der Zortgang des Weltkrieges. Bon Richard GädZe. 31. Qkiober 1316. Es liegt in der Natur der Dinge, daß ein Ringen von so ge- waltigen Ausmaßen nicht mit der Geschwindigkeit eines Eilzuges vorwärts rücken kann. Alle Völker setzen an den Ausgang dieses Weltkrieges ihre gesamte Kraft, weil sie wissen, welche folgen- schweren Entscheidungen er in seinem Schöße trägt Noch mehr find es die Regierungen, die aus ihren Völlern herausholen, was an Menschenkroft, was an wirtschaftlicher, finanzieller, industrieller Leistungsfähigkeit in chnen steckt; denn ein unglücklicher Ausgang des Krieges belastet ihr Konto in erster Linie. So ruft jeder Er- folg der einen Seite sofort eine neue Anstrengung der anderen her- vor. Völlerkriege können nicht mit einem gewaltigen Schlage er- ledigt werden. Selbst wenn es denkbar wäre, daß die gesamte be- wafsnete Mannschaft aller Staaten sich wie auf Verabredung auf einem einzigen großen Schlachtfelde träfen, würden die Ausdeh- nungen des Kampfes schon räumlich so ungeheuer sein, daß ein Erfolg der einen Linie auf einem Punkte sich keineswegs auf die Gesamtheit der Kämpfenden ausdehnen würde. Selbst dann würde der Sieg nur durch eine lange Reihe aufeinander folgender Schläge errungen werden können. Dahin strebt auch die ungewöhnlich große Widerstandskraft der Heere unserer Zeit; der Mensch ist freilich nach wie vor ein verwundbares, leicht kampfunfähig zu machendes Wesen, aber Erde und Stein, die er zu Hilfe ruft, die gewaltige Abstoßkraft der Feuerwaffen, die Fülle unserer jetzt fast nur dem Kriege dienstbar gemachten Industrie und unsere Ersin- dungsgabe liefern ihm Mittel, die alle ohne Ausnahme den Erfolg haben, die Widerstandskraft und damit den Krieg zu verlängern. Dazu kommt, daß auch der Siegeswille, daß die Seelenkräste in den Heeren unserer Zeit, selbst bei Russen, Rumänen und Italienern, einen Haß erreicht haben, der alles frühere überbietet. Der hoch- gesittete Mensch ist nun einmal für den Vernichtungsgedanken besser gerüstet, als der ursprüngliche— sein Wille wächst mit der Größe der materiellen und geistigen Güter, die er zu verteidigen hat. Wir werden uns daher darüber nicht wundern dürfen, daß Feldmarschall von Hjndenburg an der verantwortlichen Stelle, an der er steht, sich über die Dauer des noch vor uns liegenden Krieges mit größter Vorsicht geäußert hat. Solange das Streben der mit- einander kämpfenden Staatsgruppen nicht auf Vergleich, sondern auf das Niederzwingen des Gegners geht, kann kein sterblicher Mensch, auch nicht der oberste Führer, voraussagen, wann das Ende erreicht sein wird. Hier sind Elementarkräste am Werke, die er wohl sich dienstbar machen kann, wo die Gelegenheit sich bietet, die sich aber jeder Vorausberechnung entziehen. Wir dürfen besonders an die starke Erneuerungskraft der Heere denken, die sich auf die allgemeine Wehrpflicht aller irgendwie kampffähigen Männer stützen, und denen Jahr für Jahr eine junge Mannschaft nachwächst. Bei unfern Gegnern kommt noch hinzu, die Heranziehung von allerlei Volk aus dem weiten Erdenrund, Jndiern, Anamiten, Madagasser, Berbern, Arabern, Marokkanern und Senegalnegern, Australiern, Südafrikanern und Kanadiern, deren Zahl alles in allem eine Mil- lion Soldaten weit übersteigen wird. Die Frage, wann die militärische Kraft unserer Gegner sich er- schöpfen wird, ist daher nur sehr schwer zu beantworten. Die Größe der Verluste, die sie besonders in diesem Sommer erlitten haben, läßt uns hoffen— aber die Größe der menschlichen Hilfsquellen stellt alles wieder in Zweifel. Nicht auf den Beginn ihrer Er- mattung also, sondern auf die siegreiche Schärfe unseres eigenen Schwertes dürfen wir uns letzten Endes allein verlassen. Die letzte Woche hat uns ein Beispiel dafür gegeben, wieviel ungebrochene Kraft noch immer in unseren französischen Gegnern steckt. Trotz der furchtbar blutigen Opfer, die ihnen ihre vier- monatige Offensive an der Somme gekostet hat— sie mag gegen- wärtig für sie allein, ohne die Engländer, 450 003 Mann übersteigen — haben sie am 24. Oktober nördlich Verdun einen starken An- griff gegen unsere Linien durchgeführt, der ihnen einen namhaften taktischen Erfolg eingetragen hat— es wäre töricht, das nicht un- umwunden zugestehen zu wollen. DaS neblige Wetter mag sie be- günstigt haben; immerhin aber war der Stoß sorgsam vorberestet, überraschend angesetzt, mst tapferer Entschlossenheit und unbeug- samer Wucht durchgeführt. In einer Breite von 1 Kilometern und einer größten Tiefe von reichlich 2 Kilometern hat er uns Stellun- gen entrissen, die wir in der schweren Arbeit von Monaten erkämpft hatten. Di« Franzosen haben diesem Stoß solche Bedeutung bei- gelegt, daß ihr Overfeldherr Joffre selbst vor Verdun erschien. Glück- sicherweise ist der strategische Wert ihres Erfolges lange nicht so groß wie der moralische. Es kann uns gewiß nicht gleichgültig sein, wenn an solchen glücklichen Schlägen der Opferwille und die Sieges-■ zuversicht des französischen PolkeS sich neu entzünden; natürlich aber übertreiben die französischen Zeitungen die Tragweite des Schlages, wenn sie von einer verwüstenden moralischen Wirkung auf uns reden. Wir wissen, daß solch ein Krieg ohne Rückschläge nicht bleiben kann, die den siegreichsten Feldherrn wie Napoleon und Friedrich in ihren schönsten Feldzügen nicht erspart blieben, und 'eisen uns durch sie unfern Willen nicht beirren. Einen Einfluß auf allgemeine Kriegslage hat der Angriff in keiner Weise ausgeübt - in dieser Hoffnung der fianzösischen Kriegsleitung loar eine Fehl- rechnung und eine falsche Einschätzung der Gesamtlage. Sie trügen sich in der Annahme, daß sie uns durch ihre hartnäckige Westoffen- sive ihren Willen aufzuzwingen und unS verhindern könnten, dort eme Entscheidung zu suchen, wo wir es zurzeit für angebracht halten. ES scheint fast, als sei ihnen weder die Unversehrtheit unserer Hilfsmittel durch die Gunst unserer geographischen Lage schon so recht zum Bewußtsein gekommen. Diese bildet zu Lande das Wider- spiel der günstigen Lage Englands zur See. Die Art und Weise, in der England versuchen kann, uns durch den Hungerkrieg— im weitesten Sinne verstanden— niederzuringen, beruht keineswegs allein auf seiner maritimen Ueberlegenheit, die wir nach Skagerrak nicht ohne weiteres mehr anerkennen werden. In höherem Maße wird es durch die Lage seiner Insel begünstigt, die uns an sich die Pforten der Weltmeere verschließt. In gleicher Weise gestattet aber uns selbst unsere geographl- sche Lage aus der inneren Linie, die Minderzahl, in der wir uns nun einmal befinden, auszugleichen durch die geschickte Ver- Wendung unserer Streitkräfte. In dieser Lage, gestützt aus ein vorzügliches Bahnnetz, wird ein« entschlossene Heeresleitung immer die Möglichkeit finden, dort defensiv zu bleiben, wo wir es für richtig halten, und dort zum Angriff zu schreiten, wo wir die Ver- Hältnisse günstig finden. Diese Kriegführung haben wir nun mehr als zwei Jahr« im wesentlichen erfolgreich durchgeführt. Allerdings sind wir in diesem Verfahren enficheidend unterstützt worden durch die größere Einheit des Oberbefehls auf Seiten der verbündeten Mittelmächte gegenüber dem vielköpfigen Kriegs- rat, der mühseligen Verständigung und den nicht immer überein- stimmenden Interessen auf der Gegenseite. Diese überlegene Kraft de« Handelns hat unsere gegenwärtigen Erfolg« im Südosten herbeigeführt. ES ist für uns Zuschauende ein erbaulicher Anblick, wie die Rumänen sich fast von Beginn des Krieges an in der Zwickmühle befunden haben. Sie waren auf keiner Seite ihrer langgedehnten Grenzen in der Lage, unfern Angriffen rechtzeitig ebenbürtige Streitkräfte«ntgegenzuwerfen. Auch die russische Heeresleitung hat augenscheinlich zu keiner Zeit gewußt, an welchein Punkte sie ihr« Verstärkungen einsetzen müßte. So wurden die Rumänen erst füdlich der Donau , dann nördlich der Karpathen empfindlich geschlagen. Und jetzt, wo sie sich unter günstigen Geländeverhältnissen, durch den nahenden Winter unter- stützt, an den Grenzen und auf dem Boden ihres Heimatlandes gegen Fallenhayns Heere mit Mut und Zähigkeit zur Wehr fetzten, durch Gegenstöße sogar hier und dort Vorteile gewinnen, sahen sie sich plötzlich wieder durch Mackensens Angriffe in der Dobrudscha im Rucken bedroht. Nach der siegreichen Erstürmung der Linien südlich Cernawoda— Konstanza vom 19. bis 21. Oktober schritt die Verfolgung der geschlagenen Rumänen und Russen in raschem Gange vorwärts. Die verbündeten Streitkräfte haben seitdem fast 100 Kilometer in nördlicher Richtung zurückgelegt und
stehen nur noch 3S Kilometer von den Pontonbrücken bei Tuloea, Jsakcea, Braila über das Donaudelta entfernt. Wir wundern uns daher nicht, wenn französische Militär- kritiker rasche Hilfe für Rumänien fordern und den besorgten Warnungsruf ausstoßen:„die Zeit drängt"; legen solche Acuße- rungen, die dem Unbehagen über den Gang der Ereignisse ent- pringen, freilich auch nicht allzu hohe Bedeutung bei. Die Zeit pricht natürlich immer fiir den, der sie auszunützen verlieht. Zu spät hat dies General Sarrafl mit seiner Saloniki-Armee un- zweifelhaft versucht, wobei wir freilich nicht wissen, durch welche zwingenden Verhältnisse er behindert wurde. Die leichten Erfolge seines linken Flügels scheinen durch das Eingreifen deutscher Ver- stärkungen dauernd aufgehalten zu sein. Er hat sich blutige Schlappen geholt, als er mit Serben und Franzosen versuchen wollte, die Linien bei 5denali und am Cerna-Bogen zu erobern. Man mag bezweifeln, ob er sich über die Minderwertigkeit seiner Truppen so ausgesprochen hat, wie ihm untergelegt wird; für einen Ober- feldherrn wäre das immerhin eigentümlich. Der Wahrheit aber entsprechen wahrscheinlich die Schilderungen der einzelnen Bestandteile seines buntgemischten Heeres, in denen Serben, Franzosen , Engländer, Russen, Italiener , Portugiesen neuer- dings auch griechische Freiwillige vertreten fiird— Franzosen und Engländer außerdem in den verschiedensten weißen und farbigen Abarten. Die tüchtigsten Elemente dieser sehr gemischten Ge- sellschaft scheinen die hartgeprüften Serben zu sein, die gegen den bulgarischen Erbfeind noch immer mit erbitterter Wut anstürmen — und darüber zu Grunde gehen.
deutsche Vergeltungsmaßregeln gegen Frankreich . Berlbi, 1. November. (SB. T. B.) Zwischen der deutschen und französischen Regierung ist im Januar d. Js. ein Abkommen wegen der Entlassung der beiderseirigen Zivilgefan- g e n e n getroffen worden. Nach diesem Abtommen haben alle in Frankreich internierten deutschen Frauen und Mädchen sowie mann- liche Personen unter 17 und über SS Jahren und dienstlich untaug- liche Männer zwischen 17 und SS Jahren Anspruch auf Entlassung und Heimbeförderung, soweit sie nicht wegen gemeiner Verbrechen oder Vergehen strafrechtlich verfolgt werden. Die französische Regierung hat das Abkommen insofern nicht innegehalten, als sie einer größeren Anzahl Deutscher , insbesondere Elsaß- Lothringer, die nach dem Abkommen zu entlassen waren, darunter auch Frauen und Kindern, ohne Angabe von Gründen die Ab- reise verweigert. Da die von deutscher Seite erhobenen Borstellungen erfolglos geblieben sind, hat sich die deutsche Re- gierung nunmehr entschlosien, Vergeltung zu üben und zunächst zweihundert französische Männer und Frauen aus angesehenen Familien im besetzten fran- zösischen Gebiet festnehn, en und nach Deutschland bringen lassen. Sie werden so lange festgehalten werden. bis die vertragswidrig zurückgehaltenen Deutschen nach Deutschland zurückgekehrt sind. �bsihiebung belgischer Arbeitsloser. Brüsiel, 1. November. (W. T. 23.) In den letzten Tagen hat die zwangsweise Abschiebung belgischer Arbeitsloser aus dem Gebiete des Generalgouvernements nach Deutschland begonnen, und zwar in dem Kreise Möns. Die Abschiebung ging ohne Zwischenfall vor sich. Auf dem Bahnhof in Möns erhielten die Leute in der Speiseanstalt für die Truppen warmes Essen. die Irieüensanüeutungen in öe? Reüe Greps Der„Nieuwe Rotterdamiche Courant', der ebenso wie die übrige holländische Prcsie ausführliche Auszüge des Golheinschen Artikels auS dem„Berliner Tageblatt" bringt, wendet, wie dem„B. T." aus dem Haag telegraphiert wird, gegen sie ein, daß der Wunsch Greys nach einer Friedensvermittlung Amerikas in diesem Augenblick auS seiner Rede nicht erkennbar sei, ebenso seien auS ihr keine Gegensätze im englischen Kabinett zu entnehmen. Grey habe nur volles Licht auf das Ziel, daS er schon seit Jahren verfolge, nämlich die schiedsrichterliche Behandlung von poli- tischen Gegensätzen, geworfen. Der.Nieuwe Rottcrdamscbe Courant' fährt fort:„Es macht einen sympathischen Eindriick. daß diesmal von deutscher Seite deutlicher als bisher auf eine Anregung auf diesem Gebiet eingegangen wird." Aus der Partei- zugehörigkeit GotheinS gebe zwar hervor, daß diesem Eingehen keine amtliche Bedeutung beizumessen sei. aber„das vermindert nicht die Bedeutung der Tatsache, daß ein Deutscher, der nicht der äußersten Linken angehört, in den Worten des Leiters der englischen Politik Töne des Friedens zu hören bereit ist und nicht bloß Gründe, die dem Frieden im Wege stehen." Tie Rede Greys wird in politischen Kreisen immer noch lebhaft erörtert, wenn auch durchweg mit Zweifeln über ihre unmittelbare Wirkung. die Vereinigung für üemokratißhe Kontrolle in Englanü. Die„Justice" vom 13. Oktober teilt folgende vom Großen Rat der Vereinigung für demokratische Kontrolle am 10. Oktober gefaßte Beschlüsse mit: „Der Rat bestätigt von neuem seine unerschüttcrte Ucberzeu- gung, daß eine dauernde Neurodnung nicht auf der Grundlage eines Friedens gesichert werden kann, der auf das Eroberungsrccht ge- gründet ist, und dem ein Handelskrieg nachfolgt, sondern nur auf der eines solchen, der den Nationalitätsansprüchen gerechte Berück- sichtigung widerfahren läßt und den Grundstein zu einer wirklichen europäischen Gemeinschaft(partnersbip) legt. Der Rat ist der An- ficht, daß dieS Ziel nicht durch einen verlängerten Zermürbungskrieg erreicht werden kann, der Siegern und Besiegten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ruin bringen muß, und verlangt daher dringend, daß ein Versuch gemacht wird, festzustellen, ob wir nicht jetzt durch Verhandlungen alles erhalten können, was der Sieg sichern oder verteidigen sollte. In Anbetracht der günstigen Lage des Verbandes zu Lande und zur See fordert der Rat serner die englische Regierung im Verein mit den anderen Verbandsrcgierungcn auf, sofort klar und ohne die Möglichkeit eines Mißverständnisses die Ziele anzu- geben, die sie zu erreichen wünschen, und dadurch Verhandlungen zur Beendigung des Blutvergießens und zur Schaffung eines Friedens zu beginnen, der nach den Worten des Premierministers zur„In- thronisierung öffentlichen Rechtes als leitenden Gedankens der euro - päischen Politik" führen wird. Der Rat erhebt scharfen �Widerspruch gegen den jüngst vom Kriegsminister gegen jeden Staat erhobenen Angriff, der seine guten Dienste zur Herbeiführung eines gerechten und dauernden Friedens anbieten sollte, und leugnet daS Recht Lloyd Georges, über diese Frage im Namen des Volkes zu sprechen. Er würde die Ver- mitllung jedes Volkes oder mehrerer Völker willkommen heißen, die zur Herbeiführung eines dauernden Friedens bestimmt wäre." Die englischen Sergleute gegen üie Teuerung London , 31. Oktober. fW.%■ B.)„Daily News" meldet, daß die Bergarbeiter von Süd-Wales und Schottland be- schlössen haben, eine Bewegung gegen die Preis- steigerung der Lebensmittel zu veranstalten. Die Bergarbeiter von Süd-Walcs haben sich gestern in Cardiff ver- sammelt und beschlossen, ihre Gewerkschaften zur einer Aktion
aufzufordern, um die Regierung zu einer strengeren Aufsicht über die Lebensmittelpreise zu zwingen. Die anderen Gewerk- schaften sollen eingeladen werden, sich der Bewegung anzu- schließen. Wenn die Negierung nicht nachgibt, soll am27. No- vember der S t r e i k erklärt werden. Winston, der den Vorsitz über die Versammlung führte, erklärte, daß die Gewinne von Schiffahrt und Industrie im Jahr 1913 20 Millionen Pfund betragen hätten, gegen 250 Millionen im Jahre 1916. Sankrott öes Opportunismus in öer rußifchen /lrbeiterdewegung. SA. Das auständische Sekretariat des Organisationskomitees der russischen Sozialdemokratie liefert in einer soeben versandten Materialsammlung aus der russischen Arbeiterpresse ein anschau- licheS Bild des Zusammenbrucks jener Hoffnungen, die von kurz- sichtigen„Nichts-als-Praktikern" auf die organisatorische„AuS- Nutzung" der Kriegsindustrieausschüsse für die Arbeiterbewegung gesetzt worden waren.„Die Kampagne um die Kriegsindustrie« ausschüsse ", lesen wir in dieser Materialsammlung,„hat offen- sichtlich die auf sie gesetzten Hoffnungen im Sinne der Organi- sation der Massen selbst in natconalcm Maßstäbe so wenig gerecht- fertigt, daß schon in Nr. 2 des„G o l o s T r u d a"(der in Samara erschienenen und jetzt unterdrückten Arbeiterzeitung) Ge- nosse P i r o g o w. ein entschiedener Anhänger der Mitarbeit in den Kriegsindustrieausschüssen, ein recht trostloses Bild des Lebens und der Tätigkeit der Arbettergruppen in diesen Ausschüssen ent- werfen mutzte. In Nr. 3 desselben Wochenblattes liefert Genosse Beer, ein Gegner dieser Mitarbeit, eine Kritik der bisher ge- führten Kampagne, indem er nachweist, daß der„Verlauf der Ereignisse die Teilnahme an den Kriegsindustrieausschüssen ver- schmolzen habe mit der Annahme der„Verteidigungs"position". Er fährt dann fort: „Es muß festgestellt werden, daß die Arbeitergruppen(in den Kriegsindustrieausfchüssen), und zwar vor allem die Arbeiter- gruppe im Zentralausschuß(Petersburg ) sich auf jener unklaren, formlosen Position nicht zu halten vermochten, die ihnen von ihren Wählern vorgeschrieben und im Petersburger Programm und ihrer ersten Deklaration formuliert wurde.... Was in Wort oder Schrift miteinander vereinbart werden kann, erweist sich in der Praxis oft als vollkommen miteinander unvereinbar.... Den Worten nach konnte man die Jnternationalität und die Wcigc- rung, cm„Verteidigungs"aktionen teilzunehmen, mit der Teilnahme an den Kriegsindustrieausschüssen in Einklang bringen. In der Praxis erwies sich das als ein Ding der Unmöglichkeit.... Das bedeutet aber die Solidarität... mit der Bourgeoisie in der grundlegenden Frage der Gegenwart und die Preisgabe einer selbständigen Klassenpolitik auf dem Gebiete, das jetzt in der inter - nationalen Politik im Vordergrunde steht.... Von den beide» Richtungen, die für die Mitarbeit an den Kriegsindustricaus- schüssen eintraten— die eine aus Gründen der„Landesverteidi- gung", die andere zum Zweck der organisatorischen Ausnutzung—, hat die erste einen entschiedenen Sieg davongetragen.(Hier sei eingeschaltet, daß ein beträchtlicher Teil der russischen Arbeiter, namentlich die Mehrheit der Petersburger Arbeiterschaft, sowohl die eine wie die andere Auffassung ablehnte und die Ausschüsse boykottierte. D. Red.) Das war unvermeidlich." In seinem Resümee der Tätigkeit und der Erklärungen der Vertreter der Arbeitergruppen der Kriegsiudustrieausschüssc in Petersburg und anderen Städten kommt Genosse Beer zu dem Ergebnis, daß sich„vor unseren Augen eine neue Strömung, eine neue Gruppierung bildet, die in ihren Slusgangspunkten mit dem „Menschewismus"(d. h. der sozialdemokratischen Richtung Axclrod- (Martow) bricht und ihre Taktik unter einem neuen nationalen Gesichtspunkt bestimmt". Dasselbe Thema behandelt auch Genosse A. Jers-Kh in Nr. 1 des„Golos", des neuen Samarer Wochenblattes. Am Schlüsse seines Artikels teilt dieser Genosse mit, daß die fortgeschrittenen Arbeiter Petersburgs, die seinerzeit die Arbeiter- gruppen in den Ausschüssen in Schutz nahmen, jetzt den Aus- tritt der Arbeiter aus den Kriegsindustrieaus- schüssen fordern. Diese Tatsache ist in Verbindung mit den kritischen Stimmen auch in jenen Arbeiterorganen, die noch vor kurzem die Mitarbeit an den Kriegsindustrieausschüssen aus „Zweckmäßigkeitsgründen" befürworteten, ein erfreuliches An- zeichen der Klärung in den aktivsten Kreisen der organisierten russischen Arbeiter. Dem steht freilich die Tatsache gegenüber, daß eine Anzahl Literaten und Gewerkschaftler, gestützt auf die Slr- beitergruppen in den Kriegsindustrieausfchüssen planmäßig auf die Schaffung einer auf„nationalem" Boden stehenden r e f o r m i- stischen Arbeiterpartei hinarbeitet. Der Belagerungs- zustand und die Kriegsstimmuug fördert diese Tätigkeit und die liberale Presse läßt ihr alle nur mögliche Unterstützung an- gedeihen.... Eine neue rujsische Kriegsanleihe. Petersburg, 31. Oktober. (SB. T. 23.) Ein kaiserlicher Ukas gibt dem Finanzminister Anweisung zur Ausgabe einer Kriegsanleihe mit kurzer Tilgungsfrist. Der Betrag der Anleihe beläuft sich auf drei Milliarden Rubel, sie soll zu 5V, Prozent verzinslich sein und in zehn Jahren zurückgezahlt werden. Hughes unü öas amerikanische Recht. ColnmbuS(Indiana ), 3l. Oktober.(W. T. B.) Meldung deS Neutcrschen Bureaus. In Beantwortung der Frage, ob er nicht für ein Ausfuhrverbot für Munifion und für die Annahme der Entschließung deS Kongresses sei. die Amerikaner davor warnt, auf Handelsschiffen der Kriegführenden zu fahren, erklärte Hughes, er sei für die Aufrechterhaltung jeglichen amerika - nischen Rechtes einschließlich des Rechtes zu reisen und des Rechtes der Verschiffung. Kleine Kriegsnachrichten. Rom . 31. Oktober. (W. T. B.)(Meldung der Agenzia Stefaui.) Ter italienische Botschafter in Paris Tittoni hat, da er, obgleich wiederhergestellt, den Winter in einem milden Klima zubringen muß, um seine Entlassung nachgesucht. Der Ministerrat nahm die Entlassung mit Bedauern an und ernannte Tittoni zum Zeichen der Anerkennung seiner dem Lande geleisteten Dienste zum Staatsminister. Kopenhagen , 1. November. (W. T. B.) Die dänffche General- Postdirektion gibt bekannt, daß von dem?lmerikadampfer Frederik VIII auf der Reise von New Uork nach Kopenhagen die gesamte Brief- und Paketpost und von dem norwegischen Amerika - Dampfer Kristianiafjord auf der gleise von New Kork nach Bergen 73 für Dänemark bestimmte Postsäcke von den englischen Behörden in Kirkwall beschlagnahmt worden sind.