufsehenerregenden Rede zum Fall Es soll zugestanden werden, daß der Staatssekretär des thm sofort antwortete, fand wie vor einigen Tagen auch jetzt 3abern vor einigen Jahren sein tiefstes Bedauern darüber Innern und auch ein Vertreter des Kriegsministeriums zum wieder nicht die richtigen Worte, die das Volf von einer te aussprach, daß das deutsche Volk einen solchen Tag habe er- Schluß unter dem Eindruck der wuchtigen Demonstration des gierung erwartet, die die Zeichen der Zeit zu deuten weiß leben müssen. Der fortschrittliche Redner Müller- Mei- Hauses nachdrücklich versicherten, es solle alles getan werden, und die von ihr selber ausgesprochene Neuorientierung ernst ningen wies besonders die Bemerkung des Staatssekretärs um die vorgetragenen Fälle gründlich zu untersuchen, die nimmt. Er hielt grundsätzlich an Schutzhaft, Belagerungs- zurück, daß es in den feindlichen Ländern auch nicht besser Schuldigen rücksichtslos zur Verantwortung zu ziehen und zustand und Benjur fest, und wenn er auch Weißstände zuge- sei; das sei feine Entschuldigung für uns. Sehr eindrucks- Maßnahmen gegen die Wiederkehr solcher Vorkommnisse zu stand und die gründliche Untersuchung der behandelten Fälle volles Material trug dann noch der Elsässer auß vor; er treffen. Ob und wieweit es gelingen wird, muß die baldige zusicherte, so ging doch dieses bescheidene Zugeständnis unter war besonders sachverständig für die elsaß - lothringischen Bu- Bukunft zeigen. Wenn nicht die Stellen zugreifen, die bei in dem polemischen Kleinfram, mit dem er sich und die stände, wo die Militärdiktatur in das Familienleben der besonderen Lagerung der militärischen Verhältnisse in Stellung der Regierung gegen die äußerste Linke zu decken zahlreicher einfacher Bürger, aber auch in die Rechte Deutschland allein sofortige Besserung erzwingen können, fuchte. Besonders unglaublich war sein Borhalt, daß der Re- von Abgeordneten zum Bezirkstag, zum Landtag und zum wenn nicht nötigenfalls der Reichskanzler, der dem Reichstage dakteur Klühs schon seit einigen Jahren von seiner Frau ge- Reichstag eingegriffen hat. gegenüber die Verantwortung trägt, seine äußersten vertrennt lebe. Als ob das auch nur im gerngsten das Verhal- Genosse Scheidemann schloß sich vollinhaltlich faffungsmäßigen Mittel einsett, um die starken Widerstände ten der Behörden entschuldigte, die den letzten Wunsch eines der scharfen Kritik an, die die unhaltbaren Zustände zu brechen, wenn den widerstrebenden Stellen nicht mit Sterbenden rücksichtslos mißachteten! Als ob dadurch der durch Dittmann erfahren hatten; er machte vor allem schonungsloser Deutlichkeit flargemacht wird, daß das gesamts Fall fast nicht noch schlimmer würde! Denn gerade bei einem den Belagerungszustand und die Bensur dafür verant- deutsche Volk gegenüber der Welt von Feinden zum gegensei