Neue Gewalttaten See Entente in Griechenlanö. Von Heinrich Cunow . T«e Ententeniächte oder richtiger England und Frank- reich— denn Rußland und Italien inachen nur widerstrebend mit— greifen zu immer scKirferem Druck, um Griechenland ihren Zwecken gefügig zu machen. Ohne jede Rücksicht auf das Völkerrecht und die wiederholten Proteste der griechischen Regierung häufen sie eine Gewalttot aus die andere, als wollten sie auch dem Einfältigsten im Geiste drastisch zum Be- wußtsein bringen, welchen Wert dke schöne Mär hat. sie kämpften in heiliger Zornesaufwallung für das Recht der kleinen Nationen. Noch immer das alte Spiel der Katze mit der MauS, wenn sich auch Methode und Taktik geändert haben. Suchten noch vor wenigen Wochen beide Mächte die griechische Regierung durch ihre Pressionen dahin zu treiben. den Mittelmächten den Krieg zu erklären und an deren Seite unter der glorreichen Führung Sarrails in den Kampf für englische WirtschaftSinteresscn zu ziehen, so hat man neuer- dingS wenigstens in England diese Taktik aufgegeben. Tie englisckzen Agenten in Griechenland erkannten, daß der König Konstantin und seine Anhänger in den Armeekreisen doch noch nicht genügend zermürbt seien, um sich willenlos den Machtsprüchen der Ententegesandten in Athen zu fügen, und daß daher eine weitere Verfolgung der bisherigen Bahn leicht einen Bürgerkrieg in Griechenland heraufbeschwören könne, zu dessen gewaltsamer Unterdrückung militärische Kräfte erforderlich sein würden, die die Entente zurzeit dort nicht besitzt, zumal Italien sich noch immer sträubt, seine Truppen in Saloniki beträchtlich zu verstärken, sondern weit mehr Interesse dafür zeigt, in Südalbanien seine Bestände zu vermehren, uni sich, wenn die griechische Krise sich in einer Explosion entladen sollte, des nördlichen Teiles von Epirus zu bemächtigen. Der militärische Ver- trauLNsmann der französischen sozialistischen Radikalen in Saloniki , der General Sarrail, ist aber mit seinem aus allen möglichen Wöltgegenden zusammengeholten Heeresgemengsel nicht imstande, einen Aufruhr des griechischen Volkes nieder- zuwerfen und zugleich die deutsch -bulgarischen Truppen an der Grenze, die zweifellos die Gelegenheit zu einer allgc- nieinen Offensive benutzen würden, in Schach zu halten. Viel- mehr stände zu befürchten, daß im Fall deS Ausbruchs einer griechischen Revolution daS Ententeheer in Saloniki sich im Rücken bedroht sehen und in eine äußerst gefährliche Lage geraten würde. Solche Folge schien um so leichter möglich, als sich der Einfluß des großen Nationalheros Venizelos auf das griechische Volk als viel weniger wirksam und nachhaltig er- wiesen hat, wie die englisch -französischen Regierungen auf Grund der ihnen von ihren Agenten gelieferten Berichte an- nehmen zu können geglaubt hatten. Nur in den neuen nord- östlichen Teilen Griechenlands , wo noch die Erinnerung an die Kämpfe gegen die Bulgaren in den Iahren 1912/13 viele Gemüter beherrscht und noch alte- Wunden bluten, hat der durch englisches Gold unterstützte Ruf deS Venizelos zum heiligen Kampf gegen die Bulgaren und ihre Verbündeten einen gewissen Erfolg gehabt. Freilich auch dort nur einen reckt mäßigen, denn inechr als 17000 bis 20000 Mann sollen selbst nack den Schätzungen englischer ZeitungSkorrcspon- deuten nickt den Werbungen gefolgt sein. Aber schon im süd- lichen Thessalien ist die Neigung, sich am Kriege zu beteiligen. reckt matt, und noch weniger Lust bat die Bevölkerung von Hellas und der pelovonnesischen Halbinsel, ihr Leben für eng. lische Handels- und Machtinteressen einzusetzen. Ist der Levantehandel auch durch den Krieg gestört, so wirft er doch noch immer großen Profit ab. und an diesem Handel ist Griechenland im höchsten Maße Wirt- schaftlick interessiert. Tie Gnecken sind ein Handelsvolk. Nicht nur im eigenen Lande wendet sich der intelligentere Grieche mit Vorliebe dem Handel zit. in den bulgarischen Gebieten am Aegäischen Meer. in Konstantinopel , m den Hafen- und Handelsstädten Anatoliens . Syriens , Aegyptens , überall sitzen massenhaft griechische Groß- und Kleinhändler. Agenten. Aufkäufer und Geldwucherer. Vielerorts haben sie geradezu den örtlichen
Im Hanntreis ües Dreifingerwalöes. Vo» unserem Kriegsbericht er statter Hugo Schulz . AZolhyuieu.v. November. Am frühen Morgen versteh ich Wladimir WolynSk und erst am späten Abend erreichte ich daS höher« Kommando, dessen Front» abschnitt ich besuchen sollte. In einem russischen Kloster verbracht« ich die Nacht, eine Münchszelle bot mir Obdach. Die Sakristei dieses Klosters ist in eine Schreibstube verwandelt, über die Korri- dore dröhnen schwere genagelte Stiesel. Die Mönche, die früher da hausten, werden aber das nicht sonderlich übelnehmen, sie scheinen sich ohnedies nicht recht wohl gefühlt zu haben in diesen Räumen. Wenigstens sind an die Wände allerlei Inschriften gekritzelt, die. wie mir ein Sprachkundiger versicherte, nicht» andere» enthalten als Beschimpfungen des Metropoliten Eulogius von Kiew— dieses .Hundesohnes". Früh mußte ich au» dem etwas frostigen Bette und ein Wagen brachte mich und meinen Begleiter an die Front. Bi» zu einem Kricgerfriedhof fahren wir; dort heißt es. den Wagen zurücklasien. denn nun führt der Weg über eingesehenes Gelände, da» auch zeit- weilig von der feindlichen Artillerie.beledert" wird. Wir ver- schwinden alsbald im Walde und verfolgen einen kotigen Karren- weg. der uns zu einem kleinen Dörfchen von Erdhütten bringt. Ganz im Gestrüpp verborgen, wie daS Knusperhäuschen der Wald- hexe, die Brcttcrbaracke de» Regimentskommandos. Sie bietet ganz wobnliche Unterkunft, nur heult Tag-und Nacht der Sturm um ihr Brettergehege. Blaue Bohnen und Stahlscherben sprüht er hin und schüttet sie oft wie aus Gießkannen über das Dach. Ruhige Stunden gibt es da fast gar nicht mehr; der Kampf setzt nie au». Eben jetzt auch rattern vorn in der Hauptstellung dl« Maschinen» gewehre, auch die Handfeuerwaffen lassen ihren Peitschenknall ver» nehmen und dumpfe Schläge geben kund, daß die Minenwerfer in Tätigkeit find. In der Nähe befindet sich eine Muldenstellung, auf die es die russischen Minenwerser besonder» abgesehen habe». Der bittere Humor des Schützengraben» hat ihr den Namen.Her- minental" gegeben. Ruthenen find«S. die da vorn kämpfen, und ihnen gegenüber stehen, wie überall in diesem Abschnitt,. Bataillone der russischen Garde. Sie stehen sehr nahe und unsere Plänkler sehen, sowie sie den Kopf über die Brüstung heben, da» Weiße im Äuge de» Feinde». Im Sappen- und Minenkrieg haben sich die Stellungen langsam aneinandergeschoben. durch den Boden wühlt sich da§ Verderben wie ein Ringelwurm und oberirdisch kriecht e»
Handel, vornehmlich das Vermittlungsgeschäft, monopolisiert. Und neben dem eigentlichen Handel spielt der Seefrachtdienst eine wichtige Rolle im Wirtschaftsleben Griechenlands , dessen Handelsflotte vor dem Kriege mehr als 000 000 Netto- Registertonnen umfaßte. Dieser ganze Levantehandel und Schiffsverkehr würde aber beträchtlich zusammenschrumpfen. sobald es dem Vierbund den Krieg erklärte und dadurch auch in Kampf mit der Türke» geriete. Zudem ist aber in den Kllstenstädten von Hellas und des PeloponneS die Antipathie, man kann sagen der Haß gegen die Italiener weit stärker als gegen die Bulgaren , denn nicht nur haben die Italiener an der Küste Kleinasiens die griechische Zwölfinselgruppe mit dem Zentrum Rhodos besetzt, sie treten auch in den Hafen- Plätzen der Levante überall als übermütige Rivalen und Kon- kurrenten der griechischen Händler auf. Unter diesen Umständen wäre ein gewaltsames Hinein- pressen der Griechen in den Krieg für die Ententemächte ein recht gefährliches Wagnis, das sich für die Truppen Sarrails in Saloniki zu einer schweren Katastrophe gestalten könnte. Welchen Wert hätte die erzwungene Waffen- Hilfe eines Heeres, dos, innerlich zerrissen und von größtem Mißtrauen gegen setne Verbündeten erfüllt, nur widerwillig in den Kampf zöge? Könnten nicht bei der ersten Nieder- läge sich schwere Verwickelungen ergeben? � Das sind Erwägungen und Befürchtungen, die vor einigen Wochen England und Frankreich — Rußland und Italien halten sich zurück— zu einer Aenderung ihrer bisherigen Taktik bestimmten. Man kam überein. vorläufig darauf zu verzichten, Griechenland zur Teilnahme am Kriege zu zwingen. ES wunde der Plan gesaßt, unter Wahrung der militärischen Interessen den NordteU Griechenlands der Athener Negierung zu entziehen, das heißt eine Griechisch- Mazedonien, Nord-Thessalien und Nord-Epirus umfassende Kriegszone zu schaffen und unter die Verwaltung der venize- listischen provisorischen Regierung in Saloniki , also unter die Diktatur der Entente, zu stellen. Gegen Anerkennung dieses Zustandes sollte dem König Konstantin die Unverletzlichkeit des altgriechischen Gebietes und seiner Dynastie gewährleistet werden— unter der Bedingung, daß zwischen beiden Teilen, der Kriegszone und dem der Verwaltung der Athener Regie- rung verbleibenden Gebiet, ein neutrales Zwischengebiet her- gestellt werde, die griechischen Truppen aus Thessalien und Nord-EpimS zurückgezogen und nach der' Peloponnesischcn Halbinsel übergeführt würden, das griechische Post- und Tele- graphenwesen unter der Aufsicht englischer und franzsischer Beamten verbleibe und ferner die Entente die volle Verfügung über die Bahn vom PiräuS nach Nord-Thessalien, die Bahn- Verbindung Piräus— Athen— Larissa, für ihre Truppen- und Munitionssendungen erhalte. Wieweit König Konstantin und das Kabinett Lambros diesen Plänen zugestimmt haben, läßt sich, da zuverlässige direkte Nachrichten nicht mehr auS Athen nach Deutschland gelangen, nicht feststellen; nach den Angaben der großen eng- lischen Blätter schien es, als hätte die griechische Regierung in ihrer Notlage sich mit dieser„Regelung" schließlich e in ve r- standen erklärt. Von einer Reihe deutscher Zeitungen ist diese Abmachung als„eine politische Niederlage der Ententemächte", al»„Zu- sammenbruck des Venizelos ".„Rückzug Englands und'Frank- reichs vor König Konstantin" usw. ausposaunt worden. Wie unrichtig das war, zeigen die in den letzten Wochen von den Ententemächten an die Athener Regierung gestellten neuen Forderungen. Die Entente war durchaus nicht willens, dem König Konstantin das Feld zu überlassen; sie hatte nur eine taktische Schwenkung vollzogen, um dem Salomkiheer den Rücken zu decken und für ihr Vorgehen in Griechisth-Maze- dornen freie Bahn zu gewinnen. Das beweist am besten, daß England und Frankreich , sobald die griechische Regierung sich in die Abmachung fügte, neue Forderungen stellten. Wenn sie auch vor- läufig den Plan aufgegeben hatten. daS griechische Volk in den Weltkrieg hineinzuziehen, so doch nicht den Plan, s i ch d e r e n Kriegsmittel zu versichern und ihren Zwecken dienstbar zu machen. Nachdem sie schon vorher die größeren griechischen Kriegsschiffe gewaltsam in Beschlag genommen hatten, traten sie nun an die griechische keuchend feindwärts von hüben und drüben, bis auf die Wurfweite der Handgranate. So wird jetzt in Wolhpnien gekämpft— über Tag und unter Tag. Roch vor vier Wochen hatte die Schlacht ein ganz anderes Gesicht. Da stürmte die russische Garde, nachdem ihr rasendes Trommelfeuer den Weg gebahnt hatte, in hellen Haufen. Und in hellen Haufen lagen dann die Gardeleichen vor unseren Stellungen oder auch dort, wo e» zum Handgemenge gekommen war. mittendrin. Seitdem ist es auch die alte russische Garde nicht mehr, sondern nur eine Schlacke davon. Wohl sind im russischen Reich noch ein paar hundert Hünenkerle aufzutreiben gewesen, um die Stände wieder aufzufüllen, und äußerlich mögen die PreobraschenSki. und Kexholm-Grenadier«. und wie sie alle heißen, noch da» Geficht wahren aber die Offiziere sind weg. die den Cardestolz verkörperten, und der Angriffsgeist ist ausgeblasen. Uebereinstimmend sagen e» die Gefangeneu auS: die Garde will nicht mehr angreifen, sie hat kein Vertrauen mehr zur gepriesenen Stoßkraft ihres Bajonett». Nicht lange verweilte ich beim RegimentSkommando, denn der Oberstleutnant, der mich gastlich empfing, hatte mir nur wenig zu sagen. Die heroischen Anspannungen de» Kampfes sind für ihn nur noch alltäglicher Dienst, der sich nach der ewig gleichgestellten Uhr abwickelt, und die Pflichterfüllung kennt keine Heldenlieder, sondern nur Früh- und Abendrapporte. In Begleitung einiger Offizier« schlug ich den Weg zum Nachbarregiment ein. Ueber eine Wiesenhalde ging es, die von Sisenscherben übersät war und auf der sich Trichter an Trichter reihte. Auch jetzt schlugen noch einige Granaten neue Wunden in den bereiften Wiesengrund und auch Jnfanteriegeschosse strichen darüber wie zwitschernde Vögel. Eine Mulde bot alSdald Deckung und durch sie gelangten wir zum Nach- barregiment. dessen Reservcstellungen zum Teil tief in» Erdreich eingebaut waren und zum anderen Teil aus Erdhöhlen bestanden. die sich über eine dem Feinde abgewendet« Hügelböschung ver- streuten. Wir kamen eben zu einem seltenen Feste. Das Regi- ment, da» wir besuchen wollten— ebenfalls ein ruthenisches— wurde gerade abgelöst und in Ruhestellung gezogen, nachdem e» genau hundert Tage— hundert furchtbare Kampftage dem Feind gegenübergestanden hatte. In der Nähe befindet sich der .Dreifingerwald", der jetzt s- aussieht, wie wenn er abgesteckt worden wäre, und dessen zerfaserte Baumstrunke Zeugen furcht- baren Geschehen» waren. Im engsten Verein mit den benachbarten deutschen Bataillonen hatten die Ruthenen die eingedrungenen russischen Garden wieder hinausbefördert— in erbitterten Nahkämpfen. die wie Bubenschlachten hin- und herwogten, bei denen aber viel, sehr viel Blut floß und die oft stundenlang währten» bi»
Regierung mit der Forderung heran, ihr bzw. der venizelisti- schcn provisorischen Regierung in Salonika auch dieklei» nen Einheiten der griechischen Kriegs- marine für den Kampf gegen die deutschen UnterseebwotezurVerfü-gungzu st eilen. Und als der König dieses Ansinnen ablehnte und einen Kronrat zusammenbericf, der die freche Zumutung mit der Begründung ablehnte, daß sich durch ihre Zustimmung die griechische Regierung einer Verletzung der Neutralität schuldig machen würde, griff die Entente kurzweg zur Gewalt. Sie«rahm die kleinen Kriegsschiffe mitsamt dem Kriegsmaterial auf den in der En�e von Salamis gelegenen Inseln Leros und'Kyra einfach m Besitz— und ließ alle Einsprüche unbeachtet;-' � Doch damit sind die Forderungen beider Mächte nicht er- schöpft. Die Einnahme Monastirs, die von der bezahlten Ententeprcsse Griechenlands zu einem großen Erfolg der Sarratl'chen Armee aufgebauscht wird, hat sie zu neuen, stär- keren Ansprüchen bestimnit. Schon bisher hatten sie verschie- dentlich versucht, die griechische Regierung zur Herausgabe eines Teils ihres Kriegsmaterials zu bewegen: nun haben die Ententegesandtcn in Athen das Ultimatum gestellt, ihnen sofort den größten Teil der griechischen Ge- birgs- und Feldartillerie(insgesamt 34 Bat- tericn), 140 Maschinengewehre, 40000 Mann- licher Gewehre. 50 Kriegsautomobile sowie ferner große Munitionsniengen zur Verstärkung der Sarrail- scheu Armee auszuliefern. Die Tatsache, daß solche Lieferung eine feindliche Handlung gegen die Mittelmächte und Bulga- rien bedeutet und diesen den triftigsten Grund liefert, ihrer- seitö Griechenland den Krieg zu crkläven. macht rvcder der englischen, noch der französischen Regierung die geringsten Gewissensskrupeln. Gleickzeitig hat die Ententediplomatie. um den Vierbund zu verhöhnen, die Forderung erhoben, die griechische Regierung solle die(.Gesandtschaften der Mittelmächte, der Türkei und Bulgariens aus Griechenland entfernen. Wieder weigerte sich die griechische Regierung, und der König sprach sogar den ein- zelnen Gesandten des Vicrbundes persönlich sein-Bedauern über das Vorgehen der Westmächte aus. Doch was sollte die im englisch -französischen Schraubstock ächzende griechische Re- gicrung tnochen? Sie mußte dulden, daß die Vierbunds- gesandten mit dem Dampfer„Mykali" nach dem von bulgari - schon Truppen besetzten Kawalla abgeschoben wurden. Eine Prächtige Illustration zu dem immer wieder vo» der Entcntepresse aufgetischten Märchen. England. Frankreich . Rußland kämpften für die heiligen Rechte der kleinen unter- drückten Nattonenl Freilich ist Griechenland nicht ganz un- schuldig daran/ wenn eS sich heute unter der harten Faust der Ententemächte krümmt und windet. Die griechische Handels- bourgeoisie hat in der ersten Zeit deS Krieges für die Entente eine recht ansehnliche Portion liebevoller Sympathie aufgc- bracht und die schönen englischen Darstellungen nur zu oft für bare Münze genommen..jetzt pauken ihr die Wcstmächte die alte Lehre ein. daß der Schein trügt— auf politischem Gebiet noch mehr als aus anderen. Die befreite Donau . T e I e gr a m m u n s e r c Z KriegSberichtersta ft e rs, AuS dem Felde, den 24. November!9t6. Während das Gros unserer walackischen Nnfallsarmce längst über Craiova hinaus ist, hat ein tzeitendetachement in kühnem westlichen Durchstoß Turnu Severin besetzt, gegenüber dem Negotinzipfel liegend, ist allen Teilnehmern deS serbischen Feldzuges bekannt als unfreiwilliger neidischer Zuschauer unserer ersten Begegnung mit den Bulgaren im vorigen Jahre. Wie damals, ist heute die Stadt Zeuge einer wich- tigen Vereinigung zwischen uns und unseren tapferen Ver. bündeten im Südosten geworden, diesmal in ihren eigenen Mauern. Als plötzlich die deutsche Flagge über Turnu Severin hochging, ertönten drüben in Kiadowa die Salutschüsse der Bulgaren . Durch das siegreiche Vorrücken in der Kleinen Walachei ist die zweite Befreiuung des Donauverkehrs zwischen den Mittelmächten und Bulgarien vollendet, die erste geschah vor endlich bei dem in der Flanke gefaßten Feinde die wilde Rauf- energie in jähe Panik umschlug.' Die Handgranate sprach hier da» cntscheideiche Wort und hin und wieder wirbelten die mörderischen Wurfgeschosse. An einer Stelle' verteidigten fünf österreichische Soldaten einen eingebauten Minenwerfer gegen die von allen Seiten durch Walddickicht andringenden Russen. Jede Handgra- nate, die herüberficl. wurde blitzschnell vom Boden aufgerissen und zurückgeschleudert: nur einmal geriet da» um den Bruchteil einer Sekunde zu spät und einer der Helden— ein Wiener SicherheitL- wachmann— büßte das Verschen mit schweren Wunden. Schon aber kam unter wildem Geschrei ein kleiner Trupp Deutscher zu Hilfe und nach kurzem Gemetzel hoben sich etliche Dutzend Hände hoch. Ein deutscher Soldat stürzte sich, nachdem ihm das Gewehr entfallen war. bloß mit dem kurzen Dolchmesier. da» hier alle tra- gen. bewaffnet, auf einen russischen Gardisten, erfaßte mit der Linken dessen Gewehrschaft und stieß mrt der Rechten den Hünen, ehe er sein Gewehr freibekommen konnte, nieder. In demselben Augenblick aber traf ihn ein tödlicher Schuß und beide Leichen san- ken. fest ineinander verschlungen, zu gleicher Zeit aus den Rasen. Die Regimentsablösung, der wir beiwohnten, blieb den Russen nicht verborgen. Auch die Unseligen merken es sofort, wenn sich in den feindlichen Stellungen ein« Veränderung vollzieht. Di« Schützengräben haben ihren Tastsinn und sind aus einander ein- gefühlt. Die Erkenntnis de» Russen äußerte sich dahin, daß seine Artillerietätigkeit plötzlich lebhafter wurde, und al» wir durch den mäandrischen Laufgraben zurückgingen, begann schon da» Gelüne über unseren Köpfen. Die Granaten zogen mit Geheul ihre Bo- gen durch die Luft und gingen links im Walde nieder: m den Lauf- graben schlug keine. Al» wir glücklich wieder in» Freie kamen. überschritten wir noch eine Wiese, über die sich kürzlich ein Sperr- feuer von Gasgranaten ergossen hatte. Die aufgeplatzten Geschosse liegen dort noch zu Hunderten herum und sehen aus wie eiserne Tulpen, deren Blätter lösfelsörmig ausgebaucht sind. Ein leichter Chlorgeruch war noch fühlbar. SSir gingen ipcUct» kamen an btutfdKn Uutecuauben vorüber und zogen UN» schließlich au, dem Frontbereich zurück bi» dorthin. wo der Wagen unserer harrte. Der Adjutant de? abgelösten ruthe- nischen Regiment». Hauptmann K.. begleitete un» ein Stück Wege» und erzählte un, Einzelheiten?u» den letzten Kämpfen. Obgleich ein Deutscher, fühlte er sich innig zu semen ruthenischen Soldaten hingezogen, die auf dem Schlachtfeld den russischen Werbern eine so deutliche Absage gaben wie nur irgendeine andere österreichische Nation und die erst kürzlich mit der russischen Garde nicht weniger erbittert rauften al» ihre kerndeutschen Nachbar».